BT-Drucksache 17/4029

zum Antrag der Republik Irland auf finanzielle Unterstützung im Rahmen des Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EuB-BReg 126/2010) hier: Stellungnahme des Deutschen Bundestages gemäß Artikel 23 Absatz 2 des Grundgesetzes i.V.m. § 9 Absatz 1 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union Profiteure der Krise zur Kasse bitten - Keine weitere Verstaatlichung fauler Bankenkredite bei Finanzhilfen für Irland

Vom 1. Dezember 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4029
17. Wahlperiode 01. 12. 2010

Antrag
der Abgeordneten Alexander Ulrich, Michael Schlecht, Jan van Aken,
Christine Buchholz, Sevim Dag˘delen, Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke,
Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Harald Koch,
Stefan Liebich, Niema Movassat, Thomas Nord, Paul Schäfer (Köln), Katrin
Werner und der Fraktion DIE LINKE.

zu dem Antrag der Republik Irland auf finanzielle Unterstützung im Rahmen des
Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EuB-BReg 126/2010)

hier: Stellungnahme des Deutschen Bundestages gemäß Artikel 23 Absatz 2 des
Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 1 des Gesetzes über die Zusammenarbeit
von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der
Europäischen Union

Profiteure der Krise zur Kasse bitten – Keine weitere Verstaatlichung fauler
Bankenkredite bei Finanzhilfen für Irland

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Republik Irland hat Finanzhilfen von über 85 Mrd. Euro bei der Europäi-
schen Union beantragt. Diesem Antrag haben die Finanzminister der Euro-Zone
am Sonntag, den 28. November 2010, bei ihrem Treffen in Brüssel zugestimmt.
Auf die Bundesrepublik Deutschland entfallen 6,1 Mrd. Euro aus der Europäi-
schen Finanzstabilisierungsfaszilität (EFSF) und de facto über 4,5 Mrd. Euro
aus dem Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM).

Deutsche Banken haben über 100 Mrd. Euro an irische Schuldner verliehen, ins-
besondere an irische Unternehmen und Banken. Hinter dieser Zahl verbergen
sich jedoch Ansprüche gegenüber eigenen Zweckgesellschaften der deutschen
Banken. Nach Schätzungen stehen höchstens 30 Mrd. Euro für deutsche Banken
im Risiko. Diese können auch ohne staatliche Hilfe bewältigt werden. Irland ist
ein reiches Land. Das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt liegt nach wie vor deut-
lich über dem Deutschlands. Für die Bewältigung der Bankenkrise müssen die-
jenigen herangezogen werden, die von den spekulativen Exzessen der vergange-
nen 15 Jahre profitiert haben. Es ist vor allem eine sehr reich gewordene Ober-

Drucksache 17/4029 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
schicht in Irland selbst. Ihr Wohlstand basiert auch auf einem Steuerdumping für
Reiche, das zuerst zu beseitigen wäre.

Bei den Finanzhilfen für Irland handelt es sich um ein erneutes Bankenrettungs-
paket.

Um die Bedingungen des IWF-/EU-Pakets zu erfüllen, hat die irische Regierung
vor den Mindestlohn zu kürzen und Leistungen für Kinder, Arbeitslose und
Rentnerinnen und Rentner abzusenken sowie den öffentlichen Dienst zu be-
schneiden. Außerdem werden Verbrauchsteuern erhöht. Dies soll in den nächs-
ten vier Jahren 15 Mrd. Euro bringen. Seine niedrigen Unternehmenssteuersätze
darf Irland jedoch beibehalten. Gegen diese Politik des sozialen Kahlschlags
haben in den letzten Tagen hunderttausende Menschen in Irland demonstriert.
Die Irland aufgezwungene Hilfe ist auch ökonomisch unsinnig, sie ist wie ein
Rettungsring aus Blei. So wird das Land erst richtig nach unten gezogen.

Zumindest ein Teil der von den EU-Finanzministern am 28. November 2010
zugesagten Finanzhilfen aus dem Europäischen Finanzstabilisierungsmechanis-
mus (EFSM) wird vom Vorhabenbegriff nach EUZBBG (Gesetz über die Zu-
sammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegen-
heiten der Europäischen Union) umfasst. Somit ist der Deutsche Bundestag
gefordert und ermächtigt, über die Gewährung der Finanzhilfen zu beraten.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Profiteure von Spekulation und Steuerdumping an der Sanierung des
irischen Bankensystems angemessen zu beteiligen, unter anderem durch die
Beendigung des irischen Steuerdumpings für Unternehmen;

2. Banken und Finanzinvestoren, die in Irland engagiert sind, darauf zu
verpflichten, bei den laufenden Umschuldungen der irischen Banken Bürg-
schaften zu übernehmen und teilweise auf ihre Forderungen zu verzichten;

3. dem EU-/IWF-Finanzpaket und dem damit verbundenen Sozialabbau für
Irland nicht zuzustimmen, und sich mit der irischen Bevölkerung solidarisch
zu zeigen;

4. alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere die Finanzmärkte
zu regulieren, um weitere spekulative Angriffe gegen einzelne Staaten der
Eurozone zu unterbinden;

5. eine Initiative für eine EU-weite Mindestbesteuerung von Einkommen, Un-
ternehmen und Vermögen auf breiter und harmonisierter Bemessungsgrund-
lage zu ergreifen und gegebenenfalls Artikel 113 des Vertrages über die
Arbeitsweise der Europäischen Union entsprechend anzupassen.

Berlin, den 1. Dezember 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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