BT-Drucksache 17/4147

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung - Drucksachen 17/3000, 17/3110 Nr. 1.7 - Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2010

Vom 8. Dezember 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4147
17. Wahlperiode 08. 12. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksachen 17/3000, 17/3110 Nr. 7 –

Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2010

A. Problem

Der Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit 2010 bekräftigt, dass fast
20 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands der Prozess des Zusammen-
wachsens zwischen Ost und West nachhaltig vorangeschritten sei. Ziele und
Aufgaben bis zum Ende des Solidarpakts II werden detailliert dargelegt.
Schwerpunkte setzt der Bericht dabei unter anderem auf die Förderung der Wirt-
schaftskraft, die Stärkung einer belastbaren Bildungs- und Forschungsland-
schaft und den Erhalt und Ausbau einer modernen und leistungsfähigen Ver-
kehrsinfrastruktur. Wichtige Handlungsfelder sind ebenfalls die Städtebauförde-
rung, die Entwicklung der ländlichen Räume mit der Landwirtschaft und die
Gestaltung des demographischen Wandels.

Die Bundesregierung unterstreicht zudem die Maßnahmen zur Aufarbeitung der
SED-Diktatur als wesentlichen Beitrag zur inneren Einheit.

B. Lösung

Kenntnisnahme.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/4147 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

die Unterrichtung auf Drucksache 17/3000 im Rahmen einer Plenardebatte
erneut zur Kenntnis zu nehmen.

Berlin, den 1. Dezember 2010

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Manfred Behrens (Börde)
Berichterstatter

Daniela Kolbe (Leipzig)
Berichterstatterin

Jimmy Schulz
Berichterstatter

Roland Claus
Berichterstatter

Stephan Kühn
Berichterstatter

gungsvertrag wurde die Kultur in den Neuen Ländern auch
● die Stiftung für das Sorbische Volk.
Sache des Bundes. In Artikel 35 Absatz 2 heißt es verantwor-
tungsbewusst: „Die kulturelle Substanz in dem in Artikel 3
genannten Gebiet (DDR) darf keinen Schaden nehmen.“

Seitens der bundespolitischen Verantwortung wurde in den

– Schließlich wurden von der Bundesregierung 1994 insge-
samt rund 125 Millionen Euro aus dem Vermögen der
ehemaligen Parteien und Massenorganisationen der
DDR für den Kulturbereich zur Verfügung gestellt.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4147

Bericht der Abgeordneten Manfred Behrens (Börde), Daniela Kolbe (Leipzig),
Jimmy Schulz, Roland Claus und Stephan Kühn

1. Überweisung

Die Unterrichtung auf Drucksache 17/3000 wurde am
30. September 2010 auf Drucksache 17/3110 an den Innen-
ausschuss federführend sowie an den Sportausschuss, den
Rechtsausschuss, den Haushaltsausschuss, den Ausschuss
für Wirtschaft und Technologie, den Ausschuss für Ernäh-
rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, den Ausschuss
für Arbeit und Soziales, den Verteidigungsausschuss, den
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den
Ausschuss für Gesundheit, den Ausschuss für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung, den Ausschuss für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit, den Ausschuss für Tourismus
und den Ausschuss für Kultur und Medien zur Mitberatung
überwiesen.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Der Sportausschuss, der Rechtsausschuss, der Haushalts-
ausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft und Techno-
logie, der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz, der Ausschuss für Arbeit und Sozia-
les, der Verteidigungsausschuss, der Ausschuss für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend, der Ausschuss für
Gesundheit, der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadt-
entwicklung, der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit, der Ausschuss für Tourismus und
der Ausschuss für Kultur und Medien haben in ihren
jeweiligen Sitzungen Kenntnisnahme der Unterrichtung
empfohlen.

