BT-Drucksache 17/1474

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -17/983, 17/1465- Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung des Finanzplanungsrates

Vom 22. April 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1474
17. Wahlperiode 22. 04. 2010

Änderungsantrag
der Abgeordneten Katja Kipping, Matthias W. Birkwald, Klaus Ernst, Jutta
Krellmann, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/983 , 17/1465 –

Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung des Finanzplanungsrates

Der Bundestag wolle beschließen:

Nach Artikel 3 wird folgender Artikel 3a eingefügt:

,Artikel 3a
Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch

Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende –
(Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGB1. I S. 2954, 2955), das
zuletzt durch Artikel 14b des Gesetzes vom 17. Juli 2009 (BGB1. I S. 1990) ge-
ändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 3 Absatz 3 Satz 2 wird aufgehoben.

2. Dem § 20 wird folgender Absatz 5 angefügt:

„(5) Die Bedarfe werden abweichend festgelegt, wenn im Einzelfall ein
Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder unabweisbar seiner
Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Eine
Absenkung des Regelsatzes wird ausgeschlossen.“ ‘

Berlin, den 22. April 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 9. Februar 2010 festgestellt,

dass die Bemessung der Regelleistung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetz-
buch (SGB II) gegen das Grundgesetz verstößt. Unter anderem hat das Bundes-
verfassungsgericht gerügt, dass eine Regelung zur Existenzsicherung bei unab-
weisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarfen fehle. Es hat
dem Gesetzgeber zur Neuregelung eine Frist bis zum 31. Dezember 2010 ein-
geräumt. Da die fehlende Regelung zu den laufenden besonderen Bedarfen zu
einer Unterdeckung des verfassungsrechtlichen Existenzminimums führt, gilt

Drucksache 17/1474 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
ein entsprechender Rechtsanspruch seit der Verkündigung des Urteils und kann
unmittelbar auf Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes gestützt werden.

Zur Umsetzung dieser Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts ist es sachge-
recht, auf eine bereits bestehende Regelung im SGB XII zurückzugreifen. Das
Sozialhilferecht ist das Referenzsystem für die Regelsatzbemessung. Eine Un-
gleichbehandlung zwischen Bezieherinnen und Beziehern von Sozialhilfe und
von Grundsicherung für Arbeitsuchende ist sachlich nicht erkennbar. Der Vor-
schlag überträgt daher die Regelung aus § 28 Absatz 1 Satz 2 SGB XII in das
SGB II. Da das Urteil des Bundesverfassungsgerichts auf eine mögliche Unter-
deckung des soziokulturellen Existenzminimums abgestellt hat, wird eine Ab-
senkung des Regelsatzes aufgrund abweichender Bedarfe explizit ausgeschlos-
sen.

Eine Anhörung von Sachverständigen im federführenden Haushaltsausschuss
am 19. April 2010 zu der Härtefallregelung hat nahezu einstimmig die Sinnhaf-
tigkeit eines solchen Ansatzes bestätigt. Zudem hat die Anhörung ergeben, dass
auf Negativbeispiele zu Gunsten eines ausreichenden Ermessensspielraums im
Einzelfall verzichtet werden muss.

Die Sachverständigenanhörung hat darüber hinaus deutlich gemacht, dass die
beispielhafte Erwähnung von möglichen Härtefällen erweitert werden muss.
Insbesondere haben spezifische Bedarfe für Kinder und Jugendliche im schul-
pflichtigen Alter als Härtefälle zu gelten, solange die entsprechenden Bedarfe
nicht anderweitig durch verbindliche Rechtsansprüche gedeckt sind.

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