BT-Drucksache 17/13247

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 17/12295, 17/13131 - Entwurf eines Gesetzes zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente (Honoraranlageberatungsgesetz)

Vom 23. April 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13247
17. Wahlperiode 23. 04. 2013

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Carsten Sieling, Lothar Binding (Heidelberg), Ingrid Arndt-
Brauer, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Petra Ernstberger, Martin Gerster,
Iris Gleicke, Petra Hinz (Essen), Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Joachim Poß,
Annette Sawade, Bernd Scheelen, Manfred Zöllmer, Dr. Frank-Walter Steinmeier
und der Fraktion der SPD

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/12295, 17/13131 –

Entwurf eines Gesetzes zur Förderung und Regulierung einer Honorarberatung
über Finanzinstrumente (Honoraranlageberatungsgesetz)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Vermögens- und Vorsorgeentscheidungen binden die Verbraucherinnen und
Verbraucher oft langfristig und mit hohen Beträgen. Entsprechend umsichtig
sollte die Auswahl des Finanzprodukts erfolgen. Doch die Anlageberatung in
Deutschland weist noch immer erhebliche Schwächen und Fehlanreize auf, wie
sich im Zuge der Finanzkrise erneut bestätigte. Deshalb soll auch hierzulande
die unabhängige Honorarberatung in Finanzangelegenheiten etabliert werden.
Was für vermögende Kunden eine Selbstverständlichkeit ist, soll für den durch-
schnittlichen privaten Anleger eine gleichwertige Option zur provisionsbasier-
ten Beratung werden.

Anknüpfend an frühere Forderungen (vgl. Bundestagsdrucksache 17/2136) legte
die SPD-Bundestagsfraktion im Dezember 2011 ein eigenes Konzept zur Stär-
kung der Honorarberatung in Deutschland vor (Bundestagsdrucksache 17/8182).
Dessen Kernpunkte sind die Schaffung eines Berufsbildes, einer Vergütungs-
regelung und die Verpflichtung der Emittenten, Finanzprodukte auch zu Nettota-
rifen anzubieten. Selbstverständlich muss eine umfassende individuelle Verbrau-
cherberatung das gesamte Angebot an Finanzprodukten berücksichtigen, also
Vermögensanlagen ebenso wie Versicherungen und Darlehen. Flankierend soll
die Öffentlichkeit gezielt über die Unterschiede zwischen dem honorar- und dem

provisionsgestützten Vertrieb aufgeklärt werden. In der Honorarberatungsbran-
che und bei Verbraucherschutzorganisationen traf dieses Konzept auf durchgän-
gig positive Resonanz.

Der Gesetzentwurf der schwarz-gelben Bundesregierung bleibt hinter den For-
derungen der SPD-Bundestagsfraktion weit zurück. Die geplante Unterschei-
dung zwischen Honorar-Anlageberater und gewerblichem Honorar-Finanzan-
lagenberater ist völlig undurchschaubar für Hilfe suchende Kunden und dürfte

Drucksache 17/13247 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

sogar abschreckend wirken. Dass Vermittler, die lediglich Finanzprodukte ver-
kaufen, sich weiterhin Berater nennen dürfen, ist aus Verbrauchersicht nicht
hinnehmbar. Die BundesInitiative der Honorarberater brachte es zur Anhörung
des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages auf den Punkt: „Wer Provi-
sionen erhält, der vermittelt. Wer unabhängig auf Honorarbasis tätig ist, der be-
rät.“ Auch die europäische Finanzmarktrichtlinie (MiFID) trifft diese Unter-
scheidung deutlicher.

Der Verzicht auf die Verpflichtung zum Angebot von Nettotarifen ist eine
wesentliche Schwachstelle des Gesetzentwurfs. Das Argument der Faktionen
der CDU/CSU und FDP, auf entsprechende Nachfrage würden die Produkt-
emittenten nach und nach solche Tarife anbieten, überzeugt nicht. Die gesetz-
lich vorgesehene Alternative der Provisionsdurchleitung schafft sogar neue
Fehlanreize. Die Gefahr besteht, dass sich Privatkunden bei ihrer Anlageent-
scheidung – mehr oder weniger bewusst – wesentlich von der Höhe der ausge-
schütteten Provision leiten lassen.

