BT-Drucksache 17/3779

zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Thilo Hoppe, Uwe Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -Drucksache 17/3206- Pakistan nach der Flut langfristig unterstützen und Schulden umwandeln

Vom 15. November 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3779
17. Wahlperiode 15. 11. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Thilo Hoppe, Uwe Kekeritz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/3206 –

Pakistan nach der Flut langfristig unterstützen und Schulden umwandeln

A. Problem

Die extreme Flut, die Pakistan seit Juli dieses Jahres traf, hat zur größten huma-
nitären Katastrophe in der Geschichte der Vereinten Nationen geführt. Laut
Angaben des Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der
Vereinten Nationen (OCHA) sind etwa 20 Millionen Menschen von der Flut be-
troffen. Die Folgen der Überschwemmungen sind gravierend. Circa 5 Millionen
Menschen wurden obdachlos. Den meisten Flutopfern ist die Lebensgrundlage
genommen. Die Infrastruktur ist in weiten Teilen zerstört. Die Vereinten Natio-
nen gehen davon aus, dass der Wiederaufbau mindestens fünf Jahre in Anspruch
nehmen wird. Daher haben die Vereinten Nationen (UN) am 19. September die-
ses Jahres den Mittelbedarf für den Pakistan Initial Floods Emergency Response
Plan (PIFERP) von 0,46 Mrd. US-Dollar auf über 2 Mrd. US-Dollar erhöht.
Lediglich 340 Mio. US-Dollar sind aber bislang durch die internationale Geber-
gemeinschaft zugesagt worden. Deutschland beteiligt sich bislang mit 35 Mio.
Euro bilateraler Gelder sowie anteilig mit 20 Prozent an den 70 Mio. Euro von
ECHO (European Commission Humanitarian Aid and Civil Protection) und
4 Prozent an dem United Nations Central Emergency Response Fund (insgesamt
weitere 15 Mio. Euro) an der Bewältigung der Flutkatastrophe. Handlungs-
bedarf besteht zum einen in einer notwendigen Aufstockung der Mittel, zum
anderen in der Sicherung einer effizienten und kohärenten Hilfe.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD.
C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/3779 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/3206 abzulehnen.

Berlin, den 11. November 2010

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Dagmar Wöhrl
Vorsitzende

Holger Haibach
Berichterstatter

Burkhard Lischka
Berichterstatter

Helga Daub
Berichterstatterin

Ute Koczy
Berichterstatterin

Heike Hänsel
Berichterstatterin

Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
tung einig. Man komme allerdings zu anderen Schlussfolge-
rungen. Nicht zuletzt die Delegationsreise habe noch einmal
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD,
den Antrag abzulehnen.

Der Haushaltsausschuss hat den Antrag in seiner 37. Sit-

deutlich gemacht, dass die staatlichen Strukturen in Pakistan
nicht diejenigen seien, die man sich für eine vernünftige
Entwicklungszusammenarbeit wünsche. Feudalherrschaft,
mangelndes Engagement der Eliten, unzureichendes Steuer-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/3779

Bericht der Abgeordneten Holger Haibach, Burkhard Lischka, Helga Daub, Ute
Koczy und Heike Hänsel

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/3206 in seiner 65. Sitzung am 7. Oktober 2010 zur
Federführung an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung und zur Mitberatung an den
Auswärtigen Ausschuss, den Haushaltsausschuss und den
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe über-
wiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
Der Wiederaufbau Pakistans nach der größten humanitären
Katastrophe in der Geschichte der Vereinten Nationen bedarf
größerer Anstrengungen als bisher angenommen – sowohl
hinsichtlich der aufzubringenden Mittel als auch hinsichtlich
ihrer effizienten und kohärenten Verwendung. In der Vergan-
genheit hat die internationale Gemeinschaft die pakistani-
sche Regierung massiv mit Militärhilfe unterstützt, ohne
ausreichend auf die Stärkung und Förderung der pakista-
nischen Zivilbevölkerung zu drängen. Die Antragsteller sind
der Auffassung, dass der pakistanischen Regierung bisher
keine zufriedenstellende Krisenbewältigung gelungen sei.
Sowohl das Militär als auch islamistische Parteien und die
Taliban versuchten, aus der Flut politisches Kapital zu schla-
gen. Darum sollten die zukünftigen finanziellen Mittel der
Bundesrepublik Deutschland für Pakistan ausschließlich
dem Aufbau der zivilen Infrastruktur, der Stärkung demokra-
tischer Prozesse und des pakistanischen Bildungswesens
zugutekommen.