Darüber hinaus hat der Ausschuss für Kultur und Medien
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPD und DIE LINKE. nachfolgenden Entschlie-
ßungsantrag angenommen:

Der Ausschuss für Kultur und Medien stellt fest und begrüßt:

In Artikel 35 Absatz 1 Einigungsvertrag haben wir uns
eindeutig zu der fortbestehenden Einheit der deutschen
Nation, die sich auf Kunst und Kultur gründet, bekannt,
genau heißt es: „In den Jahren der Teilung waren Kunst und
Kultur – trotz unterschiedlicher Entwicklung der beiden
Staaten in Deutschland – eine Grundlage der fortbestehen-
den Einheit der deutschen Nation. Sie leisten im Prozess der
staatlichen Einheit der Deutschen auf dem Weg zur euro-
päischen Einigung einen eigenständigen und unverzichtba-
ren Beitrag. Stellung und Ansehen eines vereinten Deutsch-
lands in der Welt hängen außer von seinem politischen
Gewicht und seiner wirtschaftlichen Leistungskraft ebenso
von seiner Bedeutung als Kulturstaat ab.“ Mit dem Eini-

– Für die Sicherung der kulturellen Infrastruktur hat der
Bund allein von 1991 bis 1994 rund 1,6 Milliarden Euro
finanziert – mit dem „Substanzerhaltungsprogramm“ zur
Sicherung bestehender Einrichtungen und dem „Infra-
strukturprogramm“ zur Modernisierung der Infrastruk-
tur.

– Für die Renovierung von Denkmälern und historische ur-
bane Räume hat der Bund von 1991 bis 1997 insgesamt
rund 1,1 Milliarden Euro bereitgestellt.

– Im Rahmen des Substanzerhaltungsprogramms Kultur
sind unter Beteiligung der Länder kulturelle Einrichtun-
gen und Veranstaltungen mit überregionaler Bedeutung
mit rund 750 Millionen Euro gefördert worden. Mit die-
sen Mitteln wurden 1991 pauschal 50 Prozent der laufen-
den Kosten aller Theater, vieler Museen und anderer Kul-
turinstitutionen in den Neuen Ländern abgedeckt.

– Zwischen 1991 und 1993 sorgte das Infrastrukturpro-
gramm des Bundes mit rund 361 Millionen Euro dafür,
„kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen in den
Städten, Gemeinden und Landkreisen in ihrer Substanz
zu stabilisieren, strukturell zu modernisieren und regio-
nale Benachteiligungen auszugleichen“.

– Von dem Denkmalschutzsonderprogramm profitierten die
neuen und alten Länder gleichermaßen. Es wurde konzi-
piert, um unbewegliche Kulturdenkmäler und historische
Bauten zu sichern, zu erhalten und zu restaurieren. Dafür
standen zwischen 1991 bis 1993 insgesamt rund 93 Mil-
lionen Euro zur Verfügung.

– Im gleichen Zeitraum flossen rund 107 Millionen Euro
nach Berlin, 80 Millionen Euro in die Kirchenbauförde-
rung, 12,5 Millionen Euro für den Fonds „Projektmittel
Kulturelle Einheit“. Für die Künstlerförderung im Rah-
men der Stiftung Kulturfonds, die als Nachfolgerin des
Kulturfonds der DDR gegründet worden war, wurden
rund 10 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

– Einige der bereits früher von der Kultur betreuten Ein-
richtungen erhielten wegen ihrer gesamtstaatlichen Be-
deutung Finanzhilfen durch die Kulturabteilung des Bun-
desinnenministeriums. Mit jährlich insgesamt 27 Millio-
nen Euro wurden folgende Institutionen unterstützt:
● die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-

Brandenburg,

● die Stiftung Weimarer Klassik,

● das Bauhaus Dessau,

● das Bach-Archiv Leipzig
Anfangsjahren eine enorme kulturelle Erhaltungsleistung
vollbracht:

– Bemerkenswert ist auch der Neubau des Museums für
Bildende Künste in Leipzig. Der neue Ort für zeitgenös-

Drucksache 17/4147 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

sische und aktuelle Kunst wurde vom Bund mit 30 Millio-
nen Euro bei einer Gesamtbausumme von 74,5 Millionen
Euro mitfinanziert. Die Eröffnung dieses Magneten für
die zeitgenössische Kunst erfolgte 2004.

