BT-Drucksache 17/2607

Konkrete Auswirkungen der Vereinbarungen der bisherigen Bildungsgipfel auf die Qualitätsverbesserungen im Bildungswesen

Vom 16. Juli 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2607
17. Wahlperiode 16. 07. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Priska Hinz (Herborn), Kai Gehring, Krista Sager, Sylvia Kotting-
Uhl, Ekin Deligöz, Katja Dörner, Agnes Krumwiede, Monika Lazar, Tabea Rößner
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Konkrete Auswirkungen der Vereinbarungen der bisherigen Bildungsgipfel auf die
Qualitätsverbesserungen im Bildungswesen

Nach zwei vorhergehenden Treffen im Oktober 2008 und Dezember 2009 traf
sich die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel am 10. Juni 2010 mit den Minister-
präsidenten und der Ministerpräsidentin der Länder zum dritten so genannten
Bildungsgipfel. Um einen Überblick über die Ergebnisse der Gespräche zu erhal-
ten, fragen wir die Bundesregierung:

1. Wie weit sind die inhaltlichen Konzepte und die jeweilige finanzielle Planung
der Programme vorangeschritten, und wie hoch sind gegebenenfalls bereits
getätigte Ausgaben, die zur Umsetzung der Maßnahmen des Bundes notwen-
dig sind (bitte aufschlüsseln nach den einzelnen Bereichen und den für die
kommenden Jahre vorgesehenen Mitteln) für

a) Bildungsbündnisse (mit dem besonderen Fokus auf der Förderung lokaler
Bildungsbündnisse wie z. B. Fördervereinen an Grundschulen, das Errei-
chen der Zielgruppe Kinder aus der sogenannten PISA-Risikogruppe);

b) den Ausbau einer präventiven außerschulischen Jugendbildung (mit Blick
auf die Schaffung eines integrierten Systems der Jugensozialarbeit in Ab-
stimmung mit den Ländern);

c) die Unterstützung von Kindern aus bedürftigen Haushalten (v. a. mit Blick
auf die aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes erforderliche
Überarbeitung der Regelsätze für Kinder, bei denen zukünftig auch Mittel
für Bildung berücksichtigt werden müssen);

d) das Zukunftskonto (mit Blick auf die ursprüngliche Idee eines staatlich ge-
förderten Bildungssparvertrags mit Startguthaben in Höhe von 150 Euro
und Auszahlungsbeginn frühestens mit Vollendung des 18. Lebensjahres);

e) den Ausbau der Begabtenförderung (mit Blick auf die Anhebung der Sti-
pendien der zwölf Begabtenförderungswerke);

f) das Bologna-Mobilitätspaket (mit Blick auf konkrete Maßnahmen zur Ver-

besserung von Mobilität, Anerkennung und Betreuungsrelationen sowie
eine Stärkung der „sozialen Dimension“);

g) die Nachqualifizierung für Arbeitslose im Bereich des Zweiten Buches So-
zialgesetzbuch (SGB II) (mit Blick auf zusätzliche Maßnahmen zum ge-
zielten Nachholen von Berufsabschlüssen für Langzeitarbeitslose);

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h) den weiteren Aufbau der Aufstiegsstipendien für beruflich Qualifizierte
(mit Blick auf die Aufstockung der bisher vorgesehenen Mittel)?

2. Wie weit sind die inhaltlichen Konzepte und die jeweilige finanzielle Planung
der Programme vorangeschritten, und wie hoch sind gegebenenfalls bereits
getätigte Ausgaben, die zur Umsetzung der gemeinsamen Maßnahmen von
Bund und Ländern notwendig sind (bitte aufschlüsseln nach den einzelnen
Bereichen und den für die kommenden Jahre vorgesehenen Mitteln) für

a) die Weiterentwicklung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG);

b) die Schaffung eines Stipendienprogramms;

c) den Qualitätspakt Lehre als dritte Säule des Hochschulpaktes (mit dem
Schwerpunkt der besseren Betreuung der Studierenden und einer Stärkung
der Lehre);

