BT-Drucksache 17/3108

zu dem Antrag der Abgeordneten Christoph Strässer, Angelika Graf (Rosenheim), Iris Gleicke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD -Drucksache 17/1049- Zusatzprotokoll zum UN-Sozialpakt über ein Individualbeschwerdeverfahren ratifizieren

Vom 30. September 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3108
17. Wahlperiode 30. 09. 2010

Bericht*
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
(17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Christoph Strässer, Angelika Graf (Rosenheim),
Iris Gleicke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/1049 –

Zusatzprotokoll zum UN-Sozialpakt über ein Individualbeschwerdeverfahren
ratifizieren

Bericht der Abgeordneten Frank Heinrich, Ullrich Meßmer, Pascal Kober, Katrin Werner und
Ingrid Hönlinger

I. Überweisung
Der Antrag auf Drucksache 17/1049 wurde in der 43. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 20. Mai 2010 dem
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zur fe-
derführenden Beratung sowie dem Auswärtigen Ausschuss,
dem Rechtsausschuss, dem Ausschuss für Arbeit und Sozia-
les, dem Ausschuss Familie, Senioren, Frauen und Jugend
sowie dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
In dem Antrag fordert die Fraktion der SPD die Bundes-
regierung auf, das Zusatzprotokoll über ein Individualbe-
schwerdeverfahren zum UN-Sozialpakt rasch zu zeichnen
und zu ratifizieren. Sollten juristische Bedenken bestehen,
soll die Bundesregierung den deutschen Vertreter im Aus-
schuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der
Vereinten Nationen (WSK-Ausschuss), Prof. Dr. Eibe
Riedel, zu Rate ziehen. Darüber hinaus verlangt die Frak-
tion für den Fall einer länger andauernden Prüfung, ob die
Zeichnung möglich sei, dem Deutschen Bundestag einen
Zwischenbericht über die juristischen Bedenken zu liefern.
Zudem soll die Bundesregierung sich national wie inter-
national weiterhin für die Achtung, den Schutz und die Ge-
währleistung der WSK-Rechte einsetzen.

In ihrem Antrag weist die Fraktion der SPD darauf hin, die
Generalversammlung der Vereinten Nationen habe am

10. Dezember 2008 das Zusatzprotokoll zum UN-Sozial-
pakt über ein Individualbeschwerderechtsverfahren ange-
nommen. Das Zusatzprotokoll ermögliche, dass Einzelper-
sonen oder Gruppen – auch im Namen anderer – Be-
schwerde einlegen können, wenn sie die im UN-Sozialpakt
festgeschriebenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
Rechte (WSK-Rechte) verletzt sehen und den nationalen
Rechtsweg ausgeschöpft haben. Dadurch würden diese
Rechte in ihrer Bedeutung gestärkt und den bürgerlichen
und politischen Rechten gleichgesetzt. Der Deutsche Bun-
destag würdige die aktive und konstruktive Rolle, die die
Bundesregierung bei der Erarbeitung des Zusatzprotokolls
gespielt habe. Inzwischen sei das Zusatzprotokoll von
31 Staaten gezeichnet worden, darunter von 10 euro-
päischen Staaten. Der Deutsche Bundestag bedauere, so in
dem Antrag der Fraktion der SPD, dass die Bundesregie-
rung nicht zu diesen zähle. Mit seiner konstruktiven Rolle in
der internationalen Menschenrechtspolitik habe Deutsch-
land für viele Staaten eine Vorbildfunktion. Die Ratifizie-
rung des Zusatzprotokolls wäre daher ein wichtiges poli-
tisches Signal an andere Staaten.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag am 29. Septem-
ber 2010 in seiner 18. Sitzung, der Rechtsausschuss hat
den Antrag am 29. September 2010 in seiner 21. Sitzung,

* Die Beschlussempfehlung wurde auf Drucksache 17/3085 gesondert verteilt.

Drucksache 17/3108 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag am
29. September 2010 in seiner 32. Sitzung, der Ausschuss
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat den Antrag
am 29. September 2010 in seiner 19. Sitzung und der Aus-
schuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung hat den Antrag am 29. September 2010 in seiner
17. Sitzung beraten. Alle Ausschüsse haben mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
die Ablehnung empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat den Antrag in seiner 19. Sitzung am 29. September 2010
beraten.

