Vom 26. März 2013
Deutscher Bundestag Drucksache 17/12922
17. Wahlperiode 26. 03. 2013
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (17. Ausschuss)
a) zu der Unterrichtung
– Drucksache 17/9797 Nr. A.9 –
Menschenrechte in der Welt und Politik der Europäischen Union in diesem
Bereich
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. April 2012 zu
dem Jahresbericht zur Lage der Menschenrechte in der Welt und über die
Politik der EU zu diesem Thema, einschließlich der Auswirkungen für die
strategische Menschenrechtspolitik der EU (2011/2185(INI))
EP P7_TA-PROV(2012)0126
b) zu der Unterrichtung
– Drucksache 17/10710 Nr. A.65 –
Menschenrechte und Demokratie in der Welt: Bericht über das Handeln
der EU im Jahr 2011
Ratsdok. 9238/12
c) zu der Unterrichtung
– Drucksache 17/10710 Nr. A.66 –
Menschenrechte und Demokratie: Strategischer Rahmen und Aktionsplan
der EU
Ratsdok. 11417/12
A. Problem
Zu Buchstabe a
In seiner Entschließung „Menschenrechte in der Welt und Politik der Europä-
ischen Union in diesem Bereich“ (EP P7_TA-PROV(2012)0126) formuliert das
Europäische Parlament in 157 Abschnitten Anerkennung und Unterstützung der
Drucksache 17/12922 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Menschenrechtspolitik der EU, aber auch Forderungen an die Kommission und
den Rat in diesem Politikbereich. Mit Blick auf die Menschenrechtsdialoge und
-konsultationen mit Drittländern bekundet das Parlament seine Enttäuschung
über den mangelnden Fortschritt bei einer Reihe von diesen Menschenrechts-
dialogen (gegenwärtig über 40) und nimmt Aussagen zur Kenntnis, denen zufol-
ge diese Menschenrechtskonsultationen in einigen Fällen instrumentalisiert
würden und eher zu einem Prozess verkommen seien, als sich zu einem Mittel
zur Erreichung von messbaren und greifbaren Ergebnissen zu entwickeln. Mit
Blick auf Menschenrechts- und Demokratieklauseln fordert das Parlament, dass
in alle vertraglichen Beziehungen zu Drittländern, sowohl Industrie- als auch
Entwicklungsländern, einschließlich sektorspezifische Abkommen, Handelsab-
kommen oder Abkommen über technische oder finanzielle Unterstützung, ohne
Ausnahme klar formulierte, verbindliche Klauseln zu Menschenrechten und De-
mokratie aufgenommen werden. Die Kommission soll eine strengere Durchset-
zung dieser Klauseln sicherstellen. Eine weitere Forderung zielt darauf ab, dass
die EU und ihre Mitgliedstaaten den Missionen und Delegationen der EU emp-
fehlen sollen, ihre Unterstützung und Solidarität für die Arbeit von Menschen-
rechtsaktivisten und ihren Organisationen zu zeigen, indem regelmäßige Treffen
mit ihnen stattfinden, sie aktiv einbezogen und ihre Beiträge zur Entwicklung
von spezifischen Länderstrategien zu Menschenrechten und Demokratie heran-
gezogen werden und eine regelmäßige Zusammenarbeit mit dem Parlament
stattfindet.
Zu Buchstabe b
Der Bericht „Menschenrechte und Demokratie in der Welt: Bericht über das
Handeln der EU im Jahr 2011“ (Ratsdok. 9238/12) erstreckt sich über den Ka-
lenderzeitraum des Jahres 2011 und informiert über Instrumente der EU sowie
Initiativen in Nichtmitgliedstaaten, Themenschwerpunkte im Zusammenhang
mit EU-Leitlinien, Tätigkeit der EU in internationalen Gremien, länder- und re-
gionenspezifische Themen sowie die Tätigkeit des Europäischen Parlaments im
Bereich der Menschenrechte. In dem 319 Seiten umfassenden Bericht wird fest-
gehalten, dass 2011 ein bedeutsames Jahr für die Menschenrechte und die De-
mokratie gewesen sei. Überall im Nahen Osten und in Nordafrika hätten Männer
und Frauen jeden Alters und aus allen Teilen der Gesellschaft Mut bewiesen, in-
dem sie ihre unveräußerliche Menschenwürde behaupteten. Ihr Handeln könne
anderen Völkern als Inspiration dienen. In dem Bericht wird betont, die EU habe
2011 durch Wort und Tat bestätigt, dass die Menschenrechte im Mittelpunkt
ihres weltweiten Handelns stünden. Das Engagement, mit dem sich der Euro-
päische Auswärtige Dienst (EAD) im ersten vollen Jahr seines Bestehens der
Menschenrechtsthematik gewidmet habe, sei daraus ersichtlich, dass er im Jahres-
verlauf eine gemeinsame Mitteilung der Hohen Vertreterin und der Europäischen
Kommission mit dem Titel „Menschenrechte und Demokratie im Mittelpunkt
des auswärtigen Handelns der EU – Ein wirksamerer Ansatz“ ausgearbeitet
habe, die am 12. Dezember 2011 angenommen wurde. Zu den herausragenden
Ereignissen 2011 habe der Arabische Frühling gezählt. In einer gemeinsamen
Mitteilung vom 8. März 2011 hätten die Hohe Vertreterin Catherine Ashton und
die Europäische Kommission betont, dass die Forderungen nach politischer Mit-
bestimmung, Menschenwürde, Freiheit und Beschäftigung unterstützt werden
müssten. In dem Bericht wird weiter dargelegt, die Zivilgesellschaft, die sich in
vielen Ländern immer stärker eingeengt sehe, sei maßgeblich an den Umwäl-
zungen des Arabischen Frühlings beteiligt gewesen. Die EU habe die Probleme
der Organisationen der Zivilgesellschaft unverzüglich zur Sprache gebracht und
alle Staaten aufgerufen, die Vereinigungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit
zu achten und Gesetze zu erlassen, die mit den internationalen Standards verein-
bar sind.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12922
In dem Bericht wird weiter dargelegt, die EU habe 2011 eine herausragende Rolle
im VN-Menschenrechtssystem gespielt und habe entscheidend dazu beigetra-
gen, dass es am 23. Februar 2011 eine Sondersitzung des VN-Menschenrechts-
rates zu Libyen gegeben habe, auf der die historische Empfehlung ausgespro-
chen wurde, das Land aus dem Menschenrechtsrat auszuschließen. Zudem habe
die EU die Lage der Menschenrechte in Syrien mehrfach im Berichtszeitraum
im VN-Menschenrechtsrat und im Dritten Ausschuss der VN-Generalversamm-
lung zur Sprache gebracht, wobei sie sich auf eine Allianz von Ländern aus allen
Regionen, auch aus der arabischen Welt, habe stützen können.
Weitere wichtige Themen des Berichtszeitraums seien Menschenrechte, sexuelle
Orientierung und geschlechtliche Identität, Kinder und bewaffnete Konflikte,
Unternehmen und Menschenrechte, Bekämpfung von Straflosigkeit, Abschaf-
fung der Todesstrafe, Menschenrechtsstrategien. Zudem strebe die Europäische
Union an, dass in allen politischen Rahmenabkommen, die sie mit Drittländern
schließt, wie etwa Assoziierungsabkommen und die Partnerschafts- und Koope-
rationsabkommen, eine Menschenrechtsklausel aufgenommen wird. Ferner ver-
weist der Bericht auf die über 40 bilateralen Menschenrechtsdialoge, die die EU
mit Drittländern geführt habe. Mit Blick auf die Todesstrafe wird festgehalten,
die EU bleibe der größte Geldgeber für die Bemühungen von Organisationen der
Zivilgesellschaft um die Abschaffung der Todesstrafe weltweit. 2011 seien be-
achtliche Ergebnisse erzielt worden, wie etwa die Abschaffung der Todesstrafe in
Illinois. In allen Teilen der Welt seien die Partner im Rahmen des Europäischen
Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) in der Lobbyarbeit,
der Interessenvertretung und den Bereichen Forschung, Öffentlichkeitsarbeit,
Rechtsberatung und Ausbildung tätig geworden. Zudem seien 2011 über das
EIDHR neue Maßnahmen der Zivilgesellschaft zur Verhütung von Folter und
zur Rehabilitation von Folteropfern unterstützt worden.
