BT-Drucksache 17/14576

Beteiligung der Bundesregierung an der Entwicklung der EADS-Drohne "Future European MALE"

Vom 13. August 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14576
17. Wahlperiode 13. 08. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan van Aken, Christine Buchholz, Annette
Groth, Heike Hänsel, Harald Koch, Niema Movassat, Thomas Nord, Kathrin Vogler
und der Fraktion DIE LINKE.

Beteiligung der Bundesregierung an der Entwicklung der EADS-Drohne
„Future European MALE“

Der Rüstungskonzern EADS ist auf mehreren Ebenen mit der Entwicklung und
Produktion größerer Drohnen befasst. Hierzu gehören neben kleineren und
mittleren Drohnen mehrere hochfliegende Geräte der MALE-Klasse (MALE:
Medium Altitude Long Endurance) sowie „Unmanned Combat Aerial Vehi-
cles“ (UCAV). EADS erhielt hierfür von der Bundesregierung umfangreiche
Zuwendungen für zahlreiche Forschungsvorhaben, deren Ergebnisse die Firma
selbst verwerten darf (Bundestagsdrucksache 17/8693).

Eines der Projekte ist der „Technologie-Demonstrator UAS Barracuda“, dessen
„nunmehr 10-jährige Testflugerfahrung“ der Konzern kürzlich bekannt gab
(Pressemitteilung EADS, Paris/Le Bourget, 18. Juni 2013). Es handelt sich da-
bei um eine unternehmenseigene Testplattform von über acht Metern mit einer
Spannweite von mehr als sieben Metern und einem maximalen Abfluggewicht
von gut drei Tonnen, die unter anderem in Kanada Flüge absolviert. Erprobt
werden ein Kollisionsschutzsystem (TCAS), die „vernetzte Operationsfüh-
rung“, die Integration von Drohnen in den von der Flugsicherung kontrollierten
Luftraum sowie weitere Aspekte der Automatisierung. Zur möglichen Nutzlast
für die Tests bewirbt EADS die Möglichkeit, „sowohl elektro-optische und
Infrarot-Sensoren, Laser-Zielmarkierer, Detektoren für radiomagnetische
Strahler als auch fortschrittliche Synthetic Aperture Radare – SAR“ einzurüsten.
Testergebnisse flössen „unmittelbar in die Entwicklung zukünftiger UAS bei
Cassidian mit ein“. Das Vorhaben wird unter anderem über das Forschungs- und
Entwicklungsprogramm „Agile UAV in Network Centric Environment“ des
Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundes-
wehr (BAAINBw) finanziert, auch für die Bundeswehr finden Testflüge statt.
Nach Angaben von EADS hat der Barracuda 540 Bodentests und 13 Flugtests
absolviert, in mindestens einem Fall stürzte eine Drohne ins Meer (n-tv, 23. Sep-
tember 2006). Simulationen hätten gezeigt, dass die Missionsplanung und
-durchführung „auch in anspruchsvollen militärischen Einsatzszenarien erfolg-
reich möglich ist“ und „taktische Aufklärung mit UAV durchgeführt werden“

könne.

Ein weiteres Forschungsprojekt von EADS Cassidian ist „SAGITTA – Open
Innovation“, das ebenfalls als Demonstrator eines Nurflügelkonzeptes ent-
wickelt werden soll. Es handelt sich dabei um eine Kampfdrohne (UCAV). Das
Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) ist an SAGITTA beteiligt, die
Universität der Bundeswehr München übernimmt hierzu Forschungen zur
Untersuchung von „neuartigen Flugführungs- und Missionsmanagementkon-

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zepten“ sowie einer „Schnittstelle Mensch/Maschine in der Bodenkontrollsta-
tion zur intelligenten Führung“ (Plenarprotokoll 17/227, S. 28328 (C)). Ziel der
Mitarbeit der Bundeswehr ist überdies die Förderung eines wissenschaftlichen
Nachwuchses für Drohnentechnologie. SAGITTA sowie eine entsprechende
Bodenkontrollstation sollen bis 2014 entwickelt und dann flugerprobt werden.
Weitere Beteiligte an SAGITTA sind das Deutsche Zentrum für Luft- und
Raumfahrt (DLR) Oberpfaffenhofen und Braunschweig, die Hochschule für
angewandte Wissenschaften (Technische Hochschule) Ingolstadt sowie die
Technische Universität Chemnitz.

