BT-Drucksache 17/1969

Europa 2020 - Ein nachhaltiges Europa nur mit tiefgreifenden Reformen

Vom 9. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1969
17. Wahlperiode 09. 06. 2010

Antrag
der Abgeordneten Alexander Ulrich, Dr. Diether Dehm, Andrej Hunko, Thomas
Nord, Jan van Aken, Christine Buchholz, Sevim Dag˘delen, Wolfgang Gehrcke,
Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Harald Koch, Stefan Liebich, Niema
Movassat, Paul Schäfer (Köln), Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE.

Europa 2020 – Ein nachhaltiges Europa nur mit tiefgreifenden Reformen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Der Europäische Rat beschloss auf seiner Tagung vom 23. und 24. März 2000
die „Lissabon-Strategie“ mit dem Ziel, die Europäische Union bis zum Jahr
2010 zum „wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirt-
schaftsraum der Welt“ zu machen. Im Jahr 2010 ist das völlige Scheitern der
entsprechenden Politik offenbar. Eine gründliche Aufarbeitung der Ursachen
dafür hat jedoch nicht stattgefunden.

2. Stattdessen hat die EU-Kommission am 3. März 2010 ein neues Konzept vor-
gelegt: „Europa 2020 – Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und in-
tegratives Wachstum“. Diese Strategie knüpft weder an den Erfahrungen mit
dem völligen Scheitern der Lissabon-Strategie an noch geht sie auf die Aus-
wirkungen und Ursachen der Wirtschaftskrise seit 2008 ein: Die Welt von
„Europa 2020“ und die konkreten Realitäten der sich überstürzenden Maß-
nahmen zur „Rettung“ der Banken, Griechenlands und des Euro scheinen
sich überhaupt nicht zu berühren.

3. Bei den bilateralen Finanzhilfen für Griechenland und den Maßnahmen zur
Wahrung der Finanzstabilität in der Europäischen Union insgesamt sind frü-
her für unantastbar erklärte Bestimmungen des EU-Vertragsrechts überdehnt
und umgangen worden. An Maßnahmen und Vorschlägen für eine umfas-
sende Weiterentwicklung vor allem des Vertrags über die Arbeitsweise der
EU (AEUV) fehlt es bisher fast vollständig. Wo es einzelne Vorschläge gibt,
gehen sie meistens in die falsche Richtung.

4. Die Europäische Union muss die notwendigen Konsequenzen ziehen für die
Sicherung der Finanzstabilität und für die Gewährleistung der außenwirt-
schaftlichen Gleichgewichte zwischen ihren Mitgliedstaaten bzw. den Mit-
gliedstaaten der Eurozone. Das schließt notwendig Änderungen der vertrag-

lichen Grundlagen der EU ein. Solange das nicht erfolgt ist, bleibt eine auf
ein Jahrzehnt ausgerichtete Globalplanung für die gesamte Union völlig un-
realistisch und bindet unnötig Kräfte, die für eine grundlegende Reform der
Europäischen Union notwendig sind.

Drucksache 17/1969 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. in den Gremien der Europäischen Union dafür Sorge zu tragen, dass die Be-
ratungen über die Strategie „Europa 2020“ ausgesetzt werden,

2. eine intensiv vorbereitete Sondertagung des Europäischen Rats zu beantra-
gen und durchzusetzen, auf der Maßnahmen zur Herstellung von Finanz-
stabilität und wirtschaftlichen Gleichgewichten und sich daraus ergebende
Notwendigkeiten zu Vertragsänderungen erörtert sowie die erforderlichen
Schritte zur Einberufung einer entsprechenden Regierungskonferenz be-
schlossen werden.

Berlin, den 8. Juni 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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