BT-Drucksache 17/14614

Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an Veranstaltungen in Gebäuden des Bundes (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/14584)

Vom 22. August 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14614
17. Wahlperiode 22. 08. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Heidrun Dittrich, Katja Kipping, Kathrin Vogler,
Harald Weinberg, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an Veranstaltungen in Gebäuden
des Bundes
(Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage
auf Bundestagsdrucksache 17/14584)

In den Bundesministerien und weiteren Gebäuden des Bundes finden eine Viel-
zahl von Aktivitäten mit Gästen statt. Dazu gehören Konferenzen, Events aller
Art („Staatsbesuche“, zum Beispiel am 24./25. August 2013 in Berlin/Tage der
offenen Tür), Anhörungen und Gespräche, Führungen von Besuchergruppen.
Notwendig ist das Wissen, wie viele Menschen (Beschäftigte und Gäste) sich
gleichzeitig in Gebäuden und Teilen von Gebäuden aufhalten können und was
in Brand- und anderen Gefahrensituationen zu tun ist, um alle Menschen, auch
die mit Mobilitätseinschränkungen, sicher zu evakuieren.

Die Antwort der Bundesregierung zu Frage 3 der Kleinen Anfrage 17/14584
lässt vermuten, dass die Bundesregierung nichts genaues weiß, denn wenn sie
es wüsste, hätte sie dem Deutschen Bundestag die Informationen nicht vorent-
halten. Der Hinweis: „Im Übrigen gelten die meisten Gebäude der obersten und
oberen Bundesbehörden nicht als öffentlich zugängliche Gebäude […]“ ist an-
gesichts der Vielzahl von öffentlichen und halböffentlichen Veranstaltungen im
Bundeskanzleramt, im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung, im Auswärtigen Amt, im Bundesministerium für Arbeit und Soziales
sowie in den anderen Bundesministerien usw. für die Fragesteller unakzeptabel.

Unakzeptabel ist aus Sicht der Fraktion DIE LINKE. auch der Verweis auf die
Versammlungsstättenverordnung. In der Muster-Versammlungsstättenverord-
nung (in der Fassung vom Juni 2005) wird im § 10 von „mindestens 1 Prozent
der Besucherplätze, mindestens jedoch zwei Plätze auf ebenen Standflächen“
ausgegangen. Dies ist gerade für Veranstaltungen in Gebäuden oberster Bun-
desbehörden erfahrungsgemäß, auch mit Blick auf die Artikel 29 und 30 der
UN-Behindertenrechtskonvention, ein viel zu geringer Ansatz.

Die Bundesregierung behauptet in ihrer Antwort zu Frage 1, dass sie das Gut-
achten der Müller-BBM GmbH vom 8. November 2011 nicht kenne, obwohl
das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie das dem

Bundesministerium unterstellte Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
(BBR) in der Kommission des Ältestenrates für Bau- und Raumangelegenhei-
ten ständig vertreten sind und dieses Gutachten dort mehrfach Thema war.

Die Bundesregierung behauptet ferner, dass „keine Notwendigkeit von baulichen
und sonstigen Maßnahmen“ in den Gebäuden des Bundes besteht (Antwort zu
Frage 4). Auch dies wird mit den Erfahrungen in den Gebäuden des Deutschen

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Bundestages, für deren Bau das Bundesbauministerium ebenso verantwortlich
war, wie für die übrigen Bundesbauten, von der Fraktion DIE LINKE. bezwei-
felt.

Mehrfach verweist die Bundesregierung auf den hohen Standard durch Anwen-
dung des Brandschutzleitfadens des Bundes (3. Auflage vom Juli 2006). Schaut
man sich diesen Leitfaden genauer an, wird man feststellen, dass die spezi-
fischen Besonderheiten beim Brandschutz und bei der Evakuierung von Men-
schen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen in den 104 Seiten faktisch
keine Rolle spielen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Kennt die Bundesregierung inzwischen das Gutachten der Müller-BBM
GmbH vom 8. November 2012 mit der brandschutztechnischen Stellung-
nahme zu Veranstaltungen mit Menschen mit Behinderung im Deutschen
Bundestag, und wenn ja, inwieweit stimmt sie den inhaltlichen Bewertungen
zu?

2. Inwieweit hält die Bundesregierung es für sinnvoll und erforderlich, ver-
gleichbare Gutachten zu anderen Gebäuden des Bundes in Auftrag zu
geben?

3. Wie viele Personen nahmen am Tag der offenen Tür der Bundesregierung
am 24. und 25. August 2013 in Berlin teil (bitte aufgeschlüsselt nach obers-
ten Bundesbehörden und mit Nennung der jeweiligen Gebäude)?

4. Wie viele Besuchergruppen von Bundestagsabgeordneten waren im ersten
Halbjahr 2013 zu Gast in den Bundesministerien in Berlin (bitte nach obersten
Bundesbehörden und mit Nennung der jeweiligen Gebäude aufschlüsseln)?

5. Wie viele Konferenzen und sonstige Veranstaltungen (mit mehr als 50 teil-
nehmenden Personen) fanden im ersten Halbjahr 2013 in den Bundesminis-
terien in Berlin statt (bitte nach obersten Bundesbehörden und mit Nennung
der jeweiligen Gebäude aufschlüsseln)?

6. Wie viele Personen insgesamt, darunter wie viele Rollstuhlnutzer, dürfen
sich gleichzeitig in den Gebäuden oberster Bundesbehörden und deren Sit-
zungsräumen und anderen Veranstaltungsbereichen (ab einer Kapazität von
50 Personen) aufhalten

a) ohne zusätzliche Maßnahmen/betriebliche Mittel,

b) mit zusätzlichen Maßnahmen/betrieblichen Mitteln

(bitte aufgeschlüsselt nach obersten Bundesbehörden und mit Nennung der
jeweiligen Gebäude)?

7. Inwieweit hält die Bundesregierung die 1-Prozent-Regel in § 10 der Muster-
Versammlungsstättenverordnung mit Blick auf die Artikel 9, 29 und 30 der
UN-Behindertenrechtskonvention noch für sachgerecht und zeitgemäß?

8. Inwieweit hält die Bundesregierung den Brandschutzleitfaden für Gebäude
des Bundes aus dem Jahr 2006 mit Blick auf die spezifischen Anforderungen
bei der Rettung von Menschen mit Beeinträchtigungen für überarbeitungs-
würdig?

Berlin, den 22. August 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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