BT-Drucksache 17/4843

Netzneutralität sichern

Vom 22. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4843
17. Wahlperiode 22. 02. 2011

Antrag
der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Jan Korte, Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers,
Herbert Behrens, Nicole Gohlke, Dr. Rosemarie Hein, Ulla Jelpke, Caren Lay,
Petra Pau, Jens Petermann, Kathrin Senger-Schäfer, Raju Sharma, Frank Tempel,
Johanna Voß und der Fraktion DIE LINKE.

Netzneutralität sichern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der fortbestehende Erfolg und die ungebremste Dynamik des Internets basieren
maßgeblich auf einem offenen System der Informationsbereitstellung, des
gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Transports von Datenpaketen.
Netzneutralität bezeichnet die neutrale Übermittlung von Datenströmen unab-
hängig von ihrer Klassifizierung nach Herkunft, Anwendung und Inhalt. Sie
bildet die Grundlage für Demokratie, Pluralismus und Meinungsbildung im In-
ternet. Netzneutralität ist ebenso elementar für die Kommunikationsfreiheit wie
für das technologische und gesellschaftliche Innovationspotential des Internets.

Heute ermöglichen es Netzwerktechnologien, Datenpakete zu priorisieren – In-
halte, Applikationen und Dienste bevorzugt oder benachteiligt zu behandeln.
Netzbetreiber werden somit in die Lage versetzt, den Datenverkehr des Netzes
in verschiedene Klassen von Internet-Traffic zu differenzieren und gegen Auf-
preis zu vermarkten. Das Prinzip der Netzneutralität als Grundlage von Mei-
nungs-, Anwendungs- und Kommunikationsfreiheit im Internet wird aufge-
hoben.

Um sicherzustellen, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer weiterhin gleich-
berechtigt und diskriminierungsfrei Inhalte senden und empfangen können, gilt
es, Netzneutralität gesetzlich zu verankern. Eine Priorisierung darf allein im
Falle ausgewählter zeitkritischer Dienste- oder Inhalteklassen (etwa VoIP – Voice
over IP, IPTV – Internet Protocol Television, Onlinegaming, Live-Video-Confe-
rencing) aus technischen Gründen der Effizienzsteigerung vorgenommen wer-
den, nicht nach den kommerziellen Interessen der Netzbetreiber. Sie darf nicht
zu Lasten anderer Dienste, Anwendungen oder Inhalte erfolgen. Ein zukunfts-
fähiges, neutrales Netz auf Basis der gleichberechtigten Teilhabe aller ist durch
einen Ausbau der Netzwerkkapazitäten und die großflächige Bereitstellung von
glasfaserbasierten Breitbandzugängen zu realisieren.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

a) einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die Gewährleistung der Netzneu-
tralität im Telekommunikationsgesetz entsprechend folgender Kriterien ver-
ankert wird:

Drucksache 17/4843 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
● grundsätzlich sollen IP-Datenpakete im Internet gleichberechtigt und dis-
kriminierungsfrei behandelt werden,

● alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer dürfen im Internet ihre Inhalte
senden und empfangen und Dienste und Anwendungen sowie Hard- und
Software ihrer Wahl nutzen,

● eine Priorisierung unterschiedlicher Dienste- bzw. Inhalteklassen im Inter-
net ist nur bei zeitkritischen Diensten und ausschließlich zur technischen
Effizienzsteigerung zulässig, wenn dabei der Zugang und die Verbin-
dungsqualität zu anderen Inhalten, Anwendungen und Geräten weder blo-
ckiert noch behindert oder verschlechtert werden,

● eine Überwachung oder Manipulation (bspw. mittels so genannter Deep
Packet Inspection) der Inhalte des IP-Datenverkehrs durch die Netzbetrei-
ber ist nicht zulässig,

● zum störungsfreien Betrieb der Netze unverzichtbare Netzmanagement-
maßnahmen sind zulässig,

● alle ergriffenen Netzmanagementmaßnahmen der Netzbetreiber müssen
gegenüber den Nutzerinnen und Nutzern begründet werden und sind ihnen
gegenüber transparent und nachvollziehbar darzustellen,

● die von Internetzugangsanbietern beworbenen Verfügbarkeiten und Ge-
schwindigkeiten von Internetanschlüssen müssen den Kundinnen und
Kunden in vollem Umfang zur Verfügung stehen;

b) einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die Bundesnetzagentur mit der
Kontrolle, Überwachung und Durchsetzung der Netzneutralität in Deutsch-
land beauftragt wird;

c) auf europäischer Ebene unverzüglich darauf hinzuwirken, dass die Gewähr-
leistung der Netzneutralität durch rechtliche Festschreibungen, insbesondere
in der Rahmenrichtlinie für elektronische Kommunikationsnetze und
- dienste sowie der Universaldienstrichtlinie, auch EU-weit dauerhaft und
verbindlich erfolgt.

Berlin, den 22. Februar 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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