BT-Drucksache 17/1658

Chancen und Benachteiligungen von Familien mit Kindern auf dem Arbeitsmarkt

Vom 7. Mai 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1658
17. Wahlperiode 07. 05. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald,
Heidrun Dittrich, Diana Golze, Katja Kipping, Jutta Krellmann, Cornelia Möhring,
Ingrid Remmers, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Chancen und Benachteiligungen von Familien mit Kindern auf dem Arbeitsmarkt

Am 1. Juni 2010 jährt sich der Internationale Kindertag. Die Lebenschancen der
Kinder werden maßgeblich durch das Elternhaus beeinflusst. Die Beschäf-
tigungssituation der Eltern ist hier ein Schlüsselfaktor. Denn die Erwerbsbetei-
ligung der Eltern entscheidet maßgeblich darüber, welche materiellen und sozia-
len Ressourcen das familiäre Umfeld für die Kinder aufbringen kann und prägt
deren Lebensperspektive. In der heutigen Arbeitsgesellschaft gelten Kinder als
Grund für Benachteiligungen am Arbeitsmarkt und infolgedessen als Armutsri-
siko. Besonders problematisch stellt sich die Situation für alleinerziehende
Frauen dar. Dabei gibt es eine Fülle arbeitsmarktpolitischer Probleme: Es fehlen
ausreichende Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder, Arbeitgeber legen oft-
mals bei der Einstellung ein diskriminierendes Verhalten an den Tag, die Frage
der Berufsrückkehr nach der Elternzeit ist unzureichend geregelt.

Bisher ist die Politik eine überzeugende Antwort schuldig geblieben, wie sie
gegen diese Benachteiligungen am Arbeitsmarkt vorgehen will.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie unterscheidet sich die Arbeitsmarktlage von Familien mit Kindern (bitte
Paarhaushalte und Alleinerziehende getrennt angeben) im Verhältnis zu den
sonstigen Haushalten

a) bezüglich des Verdienstes (arithmetisches Mittel und Median),

b) bezüglich des Umfangs der Erwerbstätigkeit (bitte getrennt angeben für
unter 15, 15 bis unter 25, 25 bis unter 35, 35 bis 40 und über 40 Wochen-
stunden),

c) bezüglich der Beschäftigungsform (getrennt nach Minijob, Midijob, regu-
lär sozialversicherungspflichtig, befristetem Arbeitsvertrag, Leiharbeit,
Ausbildung und Selbstständigkeit) sowie nach Anzahl der ausgeübten Be-
schäftigungen (keine, eine, zwei oder mehr),

d) bezüglich der Arbeitslosigkeit im Sinne des Zweiten Buches Sozialgesetz-

buch (SGB II) bzw. des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) und
der Erwerbslosigkeit, also alle, die im Leistungsbezug des SGB II oder des
SGB III sind (bitte angeben für welche Dauer die Arbeitslosigkeit bzw. die
Erwerbslosigkeit im arithmetischen Mittel und im Median andauert),

e) bezüglich des Grundes für die Nichtaufnahme einer Erwerbstätigkeit bzw.
warum die Person dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht (insbeson-
dere getrennt angeben für Kinder unter drei Jahren, fehlende Kinderbetreu-

Drucksache 17/1658 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

ungsmöglichkeiten und weitere Gründe) und welcher Umfang an Erwerbs-
tätigkeit angestrebt wird (Teilzeit, Vollzeit, Mini-/Midijob),

f) bezüglich des Qualifikationsniveaus insgesamt, der arbeitslosen Eltern
und der erwerbslosen Eltern?

2. Was sind bei Paarhaushalten mit Kindern die drei wichtigsten Gründe (und
wie groß ist die jeweilige Gruppe relativ zu allen Leistungsbeziehenden) für
den Bezug von Leistungen nach dem SGB II/SGB III oder dem Bezug von
Kinderzuschlag und Wohngeld (insbesondere Gründe wie Stundenlohn, Er-
werbsumfang, fehlende Betreuungsmöglichkeit, Erwerbsumfang aufgrund
fehlender Betreuungsmöglichkeit, fehlende räumliche Mobilität, fehlende
Qualifikation u. Ä. anführen)?

3. Was sind bei Alleinerziehenden die drei wichtigsten Gründe (und wie groß ist
die jeweilige Gruppe relativ zu allen Leistungsbeziehenden) für den Bezug
von Leistungen nach dem SGB II/SGB III oder dem Bezug von Kinderzu-
schlag und Wohngeld (insbesondere Gründe wie Stundenlohn, Erwerbsum-
fang, fehlende Betreuungsmöglichkeit, Erwerbsumfang aufgrund fehlender
Betreuungsmöglichkeit, fehlende räumliche Mobilität, fehlende Qualifika-
tion u. Ä. anführen)?