Auf diese Weise konnten seit 1990 nicht nur allein die inter-
national bedeutenden Sammlungen, Museen und Bibliothe-
ken sowie die Akademien der Künste in Berlin, sondern
flächendeckende kulturelle Strukturen erhalten und fortent-
wickelt werden, die für die Identität Deutschlands als Kul-
turstaat prägend sind.

Als Ergebnis einer systematischeren Förderpolitik des Bun-
des entstand 1995 zusätzlich das „Leuchtturmprogramm“,
mit dem es möglich wurde, bis zu 50 Prozent an der Perso-
nal- und Sachkosten bzw. der Investitionskosten weiterer
national bedeutsamer Einrichtungen aus dem Bundeshaus-
halt zu finanzieren. Für die neu hinzugekommenen Einrich-
tungen stellte der Bund bis heute über 10 Millionen Euro zur
Verfügung.

Im Juli 2008 wurde das OZEANEUM, ein zur Stiftung Deut-
sches Meeresmuseum gehörendes Naturkundemuseum, in
Stralsund eröffnet. Der Neubau wurde seitens des Bundes
mit Mitteln in Höhe von 30 Millionen Euro gefördert und
wurde 2010 mit dem „European Museum of the Year Award“
ausgezeichnet.

Im Rahmen des Denkmalschutz-Sonderprogramms „Dach
und Fach“ wurden 1996 bis 2003 zusätzlich rund 46 Millio-
nen Euro in die neuen Bundesländer investiert. Ziel des Pro-
gramms war die Sicherung und Erhaltung kleinerer Bau-
denkmäler in den ländlichen Regionen der Neuen Länder
und im Ostteil.

Auch wenn die Kulturförderung im Haushalt des Bundes ins-
gesamt weniger als ein Prozent ausmacht, erzielt sie eine
vielfache Wirkung.

Mit dem Amt eines „Beauftragten der Bundesregierung für
Angelegenheiten der Kultur und der Medien“ (BKM) erhielt
die Kulturpolitik ab 1998 ein wahrnehmbares Gesicht. Zu-
dem richtete der Deutsche Bundestag am 13. November des-
selben Jahres einen Ausschuss für Kultur und Medien ein,
ein neues Kapitel für Kulturpolitik begann.

Zur selben Zeit wurde das Investitionsförderungsgesetz für
Maßnahmen im kulturellen Bereich geöffnet. Gesetze und
Programme schafften neue Perspektiven zur Förderung der
kulturellen Infrastruktur.

Auf Vorschlag der betroffenen Länder wurde zwischen 1999
und 2003 in jedem Jahr eine Liste mit Kultureinrichtungen
zusammengestellt, deren Investitionsprojekte mit Hilfe der
Mittel des Bundes sowie einer mindestens 50-prozentigen
Kofinanzierung durch das Land, die Kommune oder Dritte
realisiert werden sollten.

– Von 1999 bis 2003 wurden Mittel in Höhe von rund
150,2 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Das Pro-
gramm „Kultur in den neuen Ländern“ löste zahlreiche
Investitionen gegen den Verfall bei Bauten mit kulturhis-
torisch wertvoller Bau- und Denkmalssubstanz aus, die
ohne Unterstützung des Bundes kaum umgesetzt worden
wären.

– Auf Initiative des BKM wurde 2001 in Abstimmung mit

einrichtungen nach einheitlichen Kriterien herausgege-
ben. Das sogenannte „Blaubuch“ umfasst Museen des
nationalen Kulturerbes, sogenannte „Leuchttürme“, so-
wie Einrichtungen, die bedeutenden deutschen Persön-
lichkeiten gewidmet sind, sogenannte „kulturelle Ge-
dächtnisorte“.

– Zur Unterstützung der Länder stellt der BKM ab 2004 für
ein neu aufgelegtes Programm „Investitionen für natio-
nale Kultureinrichtungen in Ostdeutschland“ jährlich
Investitionsmittel des Bundes in Höhe von rund 6 Millio-
nen Euro zur Verfügung. Dieses Finanzvolumen verdop-
pelt sich durch eine verbindlich festgeschriebene, min-
destens 50-prozentige Komplementärfinanzierung der
Antragsteller. Bis 2009 wurden aus dem Programm
„Invest Ost“ Mittel in Höhe von rund 36 Millionen Euro
zur Verfügung gestellt. Im Jahr 2010 werden erneut rund
9 Millionen Euro Bundesmittel bereitgestellt.

