BT-Drucksache 17/3381

Drittmittelfinanzierung der Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen

Vom 25. Oktober 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3381
17. Wahlperiode 25. 10. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Krista Sager, Kai Gehring, Priska Hinz (Herborn),
Sylvia Kotting-Uhl, Ekin Deligöz, Katja Dörner, Agnes Krumwiede, Monika Lazar,
Tabea Rößner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drittmittelfinanzierung der Hochschulen und außeruniversitären
Forschungseinrichtungen

Die Bedeutung der Drittmittel für die Finanzierung der Hochschulen und außer-
universitären Forschungseinrichtungen ist in den vergangenen Jahren sehr stark
gestiegen. Betrug die Drittmittelquote bei den Hochschulen 1995 noch
14,4 Prozent, so lag sie zehn Jahre später bereits bei 20,1 Prozent (Quelle: Sta-
tistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 4.3.2 verschiedene Jahrgänge). Seit
2005 hat sich das Wachstum der Drittmittelquote sogar noch beschleunigt. Bin-
nen dreier Jahre stieg sie bis 2008 auf 25,1 Prozent. Noch bedeutender ist der
Drittmittelanteil bei den Universitäten. Kamen im Jahr 2000 auf jeden Euro
Drittmittel noch 3,96 Euro laufende Grundmittel, waren es im Jahr 2008 nur
noch 2,57 Euro.

Mit 67,3 Prozent stammt der weitaus größte Teil der Drittmittel für die Hoch-
schulen von der öffentlichen Hand. Die größten Drittmittelgeber sind mit
33,7 Prozent die Deutsche Forschungsgemeinschaft e. V., mit 19,8 Prozent der
Bund im Rahmen der Projektförderung und mit 8,9 Prozent die Europäische
Union. Der Anteil der privaten Wirtschaft an den Drittmitteln ist dagegen ge-
sunken: von 26,4 Prozent im Jahr 1995 auf 24,8 Prozent im Jahr 2008 (Quelle:
Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 4.5, verschiedene Jahrgänge).

Hohe Drittmittelquoten weisen auch die außeruniversitären Forschungseinrich-
tungen auf. Die durchschnittliche Drittmittelquote lag 2008 bei 35 Prozent,
wobei die Spanne von 20 Prozent bei der Max-Planck-Gesellschaft zur Förde-
rung der angewandten Forschung e. V. bis zu 68 Prozent bei der traditionell dritt-
mittelstarken Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V.
reicht (Quelle: Innovationsstudie 18-2010 der Expertenkommission für For-
schung und Innovation). Aber auch bei den außeruniversitären Forschungsein-
richtungen ist die öffentliche Hand der mit Abstand wichtigste Drittmittelgeber
mit durchschnittlich 66 Prozent. Selbst bei der Fraunhofer-Gesellschaft stammt
nicht einmal die Hälfte der Drittmittel von der privaten Wirtschaft.

Es lässt sich festhalten, dass sich die Struktur der öffentlichen Mittelvergabe an
die Hochschulen und Forschungseinrichtungen deutlich zugunsten von Dritt-

mitteln und zu Lasten von Grundmitteln verschoben hat.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung die Entwicklung des Drittmittelanteils an
der Finanzierung

Drucksache 17/3381 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

a) der Universitäten,

b) der Fachhochschulen,

c) der außeruniversitären Forschungseinrichtungen?

2. Wie bewertet die Bundesregierung die Entwicklung der laufenden Grund-
mittel an der Finanzierung

a) der Universitäten,

b) der Fachhochschulen,

c) der außeruniversitären Forschungseinrichtungen?

3. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Grundmittelfinanzierung

a) der Universitäten,

b) der Fachhochschulen,

c) der außeruniversitären Forschungseinrichtungen

bei?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die Strukturverschiebung öffentlicher
Mittel zugunsten der Drittmittelfinanzierung und zu Lasten der Grundmittel-
finanzierung

a) an den Universitäten,

b) an den Fachhochschulen,

c) an den außeruniversitären Forschungseinrichtungen?

5. Hält die Bundesregierung die weitere Strukturverschiebung innerhalb der
öffentlichen Mittel zugunsten der Drittmittelfinanzierung und zu Lasten der
Grundmittelfinanzierung

a) an den Universitäten,

b) an den Fachhochschulen,

c) an den außeruniversitären Forschungseinrichtungen

für sinnvoll?

6. Welches Verhältnis zwischen öffentlichen Grundmitteln und öffentlichen
Drittmitteln hält die Bundesregierung bei der Finanzierung

a) der Universitäten,

b) der Fachhochschulen,

c) der außeruniversitären Forschungseinrichtungen

für die Leistungsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems für erstre-
benswert?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die Entwicklung der Drittmittel seitens
der privaten Wirtschaft

a) an die Universitäten,

b) an die Fachhochschulen,

c) an die außeruniversitären Forschungseinrichtungen?

8. Hält die Bundesregierung eine Erhöhung des Drittmittelanteils der privaten
Wirtschaft an der Finanzierung

a) der Universitäten,

b) der Fachhochschulen,

c) der außeruniversitären Forschungseinrichtungen
für sinnvoll, und wenn ja, welche Anreize will sie hierfür setzen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/3381

9. Wie bewertet die Bundesregierung die unterschiedlichen Regelungen in
den öffentlich finanzierten Drittmittelprogrammen zur Erstattung und zur
Höhe der erstatteten Overheadkosten?

10. Sieht die Bundesregierung durch die unterschiedliche Praxis bei den Over-
headkosten Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Hochschulen und den
außeruniversitären Forschungseinrichtungen, und wenn ja, welche Schritte
will sie dagegen unternehmen?