Zu Buchstabe c
In dem Strategischen Rahmen und Aktionsplan der EU zu Menschenrechten und
Demokratie (Ratsdok. 11417/12) weist der Rat der Europäischen Union darauf
hin, dass der Aktionsplan der Umsetzung des Strategischen Rahmens der EU für
Menschenrechte und Demokratie dienen solle. Er sei flexibel genug, um auf
etwaige neue Herausforderungen reagieren zu können und stütze sich auf das be-
stehende Regelwerk für das auswärtige Handeln der EU im Bereich Menschen-
rechte und Demokratie, vor allem auf EU-Leitlinien, Instrumentarien und andere
festgelegte Positionen sowie unterschiedliche Finanzinstrumente, insbesondere
das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR).
Verantwortlich für die Durchführung der aufgeführten Maßnahmen seien der
vom EAD unterstützte Hohe Vertreter, die Kommission, der Rat und die Mit-
gliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten gemäß dem Vertrag
über die Europäische Union. Der EU-Sonderbeauftragte für Menschenrechte
leiste entsprechend seinem Mandat einen Beitrag zur Umsetzung des Aktions-
plans. Der Aktionsplan gilt für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2014. Der
Aktionsplan deckt 36 verschiedene Teilbereiche ab. Dabei geht es um die För-
derung von Menschenrechten und Demokratie in allen Politikfeldern der EU, die
Förderung der Universalität der Menschenrechte, der Verfolgung kohärenter
Politikziele, der Implementierung von Menschenrechten in allen Bereichen der
EU-Außenpolitik und der Umsetzung der EU-Prioritäten im Bereich der Men-
schenrechte, u. a. die Abschaffung der Todesstrafe, die Abschaffung der Folter
und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder
Strafe sowie eine wirksame Unterstützung von Menschenrechtsverteidigern.
Drucksache 17/12922 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
B. Lösung
Annahme einer Entschließung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD.
C. Alternativen
Annahme einer Entschließung der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Keiner.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Keiner.
Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten
Keine.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Keiner.
F. Weitere Kosten
Keine.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12922
Beschlussempfehlung
Der Bundestag wolle beschließen,
in Kenntnis der Unterrichtungen EP P7_TA-PROV(2012)0126, Ratsdok. 9238/12
und Ratsdok. 11417/12 folgende Entschließung anzunehmen:
„Der Deutsche Bundestag wertet den Jahresbericht als einen umfassenden Über-
blick zu den vielfältigen internen und externen Aktivitäten der Europäischen
Union (EU) im Bereich ihrer Menschenrechtspolitik. Der Berichtszeitraum um-
fasst das erste volle Jahr des Bestehens des Europäischen Auswärtigen Dienstes
(EAD). Das Engagement des EAD galt insbesondere dem Vorantreiben der Um-
setzung einer EU-Strategie für einen wirksamen Ansatz, der Menschenrechte
und Demokratie in den Mittelpunkt ihres weltweiten Handelns stellt. Im Dezem-
ber 2011 nahm die Europäische Kommission die gemeinsame Mitteilung dazu,
die von der Hohen Vertreterin vorgestellt wurde, an. Diese knüpft an das im Ver-
trag von Lissabon enthaltene Versprechen, Menschenrechte, Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit in den Mittelpunkt allen auswärtigen Handelns zu stellen an
und zielt auf die Einleitung einer Diskussion ab, wie die Außenpolitik der EU
auf dem Gebiet der Menschenrechte und Demokratie aktiver, kohärenter und
wirksamer gestaltet werden kann. Damit ist ein wesentlicher Schritt getan, den
„rote Faden – Menschenrechte“ im gesamten auswärtigen Handeln der EU noch
sichtbarer zu machen. Der Deutsche Bundestag unterstützt, dass die EU die Auf-
nahme einer Menschenrechtsklausel für alle politischen Rahmenabkommen, die
sie mit Drittländern schließt, wie etwa Assoziierungs- oder Partnerschafts- und
Kooperationsabkommen, anstrebt. 2011 führte die EU über 40 bilaterale Men-
schenrechtsdialoge mit Drittländern und begann damit, weltweit für rund
160 Länder Menschenrechtsstrategien auszuarbeiten; 130 wurden 2011 fertig-
gestellt. Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass durch die spezifischen Länder-
strategien, die auf die Menschenrechtssituationen einzelner Länder eingehen,
die Maßnahmen durch die EU eine größere Wirkung entfalten sollen.
Die EU-Leitlinien, die der Bericht zu prioritären Themen benennt, sind prak-
tische Instrumentarien, die den EU-Vertretungen vor Ort wesentliche Unter-
stützung bieten, die Menschenrechtspolitik der Europäischen Union besser zu
vertreten. Als entsprechende Schwerpunktthemen definiert der Bericht: Todes-
strafe, Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behand-
lung oder Strafen, Menschenrechtsdialoge, Kinder und bewaffnete Konflikte,
Menschenrechtsverteidiger, Förderung und Schutz der Rechte des Kindes, Ge-
walt gegen Frauen und Mädchen und Bekämpfung aller Formen der Diskrimi-
nierung von Frauen und Mädchen sowie eine verstärkte Beachtung des humani-
tären Völkerrechts. Im Berichtszeitraum hat die EU eine Überprüfung ihrer
Leitlinien für die Förderung und den Schutz der Rechte des Kindes eingeleitet,
um sie an neue internationale Entwicklungen und dringende Menschenrechtsfra-
gen anzupassen. Der Deutsche Bundestag begrüßt in diesem Zusammenhang
das Engagement der EU im Jahr 2011 für die Ratifizierung der beiden Fakulta-
tivprotokolle zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes und des ILO-
Übereinkommens 182 über die schlimmsten Formen der Kinderarbeit.
Das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) be-
hält als unabhängiges Finanzierungsinstrument seine wichtige Rolle. Die EU
war auch im Jahr 2011 der größte Geldgeber für die Bemühungen zivilgesell-
schaftlicher Organisationen um die Abschaffung der Todesstrafe weltweit.
EIDHR bietet die Grundlage für EU, Drittländer und Zivilgesellschaft, gemein-
sam darauf hinzuarbeiten, die Todesstrafe schrittweise einzuschränken und ab-
zuschaffen, die Maßnahmen der Zivilgesellschaft zur Verhütung von Folter und
die Unterstützung von Folteropfern zu gewährleisten sowie die Schaffung natio-
naler Präventionsmechanismen zu fördern und die Bekämpfung der Straflosig-
Drucksache 17/12922 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
keit weltweit zu unterstützen. Die Unterstützung von Menschenrechtsverteidi-
gern zählte auch im Jahr 2011 zu den vorrangigen Zielen des EIDHR.
