BT-Drucksache 17/1716

Bestehende und geplante Arzneimittelregelungen

Vom 12. Mai 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1716
17. Wahlperiode 12. 05. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kathrin Vogler, Dr. Martina Bunge, Inge Höger, Kathrin
Senger-Schäfer, Harald Weinberg und der Fraktion DIE LINKE.

Bestehende und geplante Arzneimittelregelungen

In einer Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. wurde die Bundesregierung
nach einer vollständigen Auflistung der deutschen Regularien zur Dämpfung
der Arzneimittelkosten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gefragt.
In ihrer Antwort auf Bundestagsdrucksache 17/850 nannte die Bundesregierung
sechs Regelungen (Festbeträge, Höchstbeträge mittels Kosten-Nutzen-Analyse,
zuzahlungsfreie Arzneimittel, Rabattverträge, Negativlisten, sogenannte Beson-
dere Arzneimittel).

Mit größtem Erstaunen nimmt die Linksfraktion zur Kenntnis, dass der Parla-
mentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit, Daniel Bahr, in
der Bundestagsdebatte vom 22. April 2010 von über zwanzig Maßnahmen zur
Regulierung der Arzneimittelkosten spricht (Plenarprotokoll 17/37). Der GKV-
Spitzenverband beziffert die Zahl der Regulierungsinstrumente sogar auf 27.
Damit in der Öffentlichkeit nicht der Eindruck entsteht, die Bundesregierung sei
nicht in der Lage oder nicht Willens, die derzeit gültigen Regelungen aufzulis-
ten, wird die diesbezügliche Frage erneut gestellt.

Die Tatsache, dass die Pharmaunternehmen den Preis ihrer Produkte selbst fest-
setzen können und die Zulassung eines Medikamentes praktisch immer auch die
sofortige Erstattungsfähigkeit nach sich zieht, macht Deutschland zu einem
Hochpreisland, insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel. Der schnelle
Marktzugang neuer Arzneimittel lässt Deutschland zu einem Referenzland für
die Preisfindung anderer Staaten werden. Daher ist es international bedeutsam,
ob die deutschen Preisregularien auf die Herstellerabgabepreise oder ausschließ-
lich auf die Erstattungspreise der gesetzlichen Krankenkassen hinwirken. Auch
die diesbezügliche Frage aus der oben genannten Kleinen Anfrage stellen die
Fragesteller erneut, da die Beantwortung leider nicht erfolgte.

Das Thema Arzneimittelpreisfindung wird Inhalt eines noch vorzulegenden Ge-
setzentwurfs der Bundesregierung sein. In den „Eckpunkten zur Umsetzung des
Koalitionsvertrages für die Arzneimittelversorgung“ hat die Regierung den Weg
skizziert. Der Arzneiverordnungsreport 2009 sieht die Gründe für den Anstieg
der Arzneimittelausgaben der GKV von 5,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr
vor allem in der Zunahme der Verordnungen (+2,4 Prozent) und der sogenannten

Strukturkomponente (+4,5 Prozent), in der alle nicht verordnungs- und preisbe-
dingten Umsatzänderungen erfasst werden. Der vor allem durch das Festbe-
tragssystem und der Zuzahlungsbefreiung bedingte Preiswettbewerb zwischen
den Generika-Herstellern ließ den durchschnittlichen Arzneimittelpreis wie in
den letzten Jahren sinken, obwohl die Preise für neue, patentgeschützte Arznei-
mittel drastisch stiegen. Trotzdem zielen die Pläne der Bundesregierung fast
ausschließlich auf die Preisentwicklung ab. In ihrem Antrag (Bundestagsdruck-

Drucksache 17/1716 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
sache 17/1206) hat die Fraktion DIE LINKE. aufgezeigt, welche zusätzlichen
Bereiche wirksam reguliert werden müssen, um die Arzneimittelausgaben der
Krankenkassen einzudämmen. Neben der dringend notwendigen Preisregula-
tion vor allem von nicht festbetragsgebundenen Arzneimitteln ist zu verhindern,
dass Ärztinnen und Ärzte durch gefärbte Informationen von Seiten der Industrie
oder persönliche Vorteile zum Verordnen bestimmter Präparate gebracht
werden. Ferner ist die Beeinflussung von Patientinnen und Patienten mittels
Werbung sowie über Selbsthilfegruppen und Internetforen zu begrenzen. Nicht
zuletzt setzt eine objektive und gesellschaftlich akzeptierte Bewertung von
Arzneimitteln eine ergebnisoffene, streng wissenschaftliche und transparente
Forschung voraus. Dafür müssen alle Daten zu klinischen Studien zeitnah
veröffentlicht und Möglichkeiten zur Beeinflussung der Ergebnisse minimiert
werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche momentan existierenden Regularien sollen in Deutschland eine
Dämpfung der Arzneimittelkosten für die gesetzliche Krankenversiche-
rung herbeiführen (bitte vollständig auflisten)?

2. Welche dieser Regularien haben Einfluss auf den offiziellen Herstellerab-
gabepreis (Lauer-Taxe)?

3. Wann soll der geplante Gesetzentwurf zur Regulierung der Arzneimittel-
preise im Kabinett beschlossen und in das Parlament eingebracht werden?

4. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die hohen Arzneimittelausgaben
der gesetzlichen Krankenkassen mit der Fokussierung auf die Senkung der
Erstattungspreise wirksam bekämpft werden können?

5. Plant die Bundesregierung weitere Maßnahmen im Arzneimittelbereich,
zum Beispiel zur Mengenregulation?

6. Plant die Bundesregierung Maßnahmen zur Begrenzung des Einflusses der
Industrie auf Ärztinnen und Ärzte bzw. auf Patientinnen und Patienten?

7. Plant die Bundesregierung Maßnahmen zur Gewährleistung einer Zulas-
sungs- bzw. Nutzenbewertungspraxis, die auf allen erhobenen, auch nicht
publizierten Daten beruht?

8. Wie will die Bundesregierung verhindern, dass die Pharmaunternehmen
die mit den Krankenkassen bei neuen Präparaten zu erzielenden Rabatte
von vornherein in die Preise einrechnen?

9. Plant die Bundesregierung Maßnahmen, die auf die offiziellen Hersteller-
abgabepreise statt auf den Erstattungspreis für die gesetzliche Krankenver-
sicherung abzielen, damit das deutsche Arzneimittelpreisniveau, das in
vielen Ländern Referenzcharakter hat, dort auch reell abgebildet werden
kann?

10. Wie gedenkt die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag zwischen CDU,
CSU und FDP vereinbarte bessere Nutzung der Chancen innovativer Arz-
neimittel für Wachstum und Beschäftigung umzusetzen?

Berlin, den 12. Mai 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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