11. Welche Schritte will die Bundesregierung bis wann unternehmen, die Dritt-
mittel, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) an
Hochschulen vergibt, mit einer Programmkostenpauschale auszustatten?

12. Hält die Bundesregierung es für sinnvoll, auch Drittmittel des Bundes, die
nicht aus dem BMBF stammen, mit einer Programmkostenpauschale aus-
zustatten, und wenn ja, welche Schritte will die Bundesregierung bis wann
unternehmen, und wenn nein, warum nicht?

13. Wie bewertet die Bundesregierung insbesondere die fehlende Overhead-
kostenerstattung bei den Drittmittelprogrammen des Bundes, die sich an
die Fachhochschulen wenden, und welche Schritte will sie unternehmen,
die Drittmittelprogramme des Bundes an die spezifische Situation der
Fachhochschulen anzupassen?

14. Hält die Bundesregierung die Regelungen zur Programmkostenpauschale
bei den Drittmitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft für angemes-
sen, und wenn nicht, welche Änderungen strebt sie an?

15. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass im Jahr 2003 49 Prozent aller
hauptberuflichen wissenschaftlich und künstlerisch Beschäftigten an den
deutschen Hochschulen befristet eingestellt waren, im Jahr 2007 bereits
58 Prozent und im Jahr 2008 62 Prozent (Quelle: Statistisches Bundesamt,
Fachserie 11, Reihe 4.4)?

16. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Anteil unbefristeter
Beschäftigungsverhältnisse für das wissenschaftliche und künstlerische
Personal an den Hochschulen, die über Drittmittel finanziert werden?

17. Wie bewertet die Bundesregierung, dass im Jahr 2008 33 Prozent aller wis-
senschaftlichen und künstlerischen Beschäftigten an den deutschen Hoch-
schulen nebenberuflich eingestellt waren (Quelle: Statistisches Bundesamt,
Fachserie 11, Reihe 4.4)?

18. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Anzahl und Zunahme
von Stipendien in der Post-Doc-Phase (ohne Kurzstipendien)

a) im Bereich der Mobilitätsförderung,

b) an den Hochschulen,

c) an den außeruniversitären Forschungseinrichtungen,

und wie bewertet die Bundesregierung diese Entwicklungen?

19. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Anteil befristeter Be-
schäftigungsverhältnisse für wissenschaftliches Personal

a) bei den Instituten der Max-Planck-Gesellschaft,

b) bei den Instituten der Leibniz-Gemeinschaft,

c) bei den Einrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher For-
schungszentren e. V.,

d) bei den Instituten der Fraunhofer-Gesellschaft,

und wie bewertet die Bundesregierung die jeweilige Entwicklung?

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20. Wie bewertet die Bundesregierung die Zunahme befristeter und nebenbe-
ruflicher Beschäftigungsverhältnisse an den öffentlichen Wissenschaftsein-
richtungen hinsichtlich

a) der Leistungsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems,

b) der internationalen Wettbewerbsfähigkeit bei der Gewinnung der besten
Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler,

c) der Attraktivität einer Karriere im deutschen Wissenschaftssystem,

d) der Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler in Deutschland?

21. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Anzahl der Fälle, in
denen sich eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer des wissenschaftli-
chen und künstlerischen Personals der Hochschulen oder der außeruniver-
sitären Forschungseinrichtungen erfolgreich von einem befristeten Vertrag
in einen unbefristeten Vertrag eingeklagt hat

a) zwischen 1995 und der 5. Novellierung des Hochschulrahmengesetzes,

b) zwischen der 5. Novellierung des Hochschulrahmengesetzes und dem
Inkrafttreten des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes,

c) seit Inkrafttreten des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes?

22. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Anzahl und den Aus-
gang der Fälle, in denen eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer des
wissenschaftlichen und künstlerischen Personals der Hochschulen oder der
außeruniversitären Forschungseinrichtungen gegen eine betriebsbedingte
Kündigung geklagt hat

a) zwischen 1995 und der 5. Novellierung des Hochschulrahmengesetzes,

b) zwischen der 5. Novellierung des Hochschulrahmengesetzes und dem
Inkrafttreten des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes,

c) seit Inkrafttreten des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes?

23. In welchen Fachrichtungen und Forschungsbereichen wurde seit Geltung
des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes durch Tarifvertrag von den in § 2
Absatz 1 vorgesehenen Fristen abgewichen und die Anzahl der zulässigen
Verlängerungen befristeter Arbeitsverträge festgelegt, wie es in § 1
Absatz 1 des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes ermöglicht wird?

24. Welche Initiativen hat der Bund als Arbeitgeber unternommen, um im Rah-
men der Tarifvereinbarungen wissenschaftsspezifische Regelungen zu be-
fristeten Arbeitsverträgen zu erreichen, und falls sie keine unternommen
hat, warum nicht?

25. Wie beurteilt die Bundesregierung aus wissenschaftspolitischer Sicht die
wissenschaftsspezifischen Sonderregelungen für Beschäftigte an Hoch-
schulen und Forschungseinrichtungen im Tarifvertrag für den öffentlichen
Dienst der Länder?

26. Wird die Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, wie von der
Bundesregierung am 3. April 2008 angekündigt, noch im Jahr 2010 ab-
geschlossen werden, und wann werden die Ergebnisse dem Deutschen Bun-
destag vorgelegt werden?

27. Beabsichtigt die Bundesregierung Maßnahmen zu ergreifen, um den Anteil
befristeter Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen und außeruni-
versitären Forschungseinrichtungen zu senken, und wenn ja, welche?

Berlin, den 25. Oktober 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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