Nur eine wirksame Finanzaufsicht kann die Durchsetzung des Verbraucher-
schutzes in der Beratungs- und Vermittlungspraxis sicherstellen. Trotzdem setzt
die Bundesregierung bei der Honorarberatung die vielfach kritisierte Auftei-
lung der Aufsichtsführung auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf-
sicht einerseits und die Gewerbebehörden oder Industrie- und Handelskam-
mern andererseits fort. Damit wird das Niveau des Anlegerschutzes auch in Zu-
kunft davon abhängen, von wem sich die Verbraucherinnen und Verbraucher
beraten lassen – vom Honorarberater, dem Bankmitarbeiter oder dem gewerb-
lichen Finanzdienstleister.

Mit der gesonderten Regulierung der Honorarberatung über Finanzinstrumente
hält die Bundesregierung auch an der bisherigen produktbezogenen Gesetzge-
bung fest. Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP betrachten den
vorliegenden Gesetzentwurf als Einstieg in eine unabhängige Vermögensanla-
geberatung in Deutschland. Auf Basis künftiger europäischer Vorgaben sollen
weitere Schritte im Versicherungsvermittlungs- und Hypothekarbereich folgen.

Doch diese Erwägungen sind nicht zielführend. Eine Honorarberatung in Fi-
nanzangelegenheiten wird sich in Deutschland nur durchsetzen, wenn der Ge-
setzgeber ihr die Rahmenbedingungen gewährt, die nötig sind, um den Ver-
braucherinnen und Verbrauchern ihre Stärken zu beweisen. Das kann nicht ge-
lingen, wenn die Honorarberater hinsichtlich der Nettotarife auf das Wohlwol-
len der Emittenten angewiesen bleiben und sich in ihrer Beratung auf
bestimmte Produktgruppen beschränken müssen. Zu Recht fürchten die betrof-
fenen Verbände deshalb, dass die Honorarberatung – genau wie die Versiche-
rungsberatung – hierzulande weiterhin ein Nischendasein führen wird.

Leider verfehlt die vorliegende Regulierung den im Gesetzestitel ausdrücklich
erklärten Förderzweck. Eine unabhängige finanzielle Beratung, die sich an den
individuellen Wünschen und tatsächlichen Bedürfnissen der Verbraucherinnen
und Verbraucher orientiert, bleibt dennoch unverzichtbar. Missstände wie etwa
der Verkauf von Vermögensanlagen mit langjähriger Laufzeit an Hochbetagte
oder der Abschluss von Kapitallebensversicherungen durch Kunden mit stän-
dig weit überzogenem Girokonto sind endlich zu beseitigen. Die Anleger brau-
chen qualifizierte Unterstützung, um ihre bisher isoliert getroffenen Vermö-
gens- und Vorsorgeentscheidungen künftig in der Gesamtwirkung abzuwägen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. entsprechend den Forderungen der SPD-Bundestagsfraktion und der Stel-
lungnahme des Bundesrates (vgl. Bundestagsdrucksache 17/12295, Anlage 4

Nummer 1) ein umfassendes Berufsbild des Honorarberaters zu schaffen, das
eine unabhängige und produktübergreifende Beratung in Finanzangelegen-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13247

heiten ermöglicht. Hierzu muss die Ausbildung die Beratung in den Bereichen
Vermögensanlage, Versicherungen und Darlehen umfassen. Erforderlich sind
klare Begrifflichkeiten, ein Bezeichnungsschutz sowie eine deutliche Ab-
grenzung zwischen der Beratung und der Vermittlung;

2. die Anbieter von Finanzprodukten zur Bereitstellung von Nettotarifen zu ver-
pflichten;

3. die Aufsichtsführung über sämtliche unabhängige finanzielle Berater der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu übertragen.

Berlin, den 23. April 2013

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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