– Im Rahmen des Programms „Kleine Leuchttürme“ wer-
den (Investitions-) Maßnahmen in den neuen Ländern in
Einrichtungen mit herausragender kulturpolitischer Be-
deutung gefördert. Die Fördersumme des BKM beläuft
sich auf rund 3,7 Millionen Euro während der Zeit von
2004 bis 2009. Im Jahr 2010 werden vom BKM erneut
617 000 Euro zur Verfügung gestellt. Hiervon profitieren
u.a. die Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen als
Zusammenschluss der Blaubucheinrichtungen, Stiftung
Fürst-Pückler-Museum Park und Schloß Branitz, Nova-
lis-Museum, Stiftung Händel-Haus, Museen im Grassi,
Franckesche Stiftungen, Stiftung Bauhaus Dessau.

– Darüber hinaus fördert der BKM zahlreiche Kulturdenk-
mäler in den Neuen Ländern im Rahmen der allgemeinen
Förderprogramme. Hierzu zählen das Denkmalpflege-
programm „National wertvolle Kulturdenkmäler“, das
Denkmalschutz-Sonderprogramm sowie die Denkmal-
schutzprojekte im Rahmen des Konjunkturprogramms II
der Bundesregierung.

Ein herausragendes Beispiel der Kulturförderung ist die Stif-
tung Preußischer Kulturbesitz. Der Bund trägt mit 75 Pro-
zent – das sind derzeit rund 104 Millionen Euro – den Haupt-
teil der für den Betriebshaushalt der Museen, Archive und
Bibliotheken erforderlichen Zuschüsse. Weitere 25 Prozent
des Betriebshaushaltes tragen die Bundesländer und machen
die Stiftung damit zu einem Beispiel fruchtbarer Kooperation
im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland. Die
Neuen Bundesländer sind der Stiftung 1992 beigetreten.

Ein weiteres Beispiel ist die Stiftung Preußische Schlösser
und Gärten Berlin-Brandenburg. Sie erwuchs aus der Ver-
waltung der „Staatlichen Schlösser Potsdam-Sanssouci“,
die die Liegenschaften in der ehemaligen DDR betreut hatte,
und aus der „Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gär-
ten“, die für die in Berlin (West) liegenden Schlösser und
Gärten zuständig war. 1995 wurde die neue Stiftung mit
Staatsvertrag zwischen den Ländern Berlin und Branden-
burg errichtet. Bereits im Jahr 1990 wurden Teile der Kultur-
landschaft in die Liste des UNESCO Welterbes aufgenom-
men, weitere Eintragungen folgten in den Jahren 1992 und
1999. Heute gehört die gesamte Potsdamer und Berliner
Parklandschaft zum UNESCO Weltkulturerbe. Im Jahr 2008
kamen fast zwei Millionen Besucher in die Schlösser und
den betroffenen Ländern eine systematische Bestands-
aufnahme von gesamtstaatlich bedeutsamen Kultur-

zusätzlich fünf Millionen Besucher in die Gärten und Park-
anlagen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/4147

Der Bund hat seit Stiftungsgründung rund 190 Millionen
Euro bereitgestellt. Hiermit konnten u.a. viele bedeutende
Anlagen gesichert und bewahrt werden. Dennoch befinden
sich – auch als Folge der deutschen Teilung – zahlreiche
Kulturgüter noch immer in einem erheblich sanierungs-
bedürftigen Zustand. Daher stellt der Bund mit dem Son-
derinvestitionsprogramm für die Jahre 2008–2017 bis zu
77,5 Millionen Euro zur Verfügung. Die Länder Berlin und
Brandenburg leisten zusammen eine Kofinanzierung in glei-
cher Höhe.

