BT-Drucksache 17/3062

Entflechtungsinstrument ins Wettbewerbsrecht einfügen

Vom 29. September 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3062
17. Wahlperiode 29. 09. 2010

Antrag
der Abgeordneten Kerstin Andreae, Fritz Kuhn, Ingrid Nestle, Cornelia Behm,
Birgitt Bender, Alexander Bonde, Hans-Josef Fell, Dr. Thomas Gambke,
Katrin Göring-Eckardt, Winfried Hermann, Oliver Krischer, Markus Kurth,
Beate Müller-Gemmeke, Dr. Hermann Ott, Brigitte Pothmer, Dr. Gerhard Schick,
Dr. Harald Terpe, Markus Tressel, Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entflechtungsinstrument ins Wettbewerbsrecht einfügen

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

unverzüglich einen Gesetzentwurf zur Entflechtung von marktbeherrschenden
Unternehmen vorzulegen. Das Bundeskartellamt soll auf dieser Grundlage
marktbeherrschende Unternehmen, wie z. B. die großen Energiekonzerne, zur
Aufgabe von Marktanteilen durch Veräußerung von Kraftwerken oder Unter-
nehmensteilen zwingen können. Ein Missbrauchsnachweis soll nicht erforder-
lich sein.

Berlin, den 28. September 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

CDU, CSU und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, ein Entflech-
tungsinstrument in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf-
zunehmen. Der entsprechende Gesetzentwurf befindet sich allerdings schon
seit Januar 2010 in der Ressortabstimmung.

Die Monopolkommission hat in ihrem Sondergutachten „Gestaltungsoptio-
nen und Leistungsgrenzen einer kartellrechtlichen Unternehmensentflechtung“
schon im April 2010 bestätigt, dass eine Entflechtungsregelung dazu beitragen
kann, den Wettbewerb auf Märkten mit verfestigten nicht wettbewerblichen
Strukturen in Gang zu setzen und aufrechtzuerhalten. Mit dem Gutachten bestä-
tigt die Monopolkommission auch die Notwendigkeit eines solchen Entflech-
tungsinstruments, denn die bestehenden kartellrechtlichen Instrumente reichten
nicht aus, um strukturellen Wettbewerbsbeschränkungen zu beseitigen. Darüber
hinaus bestünden keine grundsätzlichen verfassungs- und europarechtlichen
Bedenken gegen ein Entflechtungsinstrument.

Drucksache 17/3062 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Konzerne E.ON AG, RWE AG, Vattenfall Europe AG und EnBW Energie
Baden-Württemberg AG beherrschen schon jetzt gemeinsam über 80 Prozent
der Stromproduktion. Durch das Energiekonzept der Bundesregierung würde
diese Marktmacht der vier Energiekonzerne noch stärker zementiert und das
existierende wettbewerbshemmende Oligopol gestärkt werden. Das Energie-
konzept der Bundesregierung sieht nicht vor, den Wettbewerb auf dem Energie-
markt durch eine Entflechtung von Kraftwerkskapazitäten wirksam zu stärken.
Dieses Versäumnis wurde vom Präsidenten des Bundeskartellamtes, Andreas
Mundt, und vom Vorsitzenden der Monopolkommission, Justus Haucap, bereits
öffentlich kritisiert (FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND vom 8. Septem-
ber 2010).

Unabhängige Energieunternehmen, wie z. B. die Stadtwerke und Anbieter
regenerativer Energien würden durch das Energiekonzept der Bundesregierung
die bislang ihren Investitionen zugrunde liegende Planungssicherheit verlieren.
Ihre Investitionen in flexible Kraftwerke, die sie im Vertrauen auf eine konti-
nuierliche Energiepolitik bereits getätigt haben, bzw. die noch in Planung sind,
werden durch die Entscheidung der Bundesregierung wirtschaftlich negativ be-
einflusst. Die Bundesregierung will einseitig die Wettbewerbsposition der vier
Atomkraftbetreiber stärken, obwohl diese schon jetzt eine privilegierte Stellung
innehaben. Das ist europarechtlich nicht zulässig und auch das deutsche Grund-
gesetz schützt den fairen Wettbewerb.

Es ist deshalb notwendig, ein Entflechtungsinstrument für marktbeherrschende
Unternehmen einzuführen, um einen fairen Wettbewerb zwischen den Energie-
unternehmen besser zu ermöglichen und damit auch die Voraussetzungen für
einen regulären Preiswettbewerb im Sinne der Verbraucher zu schaffen.

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