Zu den herausragenden Ereignissen des Jahres 2011 zählt die beginnende
„Arabellion“ mit den Forderungen der Menschen des arabischen Raumes nach
politischer Mitbestimmung, Menschenwürde und Freiheit. Durch ihren soforti-
gen Aufruf, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit zu achten und internatio-
nalen Standards entsprechende Gesetze zu erlassen, brachte die EU ihre Unter-
stützung der Zivilgesellschaften in den Ländern des Arabischen Frühlings zum
Ausdruck. Im Rahmen des EIDHR wurde unter anderem die Hilfe für die Zivil-
gesellschaft dieser Länder aufgestockt. So wurden kurzfristig mehr als 6 Mio.
Euro für Tunesien, Ägypten und Libyen im Rahmen der länderspezifischen För-
derprogramme Country-Based Support Schemes (CBSS) zur Verfügung ge-
stellt.
Der Deutsche Bundestag begrüßt das Engagement der EU für das Recht auf freie
Meinungsäußerung und den Zugang zum Internet, um auch dort das Internet als
einen Motor der politischen Freiheit bewahren zu können, wo willkürliche Zu-
gangssperren dieses Recht untergraben sollen. Die beginnenden politischen Um-
wälzungen in arabischen Ländern haben eindrucksvoll bewiesen, wie wichtig
soziale Netzwerke und das Internet für die Förderung von Reformen und die
Verteidigung der Menschenrechte sind.
Der Deutsche Bundestag würdigt die deutlichen Reaktionen der EU auf die im
Jahr 2011 zunehmende Zahl von Fällen religiöser Intoleranz, Diskriminierung
und Gewalt. Der Deutsche Bundestag erkennt den beharrlichen Einsatz der EU
an, im Rahmen der Vereinten Nationen, insbesondere im Menschenrechtsrat, für
einen verstärkten Konsens, religiöse Intoleranz zu bekämpfen, die Freiheit der
Religion und Weltanschauung zu verteidigen und gleichzeitig Konzepte wie das
Konzept der Diffamierung von Religionen abzulehnen. Ziel dieses Konzeptes ist
es, Religionen und nicht Personen, die wegen ihrer Religion oder Weltanschauung
diskriminiert werden, auf Kosten anderer grundlegender, universell geltender
Menschenrechte, etwa der Meinungsfreiheit, zu schützen.
Diskriminierungen aufgrund der Religion sind nach wie vor Anlass zur Sorge.
Gesetze über die Diffamierung von Religionen wurden auch im Berichtszeit-
raum dazu missbraucht, religiöse Minderheiten zu misshandeln und Meinungs-
freiheit und die Freiheit auf Religion und Weltanschauung einzuschränken. Der
Deutsche Bundestag begrüßt ausdrücklich die vom Rat angenommenen Schluss-
folgerungen, die hervorheben, dass es die primäre Pflicht des Staates ist, seine
Bürger, also auch religiöse Minderheiten, zu schützen und ihnen die Ausübung
ihrer Religion und ihres Glaubens einzeln oder in der Gemeinschaft frei zu prak-
tizieren zu ermöglichen; ohne Angst vor Intoleranz und Angriffen.
Der Deutsche Bundestag unterstützt ausdrücklich das entschiedene Engagement
der EU gegen Diskriminierung aufgrund sexueller Ausrichtung und Geschlech-
teridentität, mit dem sie an den 2010 beschlossenen Maßnahmenkatalog zur För-
derung und zum Schutz der Ausübung aller Menschenrechte durch Lesben,
Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen (LGBT) anknüpft. In ihren
Menschenrechtsdialogen mit Drittländern setzte sich die EU bilateral gegen eine
Diskriminierung von LGBT-Personen ein und griff das Thema in mehreren
öffentlichen Erklärungen und Demarchen auf, unter anderem durch Ablehnung
homophober Maßnahmen oder Eintreten für die Entkriminalisierung homosexu-
eller Beziehungen.
Der Deutsche Bundestag begrüßt die Führungsrolle der EU im VN-Rahmen.
2011 setzte sich die EU unter anderem im VN-Menschenrechtsrat für die Förde-
rung von Menschenrechten von LGBT-Personen ein. Fünfzehn EU-Mitglied-
staaten gehörten zu der Gruppe, die die Erklärung über die Beendigung von Ge-
waltakten und ähnlichen Menschenrechtsverletzungen aufgrund der sexuellen
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/12922
Orientierung und geschlechtlichen Identität ausgearbeitet hatte, der sich im VN-
Menschenrechtsrat insgesamt 85 Länder anschließen. Die EU unterstützte außer-
dem die von Südafrika verfasste Resolution über Menschenrechte, sexuelle Orien-
tierung und geschlechtliche Identität, die von Staaten aller Regionen mitgetragen
und vom Menschenrechtsrat im Juni 2011 verabschiedet wurde. Der Deutsche
Bundestag unterstützt darüber hinaus die Kooperation zwischen EU und Europa-
rat zur Wahrung der Menschenrechten von LGBT-Personen, insbesondere über
die Empfehlung des Europarats für Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskrimi-
nierung aus Gründen der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechteridentität.
Der Deutsche Bundestag würdigt die EU als einen der weltweit wichtigsten Ak-
teure im entschiedenen und grundsätzlichen Kampf gegen die Todesstrafe. Die
2008 überarbeiteten Leitlinien zur Todesstrafe bilden weiterhin das wichtigste
Instrument für systematische Maßnahmen gegenüber Drittstaaten. Die EU
konnte im Berichtszeitraum die Abschaffung der Todesstrafe im US-Bundes-
staat Illinois als auch die Entscheidung der Regierung Äthiopiens begrüßen, ein
bestehendes Moratorium für Hinrichtungen aufrechtzuerhalten. Die Ablehnung
der Todesstrafe wurde seitens der EU in allen relevanten Gremien, insbesondere
den VN, der OSZE und im Europarat thematisiert. Die EU kritisierte im Dezem-
ber des Berichtszeitraumes die in Belarus verhängten Todesurteile auf das
Schärfste. Die Todesurteile wurden im darauf folgenden Jahr vollstreckt. Belarus
ist das einzige Land in Europa, das die grausame und unmenschliche Strafe noch
immer anwendet. Die EU forderte Belarus im Berichtszeitraum auf, sich dem
weltweiten Moratorium für die Todesstrafe anzuschließen.
Der Deutsche Bundestag unterstützt die EU ebenfalls ausdrücklich in ihrer seit
Jahren bestehenden Führungsrolle bei der Bekämpfung von Folter und anderen
Formen der Misshandlung. Der hohe Stellenwert, den die EU der Bekämpfung
von Folter einräumt, bemisst sich nicht nur an den erheblichen finanziellen Mit-
teln, die sie weltweit für Projekte von Akteuren der Zivilgesellschaft bereitstellt.
Im Jahr 2011 hat sie unter anderem Projekte in Sri Lanka, Nepal, auf den Philip-
pinen und in Libyen finanziert und unterstützt. Im Berichtszeitraum hat die EU
auch im Rahmen des politischen Dialogs und mittels Demarchen gegenüber
Drittländern ihre Besorgnis über Folter aktiv zur Sprache gebracht.
Das fortwährende Engagement der EU für Menschenrechtsverteidiger würdigt
der Deutsche Bundestag wiederholt als langjährigen Bestandteil der Menschen-
rechtspolitik der EU und als wesentliches Element im Einsatz für Meinungsfrei-
heit. Vor dem Hintergrund der politischen Umwälzungen im arabischen Raum
sind die Bemühungen für die Unterstützung von Menschenrechtsverteidigern im
Jahr 2011 besonders hervorzuheben, da es in vielen Ländern der Region zur Ver-
engung demokratischer Räume kam, die für die Zivilgesellschaft und insbeson-
dere für Menschenrechtsverteidiger Repressionen mit sich brachten, die Grund-
freiheiten weiterhin massiv einschränkten.
