BT-Drucksache 17/14157

zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates - Drucksache 17/13424 - Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes

Vom 26. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/14157
17. Wahlperiode 26. 06. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates
– Drucksache 17/13424 –

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes

A. Problem

Sowohl die IMK-Bleiberechtsregelungen als auch die gesetzliche Altfallrege-
lung der §§ 104a und 104b des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) waren stichtags-
gebunden. Sie begünstigten ausschließlich einen Personenkreis, der zuletzt vor
dem 1. Juli 1999 bzw. 1. Juli 2001 in das Bundesgebiet eingereist ist. Allen nach
diesen Zeitpunkten eingereisten Ausländerinnen und Ausländern ist der Zugang
zu einer Bleiberechtsregelung bis heute verwehrt. Die bisherigen Bleiberechts-
bzw. Altfallregelungen haben zwar einer großen Zahl ehemals ausreisepflichti-
ger Personen zu einem Aufenthaltstitel verholfen, den Umfang der geduldeten
Ausländer aufgrund der stichtagsgebundenen Regelungen naturgemäß aber
nicht dauerhaft reduzieren können. Dementsprechend konnten die bisherigen
Regelungen keinen nachhaltigen Beitrag zur Vermeidung von sogenannten
Kettenduldungen und den damit einhergehenden Problemen schaffen.

Die aufenthaltsrechtliche Situation der Betroffenen kann in vielen Fällen weder
durch eine zwangsweise Aufenthaltsbeendigung noch durch die Erteilung einer
bleiberechtsbezogenen Aufenthaltserlaubnis geändert werden.

Das Aufenthaltsgesetz sieht bislang keine abstrakt-generelle dynamische Rege-
lung vor, um Integrationsleistungen, die trotz des fehlenden rechtmäßigen Auf-
enthaltes erreicht wurden, durch Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis anzuer-
kennen und sogenannte Kettenduldungen zu vermeiden. In den letzten Jahren
auf Bundesebene vorgenommene punktuelle Schritte zur Weiterentwicklung des
Aufenthaltsgesetzes weisen in die richtige Richtung, reichen jedoch zur nach-
haltigen Problemlösung nicht aus.

Die §§ 104a und 104b AufenthG stellten einen ersten Ansatz in die richtige
Richtung dar. Diese Regelungen waren aber ausdrücklich als „Altfallregelung“
deklariert, d. h. auf eine Gruppe von Altfällen und den Stichtag 1. Juli 2007 be-

zogen.

Mit § 18a AufenthG (Aufenthaltserlaubnis für qualifizierte Geduldete zum
Zweck der Beschäftigung) wurde – alters- und stichtagsungebunden – einem be-
grenzten Personenkreis unter besonderen Voraussetzungen die Möglichkeit zum
Erwerb einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Beschäftigung eröffnet.

Drucksache 17/14157 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Der 2011 eingeführte § 25a begünstigt stichtagsungebunden Integrationsleistun-
gen im AufenthG – allerdings nur bezogen auf Jugendliche und Heranwach-
sende und auch nur unter engen formalen Voraussetzungen.

Die Integration der in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer zu
verbessern ist seit Jahren eines der wichtigen Ziele der Ausländerpolitik. Die
wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Integration hat parallel
dazu beigetragen, den Begriff Integration beschreibbar zu machen. Der Natio-
nale Integrationsplan ist nur einer der konzeptionellen Lösungsansätze.

Die bisherigen, eng gefassten Erteilungsvoraussetzungen in § 25a Absatz 1
Satz 1 AufenthG zur erforderlichen Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet und
des Schulbesuchs sowie zum Zeitpunkt der erforderlichen Antragstellung stehen
der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in vielen Fällen trotz anerkennenswer-
ter Integrationsleistungen aufgrund eines erfolgreichen Schulbesuchs entgegen.

Die bestehende gesetzliche Lücke für sonstige Ausländer mit anerkennens-
werten Integrationsleistungen, die nicht als qualifizierte Geduldete von § 18a
AufenthG oder als Jugendliche oder Heranwachsende von § 25a AufenthG
begünstigt werden, ist durch eine alters- und stichtagsunabhängige Bleiberechts-
regelung im Aufenthaltsgesetz – § 25b Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger
Integration – zu schließen.

B. Lösung

Durch Änderung des § 25a Absatz 1 Satz 1 AufenthG wird nur noch auf einen
mindestens vierjährigen Voraufenthalt und den erfolgreichen Schulbesuch als
anerkennenswerte Integrationsleistung abgestellt und damit die Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis von verzichtbaren bürokratischen Hemmnissen bereinigt.