Die Fraktion der SPD erläuterte, dass es bei dem Antrag
um ein Thema gehe, das den Ausschuss bereits seit länge-
rem beschäftige, nämlich um die Ratifizierung des Zusatz-
protokolls bezüglich des Individualbeschwerdeverfahrens,
z. B. bei Verletzung der WSK-Rechte. Nachdem mittler-
weile 10 Staaten in Europa unterzeichnet hätten und die
Bundesrepublik Deutschland trotz mehrfacher Ankündi-
gung noch immer fehle, solle sie mit diesem Antrag noch
einmal gebeten werden, das Verfahren zu beschleunigen
und dem Zusatzprotokoll beizutreten. Es solle nicht nur bei
den Absichtserklärungen bleiben, sondern es müsse auch
eine Weiterentwicklung geben. Man kenne die Kritik-
punkte, dass alles sehr schwierig sei und dass mit Klageflu-
ten gerechnet werden müsse. Es sei jedoch so, dass sich bei
allen Zusatzprotokollen, denen die Bundesregierung bereits
beigetreten sei, diese Befürchtungen nicht bewahrheitet hät-
ten. In den bisherigen 22 Klagefällen sei es bisher nur ein-
mal zu Anmerkungen gegenüber der Bundesrepublik
Deutschland gekommen, die übrigen Verfahren seien ent-
weder abgewiesen oder abgebrochen worden. Ferner sei
man der Auffassung, dass es für Deutschland keine weiteren
Verpflichtungen gebe, zu denen sich die Bundesrepublik
Deutschland als Vertragsstaat des Sozialpaktes nicht ohne-
hin verpflichtet habe. Daher würde man sich über die Unter-
stützung des gesamten Parlaments für diesen Antrag freuen.

Die Fraktion der FDP erklärte, dass es in der Sache wenig
Dissens gebe, aber die Ressortabstimmung in der Bundes-

regierung noch nicht abgeschlossen sei. Daher habe man
zwar Verständnis dafür, dass es einigen nicht schnell genug
gehe, trotzdem solle man an dieser Stelle nicht über das Ziel
hinausschießen und die Ressortabstimmung abwarten. Aus
diesem Grund werde man den Antrag ablehnen.

Die Fraktion der CDU/CSU schloss sich dieser Begrün-
dung an und fügte hinzu, sie sei der Meinung, dass das ra-
sche Tun hinterher weit mehr Komplikationen bringen
könne als der Sache gut tue. Daher werde man den Antrag
ablehnen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, sie
unterstütze den Antrag daher bereits jetzt. Individual-
beschwerdeverfahren seien ein wichtiges Mittel der Um-
setzung von Menschenrechten. Im 8. Bericht der Bundes-
regierung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswär-
tigen Beziehungen und in anderen Politikbereichen aus dem
Jahr 2008 stehe, dass Deutschland sich für ein menschen-
rechtsfreundliches, juristisch sauber gestaltetes und prak-
tisch handhabbares Individualbeschwerdeverfahren einge-
setzt habe. Daher wäre es nur konsequent, ein solches Ver-
fahren jetzt auch zügig umzusetzen und nicht totzuprüfen.

Die Fraktion DIE LINKE. erläuterte, dass man das politi-
sche Anliegen der Fraktion der SPD, das Zusatzprotokoll
umgehend zu ratifizieren, unterstütze. Dies würde den Stel-
lenwert und die Durchsetzbarkeit der WSK-Rechte zweifel-
los fördern. Der Antrag sei aber nicht umfassend genug. Es
sei unklar, wie die Umsetzung erfolgen solle. Auch ver-
nachlässige der Antrag die eigene Verantwortung aus der
Regierungszeit der SPD gegenüber den WSK-Rechten na-
tional und international. Gerade durch Hartz IV habe sich
die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Teilhabe von Er-
werbslosen eindeutig verschlechtert und die Kinderarmut
sei regelrecht explodiert. Hier bestehe ein Glaubwürdig-
keitsdefizit, denn die Fraktion der SPD erwecke den Ein-
druck, als könne die formale Ratifizierung des Zusatzproto-
kolls eine entsprechende sozial gerechte Politik ersetzen.
Deshalb werde man sich der Stimme enthalten.

Als Ergebnis der Beratung empfiehlt der Ausschuss für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe den Antrag auf
Drucksache 17/1049 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthal-
tung der Fraktion DIE LINKE. abzulehnen.

Berlin, den 29. September 2010

Frank Heinrich
Berichterstatter

Ullrich Meßmer
Berichterstatter

Pascal Kober
Berichterstatter

Katrin Werner
Berichterstatterin

Ingrid Hönlinger
Berichterstatterin

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