Bis 2012 entwickelte EADS Cassidian zudem die Drohne „Talarion“, wofür der
Konzern nach eigenen Angaben bereits 600 Mio. Euro ausgegeben habe. Zu den
möglichen Partnern gehörten Frankreich, Spanien, Italien und die Türkei. In
einem Memorandum of Understanding verabredeten die Firmen Turkish
Aerospace Industries und EADS sowie der anwesende Parlamentarische Staats-
sekretär Thomas Kossendey und sein türkischer Amtskollege eine enge Zusam-
menarbeit (EADS, 1. Mai 2011). Die Türkei versprach laut EADS die Bereitstel-
lung „beträchtliche[r] Investitionsmittel“ und „fördert die Beteiligung großer
türkischer Industrieunternehmen“. Für die konkrete Arbeit richtete Cassidian
eine Kooperationsplattform für Ingenieure aus Frankreich, Spanien, der Türkei
und Deutschland sowie Zulieferer ein. 2011 seien dort rund 160 Ingenieure tätig
gewesen. Cassidian bewarb „Talarion“ als „das erste UAS, das im zivilen Luft-
raum eingesetzt werden kann“. Dadurch sei es „zur Bekämpfung der Piraterie
und Kontrolle des Drogenhandels, für den Grenzschutz sowie die Bewältigung
von Umwelt- und Naturkatastrophen“ geeignet. Nachdem in den Bundeshaus-
halt 2012 kein Geld für das Projekt eingestellt worden war und sich Frankreich
einem anderen Projekt mit Großbritannien zuwandte, unterbrach der Konzern
das Vorhaben (Handelsblatt, 24. November 2011).

Wie in den Sitzungen des Untersuchungsausschusses zur Drohne „Euro Hawk“
zur Sprache kam, hat EADS zur gleichen Zeit auf mehreren Ebenen im BMVg
und bei der Bundeswehr für die Fortführung von „Talarion“ insistiert. Inzwi-
schen verfolgt EADS die Entwicklung jedoch unter dem Namen „Future Euro-
pean MALE“ („FEMALE“). Die Drohne baut auf den Konstruktionsplänen von
„Talarion“ auf, ist aber um etwa ein Drittel höher skaliert. Das Abfluggewicht
liegt bei rund elf Tonnen, die Triebwerke sollen entsprechend modifiziert wer-
den. Im Sommer 2012 nahm sich der Bundesminister der Verteidigung
Dr. Thomas de Maizière der Entwicklung an. In der Öffentlichkeit machte er
sich mehrfach dafür stark, „eine europäische Drohne zu entwickeln, die hoffent-
lich in den Jahren nach 2020 auch einsatzfähig verfügbar ist“ (www.focus.de,
3. August 2012). Der Cassidian-Chef Bernhard Gerwert kam laut eigener Aus-
kunft hierzu am 10. Dezember 2012 mit dem Bundesminister der Verteidigung
in Manching zu einem Vier-Augen-Gespräch zusammen. EADS habe laut dem
Staatssekretär im BMVg Stéphane Beemelmans „sehr intensiv bei mir lobbyiert
oder geworben“ für das Projekt (www.stern.de, 31. Juli 2013). Später habe sich
der Cassidian-Chef Bernhard Gerwert bei ihm für die Unterstützung bedankt.
Inzwischen hat EADS Cassidian die Firmen Dassault Aviation und Alenia
Aermacchi als Partner gewinnen können (www.airforce-technology.com,
18. Juni 2013).

