BT-Drucksache 17/1919

Die Tätigkeit des Ständigen Ausschusses des Rates für die innere Sicherheit und die Teilnahme deutscher Vertreter

Vom 3. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1919
17. Wahlperiode 03. 06. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Christine Buchholz, Sevim Dag˘delen,
Dr. Diether Dehm, Ulla Jelpke, Harald Koch, Petra Pau, Jens Petermann,
Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE.

Die Tätigkeit des Ständigen Ausschusses des Rates für die innere Sicherheit und
die Teilnahme deutscher Vertreter

Mit einem Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 25. Februar 2010
wurde der Ständige Ausschuss für operative Zusammenarbeit im Bereich der
inneren Sicherheit (COSI) eingesetzt (Amtsblatt der Europäischen Union vom
3.3.2010, L 52/50). Damit wurden die Bestimmungen des Vertrags von Lissabon
umgesetzt, mit denen zum ersten Mal die Errichtung von COSI vorgesehen
wurde (Artikel 71 AEUV). Der COSI soll die Koordinierung der Maßnahmen
der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten übernehmen und zur Verstärkung
der operativen Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit beitragen, die
allgemeine Ausrichtung und die Effizienz der operativen Zusammenarbeit be-
werten, etwaige Mängel feststellen und Empfehlungen für ihre Beseitigung aus-
sprechen. Über die Arbeit des COSI sollen die nationalen Parlamente wie auch
das Europäische Parlament „auf dem Laufenden gehalten“ werden (ebd.).

Bisher ist nicht eindeutig geklärt, welche Behörden aus welchen Gründen „zu-
ständig“ sind und ob die zuständigen Behörden ständig an den Sitzungen teilneh-
men. Unklar bleibt desweiteren, welche Rolle der COSI nach Artikel 222 AEUV
(Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) im Falle von Katastro-
phen sowie von Terroranschlägen spielen soll.

Aus deutscher Sicht ist insbesondere die Frage wichtig, ob im COSI durch die
kontinuierliche, systematische und ausschließlich auf exekutiver Ebene angesie-
delten Kooperation von polizeilichen und nachrichtendienstlichen Gremien das
verfassungsmäßig verankerte Gebot zur Trennung von Geheimdiensten und
Polizei umgangen werden kann.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Sitzungen des COSI haben bisher stattgefunden, und welche Fragen
wurden jeweils dabei behandelt?

2. Wie gestaltet sich die Arbeitsweise des COSI in der Praxis (bitte die Arbeits-

abläufe schildern und die Rechtsgrundlage hierfür benennen)?

3. Inwieweit kann COSI Elemente operativer Tätigkeit entwickeln?

4. Findet im COSI eine Beratung zu Entwürfen von EU-Dokumenten und EU-
Vorlagen statt, und wenn ja, zu welchen Entwürfen, und mit welchen Ergeb-
nissen und Konsequenzen?

Drucksache 17/1919 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. In welchen Rechtsformen werden die Ergebnisse der Koordinierungsarbeit
des COSI festgehalten?

Findet eine Beschlussfassung statt, und wenn ja, wie?

6. Welche Rolle spielt im COSI bei der Koordinierung der operativen Maßnah-
men im Bereich der inneren Sicherheit die Frage des Grundrechtsschutzes?

Welche auf den Grundrechtsschutz spezialisierten Einrichtungen der EU
nehmen in diesem Zusammenhang an den COSI-Sitzungen teil?

7. Welche Behörden der Bundesrepublik Deutschland sind nach Auffassung
der Bundesregierung „zuständig“ im Sinne von Artikel 71 Satz 1 AEUV und
welche dieser Behörden nehmen an der Arbeit des Ständigen Ausschusses
teil?

8. Wer wurde von der Bundesregierung als der (einzige) Berater, der der per-
manente Kontaktpunkt für COSI sein soll, ernannt?

9. Wer entscheidet, welche der „zuständigen“ Behörden zu einer bestimmten
Sitzung eingeladen werden?

10. Wer entscheidet, ob nach Artikel 5 des Einrichtungsbeschlusses des Rates
vom 25. Februar 2010 auch Eurojust, Europol und Frontex zu einer Sitzung
eingeladen werden?