Auf Grundlage mehrerer Hauptstadtkulturverträge über-
nahm der Bund ab 1998 auch eine eigene Verantwortung für
die kulturelle Repräsentation Berlins. So summieren sich die
Leistungen des Bundes für kulturelle Einrichtungen und Pro-
jekte in Berlin heute auf über 430 Mio. Euro jährlich. Darin
eingeschlossen sind u.a. Zuwendungen für die Stiftung Preu-
ßischer Kulturbesitz, das Deutsche Historische Museum, das
Jüdische Museum Berlin, die Berliner Festspiele, die Inter-
nationalen Filmfestspiele Berlin, das Haus der Kulturen der
Welt, den Hauptstadtkulturfonds, die Rundfunk Orchester
und Chöre GmbH, die Akademie der Künste, die Deutsche
Kinemathek, die Deutsche Welle Berlin sowie nicht zuletzt
für Gedenkstätten zur Erinnerung an den Holocaust, an die
nationalsozialistische Diktatur sowie an SED-Unrecht und
Mauerbau.

Auf der Grundlage des am 1. Januar 2008 in Kraft getrete-
nen Hauptstadtfinanzierungsvertrages führt die Bundes-
regierung die bisherige Kulturförderung auf dem derzeitigen
hohen Niveau verlässlich fort. Nach der Entscheidung des
Bundes zur Beteiligung an den Gesamtkosten der 2010 be-
ginnenden Sanierung der Staatsoper Unter den Linden in
Höhe von 200 Millionen Euro wird ab 2013/14 mit dem äu-
ßeren Wiederaufbau des Berliner Schlosses für das künftige
Humboldtforum ein weiterer Schritt zur baulichen Erneue-
rung des Zentrums der Hauptstadt erfolgen.

Die Kulturstiftung des Bundes fördert Kunst und Kultur im
Rahmen der Zuständigkeit des Bundes, insbesondere innova-
tiver Projekte im internationalen Kontext. Die Stiftung erhält
einen jährlichen Zuschuss des Bundes. In der Aufbauphase
standen im Jahr 2002 rund 13 Millionen Euro zur Verfü-
gung; 2010 beträgt die Zuwendung des Bundes ca. 35 Mil-
lionen Euro. Da der kulturelle Wandel in den neuen Bundes-
ländern besonders prägnant ist, fördert die Stiftung dort in
besonderem Maße. Die Bandbreite ihrer Initiativen reicht
vom Erhalt „kultureller Leuchttürme“ bis zur gezielten Un-
terstützung engagierter Vereine und Verbände, die vor allem
in regionalen Zusammenhängen wirken. Kulturelle Projekte
und Einrichtungen in den neuen Ländern nutzen die An-
tragsmöglichkeiten der „Allgemeine Projektförderung“ der
Stiftung.

Mit ihrer Gründung wurde das Programm „Kulturelle As-
pekte der deutschen Einigung“ ins Leben gerufen, in dessen
Rahmen unter anderem bis 2003 der „Kulturbericht Ost-
deutschland“ realisiert und zwei Fonds eingerichtet wurden.
Der Austauschfonds „Ost-West“ ermöglichte von 2003–2006
gemeinsame Arbeitsprojekte zwischen kulturellen Institutio-
nen in den neuen und alten Bundesländern. Mit dem Fonds
„Bürgerschaftliches Engagement in den Neuen Ländern“

120 Einrichtungen und Projekte gefördert wurden, ist die
strukturelle Weiterentwicklung und Professionalisierung der
Kulturarbeit der Neuen Länder und die Förderung der Ver-
bundenheit der Menschen mit ihrer Region – besonders in
strukturschwachen Gebieten.