Zur gleichen Zeit, als Dr. Thomas de Maizière im Sommer 2012 in der Öffent-
lichkeit politische Unterstützung signalisierte, gelang es EADS unter noch un-
geklärten Umständen, bei einer Untersuchung der Bundeswehr zu Alternativen
zur Trägerplattform Euro Hawk berücksichtigt zu werden. Durchgeführt wurde
die Untersuchung vom Rüstungsdienstleister IABG. Geprüft wurden insgesamt
37 bemannte und unbemannte Plattformen, elf kamen in die engere Wahl. Die
IABG empfiehlt die Alternativen „Airbus 319“ und „Heron TP“ (Frankfurter

Allgemeine Zeitung, 29. Juli 2013). Obwohl die Drohne noch am Anfang der
Entwicklung steht, wird „FEMALE“ ebenfalls als Alternative gehandelt und als

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kostengünstigste Lösung gepriesen. Im Ausschuss wurde bekannt, dass
Cassidian wesentliche Teile der Studie selbst schreiben durfte. Dort erwähnte
Bernhard Gerwert, dass die neue „FEMALE“ bereits in sieben Jahren, also
2020, fertig entwickelt sein könnte. Um bei der Entwicklung von „FEMALE”
über ausreichende Kompetenzen zu verfügen, wurde in Ottobrunn der „Bavarian
International Campus Aerospace and Security“ (BICAS) eingeweiht (Bundes-
tagsdrucksache 17/14053). „Wissenschaft und Industrie bündeln ihre Kräfte in
gemeinsamen Forschungsvorhaben auf den Gebieten der Luft- und Raumfahrt
sowie der Öffentlichen Sicherheit”, erklärt die beteiligte IABG. Schwerpunkte
des BICAS sind „Öffentliche Sicherheit, Integrierte Systeme sowie Autonome
Flugsysteme” (Bayerische Landesregierung, Pressemitteilung, 30. März 2012).
Zu den weiteren Beteiligten des neuen Exzellenzclusters zählen EADS, Airbus
und die Bundeswehr – mithin alle Akteure, die laut der IABG-Studie vom Schei-
tern von „Euro Hawk“ profitieren könnten. Der BICAS wurde maßgeblich von
der CDU/CSU initiiert (Pressemitteilung der Abgeordneten des Bayerischen
Landtags Kerstin Schreyer-Stäblein, 3. April 2012). EADS habe dort bereits
60 Mio. Euro investiert, weitere 30 Mio. Euro kämen von der IABG (Handels-
blatt, 30. März 2012).

Um einer zukünftigen „FEMALE“ Absatzmärkte auch im Ausland zu eröffnen,
traf sich der deutsche Verteidigungsminister mit Amtskollegen in Frankreich,
Großbritannien, in den USA sowie auf der Münchner Sicherheitskonferenz.
Frankreich und Deutschland haben kürzlich angekündigt, im militärischen
Bereich mehr miteinander zu kooperieren (AFP, 26. Juli 2013). Eine ähnliche
Vereinbarung war bereits bei der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstel-
lung (ILA) 2012 zu Drohnen geschlossen worden (www.heise.de, 17. Septem-
ber 2012), jedoch entschied sich Frankreich bezüglich der „MALE“-Drohnen
mittlerweile zur Beschaffung von 16 „Reaper“-Drohnen.

Nach eigenen Angaben wirbt der Verteidigungsminister seit Monaten für noch
mehr europäische Anstrengungen: Auf seine Initiative hin befasse sich demnach
die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) mit der Thematik (www.bmvg.de,
31. Juli 2013). Gespräche habe er dazu auch mit der Europäischen Kommission
und der Repräsentantin des zivil-militärischen Europäischen Auswärtigen Diens-
tes (EAD) geführt. Im Juni hatte die EU hierzu angekündigt, Fragen der luft-
fahrtrechtlichen Zulassung zivil und militärisch genutzter Drohnen zukünftig
gemeinsam zu behandeln. Die EDA und die Europäische Agentur für Flug-
sicherheit (EASA) haben dazu ein Kooperationsabkommen geschlossen. Mit
der Vereinbarung soll die EASA von militärischen Forschungsergebnissen der
EDA profitieren, darunter von der noch andauernden Studie „Mid-Air Collision
Avoidance System“ (MIDCAS) zu automatischen Ausweichverfahren. Hieran
ist neben allen großen europäischen Rüstungskonzernen auch EADS beteiligt.
Auch auf NATO-Ebene habe Dr. Thomas de Maizière einen „von mir initiierten
Informationsaustausch“ angeregt. Welche Stellen er hierzu kontaktiert hat, ver-
rät er nicht (www.bmvg.de, 31. Juli 2013). Für Deutschland hat Dr. Thomas de
Maizière die Gründung einer neuen, militärischen Luftfahrtbehörde angekün-
digt. Dabei handelt es sich um eine weitere Stärkung der Bundeswehr, wenn
diese zukünftig mit zivilen Luftfahrtbehörden gemeinsame Studien betreibt und
Standards entwickelt. Die Fragesteller vermuten, dass die Entscheidung gegen
eine Serienbeschaffung der „Euro Hawk“ auf den Lobbyismus von EADS zu-
rückzuführen ist. Die Bundeswehr hat das Scheitern von „Euro Hawk“ vor über
einem Jahr erkannt und entsprechende Vorbereitungen für eine Alternative ein-
geleitet. Inwiefern es einen Zielkonflikt von Bundeswehr und Verteidigungsmi-
nisterium gibt und dies in unkontrollierte Aktivitäten des Militärs mündete, soll
mit dieser Kleinen Anfrage aufgeklärt werden. Aufgrund des hohen öffentlichen
Interesses kündigen die Fragesteller vorsorglich an, keine Verlängerung der Frist

