BT-Drucksache 17/4856

Ausbau der Rheintalbahn als Modell für Bürgernähe, Lärm- und Landschaftsschutz

Vom 22. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4856
17. Wahlperiode 22. 02. 2011

Antrag
der Abgeordneten Ute Kumpf, Christian Lange (Backnang), Rainer Arnold,
Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, Lothar Binding (Heidelberg), Martin Burkert,
Elvira Drobinski-Weiß, Dr. h. c. Gernot Erler, Petra Ernstberger, Peter Friedrich,
Martin Gerster, Iris Gleicke, Ulrike Gottschalck, Hans-Joachim Hacker,
Gustav Herzog, Josip Juratovic, Nicolette Kressl, Kirsten Lühmann, Katja Mast,
Hilde Mattheis, Thomas Oppermann, Florian Pronold, Karin Roth (Esslingen),
Rita Schwarzelühr-Sutter, Dr. Carsten Sieling, Ute Vogt, Dr. Frank-Walter
Steinmeier und der Fraktion der SPD

Ausbau der Rheintalbahn als Modell für Bürgernähe, Lärm- und
Landschaftsschutz

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Mit dem Vertrag von Lugano im Jahr 1996 hat sich die Bundesregierung ver-
pflichtet, die Rheintalstrecke zwischen Karlsruhe und Basel als Zulaufstrecke
zu den NEAT-Tunneln (NEAT – Neue Eisenbahn-Alpentransversale) Gotthard
und Lötschberg viergleisig auszubauen.

Dies steht im Einklang mit der EU-Verkehrspolitik, mehr Güterverkehr auf die
Schiene zu verlagern. Der Neu- und Ausbau der Rheintalbahn ist für das Land
Baden-Württemberg und seine Bürgerinnen und Bürger von großer Bedeutung.

Nur mit dem viergleisigen Ausbau können der Verkehrskollaps entlang der
Rheinschiene verhindert, durch erhöhte Kapazitäten auf der Schiene eine Ver-
kehrsverlagerung „vom Lkw auf den Zug“ erreicht werden. Dies führt zu einer
Entlastung der Straßen in Deutschland, der Schweiz und Italien und somit zu
weniger Staus und Abgasen.

Die Verkehrsverlagerung bedeutet für die Anwohner der Rheintalbahn laut Bun-
desverkehrswegeplan 2003 aber bis zu 580 Züge pro Tag, darunter 280 Güter-
züge. Bis zu 155 davon werden nachts verkehren. Sollte zudem der Oberrhein-
Bypass verwirklicht werden, müsste die Bevölkerung mit einem Güterzug alle
drei Minuten rund um die Uhr leben. Südbaden wird vom zusätzlichen Bahnver-
kehr nicht in Form von Reiseverbindungen profitieren, wohl aber eine große Be-
lastung in Form durchrollender Güterzüge ertragen müssen.
Wenn die jetzigen Planungen Bestand haben, müssen die Menschen entlang der
Strecke mit massiven Lärmbelastungen rechnen. Die Bürgerinnen und Bürger in
der Region bekennen sich zur Verlagerung der Güter von der Straße auf die
Schiene und unterstützen einen Ausbau der Schiene. Mit großem Engagement
und Sachverstand wurden Vorschläge, zusammengefasst im Konzept „Baden 21“,
erarbeitet, die einen menschen- und umweltverträglichen Ausbau der Rheintal-
bahn vorsehen.

Drucksache 17/4856 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Dazu müssen die Bundesregierung, das Land Baden-Württemberg und die
Deutsche Bahn AG zeigen, wie sie ihre gemeinsame Finanzverantwortung
wahrnehmen und den versprochenen Schulterschluss zur Umsetzung der be-
schlossenen Maßnahmen einlösen wollen, damit die beim Projektbeirat und bei
der Bevölkerung geweckten Erwartungen eingelöst und „Baden 21“ sowie der
„Rastatter Tunnel“ realisiert werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die in der alternativen Trassenführung „Baden 21“ zusammengefassten For-
derungen der Kommunen und Bürgerinitiativen als Grundlage für die Über-
prüfung der bisherigen Planungen zu nutzen, um einen menschenverträg-
lichen, umweltfreundlichen und zukunftsfähigen Ausbau der Rheintalstrecke
sicherzustellen,

2. die am 8. Februar 2011 in der fünften Sitzung des Projektbeirats Rheintal-
bahn beschlossenen Untersuchungen und Maßnahmen zeitnah zu realisieren
und einen realistischen Finanzierungsplan für die Umsetzung der nachste-
henden Projekte vorzulegen:

● der Güterzugtunnel Offenburg,

● die Trassenführung parallel zur Autobahn zwischen Offenburg und Riegel,

● die Optimierung der Güterumfahrung Freiburg,

● die Optimierung der Bürgertrasse im Markgräflerland,

● die Teiltieferlegung Weil am Rhein-Haltingen,

● die Verlagerung aller Güterzüge durch den Katzenbergtunnel,

3. die Deutsche Bahn AG in die Pflicht zu nehmen, die bestehenden Planfest-
stellungsbeschlüsse im Sinne des Anwohner- und Lärmschutzes zu überprü-
fen und nachzubessern,

4. das Land Baden-Württemberg in die Pflicht zu nehmen, die über den gesetz-
lichen Rahmen hinausgehenden Lärmschutzmaßnahmen mitzufinanzieren,

5. den Schienenbonus, wie im schwarz-gelben Koalitionsvertrag für die 17. Le-
gislaturperiode festgeschrieben, generell abzuschaffen, da die ihm zugrunde
liegenden Gutachten wissenschaftlich überholt sind und damit nicht Grund-
lage von aktuellen und zukünftigen Planungen der Deutschen Bahn AG sein
dürfen,

6. die Aufhebung des Schienenbonus bereits als Pilotprojekt für die Rheintal-
bahn auf den Weg zu bringen,

7. durchzusetzen, dass umgehend ein lärmabhängiges Trassenpreissystem und
leise Fahrzeuge als Wettbewerbsvorteil für die Bahnen eingeführt werden,
um Lärm an der Quelle zu bekämpfen und nicht Millionen Euro für die Pla-
nung von Lärmschutzwänden zu verlieren,

8. das Lärmsanierungsprogramm des Bundes zu verstärken, die Sanierung an
bestehenden Schienenwegen voranzutreiben und sicherzustellen, dass die
Mittel vorrangig für Lärmsanierung und nicht für Planung eingesetzt werden,

9. in der Europäischen Union ein europaweites Umrüstungsprogramm für das
rollende Material aufzulegen, da viele ausländische Waggons auf dem deut-
schen Schienennetz fahren,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4856

10. die Zwangsdividende der Deutschen Bahn AG in Höhe von 0,5 Mrd. Euro
zurückzunehmen und diese Mittel u. a. für die Lärmsanierung der Deut-
schen Bahn AG im deutschen Schienennetz einzusetzen.

Berlin, den 22. Februar 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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