Mit dem neuen § 25b AufenthG wird der in den §§ 18a und 25a AufenthG be-
reits erstmals implementierte Gedanke der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
bei festgestellter nachhaltiger Integration nach langjährigem Aufenthalt nun-
mehr alters- und stichtagsunabhängig durch eine abstrakt-generelle dynamische
Regelung in das Aufenthaltsgesetz eingeführt. Damit wird dem Umstand, dass
vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer sich nachhaltig in die hiesigen Lebens-
verhältnisse integrieren, Rechnung getragen. Die vorgesehene Regelung orien-
tiert sich u. a. an einem Vorschlag, der von einer länderoffenen Arbeitsgruppe im
Auftrag der Konferenz der für Integration zuständigen Ministerinnen und Minis-
ter/Senatorinnen und Senatoren der Länder erarbeitet wurde (Bericht der Ar-
beitsgruppe „Aufenthaltsrecht bei nachhaltiger Integration“ vom 23. Mai 2012).

Für eine faktisch vollzogene Integration sprechen insbesondere folgende Indika-
toren:

– langjähriger Aufenthalt in Deutschland,

– Sicherung des Lebensunterhalts durch aktive Teilnahme am Arbeitsmarkt
als Grundsatz,

– hinreichende deutsche Sprachkenntnisse,

– Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundes-
republik Deutschland,

– grundsätzlich gegebene Straffreiheit,

– keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen.

Sofern diese Kriterien in der Gesamtschau erfüllt sind und keiner der Aus-
schlussgründe vorliegt, soll auch langjährig geduldeten Personen nunmehr eine
dauerhaft rechtlich abgesicherte Lebensperspektive in Deutschland eröffnet

werden.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/14157

Gleichzeitig wird dem Ausländer durch Änderung des § 44 Absatz 1 Satz 1
Buchstabe c AufenthG die Möglichkeit eröffnet, an einem Integrationskurs teil-
zunehmen.

Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Wie unter Abschnitt A beschrieben sind derzeit keine gesetzlichen Grundlagen
existent, mittels derer ein Aufenthaltsrecht bei nachhaltiger Integration erteilt
werden kann. Der bis zum 31. Dezember 2011 laufende Beschluss der IMK als
Anschlussregelung zur gesetzlichen Altfallregelung in § 104a AufenthG ist als
ein weiterer Lösungsansatz der IMK geeignet, die Notwendigkeit für eine
gesetzliche Regelung zu unterstreichen. Mit dem Beschluss werden hingegen
nicht die aufenthaltsrechtlichen Situationen der geduldeten Ausländerinnen und
Ausländer gelöst, die aktuell seit mehreren Jahren im Bundesgebiet leben und
sich trotz widriger Rahmenbedingungen in die hiesige Gesellschaft nachhaltig
integriert haben.

D. Finanzielle Auswirkungen

1. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Durch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach dem geänderten § 25a
und dem neuen § 25b AufenthG sind negative Auswirkungen für die öffentli-
chen Haushalte insgesamt nicht zu erwarten, da eine tatsächliche Beendigung
des Aufenthalts dieser Ausländer nur in wenigen Fällen realisiert werden kann.
Zugleich wird die weitere Integration in den Arbeitsmarkt gefördert und somit
eine dauerhafte Sicherung des Lebensunterhalts begünstigt. Seitens des Bundes
ist in nicht zu bezifferndem Umfang mit einer verstärkten Inanspruchnahme der
Integrationskurse (§§ 43 ff. AufenthG) zu rechnen.

2. Verwaltungsaufwand

Duldungen und Aufenthaltsgestattungen werden regelmäßig für Zeiträume
zwischen drei und sechs Monaten erteilt. Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b
AufenthG hätte eine Dauer von längstens zwei Jahren und könnte, wiederum bei
Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen, nach den allgemeinen Regeln
verlängert werden. Lediglich die Prüfung, ob die Betroffenen unter die Neure-
gelung fallen und gegebenenfalls entsprechende Versagungsbescheide könnten
für eine einmalige Erhöhung des Verwaltungsaufwandes gegenüber der heutigen
Situation sorgen.

3. Auswirkungen auf die private Wirtschaft

Durch den verbesserten Zugang der Betroffenen zum Arbeitsmarkt könnte sich
eine positive Auswirkung auf die private Wirtschaft ergeben. Ansonsten sind
diesbezüglich keine Berührungspunkte gegeben.

E. Sonstige Kosten

Keine.

Drucksache 17/14157 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/13424 abzulehnen.

Berlin, den 26. Juni 2013

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Josef Philip Winkler
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 17 ucksache 17/14157

Bericht der Abgeord frid Wolff
(Rems-Murr), Ulla J

Berlin, den 26. Juni 2013

Reinhard Grindel
Berichterstatter

R
B

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

J
B
. Wahlperiode – 5 – Dr

neten Reinhard Grindel, Rüdiger Veit, Hart
elpke und Josef Philip Winkler

I. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/13424 wurde in der
246. Sitzung des Deutschen Bundestages am 13. Juni 2013
an den Innenausschuss federführend sowie an den Rechts-
ausschuss zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Rechtsausschuss hat in seiner 142. Sitzung am 26. Juni
2013 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Ge-
setzentwurfs empfohlen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
112. Sitzung am 26. Juni 2013 abschließend beraten und
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung
des Gesetzentwurfs.

üdiger Veit
erichterstatter

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

osef Philip Winkler
erichterstatter

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