BT-Drucksache 17/2769

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand: zweites Quartal 2010)

Vom 18. August 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2769
17. Wahlperiode 18. 08. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Jan van Aken, Christine Buchholz,
Sevim Dag˘delen, Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth,
Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Harald Koch, Niema Movassat,
Wolfgang Neskovic, Petra Pau, Jens Petermann, Paul Schäfer (Köln),
Frank Tempel, Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand: zweites Quartal 2010)

Auslandseinsätze von Polizeibeamtinnen und -beamten entwickeln sich immer
mehr zu einem Mittel deutscher und EU-Außenpolitik. Die Militärdoktrin der
Europäischen Union, die sogenannte Europäische Sicherheitsstrategie, sieht
ausdrücklich den kombinierten Einsatz militärischer und ziviler (das heißt auch
polizeilicher) Mittel vor, um „einen besonderen Mehrwert“ zu erzielen.

Diese Entwicklung ist aus mehreren Gründen besorgniserregend.

So leistet sie der Vermischung von polizeilichen und militärischen Zuständig-
keiten Vorschub. Die Grenzen zwischen Polizei und Militär drohen zu ver-
schwimmen. Das gilt umso mehr, als gerade bei Einsätzen in Kriegs- und Kri-
sengebieten Polizisten immer wieder in lebensbedrohliche Situationen kommen.
Diese dienen dann wiederum als Legitimation für eine Aufrüstung der Polizei,
bis hin zu Überlegungen, schwerbewaffnete Einheiten der Bundespolizei spe-
ziell für Auslandseinsätze aufzustellen.

Hinzu kommt, dass für polizeiliche Auslandseinsätze keinerlei parlamentarische
Zustimmung erforderlich ist. Je nach Rechtsgrundlage ist noch nicht einmal die
Information des Bundestages vorgeschrieben. Damit wird ein wichtiger Bereich
der Außenpolitik der parlamentarischen Kontrolle entzogen. Bedenklich ist dies
vor allem wegen der gerade bei Einsätzen in Kriegs- und Krisengebieten stets
vorhandenen Eskalationsgefahr.

Ähnliches gilt für Einsätze von Zollbeamtinnen und -beamten. Auch für ihre
Entsendung ins Ausland ist keine Zustimmung des Bundestages erforderlich.

Mit einigem Unverständnis bewerten die Fragesteller die Tatsache, dass die
Bundesregierung auf die bisherigen einschlägigen Anfragen der Fraktion DIE
LINKE. keine Angaben zu sicherheitsrelevanten Vorfällen machen konnte oder
wollte, denen deutsche Polizeibeamte in ihren Missionen ausgesetzt waren.
Nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE. gehört die Erfassung solcher Vorfälle

zur Sorgfaltspflicht der Bundesregierung.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. An welchen bi- und multilateralen Missionen sind derzeit deutsche Polizis-
tinnen und Polizisten (bitte aufgliedern nach Bundesländern, Zugehörigkeit
zu Bundespolizei/BKA) sowie Zollbeamtinnen und -beamte beteiligt?

Drucksache 17/2769 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

a) Wie viele deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie weiteres ziviles
Personal (bitte aufgliedern nach Zugehörigkeit zu Bundesländern, Bun-
despolizei, BKA u. a.) sowie Zollbeamtinnen und Zollbeamte sind dabei
derzeit eingesetzt?

b) An welchen Orten und in welchen Stäben, Einrichtungen und Stellen sind
sie tätig (bitte jeweils die einzelnen Personalzahlen angeben)?

c) Welche tatsächliche Gesamtstärke hat die Mission derzeit?
d) Welche Missionen mit deutscher Beteiligung sind im zweiten Quartal 2010

neu hinzugekommen (bitte rechtliche Grundlage sowie Mandatsgeber und
Missionsträger angeben, die Mandatsobergrenze nennen sowie den Auf-
trag der eingesetzten deutschen Kräfte bezeichnen), und inwiefern hat es
Mandatsänderungen bei den bereits bestehenden Missionen gegeben?

e) Wann wird die Mission voraussichtlich beendet sein?
f) Inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung eine Veränderung hinsicht-

lich der Art und/oder des Umfangs der deutschen Beteiligung, und bis
wann soll diese umgesetzt sein (bitte gegebenenfalls konkrete Angaben
und Zahlen zu den einzelnen Missionen geben?

2. Wie viele der im Rahmen des German Police Project Teams in Afghanistan
eingesetzten deutschen Polizeibeamten sind Kurzzeit- bzw. Langzeitexper-
ten?
a) Wie viele Kurzzeitexperten waren bisher im Jahr 2010 in Afghanistan ein-

gesetzt, und wie lange war ihre durchschnittliche Aufenthaltsdauer?
b) Wie viele Langzeitexperten waren bislang im Jahr 2010 in Afghanistan

eingesetzt, und wie lange war ihre durchschnittliche Aufenthaltsdauer?