Die Aufarbeitung der SED-Diktatur ist ein sehr wichtiger
Bestandteil auf dem Weg zur Vollendung der inneren Einheit
Deutschlands. Diese Aufarbeitung wird seit der Wiederver-
einigung erfolgreich durch eine Reihe von Organisationen,
Stiftungen und Behörden betrieben, die vom Bund getragen
bzw. unterstützt werden. Neben der geschichtlichen Aufar-
beitung ist auch die Würdigung, Rehabilitierung und Ent-
schädigung der Opfer der SED-Diktatur von herausragen-
der Bedeutung. Auch auf diesem Gebiet ist sehr viel erreicht
worden. Da allerdings bei der Aufarbeitung auch 20 Jahre
nach der staatlichen Einheit nicht nachgelassen werden
darf, ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass die Bundesregie-
rung mit der Überarbeitung des strafrechtlichen Rehabilitie-
rungsgesetzes jüngst zahlreiche spürbare Verbesserungen
für die Opfer des Stasi-Unrechts verwirklicht hat. Außerdem
werden die Überprüfungsfristen im Stasi-Unterlagengesetz
bis 2019 verlängert. Dies sind sichtbare Zeichen, dass die
Bundesregierung die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der
Aufarbeitung dieses Kapitels der deutschen Geschichte wei-
terhin hervorhebt.

Auf Grundlage des fraktionsübergreifenden Beschlusses des
Deutschen Bundestages vom 30. Juni 2005 und des Berliner
„Gesamtkonzepts zur Erinnerung an die Berliner Mauer:
Dokumentation, Information und Gedenken“ vom 20. Juni
2006 beteiligt sich der Bund am Ausbau des Gedenkareals
an der Bernauer Straße. Das Bundesengagement besteht aus
der Mitfinanzierung bei der institutionellen Förderung und
beim Ausbau des Gedenkareals mit bisher rund 8 Millionen
Euro.

Der Bund fördert auch an anderer Stelle Projekte zur Aufar-
beitung der SED-Diktatur. In Berlin sind u.a. der „Tränen-
palast“ an der Friedrichstraße, in dem eine neue Dauer-
ausstellung am 13. August 2011 eröffnet werden soll, und die
Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde zu nen-
nen. Im weiteren Verlauf der innerdeutschen Grenze werden
verschiedene Grenzlandmuseen gefördert, so im Eichsfeld,
wo im Jahre 2010 eine neue Dauerausstellung eröffnet wer-
den konnte, das deutsch-deutsche Museum in Mödlareuth
und die Grenzübergangsstelle Marienborn.

Darüber hinaus hat der Bund sein finanzielles Engagement
bei der Aufarbeitung der SED-Diktatur und besonders bei
der baulichen Erhaltung und der Einrichtung von Dauer-
ausstellungen verstärkt.

Wir begrüßen, dass der Deutsche Bundestag 2007 mit den
Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU, FDP und SPD be-
schlossen hat, zur Erinnerung an die friedliche Revolution
im Herbst 1989 und an die Wiedergewinnung der staat-
lichen Einheit Deutschlands ein Freiheits- und Einheits-
denkmal in Berlin zu errichten. Damit sollten zugleich auch
die freiheitlichen Bewegungen und Einheitsbestrebungen
der vergangenen Jahrhunderte in Erinnerung gerufen und
gewürdigt werden.

Im Dezember 2008 fasste der Deutsche Bundestag den Be-

werden seit 2002 mit 3,3 Millionen Euro beispielhafte Kultur-
initiativen gefördert. Ziel dieses Fonds, mit dem bislang über

schluss zur Gestaltung des Denkmals und legte als Standort
den Sockel des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Denkmals auf

Drucksache 17/4147 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

der sogenannten „Schlossfreiheit“ fest. Für das Denkmal
stellt der Bund bis zu 10 Millionen Euro zur Verfügung. Die
Entscheidung des Wettbewerbs mit der Auswahl des Sieger-
entwurfs steht bevor.

Um den besonderen Beitrag der Leipziger Bürger zu würdi-
gen, der eine herausragende Rolle bei der Friedlichen Revo-
lution spielte, wird dort mit Unterstützung des Bundes eben-
falls ein Denkmal errichtet. Der Bund stellt dafür bis zu
5 Millionen Euro zur Verfügung.

