BT-Drucksache 17/1976

zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über die Organisation und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes und zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf den Europäischen Auswärtigen Dienst Ratsdok. 8029/10 und KOM(2010) 85 endg. Ratsdok. 8134/10 hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union Den Europäischen Auswärtigen Dienst entmilitarisieren

Vom 9. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1976
17. Wahlperiode 09. 06. 2010

Antrag
der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Sevim Dag˘delen, Jan van Aken, Alexander
Ulrich, Andrej Hunko, Thomas Nord, Christine Buchholz, Wolfgang Gehrcke,
Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Harald Koch, Stefan Liebich, Niema
Movassat, Paul Schäfer (Köln), Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE.

zu dem Entwurf eines Beschlusses des Rates über die Organisation
und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes und zum Vorschlag
für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung
der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung
für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf den
Europäischen Auswärtigen Dienst

Ratsdok. 8029/10 und KOM(2010) 85 endg. Ratsdok. 8134/10

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3
des Grundgesetzes i. V. m. § 9 Absatz 4 des Gesetzes über die
Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in
Angelegenheiten der Europäischen Union

Den Europäischen Auswärtigen Dienst entmilitarisieren

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Am 26. April 2010 hat der Europäische Rat unter Einbeziehung der EU-
Kommission eine politische Einigung zum Beschlussentwurf für die Einrich-
tung und den Aufbau eines Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) ge-
mäß Artikel 27 Absatz 3 des EU-Vertrags (EUV) erzielt. Grundlage für diese
politische Einigung war der Vorschlag der Hohen Vertreterin der Union für

die Außen- und Sicherheitspolitik, Baroness Catherine Ashton, vom
25. März 2010, der anschließend im Allgemeinen Ausschuss der Ständigen
Vertreter (ASTV) verhandelt und daraufhin vom spanischen Vorsitz ange-
passt worden war.

Drucksache 17/1976 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Kernpunkte des Beschlussentwurfs sind:

– Alle militärischen und zivil-militärischen Strukturen der EU werden in
den EAD übernommen.

– Die Einrichtung des EAD wird als unabhängige Institution unter der
Autorität der Hohen Vertreterin etabliert.

– Beim Aufbau der Struktur des EAD werden alle Länderreferate aus der
EU-Kommission und dem Ratssekretariat in den EAD übertragen.

– Im EAD soll es einen Generalsekretär und zwei stellvertretende General-
sekretäre in Vertretung der Hohen Vertreterin geben.

– Die bisherigen EU-Delegationen sollen integraler Bestandteil des EAD
werden. Die Delegationen werden EAD- und Kommissionsmitarbeiter
umfassen. Weisungen an die Delegationen sollen über den EAD laufen.
Wenn es sich um den Zuständigkeitsbereich der EU-Kommission handelt,
soll diese auch unmittelbar Weisungen an die Delegationen erteilen kön-
nen. Der EAD erhält dann hiervon eine Kopie.

– Der EAD soll Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Ratssekretariat,
der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten umfassen. Dabei sollen die
Mitgliedstaaten ein Drittel der Beschäftigten stellen.

– Die Vorbereitung von Entscheidungen über die Verwendung von außen-
politischen EU-Finanzmitteln liegt beim EAD. Dabei gelten Sonder-
regelungen für die Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit und Nach-
barschaftspolitik. Die für Einsätze der Gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik vorgesehenen Mittel, d. h. insbesondere der GASP-
Haushalt (GASP: Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik), sollen
auch künftig von der EU-Kommission implementiert werden, allerdings
unter der Aufsicht der Hohen Vertreterin.

– Die Federführung für die ersten Programmierungsschritte im Bereich der
Entwicklungszusammenarbeit soll beim EAD liegen. Die EU-Kommis-
sion soll hier allerdings ein Veto-Recht erlangen.

– Die Hohe Vertreterin hat sich im Rahmen der Diskussion um den Aufbau
und die Einrichtung des EAD verpflichtet, einen Fahrplan vorzulegen, wie
der vereinbarte Anteil der Mitgliedstaaten von einem Drittel am EAD-Per-
sonal bis Mitte 2013 erreicht werden kann.

– Es wurde das grundsätzliche Ziel der Haushaltsneutralität im Rahmen der
Einrichtung des EAD aufgenommen. Die Einrichtung des EAD soll vom
Prinzip der Kosteneffizienz geleitet werden und in Richtung der Haus-
haltsneutralität gehen.

