BT-Drucksache 17/2783

Auswirkungen der geplanten Beitragserhöhungen in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der geplanten Veränderung der Zusatzbeiträge auf das Steueraufkommen

Vom 20. August 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2783
17. Wahlperiode 20. 08. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgitt Bender, Fritz Kuhn, Maria Klein-Schmeink,
Elisabeth Scharfenberg, Dr. Harald Terpe, Katrin Göring-Eckardt, Markus Kurth,
Beate Müller-Gemmeke, Brigitte Pothmer, Christine Scheel und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Auswirkungen der geplanten Beitragserhöhungen in der gesetzlichen
Krankenversicherung sowie der geplanten Veränderung der Zusatzbeiträge
auf das Steueraufkommen

Beiträge zur Krankenversicherung mindern das zu versteuernde Einkommen.
Daher ist bei steigenden Krankenversicherungsbeiträgen bzw. Zusatzbeiträgen
mit Steuerausfällen zu rechnen.

Das Bundesministerium für Gesundheit stellt, basierend auf den Eckpunkten der
Bundesregierung für die geplante Gesundheitsreform vom 6. Juli 2010 dar, dass
ab Januar 2011 der Beitragssatz von jetzt 14,9 Prozent (Anteil der Versicherten
7,9 Prozent) auf 15,5 Prozent (Anteil der Versicherten 8,2 Prozent) angehoben
werden soll.

0,6 Beitragssatzpunkte bedeuten überschlägig etwa 6 Mrd. Euro zusätzliche
Einnahmen bei den gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Davon können
insgesamt etwa 3 Mrd. Euro von den Versicherten zur Reduktion des zu versteu-
ernden Einkommens geltend gemacht werden.

Den Zusatzbeitrag will die Bundesregierung weiterentwickeln. Er soll aus-
schließlich als absoluter Eurobetrag erhoben werden. Er wird in Zukunft stetig
steigen, da der bisher verankerte Mindestanteil des prozentualen Beitrages an
der Erbringung der Gelder des Gesundheitsfonds aufgehoben werden soll. In
den Eckpunkten vom 6. Juli 2010 heißt es: „Nach jetzigen Berechnungen wird
der vom Bundesversicherungsamt errechnete durchschnittliche Zusatzbeitrag
bis 2014 16 Euro nicht übersteigen.“

In der Presse wird von durchschnittlichen Zusatzbeiträgen in Höhe von 8 Euro
für das Jahr 2012, von 12 Euro im Jahr 2013 sowie von 16 Euro im Jahr 2014
ausgegangen.

Nach überschlägigen Berechnungen des „Handelsblattes“ vom 19. Juli 2010,
(„Röslers Gesundheitspläne reißen Haushaltsloch“) würde das steuerliche Gel-
tendmachen eines monatlichen durchschnittlichen Zusatzbeitrages von 14 Euro

mit Steuermindereinnahmen von 2,1 Mrd. Euro jährlich verbunden sein. Jede
Steigerung des Zusatzbeitrages um einen Euro würde zu steuerlichen Minder-
einnahmen von 100 Mio. Euro jährlich führen.

Drucksache 17/2783 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Mit welchen Steuermindereinnahmen rechnet die Bundesregierung aufgrund
der geplanten Erhöhung des Beitragssatzes zur GKV von 14,9 Prozent auf
15,5 Prozent ab Januar 2011 für die Jahre 2011, 2012, 2013 und 2014?
Wie verteilen sich diese Steuermindereinnahmen auf die persönliche Ein-
kommensteuer und die betriebliche Einkommensteuer, die Körperschaft-
steuer und die Gewerbesteuer?

2. a) Wie viele der in der GKV Versicherten sind einkommensteuerpflichtig
und können von der Abzugsfähigkeit der Krankenversicherungsbeiträge
und der damit verbundenen sinkenden Steuerlast profitieren?

b) Falls hierzu keine detaillierten Daten vorliegen, wie hoch schätzt die Bun-
desregierung diesen Anteil?

c) Wie viele GKV-Versicherte sind nur in geringem Umfang steuerpflichtig
und profitieren deshalb kaum von dieser Abzugsfähigkeit, und um welche
Bevölkerungsgruppen handelt es sich dabei?

3. Wie viele Steuerpflichtige profitieren deswegen nicht von der Abzugsfähig-
keit, weil sie Vorsorgeaufwendungen haben, die die Vorsorgepauschale nicht
übersteigen?

4. Welche Steuererstattungen ergeben sich für Steuerpflichtige mit unterschied-
lich hohem zu versteuernden Einkommen, und bei wie vielen dieser Fälle
wurden nach Einkommensgruppen in den vergangenen Jahren tatsächlich
Einkommensteuererklärungen abgegeben?

5. Rechnet die Bundesregierung damit, dass aufgrund der höheren Erstattungs-
ansprüche mehr Steuerpflichtige eine Einkommensteuererklärung abgeben,
und wenn ja, mit welchen Befolgungskosten seitens der Steuerpflichtigen
und mit welchen Verwaltungskosten bei der Finanzverwaltung rechnet die
Bundesregierung?

6. Mit welchen zusätzlichen Einnahmen der GKV (ohne Berücksichtigung des
Problems, dass Versicherte den eingeforderten Zusatzbeitrag nicht entrich-
ten) rechnet die Bundesregierung bei einem durchschnittlichen monatlichen
Zusatzbeitrag von
a) 8 Euro,
b) 12 Euro,
c) 16 Euro?

7. Mit welcher Reduktion der gesamten zu versteuernden Einkommen rechnet die
Bundesregierung, wenn ein durchschnittlicher monatlicher Zusatzbeitrag von
a) 8 Euro,
b) 12 Euro,
c) 16 Euro
von den in der GKV Versicherten bei ihrer Steuererklärung als abzugsfähig
geltend gemacht wird?

8. Mit welcher Reduktion des Steueraufkommens rechnet die Bundesregierung,
wenn ein durchschnittlicher monatlicher Zusatzbeitrag von
a) 8 Euro,
b) 12 Euro,
c) 16 Euro
von den in der GKV Versicherten bei ihrer Steuererklärung als abzugsfähig
geltend gemacht wird, und wie verteilen sich diese Steuermindereinnahmen

auf die persönliche Einkommensteuer und die betriebliche Einkommen-
steuer, die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2783

9. a) Sind nach Ansicht der Bundesregierung Berechnungen des Bundes
der Steuerzahler zutreffend, dass bei einem Zusatzbeitrag von monatlich
20 Euro ein allein lebender Versicherter/eine allein lebende Versicherte
mit einem Bruttoeinkommen von 40 000 Euro im Jahr, durch die steuer-
liche Absetzbarkeit nur mit einem Betrag von 1,80 Euro netto belastet
wird?
Falls nicht, wieso nicht?
Wenn nein, warum sind die Berechnungen unrichtig?

b) Wie sieht die Belastung des Nettoeinkommens durch einen monatlichen
Zusatzbeitrag von 20 Euro für Versicherte mit einem Bruttoeinkommen
von 9 600 Euro jährlich (800 Euro monatlich) aus?

10. Wie verträgt sich die stärkere absolute und prozentuale Nettobelastung
(Berücksichtigung von Zusatzbeitrag, steuerliche Absetzbarkeit und vorge-
sehener Sozialausgleich) von Personen mit geringem Einkommen gegen-
über Personen mit höherem Einkommen, mit dem Versprechen des Bundes-
ministers für Gesundheit, Dr. Philipp Rösler, dass durch diese Reform
starke Schultern mehr tragen sollen als schwache Schultern?

Berlin, den 20. August 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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