Der Deutsche Bundestag unterstreicht die hohe Priorität, die seitens der EU der
Bekämpfung und Verhinderung des Menschenhandels auch im Jahr 2011 beige-
messen wurde. Menschenhandel ist eine schwere Straftat, die häufig im Rahmen
der organisierten Kriminalität begangen wird und nach Artikel 5 der Charta der
Grundrechte der Europäischen Union ausdrücklich verboten ist. Sie tritt in zahl-
reichen Erscheinungsformen auf, wie Menschenhandel zum Zwecke sexueller
Ausbeutung, Zwangsarbeit, erzwungene Bettelei, der Ausbeutung der Arbeits-
kraft im häuslichen Bereich oder der Organentnahme. Im Berichtszeitraum ist
die neue Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels mit einem men-
schenrechtsbasierten und geschlechterspezifischen Ansatz angenommen wor-
den, die den Mitgliedstaaten spezifische Maßnahmen für besonders schutzbe-
dürftige Opfer vorschreibt und zudem spezifische Vorschriften für Opfer im
Kindesalter enthält. Der Deutsche Bundestag begrüßt ausdrücklich, dass das
Wohl des Kindes entsprechend der Charta der Grundrechte der Europäischen
Drucksache 17/12922 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Union und dem VN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 1989 eine
vorrangige Erwägung ist.
Die EU-Koordinatorin für die Bekämpfung des Menschenhandels trat 2011 ihr
Amt an und der erste Bericht über die Umsetzung des maßnahmenorientierten
Papiers zur externen Dimension des Menschenhandels wurde erstellt. Der Deut-
sche Bundestag schätzt die erstmalig im 2011 von der Kommission auf den Weg
gebrachte Initiative zur Erhebung von Daten über den Menschenhandel als
wichtige Initiative, da diese gezieltere Maßnahmen auch für Drittländer und -re-
gionen ermöglicht. Die Bekämpfung des Menschenhandels ist Bestandteil meh-
rerer bilateraler Aktionspläne im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftpoli-
tik (ENP) sowie der Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit den
Staaten des Westlichen Balkans. Das Engagement der EU zur Verhütung und
Bekämpfung des Menschenhandels auf bilateraler und multilateraler Ebene
schätzt der Deutsche Bundestag und bestärkt die EU, in diesem wichtigen An-
liegen auch zukünftig nicht nachzulassen.
Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass 2011 die Kooperation zwischen EU und
Europarat ausgebaut und vertieft wurde. Der im Vertrag von Lissabon vorgese-
hene Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ist
ein wichtiger Schritt, um einen besseren und umfassenden Menschenrechts-
schutz aller europäischen Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen. Der Deut-
sche Bundestag bekräftigt daher die Notwendigkeit der im Juni 2011 erzielten
Einigung über einen Entwurf einer Übereinkunft über den Beitritt der EU.
Im Berichtszeitraum leisteten die EU und ihre Mitgliedstaaten umfangreiche
politische, diplomatische sowie logistische und finanzielle Unterstützung für die
effiziente Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) und der Ad-hoc-
Strafgerichtshöfe wie die Internationalen Strafgerichtshöfe für das ehemalige
Jugoslawien und Ruanda, den Sondergerichtshof für Sierra Leone, für die Außer-
ordentlichen Kammern in den Gerichten Kambodschas und den Sondergerichts-
hof für Libanon. Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass mit dem Inkrafttreten
des Vertrages von Lissabon eine höhere Kohärenz bei den Maßnahmen auf die-
sem Gebiet erreicht werden konnte. Der Deutsche Bundestag begrüßt ebenfalls
die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunktes durch den Ratsbeschluss im
Berichtszeitraum, wie auf der Revisionskonferenz in Kampala 2010 gefordert.
Dieser verfolgt das Ziel, durch die Förderung einer möglichst breiten Beteili-
gung auf eine universelle Unterstützung des Römischen Statuts hinzuwirken, die
Integrität des Statuts zu wahren und dazu beizutragen, dass der Gerichtshof effi-
zient arbeiten kann sowie die Zusammenarbeit mit ihm zu unterstützen und da-
für Sorge zu tragen, dass der Grundsatz der Komplementarität umgesetzt wird.
Im Berichtszeitraum hat sich auch durch das Engagement der EU der Kreis der
Vertragsstaaten des Römischen Statuts auf 120 Staaten erweitert.
Die EU-Menschenrechtspolitik umfasst auch eine genaue Beobachtung der Ent-
wicklung der Menschenrechte bei den potentiellen Beitrittskandidaten. Der Bei-
tritt zur EU setzt die Übernahme der europäischen Rechtsvorschriften (Besitz-
stand) und die Einhaltung der „Kopenhagener Kriterien“ voraus, welche die
institutionelle Stabilität als Garantie einer demokratischen und rechtsstaatlichen
Ordnung sowie für die Wahrung der Menschenrechte und den Schutz von Min-
derheiten gewährleisten. Die Beurteilung der Lage der Beitrittsländer beruht auf
den jährlichen Fortschrittsberichten der Kommission.
Die Lagebeurteilung für den Beitrittskandidaten Türkei beruht auf dem Fort-
schrittsbericht der Kommission für 2011. Darin stellt die Kommission fest, dass
es trotz begrenzter Fortschritte noch erheblicher Anstrengungen im Bereich der
Grundrechte bedarf, insbesondere was das Recht auf freie Meinungsäußerung
anbelangt. Die Zahl der Gerichtsverfahren gegen Schriftsteller und Journalisten
sowie die häufige und unverhältnismäßige Sperrung von Websites geben Anlass
zu großer Besorgnis. Die Anzahl der neuen Beschwerden beim Europäischen
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/12922
Gerichtshof für Menschenrechte stieg bis 2011 innerhalb der davorliegenden
fünf Jahre kontinuierlich an. Die Türkei leistet einigen Urteilen seit mehreren
Jahren nicht Folge. Ferner steht eine Reihe von rechtsstaatlichen und menschen-
rechtlichen Reformen seit Jahren aus und die Rechtsvorschriften über Men-
schenrechtsinstitutionen müssen noch vollständig mit den Pariser Prinzipien der
VN in Einklang gebracht werden. Bei der zivilen Kontrolle der Sicherheitskräfte
und der Durchführung der Strategie für die Justizreform wurden positive Schrit-
te vermerkt. Die Türkei wurde aufgefordert, weitere Fortschritte zu erzielen so-
wie Anstrengung zu unternehmen, damit die Kopenhagener Kriterien uneinge-
schränkt erfüllt werden. Dies gilt für den Berichtszeitraum unter anderem für
Eigentumsrechte, Gewerkschaftsrechte, Rechte von Angehörigen von Minder-
heiten, Rechte der Frauen und des Kindes, Nichtdiskriminierung und Gleich-
berechtigung der Geschlechter sowie die Bekämpfung von Folter und Miss-
handlung. Die EU bedauerte, dass die von der Regierung im August 2009
angekündigte demokratische Öffnung, mit der insbesondere die Kurdenfrage an-
gegangen werden sollte, hinter den Erwartungen zurückblieb, da nur wenige
Maßnahmen implementiert wurden. Die EU ersuchte die Türkei 2011, ihre
Antiterrorgesetze zu ändern, um unverhältnismäßige Einschränkungen bei der
Ausübung der Grundrechte zu verhindern.