zur Beantwortung hinzunehmen.

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Wir fragen die Bundesregierung:

1. Auf welchen Ebenen ist EADS nach Kenntnis der Bundesregierung mit der
Entwicklung von Drohnen bzw. deren Aufklärungskapazitäten (auch
Demonstratoren) befasst, und um welche Projekte handelt es sich dabei?

2. Welche dieser Forschungen oder Entwicklungsvorhaben wurden oder wer-
den von der Bundesregierung mit welchen Mitteln unterstützt, bzw. welche
weitere Unterstützung ist geplant oder in der Diskussion?

3. Welche dieser Entwicklungsvorhaben wurden vonseiten der Bundesregie-
rung initiiert oder angeregt?

4. Wurden in der Inititalphase durch die Bundesregierung jeweils weitere
Unternehmen oder Konsortien für Angebote konsultiert bzw. beauftragt,
und wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, welche?

5. Inwiefern spielten bei der Entscheidung, auf die Serienbeschaffung der
US-Spionagedrohne „Euro Hawk“ zu verzichten, strategische Überlegun-
gen zur Entwicklung einer europäischen Drohne oder die im Koalitionsver-
trag zwischen CDU, CSU und FDP festgeschriebene Förderung deutscher
Drohnentechnologie eine Rolle?

6. Wann hat die Bundesregierung welche Kenntnisse über ein laut dem Staats-
sekretär Stéphane Beemelmans „zerrüttetes Verhältnis“ zwischen Northrop
Grumman und EADS erfahren, und wie hat dies ihre Politik gegenüber den
Unternehmen beeinflusst?

7. Auf welche Weise waren und sind die Bundeswehr, die Tschechische
Republik, Finnland, der Rüstungszulieferer ESG sowie weitere Partner
nach Kenntnis der Bundesregierung am „Technologie-Demonstrator UAS
Barracuda“ beteiligt?

8. Welche Ergebnisse zeitigten nach Kenntnis der Bundesregierung Tests zum
Kollisionsschutzsystem TCAS, zur „vernetzten Operationsführung“, zur
Integration von Drohnen in den von der Flugsicherung kontrollierten Luft-
raum sowie weitere Aspekte der Automatisierung?

9. Aus welchem Grund hat die Bundesregierung den Absturz eines „Barracuda“
in entsprechenden Anfragen (z. B. Bundestagsdrucksache 17/14436) nicht
beauskunftet, obwohl die Drohne als Hoheitszeichen das Eiserne Kreuz der
Bundeswehr trägt?

10. Haben sich in der Vergangenheit weitere Abstürze/Unfälle mit Demonstra-
toren/Prototypen etc. ereignet, über die die Bundesregierung aus diesen
oder anderen Gründen ebenfalls keine oder nach Auffassung der Frage-
steller unzureichende Auskunft erteilt hat?

11. Welche über die Angaben im Plenarprotokoll 17/227 hinausgehenden
Angaben kann die Bundesregierung zur Beteiligung der Bundeswehr am
EADS-Forschungsprojekt „SAGITTA – Open Innovation“ machen, bei
dem es sich um die Entwicklung eines Demonstrators einer Kampfdrohne
handelt (bitte auch für die Bodenkontrollstation angeben)?