– Der Text der politischen Einigung lässt zwei Fragen offen, die der Vorsitz
dem Rat der Europäischen Union unterbreitet: Zum einen im Bezug auf
den GASP-Haushaltsplan, einen Teil des Stabilitätsinstruments, das In-
strument mit Industrieländern, die Durchführung von Maßnahmen im
Bereich Kommunikation und öffentliche Diplomatie sowie die Durch-
führung der Wahlbeobachtungsmissionen, zum anderen das Verfahren für
die Ernennung der Delegationsleiter. Dies soll Gegenstand des künftigen
Personalstatuts sein.

3. Auf Grundlage von Artikel 27 Absatz 3 EUV beginnt jetzt nach der politi-
schen Einigung im Rat der Anhörungsprozess des Europäischen Parlaments.
Erst nach Abschluss des Anhörungsprozesses durch das Europäische Parla-
ment kann der Rat der Europäischen Union mit Zustimmung der EU-Kom-
mission den Beschluss zur Einrichtung des EAD annehmen. Die zur Einrich-
tung des EAD erforderliche Änderung der Haushaltsordnung und des

Personalstatuts wird zeitgleich verhandelt. Hier gilt allerdings das Mit-
bestimmungsverfahren.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1976

4. Die Beratungen in den EU-Institutionen haben sich nunmehr intensiviert. Die
Hohe Vertreterin hat ein neues Organigramm, das bisher dem Deutschen
Bundestag nicht zur Kenntnis gegeben wurde, erarbeitet und wird einen Vor-
schlag zum Beamtenstatut und zum Nachtragshaushalt für den EAD vorle-
gen. Der Rat hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum 14. Juni 2010 eine politische
Einigung über den Beschluss des Rates zu erzielen. Das Europäische Parla-
ment hat am 2. Juni 2010 die nationalstaatlichen Parlamente im Rahmen
eines Interparlamentarischen Treffens konsultiert und fordert nach wie vor
eine Konzeption des EAD, die eine haushaltsrechtliche Kontrolle ermöglicht.
Am 7. Juni 2010 hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur Änderung des
Beamtenstatuts vorgelegt. Wesentliche Fragen im Bezug auf den EAD sind
weiterhin ungeklärt.

Die Bundesregierung wird verpflichtet, sich um eine Änderung des vorliegen-
den Entwurfs eines Beschlusses des Rates über die Organisation und die Ar-
beitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes und des Vorschlags für eine
Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Ver-
ordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die Haushaltsordnung für
den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf den Eu-
ropäischen Auswärtigen Dienst zu bemühen. Dabei wird sich die Bundesregie-
rung für eine Entmilitarisierung des Europäischen Auswärtigen Dienstes einset-
zen wie auch die Verhinderung der Begründung des EAD als einer eigenen von
der EU-Kommission unabhängigen Institution verhindern und für die Gewähr-
leistung der vollen parlamentarischen Kontrolle des EAD sowohl durch das Eu-
ropäische Parlament als auch die nationalen Parlamente initiativ werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

in den Verhandlungen über die vorgeschlagenen Regelungen dafür Sorge zu tra-
gen, dass folgende wesentliche Belange i. S. d. § 9 Absatz 4 des Gesetzes über
die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Ange-
legenheiten der Europäischen Union (EUZBBG) durchgesetzt werden:

1. EAD sollte keine neue Institution „sui generis“ begründen.

2. Die militärischen Strukturen der EU wie auch die zivil-militärischen Struktu-
ren, so u. a. der Europäische Militärstab (EUMS), die Europäische Verteidi-
gungsagentur (EVA), das „Crisis Management Planning Directorate“
(CMPD) und das Europäische Satellitenzentrum (EUSC) dürfen weder Teil
des EAD noch an diesen institutionell angebunden werden.

3. Die nachrichtendienstlichen Strukturen der EU, insbesondere das nachrich-
tendienstliche Zentrum der EU (SiTCen), dürfen nicht Teil des EAD werden.

4. Die Programmierung für die entwicklungspolitischen Finanzinstrumente,
wie der Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) und das Instrument für Ent-
wicklung (DCI), sollte weiterhin ausschließlich bei den zuständigen Stellen
der EU-Kommission liegen. Dies sollte für alle Programmierungsschritte gel-
ten.

5. Die humanitäre Hilfe der EU darf nicht Teil des EAD werden, sondern sollte
institutionell vom EAD gesondert angesiedelt werden.

6. Für den EAD muss die volle parlamentarische und Haushaltskontrolle des
Europäischen Parlaments gelten.

7. Für den EAD muss neben einer Kontrolle durch das Europäische Parlament
auch eine Kontrolle durch die nationalstaatlichen Parlamente gewährleistet
werden. Dabei muss insbesondere die Wahrung des Parlamentsvorbehalts für
Auslandseinsätze der Bundeswehr abgesichert werden.