Kroatien schloss im Berichtszeitraum die Beitrittsverhandlungen ab, nachdem
es bestimmte Zielvorgaben des Kapitels Justiz und Grundrechte erfolgreich um-
setzte und Fortschritte während des gesamten Annäherungsprozesses im Be-
reich Menschenrechte und Demokratie erzielte. Kroatien unterzeichnete den
Beitrittsvertrag im Dezember 2011. Seitens der Kommission wurde eine Fortset-
zung der Überwachung der Einhaltung der Verpflichtungen, die Kroatien im
Verlauf der Beitrittsverhandlungen einging, vor allem im Bereich Justiz und
Grundrechte, angekündigt, da die Durchsetzung der Menschenrechte weiterer
Aufmerksamkeit bedarf.
Der Deutsche Bundestag unterstützt das wichtige Anliegen der EU, die Men-
schenrechtslage bei allen Beitrittskandidaten und potentiellen Beitrittskandida-
ten fortgesetzt mit größter Aufmerksamkeit zu verfolgen und auch weiterhin mit
Nachdruck auf die Einhaltung der Menschenrechte zu drängen.
Die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) mit ihren drei Komponenten Öst-
liche Partnerschaft, Union für den Mittelmeerraum und Schwarzmeersynergie
bietet den Nachbarstaaten privilegierte Partnerschaften an, die sich auf dem bei-
derseitigen Bekenntnis zu gemeinsamen Werten – Demokratie, Menschenrechte
und Rechtsstaatlichkeit, verantwortungsvolle Staatsführung, Grundsätze der
Marktwirtschaft und nachhaltiger Entwicklung – gründen. Der Deutsche Bun-
destag schätzt das Engagement der EU im Bereich der ENP insbesondere vor
dem Hintergrund der sich 2011 schnell verändernden Verhältnisse der Nachbar-
länder des arabischen Raumes und der damit seitens der EU geleisteten Unter-
stützung der dortigen Demokratiebestrebungen. Die EU passte entschlossen ihre
Politik und ihre Instrumente an und richtete Unterstützungsprogramme neu aus.
Der Deutsche Bundestag würdigt die Überlegungen der EU zur Kommunika-
tionspolitik gegenüber der übrigen Welt innerhalb der unternommenen Bemü-
hungen zur Überprüfung der EU-Menschenrechtspolitik, einen Sonderbeauf-
tragten der EU für Menschenrechte zu ernennen. Der im nachfolgenden Jahr
ernannte Sonderbeauftragte kann die Arbeit des Kommissars für Menschenrech-
te des Europarates sinnvoll ergänzen, insbesondere bietet sich die Möglichkeit,
so die Zusammenarbeit zwischen EU und Europarat weiter zu vertiefen. Dabei
kann die EU ihr kollektives Gewicht noch besser in die Waagschale werfen,
denn die alle Politikbereiche durchdringende Aufgabe des Schutzes der Men-
schenrechte erhält ein Gesicht.“
Drucksache 17/12922 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Berlin, den 13. März 2013
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
Tom Koenigs
Vorsitzender
Erika Steinbach
Berichterstatterin
Christoph Strässer
Berichterstatter
Marina Schuster
Berichterstatterin
Annette Groth
Berichterstatterin
Volker Beck (Köln)
Berichterstatter
sektorspezifische Abkommen, Handelsabkommen oder Ab-
kommen über technische oder finanzielle Unterstützung, ohne
nationalen Standards vereinbar sind.
Ausnahme klar formulierte, verbindliche Klauseln zu Men-
schenrechten und Demokratie aufgenommen werden. Die
Kommission soll eine strengere Durchsetzung dieser Klau-
seln sicherstellen. Eine weitere Forderung zielt darauf ab,
In dem Bericht wird weiter dargelegt, die EU habe 2011 eine
herausragende Rolle im VN-Menschenrechtssystem gespielt
und habe entscheidend dazu beigetragen, dass es am 23. Fe-
bruar 2011 eine Sondersitzung des VN-Menschenrechtsrates
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/12922
Bericht der Abgeordneten Erika Steinbach, Christoph Strässer, Marina Schuster,
Annette Groth und Volker Beck (Köln)
I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat die Drucksache EP P7_TA-
PROV(2012)0126 mit Überweisungsdrucksache 17/9797
Nr. A.9 am 25. Mai 2012 an den Ausschuss für Menschen-
rechte und humanitäre Hilfe zur federführenden Beratung
und an den Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und den Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union zur
Mitberatung überwiesen.
Der Deutsche Bundestag hat die Drucksache Ratsdok.
9238/12 mit Überweisungsdrucksache 17/10710 Nr. A.65
am 17. September 2012 an den Ausschuss für Menschen-
rechte und humanitäre Hilfe zur federführenden Beratung
und an den Auswärtigen Ausschuss, den Rechtsausschuss,
den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung und den Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union zur Mitberatung überwiesen.
Der Deutsche Bundestag hat die Drucksache Ratsdok.
11417/12 mit Überweisungsdrucksache 17/10710 Nr. A.66
am 17. September 2012 an den Ausschuss für Menschen-
rechte und humanitäre Hilfe zur federführenden Beratung
und an den Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und den Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union zur
Mitberatung überwiesen.
II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen
Zu Buchstabe a
In seiner Entschließung „Menschenrechte in der Welt und
Politik der Europäischen Union in diesem Bereich“ (EP
P7_TA-PROV(2012)0126) formuliert das Europäische Par-
lament in 157 Abschnitten Anerkennung und Unterstützung
der Menschenrechtspolitik der EU, aber auch Forderungen
an die Kommission und den Rat in diesem Politikbereich.
Mit Blick auf die Menschenrechtsdialoge und -konsultatio-
nen mit Drittländern bekundet das Parlament seine Enttäu-
schung über den mangelnden Fortschritt bei einer Reihe von
diesen Menschenrechtsdialogen (gegenwärtig über 40) und
nimmt Aussagen zur Kenntnis, denen zufolge diese Men-
schenrechtskonsultationen in einigen Fällen instrumentali-
siert würden und eher zu einem Prozess verkommen seien,
als sich zu einem Mittel zur Erreichung von messbaren und
greifbaren Ergebnissen zu entwickeln. Mit Blick auf Men-
schenrechts- und Demokratieklauseln fordert das Parlament,
dass in alle vertraglichen Beziehungen zu Drittländern, so-
wohl Industrie- als auch Entwicklungsländern, einschließlich
Solidarität für die Arbeit von Menschenrechtsaktivisten und
ihren Organisationen zu zeigen, indem regelmäßige Treffen
mit ihnen stattfinden, sie aktiv einbezogen und ihre Beiträge
zur Entwicklung von spezifischen Länderstrategien zu Men-
schenrechten und Demokratie herangezogen werden und ei-
ne regelmäßige Zusammenarbeit mit dem Parlament stattfin-
det.
Zu Buchstabe b
Der Bericht „Menschenrechte und Demokratie in der Welt:
Bericht über das Handeln der EU im Jahr 2011“ (Ratsdok.
