BT-Drucksache 17/288

zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -17/124- Menschenrechte in Sri Lanka stärken

Vom 17. Dezember 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/288
17. Wahlperiode 17. 12. 2009

Bericht*
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
(17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Volker Beck (Köln), Tom Koenigs,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/124 –

Menschenrechte in Sri Lanka stärken

Bericht der Abgeordneten Jürgen Klimke, Christoph Strässer, Serkan Tören, Katrin Werner
und Volker Beck (Köln)

I. Überweisung und Mitberatung

Der Antrag auf Drucksache 17/124 wurde in der 10. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 4. Dezember 2009
dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
zur federführenden Beratung sowie dem Auswärtigen Aus-
schuss, dem Innenausschuss, dem Ausschuss für wirtschaft-
liche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie dem Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union zur
Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In dem Antrag fordert die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Bundesregierung u. a. auf, sich für die zügige
Auflösung der Lager in Sri Lanka und die Rückkehr der
Binnenflüchtlinge in ihre Heimatgemeinden sowie den so-
fortigen ungehinderten Zugang internationaler humanitärer
Hilfsorganisationen in die Lager einzusetzen. Darüber hin-
aus soll sie sich bis zur Auflösung der Lager für eine Ver-
besserung der humanitären Situation dort für die hauptsäch-
lich tamilischen Flüchtlinge und für die Einhaltung der Gen-
fer Konvention in Sri Lanka einsetzen. Eine weitere Forde-
rung zielt darauf ab, dass die Bundesregierung den
internationalen Druck auf die Regierung Sri Lankas mit

dem Ziel verstärkt, dass die Verletzungen des humanitären
Völkerrechts und der Menschenrechte, die von Regierung,
paramilitärischen Gruppen und Rebellen begangen wurden,
untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft
gezogen werden. Bund und Länder sollen aufgefordert wer-
den, angesichts der angespannten Menschenrechtslage in
Sri Lanka einen Abschiebestopp für alle Flüchtlinge von
dort zu erlassen und das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge anzuweisen, bei noch laufenden Asylverfahren
zumindest Abschiebehindernisse anzuerkennen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erwartet zudem,
dass im Rahmen des EU-Konsultationsprozesses die weitere
Gewährung von erweiterten europäischen Handelspräferen-
zen für Sri Lanka von deutlichen Verbesserungen der Men-
schenrechtssituation abhängig gemacht wird und solange
dies nicht eindeutig nachweisbar ist, soll sich die Regierung
für die Suspendierung der Handelspräferenzen einsetzen.
Eine umfassende Wiederaufnahme der entwicklungspoliti-
schen Kooperation jenseits der humanitären Hilfe soll eben-
falls von der Verbesserung der Menschenrechtssituation ab-
hängig gemacht werden.

In dem Antrag hält die Fraktion fest, dass auch nach Ende
der Kampfhandlungen in Sri Lanka ein Klima der Straf-
losigkeit für Menschenrechtsverletzungen wie extralegale
Hinrichtungen und für Kriegsverbrechen auf Seiten der Re-
gierung, der paramilitärischen Gruppen und der Rebellen
herrsche. Unabhängige Untersuchungen der Verbrechen
würden nicht erlaubt oder eingeleitet. Das Land befinde sich

* Die Beschlussempfehlung wurde gesondert auf Drucksache 17/273
verteilt.

Drucksache 17/288 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

weiterhin im Ausnahmezustand. Die Bundesregierung soll
sich deshalb auch dafür einsetzen, dass internationale Beob-
achterinnen und Beobachter sowie Journalistinnen und
Journalisten freien Zugang erhalten.

III. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag am
16. Dezember 2009 in seiner 5. Sitzung beraten und mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung empfohlen.

Der Innenausschuss hat den Antrag am 16. Dezember 2009
in seiner 3. Sitzung beraten und mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
die Ablehnung empfohlen.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag am 16. Dezember 2009 in sei-
ner 4. Sitzung beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Ablehnung empfohlen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union hat den Antrag am 16. Dezember 2009 in sei-
ner 4. Sitzung beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Ablehnung empfohlen.

IV. Beratung im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat den Antrag in seiner 4. Sitzung am 16. Dezember 2009
beraten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führte aus, der
Antrag habe vor allem den Sinn, dagegen zu halten, dass in
einer Situation, wo in Sri Lanka die Kanonen schweigen, es
eine menschenrechtliche Tragödie im sogenannten Kampf
gegen den Terror gegeben hat, sich die Regierung dort
rühmt, es so gemacht zu haben, wie man es eigentlich ma-
chen sollte und das schon als best practice hingestellt werde.
Die Zustände in den Flüchtlingslagern seien weiterhin inak-
zeptabel. Der Antrag solle klarstellen, dass es einen Rabatt
bei Menschenrechten im Kampf gegen den Terror nicht ge-
ben könne und dies mit den entsprechenden Ergebnissen
kein Modell für andere Fälle sein könne.

Man sei enttäuscht, dass die Forderung des Abschie-
bestopps dazu führen werde, dass die Fraktion der CDU/
CSU diesem Antrag nicht zustimmen werde, denn wenn
man sich die Zahlen von Asylbewerberinnen und Asylbe-
werbern in der Bundesrepublik Deutschland ansehe, han-
dele es sich nicht mehr um die Anzahl, über die man früher
einmal diskutiert habe. Es würde die Situation der Asylbe-
werberinnen und -bewerber wesentlich entspannen, wenn
sie zumindest für eine gewisse Zeit sicher in Deutschland
leben könnten.