11. Welche Einrichtungen gehören nach Ansicht der Bundesregierung zu den
„anderen einschlägigen“ Einrichtungen, die ebenfalls nach Artikel 5 „gege-
benenfalls ersucht werden, als Beobachter“ teilzunehmen?

12. Wer hat an den bisher stattgefundenen COSI-Sitzungen als Vertreter der
Bundesrepublik Deutschland teilgenommen (bitte nach Behörden und nach
den behandelten Fragen aufschlüsseln)?

13. Wie oft und zu welchen Themen haben deutsche Vertreter von Geheimdiens-
ten/Nachrichtendiensten und Polizei gemeinsam teilgenommen?

14. Sieht die Bundesregierung das in der Bundesrepublik Deutschland geltende
Gebot der Trennung von Polizei und Geheimdiensten durch die Kooperation
von Polizei und Geheimdiensten im COSI in Frage gestellt?

Wenn nein, warum nicht?

15. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung geplant bzw. bisher ergriffen,
um die Einhaltung des Trennungsgebots im COSI zu garantieren?

16. Vertreter welcher Behörden der anderen EU-Mitgliedstaaten und welcher
der EU-Einrichtungen haben zu welchen Themen bzw. aus welchem Anlass
bisher an COSI-Sitzungen teilgenommen?

17. Welche Beziehung und Formen der Zusammenarbeit hat COSI bereits mit
dem Politischen und Sicherheitspolitischem Komitee (PSK) entwickelt?

18. Welche Aufgaben sollte COSI nach Ansicht der Bundesregierung nach
Artikel 222 Absatz 3 AEUV haben?

Wann und auf wessen Initiative hat sich COSI mit diesen Aufgaben in
welcher Form und mit welchem Ergebnis befasst?

19. Sind der Bundesregierung Vorhaben bekannt, die Umsetzung des Arti-
kels 222 AEUV zu regeln, noch bevor die Voraussetzungen des sogenannten
Solidaritätsfalls durch Katastrophen oder terroristische Anschläge über-
haupt eingetreten ist?

20. Welche Aufgaben hatte und hat die Police Chief Task Force (PCTF) und be-
steht im COSI, d. h. auch für die Bundesregierung, Einvernehmen darüber,

dass der COSI die Aufgaben der PCTF übernehmen soll?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1919

21. Was versteht die Bundesregierung unter dem Aufbau informeller Beziehun-
gen zwischen den Leitern verschiedener Strafverfolgungsbehörden zum
Zwecke des Informationsaustauschs und zur Entwicklung spontanerer Zu-
sammenarbeit, der eine Aufgabe der PCTF ist, und wie beurteilt sie diese
Aufgabe und die Informalität der Beziehungen hinsichtlich der parlamen-
tarischen Kontrolle und des notwendigen Datenschutzes (vgl. http://ec.
europa.eu)?

22. Wann hat die Bundesregierung den Vorschlag für den Ratsbeschluss zur Ein-
richtung des COSI im Rahmen der förmlichen Zuleitung nach § 6 des Geset-
zes über die Zusammenarbeit zwischen Bundesregierung und Deutschen
Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG) dem
Deutschen Bundestag übermittelt?

23. Hat die Bundesregierung den Deutschen Bundestag im Vorfeld dieses Rats-
beschlusses entsprechend dem Artikel 23 Absatz 2 und 3 des Grundgesetzes
und dem § 9 Absatz 1 und 4 EUZBBG mit einbezogen, und wenn ja, wie?

Wenn nein, warum nicht?

24. In welcher Form und durch wen soll der Deutsche Bundestag über die Arbeit
des COSI „auf dem Laufenden gehalten“ werden?

25. Wie beabsichtigt die Bundesregierung, die Mitwirkungsrechte des Deut-
schen Bundestages in EU-Angelegenheiten nach dem Gesetz über die Zu-
sammenarbeit von Bundesregierung und Deutschen Bundestag in Angele-
genheiten der Europäischen Union hinsichtlich der COSI-Arbeit zu gewähr-
leisten?

Berlin, den 3. Juni 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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