9238/12) erstreckt sich über den Kalenderzeitraum des Jah-
res 2011 und informiert über Instrumente der EU sowie Ini-
tiativen in Nichtmitgliedstaaten, Themenschwerpunkte im
Zusammenhang mit EU-Leitlinien, Tätigkeit der EU in inter-
nationalen Gremien, länder- und regionenspezifische The-
men sowie die Tätigkeit des Europäischen Parlaments im
Bereich der Menschenrechte. In dem 319 Seiten umfassen-
den Bericht wird festgehalten, dass 2011 ein bedeutsames
Jahr für die Menschenrechte und die Demokratie gewesen
sei. Überall im Nahen Osten und in Nordafrika hätten Män-
ner und Frauen jeden Alters und aus allen Teilen der Gesell-
schaft Mut bewiesen, indem sie ihre unveräußerliche Men-
schenwürde behaupteten. Ihr Handeln könne anderen
Völkern als Inspiration dienen. In dem Bericht wird betont,
die EU habe 2011 durch Wort und Tat bestätigt, dass die
Menschenrechte im Mittelpunkt ihres weltweiten Handelns
stünden. Das Engagement, mit dem sich der Europäische
Auswärtige Dienst im ersten vollen Jahr seines Bestehens
der Menschenrechtsthematik gewidmet habe, sei daraus er-
sichtlich, dass er im Jahresverlauf eine gemeinsame Mittei-
lung der Hohen Vertreterin und der Europäischen Kommis-
sion mit dem Titel „Menschenrechte und Demokratie im
Mittelpunkt des auswärtigen Handelns der EU – Ein wirksa-
merer Ansatz“ ausgearbeitet habe, die am 12. Dezember
2011 angenommen wurde. Zu den herausragenden Ereignis-
sen 2011 habe der Arabische Frühling gezählt. In einer ge-
meinsamen Mitteilung vom 8. März 2011 hätten die Hohe
Vertreterin Catherine Ashton und die Europäische Kommis-
sion betont, dass die Forderungen nach politischer Mitbe-
stimmung, Menschenwürde, Freiheit und Beschäftigung un-
terstützt werden müssten. In dem Bericht wird weiter
dargelegt, die Zivilgesellschaft, die sich in vielen Ländern
immer stärker eingeengt sehe, sei maßgeblich an den Um-
wälzungen des Arabischen Frühlings beteiligt gewesen. Die
EU habe die Probleme der Organisationen der Zivilgesell-
schaft unverzüglich zur Sprache gebracht und alle Staaten
aufgerufen, die Vereinigungsfreiheit und die Versammlungs-
freiheit zu achten und Gesetze zu erlassen, die mit den inter-
dass die EU und ihre Mitgliedstaaten den Missionen und De-
legationen der EU empfehlen sollen, ihre Unterstützung und
zu Libyen gegeben habe, auf der die historische Empfehlung
ausgesprochen wurde, das Land aus dem Menschenrechtsrat
Drucksache 17/12922 – 12 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
auszuschließen. Zudem habe die EU die Lage der Menschen-
rechte in Syrien mehrfach im Berichtszeitraum im VN-Men-
schenrechtsrat und im Dritten Ausschuss der VN-General-
versammlung zur Sprache gebracht, wobei sie sich auf eine
Allianz von Ländern aus allen Regionen, auch aus der arabi-
schen Welt, habe stützen können.
Weitere wichtige Themen des Berichtszeitraums seien Men-
schenrechte, sexuelle Orientierung und geschlechtliche
Identität, Kinder und bewaffnete Konflikte, Unternehmen
und Menschenrechte, Bekämpfung von Straflosigkeit, Ab-
schaffung der Todesstrafe, Menschenrechtsstrategien. Zu-
dem strebe die Europäische Union an, dass in allen politi-
schen Rahmenabkommen, die sie mit Drittländern schließt,
wie etwa Assoziierungsabkommen und die Partnerschafts-
und Kooperationsabkommen, eine Menschenrechtsklausel
aufgenommen wird. Ferner verweist der Bericht auf die über
40 bilateralen Menschenrechtsdialoge, die die EU mit Dritt-
ländern geführt habe. Mit Blick auf die Todesstrafe wird
festgehalten, die EU bleibe der größte Geldgeber für die Be-
mühungen von Organisationen der Zivilgesellschaft um die
Abschaffung der Todesstrafe weltweit. 2011 seien beacht-
liche Ergebnisse erzielt worden, wie etwa die Abschaffung
der Todesstrafe in Illinois. In allen Teilen der Welt seien die
Partner im Rahmen des Europäischen Instruments für De-
mokratie und Menschenrechte (EIDHR) in der Lobbyarbeit,
der Interessenvertretung und den Bereichen Forschung,
Öffentlichkeitsarbeit, Rechtsberatung und Ausbildung tätig
geworden. Zudem seien 2011 über das EIDHR neue Maß-
nahmen der Zivilgesellschaft zur Verhütung von Folter und
zur Rehabilitation von Folteropfern unterstützt worden.
Zu Buchstabe c
In dem Strategischen Rahmen und Aktionsplan der EU zu
Menschenrechten und Demokratie (Ratsdok. 11417/12) weist
der Rat der Europäischen Union darauf hin, dass der Ak-
tionsplan der Umsetzung des Strategischen Rahmens der EU
für Menschenrechte und Demokratie dienen solle. Er sei
flexibel genug, um auf etwaige neue Herausforderungen
reagieren zu können und stütze sich auf das bestehende Re-
gelwerk für das auswärtige Handeln der EU im Bereich
Menschenrechte und Demokratie, vor allem auf EU-Leit-
linien, Instrumentarien und andere festgelegte Positionen so-
wie unterschiedliche Finanzinstrumente, insbesondere das
Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte
(EIDHR). Verantwortlich für die Durchführung der aufge-
führten Maßnahmen seien der vom EAD unterstützte Hohe
Vertreter, die Kommission, der Rat und die Mitgliedstaaten
im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten gemäß dem
Vertrag über die Europäische Union. Der EU-Sonderbeauf-
tragte für Menschenrechte leiste entsprechend seinem Man-
dat einen Beitrag zur Umsetzung des Aktionsplans. Der Ak-
tionsplan gilt für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2014.
Der Aktionsplan deckt 36 verschiedene Teilbereiche ab.
Dabei geht es um die Förderung von Menschenrechten und
Demokratie in allen Politikfeldern der EU, die Förderung der
Universalität der Menschenrechte, der Verfolgung kohären-
ter Politikziele, der Implementierung von Menschenrechten
in allen Bereichen der EU-Außenpolitik und der Umsetzung
der EU-Prioritäten im Bereich der Menschenrechte, u. a. die
Behandlung oder Strafe sowie eine wirksame Unterstützung
von Menschenrechtsverteidigern.
III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse
Zu Buchstabe a
Der Auswärtige Ausschuss hat die Drucksache EP P7_TA-
PROV(2012)0126 in seiner 75. Sitzung am 20. Februar
2013, der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung in seiner 63. Sitzung am 13. Juni 2012
und der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europä-
ischen Union in seiner 84. Sitzung am 13. März 2013 bera-
ten. Alle mitberatenden Ausschüsse empfehlen Kenntnis-
nahme.
Zu Buchstabe b
Der Auswärtige Ausschuss hat die Drucksache Ratsdok.
9238/12 in seiner 75. Sitzung am 20. Februar 2013, der
Rechtsausschuss in seiner 120. Sitzung am 13. März 2013,
der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung in seiner 70. Sitzung am 12. Dezember 2012
und der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europä-
ischen Union in seiner 84. Sitzung am 13. März 2013 bera-
ten. Alle mitberatenden Ausschüsse empfehlen Kenntnis-
nahme.
Zu Buchstabe c
Der Auswärtige Ausschuss hat die Drucksache Ratsdok.
11417/12 in seiner 75. Sitzung am 20. Februar 2013, der
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung in seiner 70. Sitzung am 12. Dezember 2012 und
der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union in seiner 84. Sitzung am 13. März 2013 beraten. Alle
mitberatenden Ausschüsse empfehlen Kenntnisnahme.
IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat sich mit den Vorlagen EP P7_TA-PROV(2012)0126,
Ratsdok. 9238/12 und Ratsdok. 11417/12 in seiner 80. Sitzung
am 13. März 2013 ohne Aussprache befasst. Er empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD
folgende Entschließung auf Ausschussdrucksache 17(17)180
anzunehmen:
„Der Deutsche Bundestag wertet den Jahresbericht als einen
umfassenden Überblick zu den vielfältigen internen und ex-
ternen Aktivitäten der Europäischen Union (EU) im Bereich
ihrer Menschenrechtspolitik. Der Berichtszeitraum umfasst
das erste volle Jahr des Bestehens des Europäischen Auswär-
tigen Dienstes (EAD). Das Engagement des EAD galt insbe-
sondere dem Vorantreiben der Umsetzung einer EU-Strate-
gie für einen wirksamen Ansatz, der Menschenrechte und
Demokratie in den Mittelpunkt ihres weltweiten Handelns
stellt. Im Dezember 2011 nahm die Europäische Kommis-
sion die gemeinsame Mitteilung dazu, die von der Hohen
Abschaffung der Todesstrafe, die Abschaffung der Folter
und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender
Vertreterin vorgestellt wurde, an. Diese knüpft an das im
Vertrag von Lissabon enthaltene Versprechen, Menschen-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13 – Drucksache 17/12922
rechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in den Mittel-
punkt allen auswärtigen Handelns zu stellen an und zielt auf
die Einleitung einer Diskussion ab, wie die Außenpolitik der
EU auf dem Gebiet der Menschenrechte und Demokratie
aktiver, kohärenter und wirksamer gestaltet werden kann.
Damit ist ein wesentlicher Schritt getan, den „rote Faden –
Menschenrechte“ im gesamten auswärtigen Handeln der EU
noch sichtbarer zu machen. Der Deutsche Bundestag unter-
stützt, dass die EU die Aufnahme einer Menschenrechtsklau-
sel für alle politischen Rahmenabkommen, die sie mit Dritt-
ländern schließt, wie etwa Assoziierungs- oder Partner-
schafts- und Kooperationsabkommen, anstrebt. 2011 führte
die EU über 40 bilaterale Menschenrechtsdialoge mit Dritt-
ländern und begann damit, weltweit für rund 160 Länder
Menschenrechtsstrategien auszuarbeiten; 130 wurden 2011
fertiggestellt. Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass durch
die spezifischen Länderstrategien, die auf die Menschen-
rechtssituationen einzelner Länder eingehen, die Maßnah-
men durch die EU eine größere Wirkung entfalten sollen.
Die EU-Leitlinien, die der Bericht zu prioritären Themen
benennt, sind praktische Instrumentarien, die den EU-Vertre-
tungen vor Ort wesentliche Unterstützung bieten, die Men-
schenrechtspolitik der Europäischen Union besser zu vertre-
ten. Als entsprechende Schwerpunktthemen definiert der
Bericht: Todesstrafe, Folter und andere grausame, un-
menschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafen,
Menschenrechtsdialoge, Kinder und bewaffnete Konflikte,
Menschenrechtsverteidiger, Förderung und Schutz der
Rechte des Kindes, Gewalt gegen Frauen und Mädchen und
Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung von Frauen
und Mädchen sowie eine verstärkte Beachtung des humani-
tären Völkerrechts. Im Berichtszeitraum hat die EU eine
Überprüfung ihrer Leitlinien für die Förderung und den
Schutz der Rechte des Kindes eingeleitet, um sie an neue in-
ternationale Entwicklungen und dringende Menschenrechts-
fragen anzupassen. Der Deutsche Bundestag begrüßt in die-
sem Zusammenhang das Engagement der EU im Jahr 2011
für die Ratifizierung der beiden Fakultativprotokolle zum
Übereinkommen über die Rechte des Kindes und des ILO-
Übereinkommens 182 über die schlimmsten Formen der
Kinderarbeit.
Das Europäische Instrument für Demokratie und Menschen-
rechte (EIDHR) behält als unabhängiges Finanzierungs-
instrument seine wichtige Rolle. Die EU war auch im Jahr
2011 der größte Geldgeber für die Bemühungen zivilgesell-
schaftlicher Organisationen um die Abschaffung der Todes-
strafe weltweit. EIDHR bietet die Grundlage für EU, Dritt-
länder und Zivilgesellschaft, gemeinsam darauf hinzuar-
beiten, die Todesstrafe schrittweise einzuschränken und
abzuschaffen, die Maßnahmen der Zivilgesellschaft zur Ver-
hütung von Folter und die Unterstützung von Folteropfern zu
gewährleisten sowie die Schaffung nationaler Präventions-
mechanismen zu fördern und die Bekämpfung der Straf-
losigkeit weltweit zu unterstützen. Die Unterstützung von
Menschenrechtsverteidigern zählte auch im Jahr 2011 zu den
vorrangigen Zielen des EIDHR.
Zu den herausragenden Ereignissen des Jahres 2011 zählt die
beginnende „Arabellion“ mit den Forderungen der Men-
schen des arabischen Raumes nach politischer Mitbestim-
mung, Menschenwürde und Freiheit. Durch ihren sofortigen
lassen, brachte die EU ihre Unterstützung der Zivilgesell-
schaften in den Ländern des Arabischen Frühlings zum Aus-
druck. Im Rahmen des EIDHR wurde unter anderem die
Hilfe für die Zivilgesellschaft dieser Länder aufgestockt. So
wurden kurzfristig mehr als 6 Millionen Euro für Tunesien,
Ägypten und Libyen im Rahmen der länderspezifischen För-
derprogramme Country-Based Support Schemes (CBSS) zur
Verfügung gestellt.
Der Deutsche Bundestag begrüßt das Engagement der EU
für das Recht auf freie Meinungsäußerung und den Zugang
zum Internet, um auch dort das Internet als einen Motor der
politischen Freiheit bewahren zu können, wo willkürliche
Zugangssperren dieses Recht untergraben sollen. Die begin-
nenden politischen Umwälzungen in arabischen Ländern ha-
ben eindrucksvoll bewiesen, wie wichtig soziale Netzwerke
und das Internet für die Förderung von Reformen und die
Verteidigung der Menschenrechte sind.
Der Deutsche Bundestag würdigt die deutlichen Reaktionen
der EU auf die im Jahr 2011 zunehmende Zahl von Fällen re-
ligiöser Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt. Der Deut-
sche Bundestag erkennt den beharrlichen Einsatz der EU an,
im Rahmen der Vereinten Nationen, insbesondere im Men-
schenrechtsrat, für einen verstärkten Konsens, religiöse Into-
leranz zu bekämpfen, die Freiheit der Religion und Weltan-
schauung zu verteidigen und gleichzeitig Konzepte wie das
Konzept der Diffamierung von Religionen abzulehnen. Ziel
dieses Konzeptes ist es, Religionen und nicht Personen, die
wegen ihrer Religion oder Weltanschauung diskriminiert
werden, auf Kosten anderer grundlegender, universell gel-
tender Menschenrechte, etwa der Meinungsfreiheit, zu
schützen.
Diskriminierungen aufgrund der Religion sind nach wie vor
Anlass zur Sorge. Gesetze über die Diffamierung von Reli-
gionen wurden auch im Berichtszeitraum dazu missbraucht,
religiöse Minderheiten zu misshandeln und Meinungsfrei-
heit und die Freiheit auf Religion und Weltanschauung ein-
zuschränken. Der Deutsche Bundestag begrüßt ausdrücklich
die vom Rat angenommenen Schlussfolgerungen, die her-
vorheben, dass es die primäre Pflicht des Staates ist, seine
Bürger, also auch religiöse Minderheiten, zu schützen und
ihnen die Ausübung ihrer Religion und ihres Glaubens ein-
zeln oder in der Gemeinschaft frei zu praktizieren zu ermög-
lichen; ohne Angst vor Intoleranz und Angriffen.
