BT-Drucksache 17/1848

Mängel bei der Umsetzung des Tabakrahmenübereinkommens (FCTC) der WHO in Deutschland

Vom 25. Mai 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1848
17. Wahlperiode 25. 05. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Maria Klein-Schmeink, Lisa Paus,
Ulrike Höfken, Birgitt Bender, Elisabeth Scharfenberg, Katrin Göring-Eckardt,
Christine Scheel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Mängel bei der Umsetzung des Tabakrahmenübereinkommens (FCTC)
der WHO in Deutschland

Das Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation WHO zur Ein-
dämmung des Tabakgebrauchs (FCTC) wurde im Dezember 2004 in Deutsch-
land ratifiziert und in deutsches Recht übernommen. Im März 2005 ist es in
Kraft getreten. Das Ziel des FCTC ist gemäß der Präambel des Übereinkom-
mens „heutige und künftige Generationen vor den verheerenden gesundheit-
lichen, gesellschaftlichen, umweltrelevanten und wirtschaftlichen Folgen des
Tabakkonsums und des Passivrauchens zu schützen“. Dennoch sind auch fünf
Jahre nach dem Inkrafttreten wesentliche Verpflichtungen und Leitlinien des
Übereinkommens zur Tabakprävention wie etwa zur Tabakwerbung, zum
Schutz vor Passivrauchen sowie zur Verhinderung von Einflussnahmen der
Tabakindustrie auf die Politik in Deutschland nicht bzw. nicht hinreichend um-
gesetzt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Stimmt die Bundesregierung der Feststellung in Artikel 13 Absatz 1 des
FCTC zu, dass ein umfassendes Verbot der Tabakwerbung, der Verkaufsför-
derung und des Sponsorings den Konsum von Tabakerzeugnissen vermin-
dern würde?

Wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus?

Wenn nein, warum nicht?

2. Aus welchen Gründen ist die Bundesregierung der zum März 2010 zu erfül-
lenden Verpflichtung eines umfassenden Verbotes der Werbung für Tabak-
erzeugnisse, der Promotion und des Sponsorings gemäß Artikel 13 nicht nach-
gekommen (siehe Antwort zu Frage 6 auf Bundestagsdrucksache 17/1301)?

3. a) Welche verfassungsrechtlichen Bestimmungen oder Grundsätze stehen
aus Sicht der Bundesregierung möglicherweise gegen ein umfassendes
Verbot aller Formen der Tabakwerbung?
b) Welche Formen der Verkaufsförderung für Tabakprodukte wären davon
nach Auffassung der Bundesregierung betroffen?

4. Wird die Bundesregierung gemäß den Leitlinien des Artikels 13 die Werbung
für Tabakerzeugnisse in Verkaufsstellen beschränken?

Wenn ja, wann und in welcher Form?

Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 17/1848 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. Welche staatlichen Organe und nachgeordneten Einrichtungen und Behör-
den des Bundes haben in den Jahren 2007 bis 2010 Sponsorengelder der
Tabakindustrie oder mit ihr personell verbundenen Stiftungen erhalten, und
wie hoch waren jeweils die Summen?

6. Wie hoch ist die Summe, die von der Philip Morris GmbH für die Ausstel-
lung „Die Kunst ist super!“ des Hamburger Bahnhofs in Berlin (Stiftung
Preußischer Kulturbesitz) gespendet wurde, und wie bewertet die Bundes-
regierung dieses Sponsoring vor dem Hintergrund der Leitlinien des Arti-
kels 5 Absatz 3?

7. Wird die Bundesregierung künftig, entsprechend der Leitlinien des Arti-
kels 5 Absatz 3, auf eine Beschränkung des Sponsorings öffentlich finan-
zierter Kulturveranstaltungen durch die Tabakindustrie hinwirken?

Wenn ja, in welcher Weise?

Wenn nein, warum nicht?

8. Plant die Bundesregierung, entsprechend den Leitlinien des Artikels 13,
bildgestützte Warnhinweise auf Tabakerzeugnissen verbindlich vorzu-
schreiben?

Wenn nein, warum nicht?

9. Warum hat die Bundesregierung bislang keine Maßnahmen gemäß den
Leitlinien zu Artikel 5 Absatz 3 ergriffen, um die Gesundheitspolitik vor
der Einflussnahme der Tabakindustrie zu schützen (vgl. „Second Imple-
mentation Report“ der Bundesregierung an die WHO vom 24. Februar
2010; Abschnitt 3.1.2.1)?

10. Warum hat die Bundesregierung die Tabakindustrie bislang nicht gemäß
den Leitlinien des Artikels 5 Absatz 3 verpflichtet, über Lobbyarbeit,
gemeinnütziges Engagement und politische Spenden zu berichten (vgl.
„Second Implementation Report“ der Bundesregierung an die WHO vom
24. Februar 2010; Abschnitt 3.1.2.2)?

11. Hat die Bundesregierung andere Maßnahmen ergriffen, um gemäß den Leit-
linien des Artikels 5 Absatz 3 die Transparenz der Aktivitäten der Tabak-
industrie zu erhöhen?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

12. Teilt die Bundesregierung die Feststellung des Artikels 6 Absatz 1 der
FCTC, dass preisbezogene und steuerliche Maßnahmen „ein wirksames
und wichtiges Mittel zur Verminderung des Tabakkonsums“ sind?

Wenn ja, wann wird die Bundesregierung vor dem Hintergrund der zu
2005 letztmalig erhöhten Tabaksteuer einen Gesetzentwurf zur Erhöhung
der Tabaksteuer sowie zur Angleichung der bislang unterschiedlichen
Steuersätze für Tabakprodukte vorlegen?

Wenn nein, warum nicht?

13. Beabsichtigt die Bundesregierung vor dem Hintergrund der in Artikel 8 der
FCTC enthaltenen Verpflichtung für einen umfassenden Schutz vor dem
Passivrauchen am Arbeitsplatz, eine Streichung des § 5 Absatz 2 der deut-
schen Arbeitsstättenverordnung, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
auch an Arbeitsplätzen mit Publikumsverkehr zu schützen?

Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1848

14. Hält die Bundesregierung die Maßnahmen zur Umsetzung der vorhandenen
Gesetze zum Schutz vor Passivrauchen für ausreichend?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, auf welche Weise wirkt die Bundesregierung bei den Ländern
auf zureichende personelle und sächliche Ressourcen, insbesondere zur
Kontrolle der Umsetzung, hin?

15. Worin besteht der nationale Koordinierungsmechanismus gemäß Artikel 5
Absatz 2a des FCTC, der laut dem ersten Umsetzungsbericht der Bundes-
regierung vom 25. Juni 2007 an die WHO eingerichtet wurde (Abschnitt 6i,
5.2 (a))?

16. Wie erklärt sich die Bundesregierung die Entwicklung der Tabaksteuerein-
nahmen, insbesondere die Einnahmesteigerung um 58 Prozent im Januar
2010 gegenüber Januar 2009?

Berlin, den 21. Mai 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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