Aus menschenrechtlicher Sicht sei zudem der Präventions-
gedanke, der in dem Thema Strafverfolgung stecke, sehr
wichtig. Es werde auch thematisiert, dass die Verletzungen

des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte un-
tersucht und geahndet werden sollten, auch Journalistinnen
und Journalisten die Möglichkeit einer guten Berichterstat-
tung haben sollten.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, dass man bereits
beim Einbringen des Antrags deutlich gemacht habe, dass
es eine Reihe von Übereinstimmungen gebe, insbesondere
in der Frage, dass die tamilischen Lager unverzüglich auf-
gelöst werden sollen, ebenso, dass Journalisten und Men-
schenrechtsbeobachter in die tamilischen Gebiete gelassen
werden müssen und dort frei arbeiten können. Man fordere
desweitern die Regierung Sri Lankas auf, die Genfer Kon-
vention zu achten, eine föderale Staatsstruktur einzurichten
und den Tamilen Minderheitsrechte zuzugestehen. Ebenfalls
sei man der Meinung, dass die EU-Kommission sich dafür
einsetzen solle, dass die EU-Handelspräferenzen an die
Einhaltung der Menschenrechte gebunden seien. Man sehe
aber keine Notwendigkeit für einen generellen Abschie-
bestopp für alle Flüchtlinge aus Sri Lanka in Deutschland.
Die Einzelfälle müssten gesondert betrachtet werden und im
Rahmen der deutschen und europäischen Rechtsprechung
umgesetzt werden. Ein wesentlicher Unterschied in der
Auffassung sei die Partnerlandförderung bzw. die sektorale
Förderung. Man habe in den vergangenen Jahren die gene-
relle Förderung aus EZ-Mitteln für Sri Lanka auf den Sektor
Konfliktlösung umgestellt, was der richtige Ansatz für die
jetzige Situation und die mittelfristige Zukunft sei. Zudem
müsse das Bundesministerium für wirtschaftliche Entwick-
lung im Rahmen des abgestuften Engagements NGOs, Kir-
chen und Stiftungen zu einer engeren Zusammenarbeit auf-
fordern und motivieren. Man glaube jedoch nicht, dass eine
generelle Förderung Sri Lankas angemessen sei. Daher
lehne man trotz der Übereinstimmungen diesen Antrag ab.

Die Fraktion der SPD legte dar, dass sie Anliegen und
Stoßrichtung des Antrags befürworte. Allerdings habe sich
mit der Öffnung der Lager vor zwei Wochen die Situation
der Flüchtlinge entspannt, da diese nun wieder in ihre Hei-
matregionen zurückkehren könnten. Die menschenrechtli-
che und humanitäre Lage sei jedoch nach wie vor brisant.
Die Fraktion der SPD betonte, dass sie für die Suspendie-
rung der EU-Handelspräferenzen eintrete, da Sri Lanka sei-
nen menschenrechtlichen Verpflichtungen in keiner Weise
nachgekommen sei. Sie hoffe sehr, dass sich der Ministerrat
am 18. Dezember 2009 diesem Vorschlag der EU-Kommis-
sion anschließen werde.

Wie bei der 1. Lesung im Bundestag bereits signalisiert,
werde die Fraktion der SPD dem Antrag – trotz einiger
Aktualitätsmängel – zustimmen.

Die Fraktion der FDP erläuterte, dass man vor zwei Jahren
zugestimmt habe, sich die Situation jedoch verändert habe.
Der Bürgerkrieg sei offiziell beendet und man müsse sehen,
wie sich die Situation vor Ort weiterentwickeln werde. Da-
her sei man zu einer neuen Beurteilung gekommen. In vie-
len Teilen stimme man dem Antrag inhaltlich zu. Man
könne jedoch den generellen Abschiebestopp nicht mittra-
gen. Man brauche hier eine Einzelfallprüfung, damit man
prüfen könne, ob Menschenrechtsverletzungen tatsächlich
vorlägen. Man werde den Antrag daher ablehnen.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärte, der Antrag basiere auf
einer Initiative verschiedener Menschenrechtsorganisatio-
nen wie Brot für die Welt, der Kindernothilfe und anderen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/288

und greife die wesentlichen Punkte auf. Man werde deshalb
zustimmen.

Man stimme darin überein, dass es absolut notwendig sei,
dass die Europäische Kommission die Fortführung und Er-
weiterung der Handelspräferenzen mit Sri Lanka von deutli-
chen Verbesserungen bei der Menschenrechtslage abhängig
mache. Handelspräferenzen müssten suspendierte werden,
bis die sri-lankische Regierung ihre humanitären Verpflich-
tungen in vollem Umfang erfüllt.

Als Ergebnis der Beratung empfiehlt der Ausschuss für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe den Antrag auf
Drucksache 17/124 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abzu-
lehnen.

Berlin, den 16. Dezember 2009

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Jürgen Klimke
Berichterstatter

Christoph Strässer
Berichterstatter

Serkan Tören
Berichterstatter

Katrin Werner
Berichterstatterin

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

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