d) die Ausfinanzierung des Hochschulpaktes (mit Blick auf die tatsächlichen
Studienanfängerzahlen, die die dem Hochschulpakt zugrunde gelegten
Prognosen der Kultusministerkonferenz (KMK) übersteigen);

e) den Wettbewerb „Aufstieg durch Bildung: offene Hochschulen“ (mit Blick
auf die Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akade-
mischer Bildung);

f) einen Pakt für frühkindliche Bildung (gezielte Sprach- und Integrations-
förderung und Aufbau von Angeboten zur aufsuchenden Elternsozialarbeit
als Bildungsangebot, das auch unterstützend Erziehungsarbeit für Eltern
einschließt);

g) die Initiative „Abschluss und Anschluss“ (zur Verbesserung des Über-
gangs von Jugendlichen von der Schule in eine Berufsausbildung);

h) die bildungspolitische Umsetzung der Konvention über Rechte von Men-
schen mit Behinderungen der Vereinten Nationen (VN) (zur VN-Konven-
tion wird die Bundesregierung einen Aktionsplan mit konkreten Maßnah-
men und Projekten erarbeiten, deren wesentlicher Teil Maßnahmen im
Bildungsbereich sein werden);

i) eine Weiterbildungsallianz (mit Blick auf eine Weiterbildungsallianz mit
den Sozialpartnern mit dem Ziel der Steigerung der Beteiligung der
Erwerbsbevölkerung an formalisierter Weiterbildung);

j) die Anerkennung und Bewertung von im Ausland erworbenen beruflichen
Qualifikationen (mit Blick auf den Anspruch auf Durchführung von Aner-
kennungsverfahren auch bei nicht reglementierten Berufen mit geregelter
Aus- und Fortbildung, die Vereinfachung und Beschleunigung der Verfah-
ren, einen Ausbau der Beratungsangebote und Verfahrensbegleitung, die
Verbesserung von Möglichkeiten zu Ergänzungs- und Anpassungsquali-
fizierungen und eine Verbesserung der Datenerhebung)?

3. Welche jährliche nominale Steigerungsrate der Bildungs- und Forschungs-
ausgaben ist zugrunde gelegt worden, wenn es im Beschluss des Bildungsgip-
fels vom 16. Dezember 2009 unter Nummer 4 heißt: „Unter der Voraus-
setzung, dass Bund und Länder ihre Bildungs- und Forschungshaushalte […]
im vorgesehenen Umfang fortschreiben“?

4. Welche Ausgaben wurden im Einzelnen in welcher Höhe über die offizielle
Bildungsstatistik hinaus als Bildungsausgaben veranschlagt, so dass die fest-
gestellte Lücke für Bildung, um das 7-Prozent-Ziel im Jahr 2015 zu erreichen,
„mindestens 13 Mrd. Euro“ beträgt?

5. Welche Berechnungen und welche Annahmen liegen der Aussage zugrunde,

dass von den im Jahr 2015 zum Erreichen des 10-Prozent-Ziels notwendigen
13 Mrd. Euro ein Anteil von 2,6 Mrd. Euro von der Wirtschaft erbracht

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werden müsse (Quelle: Mitschrift der Pressebegegnung der Bundeskanzle-
rin Dr. Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten Kurt Beck und Stanislaw
Tillich am Donnerstag, dem 10. Juni 2010 in Berlin, unter www.
bundeskanzlerin.de/nn_683698/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/
2010/06/2010-06-10-bkin-mp-laender.html; Abruf am 24. Juni 2010)?

6. Wie kommt es dazu, dass die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel im Presse-
gespräch am 10. Juni 2010 davon ausgeht, dass die Bildungsausgaben im
Jahr 2013 um 2,6 Mrd. Euro höher sein werden als im Jahr 2009, während
der Bundesminister der Finanzen Dr. Wolfgang Schäuble von einer Diffe-
renz von 3,75 Mrd. Euro für den gleichen Zeitraum ausgeht (Quelle: Schrei-
ben des Vorsitzenden der Finanzministerkonferenz Dr. Ulrich Nussbaum
vom 3. Juni 2010 an MPK, GWK und KMK)?