3. Wie viele Verbindungsbeamtinnen und -beamte des BKA halten sich derzeit
in welchen Ländern auf (bitte jeweils die Einsatzländer und -orte sowie die
zugehörige Zahl von Beamtinnen/Beamten angeben)?

4. Wie viele deutsche Polizeibeamte werden derzeit im Ausland als
a) Dokumentenberater,
b) Sicherheitsbeamte,
c) Grenzpolizeiliche Verbindungsbeamte,
d) Unterstützungskräfte sowie Berater in Fragen der Grenzsicherheit einge-

setzt (bitte jeweils, d. h. zu jedem Unterpunkt, Einsatzland und -ort sowie
die Zahl der eingesetzten Polizeibeamten nennen und angeben, ob sie vom
BKA, der Bundespolizei oder einer Länderpolizei gestellt werden)?

5. Wie viele deutsche Polizeibeamte wurden im zweiten Quartal 2010 im Rah-
men der „Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den
Außengrenzen“ (FRONTEX) eingesetzt
a) als Dokumentenberater im Rahmen welcher Operationen und an welchen

Standorten,
b) als Mitarbeiter in der Warschauer Zentrale (bitte mit der jeweiligen Funk-

tion auflisten),
c) als Teilnehmer von Operationen zur Überwachung und Kontrolle der Au-

ßengrenzen, die deutsches Gerät aus der FRONTEX-„tool box“ bedienen
(bitte mit Einsatzstandort und jeweiligem Tätigkeitsprofil),

d) als Mitglied der „Rapid Border Intervention Teams“ (RABIT) und
e) welche Melde- und Berichtswege zwischen diesen Beamten und deren

deutscher Führungsstelle bestehen für die einzelnen operativen Bereiche?

6. Wie viele deutsche Polizeibeamte werden zum gegenwärtigen Zeitpunkt im

Rahmen der „Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an
den Außengrenzen“ (FRONTEX) eingesetzt

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2769

a) als Dokumentenberater im Rahmen welcher Operationen und an wel-
chen Standorten,

b) als Mitarbeiter in der Warschauer Zentrale (bitte mit der jeweiligen
Funktion auflisten),

c) als Teilnehmer von Operationen zur Überwachung und Kontrolle der
Außengrenzen, die deutsches Gerät aus der FRONTEX-„tool box“ be-
dienen (bitte mit Einsatzstandort und jeweiligem Tätigkeitsprofil),

d) als Mitglied der „Rapid Border Intervention Teams“ (RABIT)?

7. Welche Informationen liegen der Bundesregierung vor bezüglich sicher-
heitsrelevanter Vorfälle, in die deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie
Zollbeamtinnen und -beamten bislang im Jahr 2010 involviert bzw. denen
sie ausgesetzt waren?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die politische und militärische Gefähr-
dungslage in den jeweiligen Einsatzgebieten (bitte Veränderungen darstel-
len)?

9. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte haben
deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte im zweiten Quartal 2010 durchge-
führt bzw. an welchen waren sie beteiligt (bitte sowohl bereits abgeschlos-
sene als auch aktuell stattfindende sowie fortgesetzte angeben)?
a) Wie lauten die Bezeichnungen der Maßnahmen, und wo fanden/finden

sie statt?
b) Was sind die Ziele der Maßnahmen, über welchen Zeitraum erstrecken

sie sich?
c) Wie vielen und welchen ausländischen Sicherheitskräften wurde/wird

welche Art der Ausbildung gewährt?
d) Worin bestanden/bestehen die Aufgaben und Tätigkeiten der deutschen

Polizeibeamtinnen und -beamten, und in welchen Stäben, Einrichtungen
und sonstigen Stellen waren/sind sie vertreten?

e) Wie viele deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte waren jeweils an den
Maßnahmen beteiligt (bitte für die einzelnen Maßnahmen detailliert aus-
weisen)?

f) Welche Kosten entstanden/entstehen der Bundesrepublik Deutschland
für die Ausbildungsmaßnahmen, und aus welchen Haushaltstiteln wur-
den diese bestritten?

10. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte sind für
die nächste Zukunft geplant, welche Kosten werden dem Bund dafür entste-
hen, und aus welchen Haushaltstiteln sollen diese bestritten werden (bitte
nach dem Schema der vorangegangenen Frage beantworten)?

11. In welchem Rahmen sind außerdem noch deutsche Polizistinnen und Poli-
zisten bzw. Zollbeamtinnen und -beamte im Ausland eingesetzt, und welche
Tätigkeiten verrichten sie dort (bitte nach Einsatzländern und -orten sowie
Zugehörigkeit zu Bundesländern/BKA/Bundespolizei aufgliedern)?

Berlin, den 12. August 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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