4. In welchem Umfang nehmen Alleinerziehende an Maßnahmen zur Fort- und
Weiterbildung (getrennt nach Maßnahmendauer 1 Tag, mehr als 1 Tag bis
1 Woche, mehr als 1 Woche bis 4 Wochen, mehr als 4 Wochen bis 6 Monate,
mehr als 6 Monate) teil (getrennt nach Maßnahmen im Rahmen des SGB II/
SGB III, nach vom Arbeitgeber finanzierten Fort- und Weiterbildungen im
Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses sowie nach privater Teilnahme an
Fort- und Weiterbildungen), und wie unterscheidet sich die Teilnahme der
Alleinerziehenden von der der sonstigen Personengruppen?

Aus welchen Gründen weicht die Teilnahme an den Fort- und Weiterbildun-
gen von Alleinerziehenden vom allgemeinen Durchschnitt jeweils ab?

5. In welchem Umfang nehmen Paarhaushalte mit Kindern an Maßnahmen zur
Fort- und Weiterbildung (getrennt nach Maßnahmendauer 1 Tag, mehr als
1 Tag bis 1 Woche, mehr als 1 Woche bis 4 Wochen, mehr als 4 Wochen bis
6 Monate, mehr als 6 Monate) teil (getrennt nach Maßnahmen im Rahmen des
SGB II/SGB III, nach vom Arbeitgeber finanzierten Fort- und Weiterbildun-
gen im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses sowie nach privater Teil-
nahme an Fort- und Weiterbildungen), und wie unterscheidet sich die Teil-
nahme der Paarhaushalte mit Kindern von der der sonstigen Personengruppen?

Aus welchen Gründen weicht die Teilnahme an den Fort- und Weiterbildungen
von Paarhaushalten mit Kindern vom allgemeinen Durchschnitt jeweils ab?

6. Welche sonstigen auffälligen Abweichungen vom Durchschnitt sind festzu-
stellen bei der Teilnahme an Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik von Allein-
erziehenden und Paarhaushalten mit Kindern, und was ist hierfür jeweils der
Hauptgrund?

7. Welche Abweichungen vom Durchschnitt sind festzustellen bei der Vermitt-
lung von Alleinerziehenden und Paarhaushalten mit Kindern, und was ist
hierfür jeweils der Hauptgrund?

8. Mangelt es nach Auffassung der Bundesregierung der überwiegenden Anzahl
der leistungsbeziehenden Alleinerziehenden an der Bereitschaft eine Arbeit
aufzunehmen?

Wenn nein, wieso denkt die Bundesregierung, dass eine „gezielte Aktivie-
rung“ von Alleinerziehenden erforderlich ist, wie die Bundesregierung es in

ihrem Eckpunktepapier „Bessere Arbeitsmarktchancen für junge Menschen,
Alleinerziehende und ältere Arbeitssuchende“ formuliert hat?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1658

9. Sieht die Bundesregierung bei der überwiegenden Zahl der leistungsbezie-
henden Alleinerziehenden in der Person begründete mangelnde Fähigkeiten
zur Aufnahme einer Beschäftigung?

Wenn nein, wieso ist aus Sicht der Bundesregierung eine spezielle „Förde-
rung Alleinerziehender“ notwendig, und was soll diese Förderung umfas-
sen?

Von welchen „vereinzelten Aktivitäten“ und „Pilotprojekten“ „zur gezielten
Aktivierung, Vermittlung und Beschäftigung“, die sie ausweiten möchte,
spricht die Bundesregierung in ihrem Eckpunktepapier, und welche wesent-
lichen Maßnahmen wurden im Rahmen dieser eingesetzt?

10. Wie erfolgreich waren die Pilotprojekte, welche die Bedingungen zur Ver-
einbarkeit von Familie und Beruf verbessern sollten?

Wie viele Alleinerziehende waren im Rahmen dieser Pilotprojekte beteiligt,
wie vielen von diesen wurde eine Beschäftigung vermittelt, wie viele dieser
in eine Beschäftigung vermittelten Alleinerziehenden konnten dadurch die
Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II verlassen, und wie viele von denje-
nigen Alleinerziehenden, die aufgrund der Vermittlung im Rahmen der
Pilotprojekte mit der aufgenommen Beschäftigung den Hilfebezug im Sinne
des SGB II überwinden konnten, hatten einen Anspruch auf Wohngeld und/
oder Kinderzuschlag?

Welche waren die drei wesentlichen Gründe, weshalb die Situation von Ver-
einbarkeit von Familien und Beruf im Rahmen der Pilotprojekte für die be-
troffenen Alleinerziehenden nicht hinreichend verbessert werden konnte, so
dass der Leistungsbezug des SGB II nicht verlassen werden konnte?

Berlin, den 7. Mai 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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