7. Welchen Aufwuchs plant die Bundesregierung jeweils für Bildung und For-
schung in den Jahren 2011, 2012 und 2013, um in dem Zeitraum 2010 bis
2013 insgesamt 12 Mrd. Euro mehr für Bildung und Forschung zu verausga-
ben als 2009, und in welchen Ressorts werden diese Aufwüchse in welcher
Höhe jeweils veranschlagt?

8. Wie genau unterlegt die Bundesregierung die in Aussicht gestellten 6 Mrd.
Euro für Bildung mit Programmen, nachdem der Bildungsgipfel am 10. Juni
2010 gescheitert ist?

9. Wie genau unterlegt die Bundesregierung die in Aussicht gestellten 6 Mrd.
Euro für Bildung mit Programmen, unter der Annahme eines weiter fortbe-
stehenden grundgesetzlichen Kooperationsverbotes zwischen Bund und
Ländern im Bildungsbereich?

10. Wie hoch wird der Betrag der bisher von der Bundesregierung für die Jahre
bis 2013 zur Bildungsfinanzierung vorgesehenen Mittel sein, der gemäß der
Ankündigung der Bundesministerin für Arbeit und Soziales Dr. Ursula von
der Leyen im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages
am 16. Juni 2010 geplant ist und nach Aussage ihrer Sprecherin „ein nicht
unerheblicher Teil der für Bildung und Forschung geblockten zusätzlichen
12 Milliarden Euro“ sein wird (Quelle: taz, 11. Juni 2010)?

11. Sind die im Entwurf für den Haushalt 2011 als „allgemeine Vorsorge für die
Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts“ eingestellten
480 Mio. Euro zum bildungsbezogenen Bedarf für Kinder aus Hartz-IV-
Familien vorgesehen, und sind sie Teil der 6 Mrd. Euro, die innerhalb des
12- Mrd.-Euro-Programms der Bundesregierung für den Bildungsbereich
vorgesehen sind?

12. Welche Art von Leistungen für bildungsbezogenen Bedarf für Kinder aus
Hartz-IV-Familien soll daraus finanziert werden?

13. Wann und wo wird die Bundesregierung den Konflikt mit den Ländern beile-
gen, ob die Länder vom Bund dauerhaft Umsatzsteuerpunkte erhalten wer-
den?

In welcher Größenordnung wird ein Angebot des Bundes liegen, angesichts
der unterschiedlichen Anforderungen der Länder, die die Bundeskanzlerin
am 10. Juni 2010 als entweder „Teil des 40-Prozent-Ziels, das wir uns vorge-
nommen haben“ oder als „am besten ein bisschen darüber hinaus“ beschrieb
(Quelle: Mitschrift der Pressebegegnung der Bundeskanzlerin Dr. Angela
Merkel mit den Ministerpräsidenten Kurt Beck und Stanislaw Tillich am
Donnerstag, dem 10. Juni 2010 in Berlin, unter www.bundeskanzlerin.de/
nn_683698/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2010/06/2010-06-
10-bkin-mp-laender.html; Abruf am 24. Juni 2010)?

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14. Wie bewertet die Bundesregierung die Bereitschaft der Länder, mit Blick auf
die von diesen geforderten Umsatzsteuerpunkte „diese zusätzlichen finan-
ziellen Mittel des Bundes ausschließlich für die Umsetzung der in der An-
lage zum Beschluss benannten Maßnahmen zu verwenden“ (Beschluss des
Zweiten Bildungsgipfels, 16. Dezember 2009, Nummer 6 Absatz 2)?

15. Wie steht die Bundesregierung zu der vom Ministerpräsidenten Stanislaw
Tillich bei der Pressebegegnung nach dem Treffen erwähnten Möglichkeit,
die weiterhin offenen Fragen der Bildungsfinanzierung „Ende dieses Jahres
bei der Frage der Gemeindefinanzen mit ins Gespräch bzw. in die Diskussion
mit einzubeziehen“ (Quelle: Mitschrift der Pressebegegnung der Bundes-
kanzlerin Dr. Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten Kurt Beck und
Stanislaw Tillich am Donnerstag, dem 10. Juni 2010 in Berlin, unter
www.bundeskanzlerin.de/nn_683698/Content/DE/Mitschrift/
Pressekonferenzen/2010/06/2010-06-10-bkin-mp-laender.html; Abruf am
24. Juni 2010)?