Dazu soll der Sondertitel „Wiederaufbauhilfe nach der Flut-
katastrophe in Pakistan“ im Einzelplan 23 eingerichtet wer-
den, über den in 2011 mindestens 120 Mio. Euro und inner-
halb der nächsten vier Jahre mindestens weitere 480 Mio.
Euro bereitgestellt werden. Ein Großteil der Mittel soll
multilateral vergeben werden. Darüber hinaus soll auf einen
Teil der bilateralen Schulden Pakistans aus der Finanziellen
Zusammenarbeit unter der Bedingung verzichtet werden,
dass Pakistan diese Mittel zum Wiederaufbau nutzt. Auf der
Ebene der multilateralen Gläubiger soll ein mindestens drei-
jähriges Moratorium der Schuldenrückzahlungen erzielt
werden. Von der pakistanischen Regierung wird die Bereit-
schaft zu strukturellen Reformen als Eigenbeitrag zum Wie-
deraufbau gefordert.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner 22. Sit-
zung am 10. November 2010 beraten. Er empfiehlt mit den

und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat den Antrag in seiner 24. Sitzung am 10. November 2010
beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der SPD, den Antrag abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der federführende Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung hat den Antrag in seiner
20. Sitzung am 10. November 2010 beraten. Er empfiehlt
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD, den Antrag abzulehnen.

Die Fraktion der CDU/CSU betont, dass nicht zuletzt auch
durch die Delegationsreise deutlich geworden sei, dass es in
Pakistan nicht am Willen zur Demokratie fehle, sondern an
den dazu notwendigen stabilen Strukturen. Die Komplexität
der vielfältigen Einflussfaktoren mache eine Lösung extrem
schwierig. Dem Anliegen des Antrages könne man durchaus
positive Aspekte abgewinnen, aber man habe Skepsis, wenn
hier nur auf die vorhandenen staatlichen Strukturen gesetzt
werde. Die bisherigen positiven Erfahrungen mit privatem
Engagement in Pakistan würden gerade in die andere Rich-
tung zeigen. Niemand intendiere oder verbinde damit eine
Delegitimierung, aber man müsse darauf drängen, dass es zu
einem möglichst effizienten Mitteleinsatz komme.

Die Fraktion der SPD betont ebenfalls die Notwendigkeit
von umfänglicher internationaler Aufbauhilfe und bringt
ihre Sorge zum Ausdruck, dass Pakistan möglicherweise ein
gescheiterter Staat werden könnte. Die nach wie vor vorherr-
schende Feudalgesellschaft behindere jeden Fortschritt. Die
fehlende Bereitschaft der Großgrundbesitzer, angesichts der
desolaten Lage der Kleinbauern auf Pachten zu verzichten,
sei ein anschauliches Beispiel hierfür. Bei einer Atommacht
wie Pakistan sei es entscheidend, ob die Regierung oder ob
extremistische Gruppen den Aufbau organisierten. Die not-
wendige Hilfe müsse an Bedingungen geknüpft werden. Der
Staat selbst müsse hierbei einen Beitrag leisten, beispiels-
weise durch eine Steuer- und Landreform. Die Geberländer
sollten auch über andere Finanzierungsmodelle nachdenken.

Die Fraktion der FDP stellt heraus, wie wichtig die Auf-
bauarbeit in Pakistan sei. Insofern sei man sich in der Bewer-
zung am 10. November 2010 beraten. Der Ausschuss emp-
fiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD

aufkommen und Korruption beispielsweise seien keine Indi-
katoren, die dafür sprechen würden, dem Staat Geld in die

H. Heene
ese
eike Hänsel
erichterstatterin
Drucksache 17/3779 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Hand zu geben. Hier sei man gut beraten, bei den Vereinten
Nationen und anderen Organisationen anzusetzen.

Die Fraktion DIE LINKE. verweist darauf, dass der Wie-
deraufbau nach der verheerenden Flut in Pakistan eine lang-
fristige Herausforderung und der deutsche Beitrag in der bis-
her zugesagten Höhe bei weitem nicht ausreichend sei. Die
Vereinten Nationen und ihre Unterorganisationen hätten die
internationale Gemeinschaft dazu aufgerufen, sich hier stär-
ker als bisher zu engagieren. Die Fraktion fordere deshalb im
laufenden Haushaltsverfahren einen Sondertitel in Höhe von
100 Mio. Euro für 2011 und Verpflichtungsermächtigungen
von 100 Mio. Euro pro Jahr für die nächsten drei Jahre.
Man unterstütze ausdrücklich die im Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN enthaltene, im Baransatz
sogar noch weitergehende Forderung nach einem Sonder-
titel.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bedauert es,
dass man von der Koalition nicht bereit sei, diesen Antrag zu
unterstützen. Man würde damit einen Sondertitel schaffen,
der die Bundesregierung verpflichte und ein einheitliches
und koordiniertes Vorgehen sichere. Zudem setze man damit
ein politisches Signal, dass man von der Nothilfe zur Auf-
bauhilfe überzugehen bereit sei. Dieses Vorgehen habe sich
bereits bei der Tsunami-Hilfe bewährt.

Berlin, den 10. November 2010

Holger Haibach
Berichterstatter

Burkhard Lischka
Berichterstatter

Helga Daub
Berichterstatterin

Ute Koczy
Berichterstatterin

H
B
mann

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