BT-Drucksache 17/153

Aussetzung bzw. Nichtanwendung des Zugangserschwerungsgesetzes

Vom 2. Dezember 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/153
17. Wahlperiode 02. 12. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jörn Wunderlich, Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, Herbert
Behrens, Nicole Gohlke, Dr. Rosemarie Hein, Dr. Lukrezia Jochimsen, Jan Korte,
Wolfgang Neskovic, Kathrin Senger-Schäfer, Halina Wawzyniak und der Fraktion
DIE LINKE.

Aussetzung bzw. Nichtanwendung des Zugangserschwerungsgesetzes

Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP wird eine Aussetzung
bzw. Nichtanwendung des Gesetzes zur Erschwerung des Zugangs zu kinder-
pornografischen Inhalten in Kommunikationsnetzen (Zugangserschwerungs-
gesetz – ZugErschwG) angekündigt. Es heißt dort zu Internetsperren im Falle
von kinderpornografischen Angeboten in Kommunikationsnetzen:

„Wir sind uns darüber einig, dass es notwendig ist, derartige kriminelle Ange-
bote schnellstmöglich zu löschen statt diese zu sperren. Wir werden daher
zunächst für ein Jahr kinderpornografische Inhalte auf der Grundlage des
Zugangserschwerungsgesetzes nicht sperren. Stattdessen werden die Polizei-
behörden in enger Zusammenarbeit mit den Selbstregulierungskräften der In-
ternetwirtschaft wie der deutschen Internetbeschwerdestelle sowie dem Provi-
dernetzwerk INHOPE die Löschung kinderpornografischer Seiten betreiben.

Nach einem Jahr werden wir dies im Hinblick auf Erfolg und Wirksamkeit eva-
luieren und aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse ergebnisoffen eine Neu-
bewertung vornehmen. Vor Abschluss der Neubewertung werden weder nach
dem Zugangserschwerungsgesetz noch auf Grundlage der zwischen den Provi-
dern und BKA abgeschlossenen Verträgen über Internetsperren Sperrlisten des
BKA geführt oder Providern übermittelt.“

Weitere Details – insbesondere über die Umsetzung und die verfahrensrecht-
liche Vorgehensweise – sind bislang nicht bekannt.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welchem Stand des Gesetzgebungsverfahrens befindet sich das
ZugErschwG?

Ist der Bundesregierung insbesondere bekannt, ob und wann der Bundes-
präsident das Gesetz gegenzeichnen wird?
2. Treffen Presseberichte zu, dass der Bundespräsident um „ergänzende Infor-
mationen“ zum ZugErschwG gebeten hat?

Wenn ja, welche Informationen wurden konkret erbeten?

3. Wie und in welcher Ressortzuständigkeit soll die Aussetzung bzw. Nichtan-
wendung des ZugErschwG verfahrensrechtlich umgesetzt werden?

Drucksache 17/153 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
4. Bis zu welchem Zeitpunkt genau soll das ZugErschwG ausgesetzt bzw.
nicht angewendet werden?

5. Bleiben die bereits beschlossenen Verträge des Bundeskriminalamts
(BKA) mit den Providern weiterhin gültig?

Wenn ja, warum, und in welchen Inhalten?

6. Welchen Umsetzungsstand hat die Sperrinfrastruktur nach den Verträgen
sowohl bei den Providern als auch beim BKA erreicht?

7. Sind in den Verträgen Klauseln für eine eventuelle Kostenerstattung zur
Errichtung der Sperrinfrastruktur vorgesehen?

Wenn ja, welche Fallkonstellationen und welchen finanziellen Umfang er-
fassen diese?

8. Welche Maßnahmen werden in welcher Ressortzuständigkeit ergriffen, um
den Grundsatz „schnellstmöglich zu löschen statt […] zu sperren“ umzu-
setzen?

9. Werden den Polizeibehörden und den Selbstregulierungskräften der Inter-
netwirtschaft zusätzliche Personal- und Sachmittel für die ihnen zugedach-
ten Aufgaben bereitgestellt?

Wenn ja, in welchem Umfang?

Wenn nein, warum nicht?

10. In welcher Form wird das BKA deutsche und ausländische Server-Betrei-
ber kontaktieren, um im Falle von kinderpornografischen Angeboten ein
schnellstmögliches Löschen zu erreichen?

11. Mit welchen Institutionen oder staatlichen Stellen im Ausland verhandelt
oder plant die Bundesregierung zu verhandeln, um ein schnellstmögliches
Löschen zu erreichen?

12. Von wem, und in welcher Ressortzuständigkeit wird die Evaluierung der
getroffenen Maßnahmen in Hinblick auf Erfolg und Wirksamkeit nach der
einjährigen Aussetzungsphase bzw. Nichtanwendung vorgenommen?

13. Auf welcher Datenbasis und anhand welcher Evaluationskriterien – ins-
besondere in Hinsicht auf die Ausgangslage – zu kinderpornografischen
Angeboten in Kommunikationsnetzen soll die Evaluierung erfolgen?

14. Bezieht die Bundesregierung in die Evaluierung die von Experten geäußer-
ten Bedenken gegen die Zuständigkeit des Bundes für das ZugErschwG
ein; insbesondere unter dem Blickwinkel, ob diese Materie nicht grund-
sätzlich in die Zuständigkeit der Gesetzeskompetenz der Bundesländer
fällt?

Berlin, den 2. Dezember 2009

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.