BT-Drucksache 17/2601

Humanitäre Soforthilfe für Kirgistan

Vom 19. Juli 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2601
17. Wahlperiode 19. 07. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Dagmar Enkelmann, Steffen Bockhahn, Sevim Dag˘delen,
Katrin Werner, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Humanitäre Soforthilfe für Kirgistan

Nach vorläufiger Beendigung der gewaltsamen Auseinandersetzungen in Kirgis-
tan hält die humanitäre Krisensituation dort weiter an. Die Unruhen lösten eine
große Fluchtbewegung innerhalb Kirgistans sowie in das Nachbarland Usbekis-
tan aus. Insgesamt befanden sich während der Gewaltphase ca. 500 000 Men-
schen auf der Flucht. Offizielle Angaben sprechen von ca. 300 Getöteten; nach
inoffiziellen Schätzungen verloren über 2 000 Menschen ihr Leben. Rund
110 000 Menschen, meist Angehörige der usbekischen Minderheit aus dem
Süden Kirgistans, flohen zeitweilig nach Usbekistan, das seine Grenzen für usbe-
kische Flüchtlinge öffnete. Ein Großteil dieser Flüchtlinge kehrte inzwischen
nach Kirgistan zurück.

Insgesamt beläuft sich nach Schätzungen des Hohen Flüchtlingskommissars der
Vereinten Nationen die Zahl der Binnenvertriebenen in Kirgistan derzeit auf
ca. 375 000 Menschen. Ihnen mangelt es an medizinischer Versorgung, saube-
rem Trinkwasser, Nahrungsmitteln und Elektrizität. Viele sind nach den Kämp-
fen zum Teil schwer traumatisiert und gezwungen, unter freiem Himmel oder in
behelfsmäßigen Notquartieren zu schlafen. Das Haupthindernis für ihre Rück-
kehr in die ursprünglichen Wohnorte bildet neben dem fehlenden Vertrauen in die
staatlichen Sicherheitsorgane vor allem der hohe Zerstörungsgrad bei Wohnge-
bäuden. Da der Wiederaufbau der geplünderten bzw. zerstörten Häuser einige
Zeit in Anspruch nimmt, droht schlimmstenfalls mit Anbruch der kalten Jahres-
zeit eine deutliche Verschärfung der humanitären Krisensituation. Internationale
Hilfsorganisation verfügen derzeit nur über einen eingeschränkten Zugang zu
den Flüchtlingen.

Die UNO will nach Aussagen von Generalsekretär Ban Ki-moon mit Hilfe eines
Spendenaufrufs rund 71 Mio. US-Dollar für die Linderung der Probleme vor Ort
und den zivilen Wiederaufbau in Kirgistan einwerben. Der Spendenaufruf ist für
die 192 Mitgliedsländer jedoch ohne verpflichtende Wirkung, so dass über die
tatsächliche Höhe der letztlich verfügbaren Finanzhilfen Unklarheit besteht.

Die Bundesrepublik Deutschland hat Kirgistan 500 000 Euro humanitäre Sofort-
hilfe zur Verfügung gestellt. Neben weiteren Finanzmitteln benötigt Kirgistan
vor allem technische Hilfe beim Wiederaufbau der Infrastruktur und stärkere Un-

terstützung bei der medizinischen Versorgung und Betreuung der Binnenflücht-
linge sowie der Zivilbevölkerung in den früheren Kampfgebieten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung die derzeitige humanitäre Lage der Bin-
nenflüchtlinge und der Zivilbevölkerung im Süden Kirgistans?

Drucksache 17/2601 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2. Wie hoch sind die bilateralen Schulden der Kirgisischen Republik bei der
Bundesrepublik Deutschland (bitte nach Art und Weise und Laufzeiten auf-
schlüsseln)?

3. Ist die Bundesregierung bereit, der Kirgisischen Republik die Schulden voll-
ständig zu erlassen, und wenn ja, in welchem Zeitraum kann dies geschehen,
und wenn nicht, in welchem Umfang hält die Bundesregierung eine Teilent-
schuldung für umsetzbar?

4. Ist die Bundesregierung bereit, sich im Rahmen der EU für eine weiter-
gehende Entschuldung der Kirgisischen Republik einzusetzen, und sind
Aktivitäten in dieser Richtung vorgesehen bzw. bereits in Angriff genom-
men?

5. Welche Projekte führt die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammen-
arbeit (GTZ) GmbH gegenwärtig in der Kirgisischen Republik aus (bitte
nach Inhalt, finanziellem Umfang und Laufzeit aufschlüsseln)?

6. Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, das Engagement der GTZ, der
Bundesanstalt Technisches Hilfswerk oder anderer Einrichtungen zu huma-
nitärer Hilfe in der Kirgisischen Republik auszuweiten, und gibt es dazu
Gespräche mit der Regierung Kirgistans, bzw. sind diese geplant?

7. Welche Position bezieht die Bundesregierung zu einer Aufnahme von
Flüchtlingen aus Kirgistan in der Bundesrepublik Deutschland im Fall einer
anhaltend angespannten oder sich verschlechternden humanitären Situa-
tion?

8. Welche Summen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bislang von
der internationalen Gemeinschaft in Reaktion auf den Spendenaufruf des
UNO-Generalsekretärs von welchen Staaten bereitgestellt?

9. Erwägt die Bundesregierung, weitere Mittel für die humanitäre Soforthilfe
und den Wiederaufbau bereitzustellen, und wenn ja, in welchem Umfang,
und zu welchen Zwecken?

10. Welche Organisationen, die in Kirgistan humanitäre Hilfe leisten, erhielten
und erhalten die von der Bundesregierung bereitgestellten Mittel zu welchen
Teilen?

Berlin, den 16. Juli 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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