12. Welche Aufgaben übernehmen nach Kenntnis der Bundesregierung die
weiteren Partner Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Oberpfaffen-
hofen und Braunschweig, Technische Hochschule Ingolstadt, Technische
Universität Chemnitz sowie weitere, den Fragestellern nicht bekannte Teil-
nehmerinnen/Teilnehemr?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/14576

13. Wann rechnet die Bundeswehr mit ersten Tests der Kampfdrohne, der
Bodenstation oder anderer Einrichtungen, und inwiefern bringt das DLR
nach Kenntnis der Bundesregierung hierzu seine Erfahrungen aus dem EU-
Projekt „DeSIRE“ ein (Bundestagsrucksache 17/13646, Antwort zu den
Fragen 9, 10, 11)?

14. Mit welchen Regierungen oder sonstigen Partnern (auch auf der ILA 2012,
der Münchner Sicherheitskonferenz sowie der diesjährigen Luftfahrtaus-
stellung in Le Bourget) hatte die Bundesregierung Verhandlungen geführt,
um EADS bei der Entwicklung der Drohne „Talarion“ oder einer anders
gearteten europäischen Drohne zu unterstützen bzw. potentielle spätere
Abnehmer zu finden?

15. Welche Mittel oder sonstige Unterstützung wurden bzw. wurde in den Ge-
sprächen seitens der Regierungen oder anderer Partner jeweils signalisiert,
zugesagt oder vertraglich vereinbart (auch als Absichtserklärung)?

16. Inwiefern wusste die Bundesregierung von dem Ansinnen, die noch zu
entwickelnde Drohne insbesondere „zur Bekämpfung der Piraterie und
Kontrolle des Drogenhandels, für den Grenzschutz sowie die Bewältigung
von Umwelt- und Naturkatastrophen“ zu nutzen, wie es EADS zur Unter-
zeichnung einer Absichtserklärung im Beisein des Parlamentarischen
Staatssekretärs Thomas Kossendey und seines türkischen Amtskollegen er-
klärte (vgl. Pressemitteilung EADS, 1. Mai 2011), und welche Haltung ver-
tritt sie hierzu?

17. Welche Behörden haben mit welchen Abteilungen, in welcher Stärke und
mit welchem Inhalt an der Kooperationsplattform teilgenommen, die
EADS für die Entwicklung von „Talarion“ einrichtete?

18. Wie viele Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen sind nach Kenntnis der Bundes-
regierung in den letzten zehn Jahren von der Bundeswehr zur EADS oder
deren Tochtergesellschaften gewechselt, und inwiefern haben sie bei der
Bundeswehr oder nach Kenntnis der Bundesregierung auch bei EADS an
der Entwicklung von Drohnen oder entsprechenden Zulassungsverfahren
gearbeitet?

19. Welche dieser vormals bei der Bundeswehr/dem BMVg Beschäftigten
waren anschließend in Positionen bei EADS/deren Tochtergesellschaften
angestellt, bei denen ein häufiger Kontakt zu staatlichen Stellen, insbeson-
der der Bundeswehr/dem BMVg bestand?

20. Wann wurde welchen Behörden der Bundesregierung von welcher Stelle
mitgeteilt, dass EADS die Entwicklung von „Talarion“ einstellt, unter-
bricht oder unter anderem Namen fortführt, und wie haben sie darauf rea-
giert, bzw. welche eigenen Aktivitäten, auch gegenüber anderen Regierun-
gen, unternahmen sie daraufhin?

21. Auf welcher Ebene und gegenüber welchen Angehörigen der Bundesregie-
rung bzw. der Bundeswehr hat welcher Verantwortliche von EADS für die
Fortführung von „Talarion“ insistiert, wie es der Staatssekretär Stéphane
Beemelmans in seiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss zu „Euro
Hawk“ berichtete (www.stern.de, 31. Juli 2013), und wie haben die Ange-
sprochenen darauf reagiert?

22. Über welche Konfiguration (Größe, Spannweite, Gewicht, mögliche Nutz-
last, Bewaffnung) soll die derzeit von EADS favorisierte Drohne „Future
European MALE“ („FEMALE“) nach Kenntnis der Bundesregierung ge-
genüber der früheren „Talarion“ verfügen, und wie haben sich insbeson-
dere Abteilungen der Bundeswehr oder auch andere Behörden in diesbe-

zügliche Überlegungen eingebracht?