16. Welche Aufgaben hat die Ad-hoc-Arbeitsgruppe „3%-Ziel der Lissabon-
Strategie“ der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK), die am 1. Juli
2010 tagte?

Welche Ergebnisse liegen bereits vor, bzw. bis wann sollen Ergebnisse vor-
liegen?

Wie bewertet die Bundesregierung die Annahme des Statusberichts zum
10- Prozent-Ziel für Bildung und Forschung vom Dezember 2009, dass 2010
das 3-Prozent-Ziel für Forschung erreicht wird?

17. Wie plant die Bundesregierung, den Deutschen Bundestag über ihre weite-
ren Verhandlungen mit den Ländern zu informieren, bzw. wann plant sie, ihn
einzubeziehen?

18. Stellt nach Ansicht der Bundesregierung die in der Vereinbarung von Bund
und Ländern zur dritten Säule des Hochschulpaktes getroffene Regelung zur
Finanzierung eine „angemessene Lösung zur gemeinschaftlichen finanziel-
len Absicherung des 10-Prozent-Ziels für Bildung und Forschung“ dar?

Wenn ja, worin genau besteht nach Ansicht der Bundesregierung der Beitrag
der Länder bzw. des jeweiligen Landes?

Wie lässt sich dieser Betrag beziffern, und in welcher Höhe wird er in das Er-
reichen des 7-Prozent-Ziels für Bildung einberechnet?

19. Inwiefern ist das in der Verwaltungsvereinbarung vorgesehene Auswahlgre-
mium gehalten, die positive Förderentscheidung für eine Hochschule oder
einen Hochschulverbund davon abhängig zu machen, dass gemäß § 5 Absatz 6
der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern über das gemein-
same „Programm für bessere Studienbedingungen und mehr Qualität in der
Lehre“ konkrete finanzielle Zusagen des jeweiligen Sitzlandes gemacht wer-
den?

Wenn das nicht der Fall ist, inwiefern hält die Bundesregierung diesen Weg
für erfolgversprechend, dass die in der Verwaltungsvereinbarung nicht quan-
tifizierte Gesamtfinanzierung des Programms durch die Länder sicherge-
stellt wird?

20. Welche Maßnahmen müssen Bund und/oder Länder ergreifen, damit das in
der Präambel der Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern
über das gemeinsame „Programm für bessere Studienbedingungen und mehr
Qualität in der Lehre“ formulierte Ziel, das Programm erhöhe nicht die Ka-
pazität, sichergestellt wird, und welche Schritte wurden von den 17 Pro-

grammpartnern (Bund und Länder) bereits angekündigt oder schon eingelei-
tet?

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21. Welche Einwände haben einzelne Länder gegen die von der Vorsitzenden
der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz, Bundesministerin Dr. Annette
Schavan, vorgestellte Idee einer Akademie für Studium und Lehre vorge-
bracht, die dazu führten, dass laut Protokoll der GWK-Sitzung vom 28. Mai
2010 die Staatssekretärsarbeitsgruppe „Hochschulpakt“ gemeinsam mit
Vertretern der Hochschulen lediglich prüfen soll, „ob eine Akademie für Stu-
dium und Lehre nachhaltige Beiträge zur Verbesserung der Qualität von
Lehre und Studium und zur Qualifizierung von Lehrenden leisten kann“?

22. Zu welchen Terminen und mit welchen Teilnehmern wird die Arbeitsgruppe
tagen, um bis zu der Sitzung der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz am
25. Oktober 2010 zu berichten oder einen Vorschlag für eine solche Akade-
mie vorzulegen?

23. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Befund in dem
Bericht „Bildung in Deutschland 2010“, dass 64 000 Studienplätze mehr be-
nötigt werden als in der zweiten Phase des Hochschulpaktes vereinbart wor-
den sind?

Berlin, den 15. Juli 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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