Drucksache 17/1976 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

8. Das Europäische Parlament muss das Recht erhalten, Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter des EAD vor ihrer Ernennung anzuhören.

9. Es bedarf einer Klärung über die Gesamtzahl der Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter des EAD. Der Personalbestand des EAD sollte keine zusätzlichen
Stellen umfassen.

10. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass der Beschluss über die Organisation und
die Arbeitsweise des EAD weder auf der Ebene des EU-Haushalts noch auf
der Ebene des Bundeshaushalts zu finanziellen Mehrkosten führt.

Können diese wesentlichen Belange von der Bundesregierung nicht durchge-
setzt werden, darf die Bundesregierung dem Beschluss des Rates über die Orga-
nisation und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes und dem
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur
Änderung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates über die
Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemein-
schaft in Bezug auf den EAD nicht zustimmen.

Berlin, den 8. Juni 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Am 1. Dezember 2009 trat der Vertrag von Lissabon in Kraft, mit dem der neue
Posten der Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik geschaffen
wurde, den die Britin Catherine Ashton bekleidet. Die Idee dahinter: sämtliche
außenpolitischen Machtkapazitäten – militärisch, diplomatisch, entwicklungs-
politisch etc. – sollen für die effektive Durchsetzung europäischer Interessen im
Sinne einer imperialen Machtpolitik aus einem Guss gebündelt werden.

Zur Unterstützung ihrer Arbeit soll der Hohen Vertreterin nun schnellstmöglich
ein „Europäischer Auswärtiger Dienst“ an die Seite gestellt werden, für dessen
konkrete Struktur und Arbeitsweise Catherine Ashton am 25. März 2010 eine
Vorlage lieferte, die die Befürchtungen von zahlreichen friedens- und entwick-
lungspolitischen Organisationen bestätigte: Nahezu sämtliche militärischen EU-
Institutionen sollen in den EAD integriert werden (Militärstab, Politisches und
Sicherheitspolitisches Komitee etc.). Die Rolle des Militärs wird im künftigen
EAD so dominierend sein, dass er auch als ein „Militärisch-Auswärtiger Dienst“
bezeichnet werden kann.

Aufgrund seiner stark militärischen Ausrichtung steht somit zu befürchten, dass
große Teile der „zivilen“ EU-Außenpolitik mit dem EAD noch stärker für eine
machtpolitisch geleitete europäische Außen- und Sicherheitspolitik eingespannt
werden, als dies ohnehin bereits der Fall ist. Dies gilt in besonderem Maße für
die Entwicklungszusammenarbeit und die zivile Konfliktbearbeitung.

Die Hohe Vertreterin Catherine Ashton unterstrich in ihrer Rede vor dem Euro-
päischen Parlament am 10. März 2010, dass es beim EAD v. a. auch um die
Sicherung des Zugriffs auf Energie- und andere Rohstoffe geht: Mit Verweis auf
den Aufstieg von Schwellenländern und die Verträge, welche diese in letzter
Zeit mit afrikanischen und zentralasiatischen Staaten über die Förderung von
Energieträgern abgeschlossen hatten, drohte sie: „Wenn wir an einem Strang
ziehen, können wir unsere Interessen wahren. Wenn nicht, werden andere für

uns entscheiden. Es ist wirklich so einfach.“

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/1976

Als bisherige Beispiele für eine „umfassende Strategie“, die durch den EAD
realisierbar werden solle, nannte sie das europäische Engagement auf dem Bal-
kan („die Geburtsstätte europäischer Außenpolitik“), in Somalia und Georgien.
Dort griffen „zivile“ und militärische EU-Missionen, diplomatischer Druck,
Visa-Politik und zivilgesellschaftlicher Dialog bis hin zu entwicklungspoliti-
schen Maßnahmen und den Partnerschaftsinstrumenten nahtlos ineinander. Auf
dem Balkan sei dies schon weitgehend realisiert: Eine „zivile“ EU-Mission in
Kosovo (gemeint ist der paramilitärische EULEX-Einsatz), eine militärische
EU-Mission in Bosnien, diplomatischer Druck und Einflussnahme auf die Be-
völkerung durch die Visa-Politik und zivilgesellschaftlichen Dialog. In Somalia
würden der Marine-Einsatz „Atalanta“ durch eine EU-Mission zur Ausbildung
somalischer „Sicherheitskräfte“ sowie die Finanzierung staatlicher Repressions-
organe über das europäische Instrument für Stabilität und entwicklungspoliti-
sche Maßnahmen zur Armutsbekämpfung flankiert.