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23. Welche Rolle spielte hierbei ab welchem Zeitpunkt eine mögliche Integration
des SIGINT-Systems ISIS in eine zukünftige Drohne „FEMALE“, und wie
schätzt die Bundesregierung eine derartige Realisierung gegenwärtig ein?

24. Inwiefern und mit welchem Inhalt drehten sich Gespräche der Chief Exe-
cutive Officers von EADS Bernhard Gerwert, Stefan Zoller oder Louis
Gallois mit dem Verteidigungsminister oder seinen Staatssekretären um die
zukünftige Ausstattung einer „FEMALE“?

25. Was verbirgt sich hinter der Aussage des Staatssekretärs Stéphane
Beemelmans, wenn dieser im Untersuchungsausschuss zu entsprechenden
Treffen erklärt, „Das Hauptthema war überhaupt: Wie kann man ein Euro-
pean MALE realisieren? Was heißt das in Richtung der Budgetzwänge?
Was heißt das in Richtung der Entwicklungszeiträume? Was heißt das in
Richtung potenzieller Partner? Das war der Hauptpunkt. Das war auch nur
ein Teil des Gespräches“ (www.netzpolitik.org, 5. August 2013)?

26. Welche weiteren Erläuterungen kann die Bundesregierung zu den Ge-
sprächen machen, zu denen der Staatssekretär Stéphane Beemelmans be-
richtete (www.stern.de, 31. Juli 2013), dass EADS „sehr intensiv bei mir
lobbyiert oder geworben“ hat für das Projekt und sich sogar bei ihm für die
Unterstützung bedankte?

27. Welche weiteren Partner (Regierungen, Institute und Industrie) für eine
nach der Einstellung von „Talarion“ nun doch zu entwickelnde „FEMALE“
konnten mithilfe der Bundesregierung nach ihrer Kenntnis gewonnen wer-
den, welche Bedingungen haben diese dafür gestellt, und mit welchen Bei-
trägen oder sonstigen Leistungen wollen sich diese beteiligen?

28. Welche Exportchancen sieht EADS für eine zukünftige „FEMALE“ nach
Kenntnis der Bundesregierung, wie beurteilt sie diese selbst, und welche
Rolle spielten derartige Überlegungen bei den Gesprächen zwischen EADS
und Bundesregierung?

29. Inwiefern hat die Bundesregierung darüber Kenntnis, ob das Verhältnis
zwischen EADS und Northrop Grumman bei der Bundeswehr als „zerrüt-
tet“ galt (www.stern.de, 31. Juli 2013), was waren mögliche Gründe dafür,
wie hat sich dies in den letzten fünf Jahren gestaltet, und welche Auswir-
kungen hatte dies nach Einschätzung der Bundesregierung auf die Arbeit in
der EuroHawk GmbH?

30. Wer hat zu welchem Zeitpunkt die Studie „Alternativen zur Trägerplatt-
form Euro Hawk“ in Auftrag gegeben, welche Gründe waren hierfür aus-
schlaggebend, wie lautete die Aufgabenstellung hinsichtlich der Anzahl
(drei) ausführlicher zu bewertender Alternativen bzw. Ergebnisse, und wer
hat diese Ergebnisse wann bei der Bundeswehr oder dem Verteidigungs-
ministerium erhalten (bitte das Datum der Zustellung bzw. des Verfassens
entsprechender Vermerke angeben)?

31. Wie bewertet die Bundesregierung das Ergebnis der Studie im Hinblick auf
eine mögliche Verwendung des Spionagesystem ISIS mit der Plattform
„Heron TP“, wobei das System nach Kenntnis der Fragesteller aber in
seine Bestandteile COMINT und ELINT aufzuteilen wäre?

Inwiefern könnten sich nach gegenwärtiger Abschätzung der Bundesregie-
rung hinsichtlich der zur Auswahl stehenden Beschaffung von „Heron TP“
als „MALE“-Drohnen zur Aufklärung Synergieeffekte ergeben, wenn
„Heron TP“ auch für das ISIS-System genutzt würde, und welche Überle-
gungen existieren hierzu?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/14576

32. Wie bewertet die Bundesregierung die ebenfalls von der IABG vorgeschla-
genen EADS-Alternativen „Airbus 319“ und „FEMALE“ im Hinblick auf
zusätzliche, eigene Erkenntnisse?