Auch im 20. Jahr nach der Friedlichen Revolution kann die
belastete und belastende Vergangenheit nicht „bewältigt“
und damit ad acta gelegt werden. Vielmehr ist eine Erinne-
rungskultur mit dem Bewusstsein entstanden, dass die eigene
Geschichte Bestandteil der Lebenskultur ist. Die Aufarbei-
tung ist politisch gewollt, und mit der Bundesbeauftragten
für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehema-
ligen DDR (BStU), der Stiftung Aufarbeitung, dem Zeitge-
schichtlichen Forum Leipzig und mehreren Gedenkstätten
stehen wirkungsvolle Institutionen zur Verfügung.

Die Existenz der BStU ist dem Bürgermut zu verdanken, der
sich in der Besetzung der MfS-Dienststellen 1989/90 mani-
festierte, und dem bundesrepublikanischen Rechtsstaat, der
mit dem Stasi-Unterlagengesetz (StUG) die gesetzliche
Grundlage für Aufarbeitung und Opferschutz geschaffen
hat. Das StUG ermöglicht die persönliche, historische, poli-
tische und juristische Aufarbeitung der Tätigkeit des Staats-
sicherheitsdienstes und fördert damit die Auseinanderset-
zung mit der zweiten deutschen Diktatur.

Für die BStU, die als zeitlich begrenzte Einrichtung konzi-
piert wurde, wird der Deutsche Bundestag noch in der
17. Legislaturperiode eine Expertenkommission einsetzen.
Sie soll die Entwicklung der Aufgaben, die der BStU gesetz-
lich zugewiesen sind, analysieren und Vorschläge machen,
ob und in welcher Form diese mittel- und langfristig zu er-
füllen sind.

Die weltkulturelle Bedeutung Ostdeutschlands wird insbe-
sondere in seiner Eigenschaft als Stätte des Wirkens des Re-
formators Martin Luther deutlich. Aus Anlass des 500. Jah-
restags des Thesenanschlags an der Schlosskirche in
Wittenberg wird bereits seit 2008 die „Lutherdekade“ be-
gangen. Die Bundesregierung hat das enorme Potential die-
ses Ereignisses erkannt, die Bedeutung Deutschlands als
Land der Reformation weltweit bekannt zu machen. Deshalb
fördert der Bund die Lutherdekade in den nächsten Jahren
mit jährlich 5 Mio. Euro.

Der Ausschuss für Kultur und Medien fordert die Bundes-
regierung auf:

– im Geiste des Einigungsvertrages in der Förderung des
kulturellen Erbes und des kulturellen Lebens in den ost-
deutschen Ländern nicht nachzulassen, dabei auch wei-
terhin das bürgerschaftliche Engagement mit einzubezie-
hen und eine Übertragung dieses Konzepts auf die
westdeutschen Länder zu prüfen.

– die verstärkte Förderung der Aufarbeitung der SED-Dik-

3. Beratungen im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat in seiner 27. Sitzung am 1. Dezem-
ber 2010 die Unterrichtung der Bundesregierung auf Druck-
sache 17/3000 abschließend beraten. Als Ergebnis der Bera-
tungen empfiehlt der Ausschuss einstimmig Kenntnisnahme.

Die Fraktion der CDU/CSU resümiert, dass der Bericht
zum Stand der Deutschen Einheit 2010 einen besonderen
Charakter habe, da er im Zeichen des Jubiläums zu 20 Jahren
Deutsche Einheit stehe. Ähnlich wie im Bericht 2009 – mit
seinem Schwerpunkt Jubiläum der friedlichen Revolution –
werde zu Recht in den Mittelpunkt gestellt, was seitdem ge-
meinsam erreicht worden sei. Zum Aufbau Ost sei insbeson-
dere zu betonen, wie wichtig die Konjunkturpakete I und II
für Ostdeutschland gewesen seien. Während beim Konjunk-
turpaket I finanzschwache Kommunen die Chance bekom-
men hätten, wichtige Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen,
etwa im Straßenbau, zu finanzieren, habe das Konjunktur-
paket II Ähnliches im Bereich der sozialen Baumaßnahmen,
z. B. bei Kitas oder Schulen, geleistet.