Laut gegenwärtigen Planungen soll dem EAD künftig eine „strategische Rolle“
bei der Programmierung sämtlicher, vor allem entwicklungsbezogener EU-Fi-
nanzinstrumente übertragen werden. Obwohl zuletzt nochmals in Artikel 208
EUV festgeschrieben wurde, dass die EU-Entwicklungshilfe die unmittelbare
Armutsbekämpfung zum Ziel hat, dürfte sich der gegenwärtige Trend, Entwick-
lungshilfegelder mehr und mehr nach sicherheitspolitischen Gesichtspunkten zu
vergeben, damit weiter verschärfen.

Bei der zivil-militärischen Zusammenarbeit habe die EU als relativ neuer sicher-
heitspolitischer Akteur laut dem ehemaligen EU-Außenbeauftragten Javier
Solana bereits einen „modernen Ansatz zum Krisenmanagement“ entwickelt.
27 zivile und militärische Missionen hat die EU bereits im Ausland durchge-
führt, europäische Soldaten und Polizisten sind auf der halben Welt präsent. Die
EU bringt kollektiv mehr als die Hälfte der globalen Entwicklungshilfe auf und
möchte dies künftig besser nutzen können. Deshalb soll der EAD auch auf die
teils üppigen Finanzierungsprogramme der EU zugreifen können: Neben den In-
strumenten für Stabilität und die Europäische Nachbarschaftspolitik auch auf
den Europäischen Entwicklungsfonds, das Instrument für Entwicklungszusam-
menarbeit und das Instrument für Demokratie und Menschenrechte. Für die Pro-
grammierung dieser Instrumente ist bislang überwiegend die Kommission zu-
ständig. Zukünftig soll jedoch der EAD eine „Sicherheitspolitik aus einem
Guss“ gewährleisten. Somit wird erleichtert, dass mit Entwicklungshilfegeldern
Ausbildungs- und Ausstattungshilfe für die Sicherheitskräfte der jeweiligen Re-
gierung Förderabkommen „gekauft“ und die Pipelines dann gleich durch euro-
päische Polizei- oder Militärmissionen geschützt werden können.

Ursprünglich war die zivile Konfliktbearbeitung – oder das zivile Krisenma-
nagement – als Alternative, nicht als Ergänzung militärischer Einsätze gedacht.
Im Rahmen der als neues EU-Leitbild praktizierten zivil-militärischen Zusam-
menarbeit wird ziviles und militärisches Krisenmanagement jedoch immer stär-
ker miteinander verzahnt. Dabei kommt jedoch dem Militär die Führungsrolle
zu, womit das zivile Krisenmanagement auf die Rolle eines bloßen Erfüllungs-
gehilfen zur optimierten Durchsetzung militärisch-strategischer Interessen redu-
ziert wird. Dies soll im EAD zum zentralen Ansatzpunkt außen- und sicherheits-
politischer Konzeptionen werden.

Im neuen Europäischen Auswärtigen Dienst soll nun diese Verzahnung noch-
mals deutlich intensiviert werden, indem die bisherige Trennung ziviler und mi-
litärischer Einsatzplanung im neuen „Crisis Management Planning Directorate“
(CMPD) aufgehoben werden soll. Alle Einsätze sollen künftig „aus einer Hand“
geplant werden. Um es deutlich zu formulieren: Eine unabhängige und vollstän-
dig vom Militärischen getrennte zivile Einsatzplanung wird es damit in Zukunft

wohl nicht mehr geben. Symptomatisch ist dabei, dass mit Claude-France

Drucksache 17/1976 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Arnould die bisherige Leiterin der militärisch-strategischen Planungsabteilung
zur neuen Chefin des CMPD ernannt wurde.

So warnt auch Alain Délétroz von der International Crisis Group, mit dem EAD
erhalte das Krisenmanagement auf EU-Ebene einen „stark militärischen Ge-
schmack.“ Zivile Aspekte drohten im neuen EAD militär-logischen Erwägun-
gen untergeordnet zu werden: „Jetzt schauen wir in eine Zukunft, in der Militär-
experten die Planung ziviler Missionen übernehmen.“ Die Tragweite der nun auf
den Weg gebrachten Verschmelzung im EAD wird von Alain Délétroz mit fol-
genden Worten untermauert: „Die Strukturen, die heute geschaffen werden,
werden sich über Jahrzehnte nachhaltig auf die Art und Weise, wie die EU-Pro-
jekte in der Welt wahrgenommen werden, auswirken. Die Kapazität der Union
zur Konfliktverhütung und zur Friedenssicherung hat gerade einen herben
Schlag erlitten.“

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