BT-Drucksache 17/144

Sanktionen aufgrund der Weigerung der Unterzeichnung einer Eingliederungsvereinbarung nach § 31 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch

Vom 2. Dezember 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/144
17. Wahlperiode 02. 12. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katja Kipping, Klaus Ernst, Matthias W. Birkwald, Heidrun
Dittrich, Diana Golze, Jutta Krellmann, Ingrid Remmers, Jörn Wunderlich,
Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Sanktionen aufgrund der Weigerung der Unterzeichnung einer Eingliederungs-
vereinbarung nach § 31 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch

§ 31 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) regelt Sanktionen für
Hartz-IV-Beziehende. Die Gesetzeslage, dass die Weigerung, eine Eingliede-
rungsvereinbarung abzuschließen, mit einer Sanktion zu ahnden ist, wurde in
den fachlichen Hinweisen zu § 31 SGB II mit Stand vom 20. Dezember 2008
(Rz. 31.6a) aufgehoben. Begründet wurde dies mit sozialgerichtlichen Ent-
scheidungen, die erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber dieser
Vorschrift formulierten. Die Sanktionsstatistik der Bundesagentur für Arbeit
(BA) weist in der Zeit von Januar bis Juni 2009 aber 2 099 Sanktionen wegen
der Weigerung der Unterzeichnung einer Eingliederungsvereinbarung auf. In
einer Verfahrensinformation vom 13. Oktober 2009 (Geschäftszeichen SP II 21
– II – 1313) wird durch die BA angeordnet, dass bis zum 31. November 2009
alle weisungswidrigen Sanktionen zurückzunehmen und die zu Unrecht gemin-
derten Beträge wieder auszuzahlen sind. Des Weiteren wird angeordnet, dass
fälschlicherweise mit dem Sanktionsgrund „Weigerung der Unterzeichnung
einer Eingliederungsvereinbarung“ erfassten Sanktionen im Erfassungssystem
A2 LL den richtigen Sanktionsgründen zuzuordnen sind.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass eine verfassungsrecht-
lich bedenkliche Gesetzeslage weiterhin besteht und lediglich durch eine
Dienstanweisung aufgehoben wird?

2. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus ihrer Bewertung,
und plant sie diesbezügliche gesetzgeberische Aktivitäten?

3. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass eine Dienstanweisung
der BA offensichtlich nicht befolgt wird, da weiterhin Sanktionen wegen
oben genannter Weigerungen ausgesprochen wurden?

4. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass das anscheinend zu konstatie-

rende Ignorieren einer bindenden Weisung auf systematische Steuerungs-
und Aufsichtsdefizite bei der Umsetzung des SGB II hinweist, und welche
konkreten Sachverhalte macht die Bundesregierung für diese Defizite ver-
antwortlich?

5. Plant die Bundesregierung eine Reform der Steuerung und der Rechtsauf-
sicht bei der Umsetzung des SGB II?

Drucksache 17/144 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
6. In wie vielen Fällen wurde im Jahr 2009 tatsächlich weisungswidrig sank-
tioniert, und in wie vielen Fällen wurden die Sanktionen fälschlicherweise
dem Grund „Weigerung der Unterzeichnung einer Eingliederungsvereinba-
rung“ zugeordnet (bitte aktuelle Daten)?

7. Wie erklärt sich die Bundesregierung diese falschen Zuordnungen, obwohl
die Dienstanweisung eindeutig die Aufhebung des Sanktionsgrundes „Wei-
gerung der Unterzeichnung einer Eingliederungsvereinbarung“ anordnet?

8. Wie viele Sanktionen wegen der „Weigerung der Unterzeichnung einer
Eingliederungsvereinbarung“ sind im Bereich der Optionskommunen aus-
gesprochen worden?

9. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass gleiches Recht, nämlich die
Nichtsanktionierbarkeit im Falle der „Weigerung der Unterzeichnung einer
Eingliederungsvereinbarung“, auch in den Optionskommunen angewendet
wird?

10. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass auch alle in den Optionskom-
munen zu Unrecht Sanktionierten ihre geminderten Beträge ausgezahlt be-
kommen?

11. Haben alle zu Unrecht Sanktionierten bis zum 31. November 2009 ihre ge-
minderten Beträge ausgezahlt bekommen?

12. Wie bewertet die Bundesregierung die Auffassung, dass sämtliche auch
vor der Weisung am 20. Dezember 2008 zu Unrecht Sanktionierten An-
spruch auf eine Auszahlung der geminderten Beträge haben?

13. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass auch an die vor dem
20. Dezember 2008 zu Unrecht Sanktionierten die Auszahlung der gemin-
derten Beträge erfolgt?

Berlin, den 2. Dezember 2009

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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