BT-Drucksache 17/1733

Kreditausfallversicherungen (CDS) und deren Handel vollständig verbieten

Vom 18. Mai 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1733
17. Wahlperiode 18. 05. 2010

Antrag
der Abgeordneten Sahra Wagenknecht, Michael Schlecht, Dr. Barbara Höll, Harald
Koch, Ralph Lenkert, Ulla Lötzer, Dr. Axel Troost und der Fraktion DIE LINKE.

Kreditausfallversicherungen (CDS) und deren Handel vollständig verbieten

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

Kreditausfallversicherungen, sogenannte Credit Default Swaps (CDS), und
deren Handel in Deutschland vollständig zu verbieten und sich auf EU- und
G20-Ebene dafür einzusetzen, dass CDS und deren Handel auch international
verboten werden.

Berlin, den 18. Mai 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Das weltweite Volumen der sogenannten Credit Default Swaps (CDS), also der
Kreditderivate in Form handelbarer Versicherungen gegen Kreditausfälle, be-
trägt derzeit 36 Bio. US-Dollar und entspricht damit mittlerweile der zweiein-
halbfachen Wirtschaftsleistung der USA. CDS haben die Pleite des US-Versi-
cherers AIG (American International Group) verursacht und die Finanzkrise
begünstigt. Der US-Investor Warren Buffet nannte sie einst „finanzielle Mas-
senvernichtungswaffen“.

Die US-Börsenaufsicht (Securities and Exchange Commission) ermittelt ak-
tuell gegen die Investmentbank Goldman Sachs wegen betrügerischer Ge-
schäfte mit minderwertigen Hypothekenpapieren. Goldman Sachs habe die An-
leger über die Qualität der Papiere wissentlich getäuscht und dann mit CDS auf
einen Ausfall der Hypotheken gewettet. Dasselbe hat die Niederlassung der
Deutschen Bank in New York getan. Verschiedene Zeitungen und Zeitschriften
berichteten, dass der damalige Chef der Handelsabteilung der Deutschen Bank

New York, Greg Lippmann, schon vor anderen Investmentbanken wie Gold-
man Sachs mit dieser Geschäftspraxis begonnen habe (vgl. DIE WELT vom
5. Februar 2008, Handelsblatt vom 8. Februar 2008 und 22. Oktober 2010, DIE
GAZETTE Nummer 21/Frühjahr 2009).

Die Deutsche Industriebank AG (IKB) hat mit minderwertigen Hypotheken-
papieren 150 Mio. US-Dollar verloren. Wesentliche Teile ihres Schrottpapier-
portfolios hatte sie von der Deutschen Bank erworben. Für die Rettung der IKB

Drucksache 17/1733 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
mussten hiernach die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler im Umfang von ca.
10 Mrd. Euro aufkommen.

CDS spielen auch eine bedeutende Rolle bei den aktuellen Verwerfungen in der
Euro-Zone: Griechenlands Kreditwürdigkeit wurde von den führenden privaten
Ratingagenturen herabgestuft. Das erschwerte und verteuerte es für Griechen-
land, Geld am Kapitalmarkt aufzunehmen. Dem Urteil der Ratingagenturen
gingen massive Spekulationen auf einen Kreditausfall Griechenlands mit CDS
voraus.

Der Handel mit CDS wird von institutionellen Investoren beherrscht, die über-
wiegend keine griechischen Staatsanleihen besitzen und somit auch keine Risi-
ken absichern. Nach Angaben der Depository Trust and Clearing Corporation
(DTCC) stieg das Bruttovolumen ausstehender CDS auf griechische Staatsan-
leihen seit dem Jahr 2009 bis zum 19. Februar 2010 von 37,9 Mrd. US-Dollar
auf 84,8 Mrd. US-Dollar, während das auf griechische Anleihen bezogene Net-
tovolumen weitgehend bei 9 Mrd. US-Dollar stagnierte. Die Abteilung für Mo-
nopolbekämpfung des US-Justizministeriums hat mittlerweile strafrechtliche
Ermittlungen gegen institutionelle Investoren, die sich im CDS-Handel enga-
gieren, eingeleitet.

Seit Oktober 2009 haben sich die CDS für griechische Verbindlichkeiten in Ba-
sispunkten von 125 auf 460 verteuert. Selbst am Tag der Einigung für ein Ret-
tungspaket am 12. April 2010 sind die CDS nur auf 354 Basispunkte zurückge-
gangen. Ein Kurs von 100 Basispunkten bedeutet, dass es 100 000 Euro kostet,
Anleihen im Wert von 10 Mio. Euro ein Jahr lang gegen einen Ausfall zu versi-
chern. Die durch Spekulation mit CDS in die Höhe getriebenen Kosten stehen
in keinem Verhältnis mehr zum Schuldenstand Griechenlands.

Der Handel mit CDS erfolgt per Telefon (over the counter). Er lässt sich nicht
kontrollieren. Das Argument, CDS dienten dazu, den Schuldner gegen einen
Zahlungsausfall abzusichern, trägt nicht. Investitionsrisiken werden abgesichert
durch eine breite Streuung des Portfolios und durch die Ablehnung irrationaler
Renditen. Ein völliger Ausschluss von Investitionsrisiken ist unmöglich. CDS
stellen daher auch kein notwendiges Instrumentarium zur Risikoabsicherung
dar. Sie sind ein reines Spekulationsinstrument und daher vollständig zu verbie-
ten.

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