Die Fraktion der SPD sieht gleichfalls Erfolge auf dem
gemeinsamen Weg seit der Wiedervereinigung aber auch
einige Probleme. Insoweit sei vor allem an die Wirtschafts-
struktur, die Langzeitarbeitslosigkeit, weiter bestehende
Lohnunterschiede und den Zustand der Demokratie zu den-
ken. Was die demographische Entwicklung angehe, so könne
der Westen von den Erfahrungen profitieren, die man jetzt
schon im Osten mache. Insgesamt seien weiter große An-
strengungen erforderlich. Die dafür erforderliche Energie
fehle aber der Bunderegierung. Zum Teil werde Politik ge-
gen die neuen Länder gemacht: so träfen die Kürzungen
durch das Sparpaket den Osten besonders hart; auch die Neu-
regelung des Flächenerwerbs sei ein Affront gegen den
Osten.

Auch die Fraktion der FDP betont den demographischen
Wandel, der den Osten früher treffe als den Westen. Zudem
seien einige Regionen besonders dramatisch von Abwande-
rung und einem Verlust an Wirtschaftskraft getroffen. Hier
könne man an die Schaffung von Modellregionen denken,
um Neues auszuprobieren. Bemerkenswert sei, dass man
sich auch 20 Jahre nach der Einheit noch so intensiv mit Ge-
schichte und Tätigkeit der Staatssicherheit – auch im Wes-
ten – auseinander setzen müsse. Leider hätten Stasi-Täter
mehr von der Einheit profitiert als die Stasi-Opfer, weil die
Täter häufig Abitur und Fremdsprachenkenntnisse besessen
hätten. Ähnliche Bildungsmöglichkeiten blieben den Opfern
oft verwehrt. Schließlich müsse man aufpassen, damit es in
den neuen Ländern nicht zu negativen Mehrheiten von Par-
teien komme, die das demokratische System der Bundes-
republik Deutschland skeptisch sähen.

Die Fraktion DIE LINKE. meint, der Erfahrungsvorsprung
des Ostens durch 20 Jahre Transformation könne bundesweit
in Umbruchprozessen genutzt werden. Bei der Angleichung
an die alten Länder sei zwar Beachtliches erreicht worden, in
vielen Bereichen gehe die Schere aber weiter auseinander. Es
gebe einen doppelt so großen Niedriglohnsektor und keine
einzige Unternehmenszentrale. Das Sparpaket belaste Ost-
härter als Westdeutsche. Bezüglich positiver Erfahrungen
oder Vorreiterprozesse im Osten könne man an die erneuer-
tatur fortzusetzen und darin auch die bestehenden Zeit-
zeugeneinrichtungen einzubinden.

baren Energien oder die Gesundheitspolitik denken. Beim
Bildungssystems – hier sei der Föderalismus gescheitert –

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/4147

könne ein Blick auf den Osten ebenso helfen, wie hinsicht-
lich der Infrastruktur im Bereich Kinderbetreuung. Hier lie-
ge der Westen weit zurück. Gerade solche weichen Standort-
faktoren würden in Zukunft an Bedeutung gewinnen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erkennt an,
dass die Bundesregierung hinsichtlich Lageeinschätzung
und Zukunftsaussichten einen ehrlichen Bericht vorgelegt
habe. Gerade angesichts der geschilderten Fakten bleibe aber
einiges unklar. So müsse man sich fragen, wie z. B. die Kom-
munen angesichts der schrumpfenden Bevölkerungszahl
die Instandhaltung der vielen Infrastruktur-Neubauprojekte
finanzieren sollten und was die Bundesregierung tun wolle,
um mehr Prioritäten bei Forschung, Entwicklung und Bil-
dung zu setzen, insbesondere um die zu Recht beklagte ge-
ringe privatwirtschaftliche Forschungstätigkeit anzukurbeln
und um für die weitere Fortentwicklung der Hochschulen zu
sorgen. Zwei ostdeutsche Universitäten in der Exzellenz-
initiative seien zu wenig.

Berlin, den 1. Dezember 2010

Manfred Behrens (Börde)
Berichterstatter

Daniela Kolbe (Leipzig)
Berichterstatterin

Jimmy Schulz
Berichterstatter

Roland Claus
Berichterstatter

Stephan Kühn
Berichterstatter

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