BT-Drucksache 17/14213

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksachen 17/13471, 17/14181 - Entwurf eines Gesetzes zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle und zur Änderung anderer Gesetze (Standortauswahlgesetz - StandAG)

Vom 26. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14213
17. Wahlperiode 26. 06. 2013

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dorothee Menzner, Ralph Lenkert, Eva Bulling-Schröter,
Andrej Hunko, Kornelia Möller, Jens Petermann, Sabine Stüber, Johanna Voß
und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksachen 17/13471, 17/14181 –

Entwurf eines Gesetzes zur Suche und Auswahl eines Standortes
für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle
und zur Änderung anderer Gesetze
(Standortauswahlgesetz – StandAG)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der vorliegende Gesetzentwurf soll die Verwahrung von Wärme entwickeln-
dem Atommüll regeln. Er soll einen Neuanfang initiieren, nachdem die End-
lagerstrategie der letzten Jahrzehnte gescheitert ist. Diesem Ziel wird der vor-
liegende Gesetzentwurf nicht gerecht.

Der Gesetzentwurf wurde erarbeitet, ohne die Ergebnisse aus den Unter-
suchungsausschüssen zur Asse und zu Gorleben und die sich daraus ergeben-
den Schlussfolgerungen wie den Verzicht auf Gorleben als Standort in einem
künftigen Verfahren zur Kenntnis zu nehmen. Eine juristische und wissen-
schaftliche Aufarbeitung der bislang fehlgeschlagenen Endlagerstrategie der
vergangenen Jahrzehnte fand nicht statt.

Der Gesetzentwurf legt sich bereits auf die geologische Tiefenlagerung zur Ver-
wahrung hochradioaktiven Atommülls fest, ohne dass über alternative Konzepte
eine gesellschaftliche Debatte geführt worden wäre. Nebenverabredungen wie
die Regelung künftiger Castor-Transporte, die erhebliche Konsequenzen für die
Standortregionen haben, erfordern gleichsam eine Debatte und können nicht
ad hoc getroffen werden.

Der Gesetzentwurf regelt bereits wesentliche institutionelle Details, Verant-
wortlichkeiten und Entscheidungswege und legt Kernpunkte der Vorgehens-
weise bei der Standortsuche fest. Diese Fragen hätten zunächst in einem inten-
siven Diskussionsprozess unter breiter Beteiligung der Öffentlichkeit erarbeitet
werden müssen.

Drucksache 17/14213 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die vermeintliche Einbeziehung der Öffentlichkeit im Rahmen des kurzfristig
angesetzten „Forum Standortauswahlgesetz“ war eine reine Alibiveranstaltung
zur Pseudobeteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, Verbänden und Initia-
tiven. Der Boykott dieser Veranstaltung durch zahlreiche Anti-Atom-Initiativen
und Umweltverbände war die einzig adäquate Antwort. Die im Gesetzentwurf
vorgesehene Bund-Länder-Kommission zur Lagerung hochradioaktiver Abfall-
stoffe droht ebenfalls zu einer solchen Schein-Veranstaltung von Bürgerbeteili-
gung zu werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. statt der vorgesehenen gesetzlichen Regelungen zur Standortauswahl zu-
nächst weitere Vorarbeiten zu leisten;

2. vor der Erarbeitung eines neuen Gesetzentwurfs zunächst

– die Fehler der Vergangenheit bei der bisherigen Suche nach einem Ver-
wahrungsort für radioaktive Abfälle zu analysieren und aufzuarbeiten so-
wie die Rolle bisher verantwortlicher Institutionen und Entscheidungs-
wege zu diskutieren,

– die Form der dauerhaften Verwahrung für alle Arten von radioaktivem
Müll – rückholbar und oberflächennah, bergbar oder nicht mehr erreich-
bar in tiefen geologischen Formationen – bundesweit völlig neu und er-
gebnisoffen zu diskutieren und diese Frage vor einer Standortsuche zu
klären,

– wissenschaftliche Kriterien zu diskutieren und festzuschreiben, die ein
Standort zur Verwahrung von Atommüll zu erfüllen hat;

3. bei Erarbeitung eines neuen Gesetzentwurfs die Ergebnisse einer zuvor er-
folgenden breiten gesellschaftlichen und öffentlichen Debatte zu den oben
genannten Punkten unter neutraler Leitung, also aus keinem der beteiligten
Ministerien, zu berücksichtigen;

4. eine unabhängige Kommission einzusetzen, die ein Standortauswahlverfah-
ren und Kriterien für die Standortsuche im Vorfeld eines Gesetzes erarbeitet.
Die Empfehlungen dieser Kommission sollten über einen bundesweiten
Volksentscheid zum Gesetz werden;

5. einen neuen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Überführung der Entsor-
gungsrücklagen der Energiekonzerne in einen öffentlich-rechtlichen Fonds
regelt, um das Geld vor Spekulation zu schützen und für dauerhafte Atom-
müllfolgekosten zu sichern und

6. ein gesamtgesellschaftliches Kontrollgremium zu schaffen, das über alle
Partei- und Regierungsgrenzen hinweg den konsensualen Suchprozess kon-
tinuierlich begleitet.

Berlin, den 26. Juni 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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