33. Wie gelang es EADS nach Kenntnis der Bundesregierung, seine nicht ein-
mal in der Entwicklung befindliche Drohne „FEMALE“ in der von der
Bundesregierung in Auftrag gegebenen Studie zu platzieren, und welche
entsprechenden Unterlagen haben welche Stellen der Bundesregierung vor
der Erstellung der Studie dazu einsehen können?

34. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über (womöglich unterschied-
liche) Zeitangaben für eine Fertigstellung der Entwicklung einer
„FEMALE“-Drohne seitens der Hersteller sowie der zuständigen Abteilun-
gen der Bundeswehr bzw. des BMVg?

Welche Aussagen trifft die IABG-Studie hierzu, und wie wird dies von der
Bundesregierung beurteilt?

35. Inwiefern und mit welchem Inhalt befasst sich der Bavarian International
Campus Aerospace and Security, an dem auch die Bundeswehr beteiligt ist,
mit der Entwicklung von EADS-Drohnen, und welche Beiträge erbringen
Behörden der Bundesregierung hierzu (bitte ausführlicher als in Bundes-
tagsdrucksache 17/14053 angeben)?

36. Wie hat die Entscheidung Frankreichs, für den Einsatz in Mali 16 „Reaper“-
Drohnen aus den USA zu beschaffen, die Haltung der Bundesregierung zum
Projekt „FEMALE“ verändert, und welche Initiativen hat sie hierzu vor und
nach der Entscheidung ergriffen?

37. Inwiefern und mit welchem Inhalt bezieht sich die im Juli 2013 zuletzt be-
kräftigte Absicht einer engen deutsch-französischen militärischen Zusam-
menarbeit auch auf die Entwicklung oder Zulassung von Drohnen bzw.
mitgeführter Überwachungstechnologie?

38. Wann hat sich das Bundesministerium der Verteidigung bzw. der Bundes-
minister in den letzten zwei Jahren auf wessen Veranlassung hin bzw. aus
welchen Gründen, mit welchem Inhalt und welchem Ergebnis an die Euro-
päische Verteidigungsgentur, den Europäischen Auswärtigen Dienst, die
Europäische Kommission oder die Europäische Agentur für Luftfahrt-
sicherheit gewandt, um die Zulassung oder sonstige Angelegenheiten einer
europäischen Drohne zu erörtern, und wer nahm an den Gesprächen teil
(bitte auch teilnehmende Privatpersonen angeben)?

39. Inwiefern dienten die Gespräche auch der Gewinnung zukünftiger Partner
für die Entwicklung oder Serienproduktion einer europäischen Drohne?

40. Wie, mit wem und mit welchem Inhalt haben sich Verteidigungsministe-
rium und Bundeswehr in den letzten zwei Jahren auf Ebene der NATO für
die Entwicklung und Zulassung einer europäischen Drohne eingesetzt?

41. Welche Diskussionen und Absprachen erfolgten im Zusammenhang mit
entsprechenden NATO-Initiativen mit der Europäischen Verteidigungs-
agentur, dem Europäischen Auswärtigen Dienst und der Europäischen
Kommission?

42. Inwiefern hat sich die Bundesregierung in die Diskussionen eingebracht,
die schließlich in die Ankündigung mündeten, dass die Europäische Agen-
tur für Flugsicherheit mit Sitz in Köln stärker mit der Europäischen Vertei-
digungsagentur zusammenarbeiten werde, und um welche konkreten Vor-
haben geht es dabei hinsichtlich einer europäischen Drohne (Pressemittei-
lung EASA/EDA, 19. Juni 2013)?

Drucksache 17/14576 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
43. Auf welche Weise war oder ist die Bundesregierung in den letzten zehn
Jahren an Testflügen von Drohnen oder auch Erprobungen entsprechender
Steuerungseinheiten oder Bodenstationen beteiligt, die in Murcia/Spanien
oder Goose Bay/Kanada bzw. auf anderen Flugplätzen im Ausland vorge-
nommen wurden, und um welche Forschungen bzw. Projekte handelte es
sich dabei im Einzelnen?

Berlin, den 13. August 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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