Der Deutsche Bundestag unterstützt ausdrücklich das ent-
schiedene Engagement der EU gegen Diskriminierung auf-
grund sexueller Ausrichtung und Geschlechteridentität, mit
dem sie an den 2010 beschlossenen Maßnahmenkatalog zur
Förderung und zum Schutz der Ausübung aller Menschen-
rechte durch Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-
Personen (LGBT) anknüpft. In ihren Menschenrechtsdialo-
gen mit Drittländern setzte sich die EU bilateral gegen eine
Diskriminierung von LGBT-Personen ein und griff das The-
ma in mehreren öffentlichen Erklärungen und Demarchen
auf, unter anderem durch Ablehnung homophober Maßnah-
men oder Eintreten für die Entkriminalisierung homosexuel-
ler Beziehungen.
Der Deutsche Bundestag begrüßt die Führungsrolle der EU
im VN-Rahmen. 2011 setzte sich die EU unter anderem im
VN-Menschenrechtsrat für die Förderung von Menschen-
Aufruf, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit zu achten
und internationalen Standards entsprechende Gesetze zu er-
rechten von LGBT-Personen ein. Fünfzehn EU-Mitglied-
staaten gehörten zu der Gruppe, die die Erklärung über die
Drucksache 17/12922 – 14 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Beendigung von Gewaltakten und ähnlichen Menschenrechts-
verletzungen aufgrund der sexuellen Orientierung und ge-
schlechtlichen Identität ausgearbeitet hatte, der sich im VN-
Menschenrechtsrat insgesamt 85 Länder anschließen. Die
EU unterstützte außerdem die von Südafrika verfasste Re-
solution über Menschenrechte, sexuelle Orientierung und
geschlechtliche Identität, die von Staaten aller Regionen mit-
getragen und vom Menschenrechtsrat im Juni 2011 verab-
schiedet wurde. Der Deutsche Bundestag unterstützt darüber
hinaus die Kooperation zwischen EU und Europarat zur
Wahrung der Menschenrechten von LGBT-Personen, insbe-
sondere über die Empfehlung des Europarats für Maßnah-
men zur Bekämpfung der Diskriminierung aus Gründen der
sexuellen Ausrichtung und der Geschlechteridentität.
Der Deutsche Bundestag würdigt die EU als einen der welt-
weit wichtigsten Akteure im entschiedenen und grundsätzli-
chen Kampf gegen die Todesstrafe. Die 2008 überarbeiteten
Leitlinien zur Todesstrafe bilden weiterhin das wichtigste In-
strument für systematische Maßnahmen gegenüber Dritt-
staaten. Die EU konnte im Berichtszeitraum die Abschaf-
fung der Todesstrafe im US-Bundesstaat Illinois als auch die
Entscheidung der Regierung Äthiopiens begrüßen, ein beste-
hendes Moratorium für Hinrichtungen aufrechtzuerhalten.
Die Ablehnung der Todesstrafe wurde seitens der EU in allen
relevanten Gremien, insbesondere den VN, der OSZE und
im Europarat thematisiert. Die EU kritisierte im Dezember
des Berichtszeitraumes die in Belarus verhängten Todesur-
teile auf das Schärfste. Die Todesurteile wurden im darauf
folgenden Jahr vollstreckt. Belarus ist das einzige Land in
Europa, das die grausame und unmenschliche Strafe noch
immer anwendet. Die EU forderte Belarus im Berichtszeit-
raum auf, sich dem weltweiten Moratorium für die Todes-
strafe anzuschließen.
Der Deutsche Bundestag unterstützt die EU ebenfalls aus-
drücklich in ihrer seit Jahren bestehenden Führungsrolle bei
der Bekämpfung von Folter und anderen Formen der Miss-
handlung. Der hohe Stellenwert, den die EU der Bekämp-
fung von Folter einräumt, bemisst sich nicht nur an den er-
heblichen finanziellen Mitteln, die sie weltweit für Projekte
von Akteuren der Zivilgesellschaft bereitstellt. Im Jahr 2011
hat sie unter anderem Projekte in Sri Lanka, Nepal, auf den
Philippinen und in Libyen finanziert und unterstützt. Im Be-
richtszeitraum hat die EU auch im Rahmen des politischen
Dialogs und mittels Demarchen gegenüber Drittländern ihre
Besorgnis über Folter aktiv zur Sprache gebracht.
Das fortwährende Engagement der EU für Menschenrechts-
verteidiger würdigt der Deutsche Bundestag wiederholt als
langjährigen Bestandteil der Menschenrechtspolitik der EU
und als wesentliches Element im Einsatz für Meinungsfrei-
heit. Vor dem Hintergrund der politischen Umwälzungen im
arabischen Raum sind die Bemühungen für die Unterstüt-
zung von Menschenrechtsverteidigern im Jahr 2011 beson-
ders hervorzuheben, da es in vielen Ländern der Region zur
Verengung demokratischer Räume kam, die für die Zivilge-
sellschaft und insbesondere für Menschenrechtsverteidiger
Repressionen mit sich brachten, die Grundfreiheiten weiter-
hin massiv einschränkten.
Der Deutsche Bundestag unterstreicht die hohe Priorität, die
seitens der EU der Bekämpfung und Verhinderung des Men-
der organisierten Kriminalität begangen wird und nach Arti-
kel 5 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union
ausdrücklich verboten ist. Sie tritt in zahlreichen Erschei-
nungsformen auf, wie Menschenhandel zum Zwecke sexuel-
ler Ausbeutung, Zwangsarbeit, erzwungene Bettelei, der
Ausbeutung der Arbeitskraft im häuslichen Bereich oder der
Organentnahme. Im Berichtszeitraum ist die neue Richtlinie
zur Bekämpfung des Menschenhandels mit einem men-
schenrechtsbasierten und geschlechterspezifischen Ansatz
angenommen worden, die den Mitgliedstaaten spezifische
Maßnahmen für besonders schutzbedürftige Opfer vor-
schreibt und zudem spezifische Vorschriften für Opfer im
Kindesalter enthält. Der Deutsche Bundestag begrüßt aus-
drücklich, dass das Wohl des Kindes entsprechend der Char-
ta der Grundrechte der Europäischen Union und dem VN-
Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 1989 eine
vorrangige Erwägung ist.
Die EU-Koordinatorin für die Bekämpfung des Menschen-
handels trat 2011 ihr Amt an und der erste Bericht über die
Umsetzung des maßnahmenorientierten Papiers zur externen
Dimension des Menschenhandels wurde erstellt. Der Deut-
sche Bundestag schätzt die erstmalig im 2011 von der Kom-
mission auf den Weg gebrachte Initiative zur Erhebung von
Daten über den Menschenhandel als wichtige Initiative, da
diese gezieltere Maßnahmen auch für Drittländer und
- regionen ermöglicht. Die Bekämpfung des Menschenhan-
dels ist Bestandteil mehrerer bilateraler Aktionspläne im
Rahmen der Europäischen Nachbarschaftpolitik (ENP) so-
wie der Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit
den Staaten des Westlichen Balkans. Das Engagement der
EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels
auf bilateraler und multilateraler Ebene schätzt der Deutsche
Bundestag und bestärkt die EU, in diesem wichtigen Anlie-
gen auch zukünftig nicht nachzulassen.
Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass 2011 die Kooperation
zwischen EU und Europarat ausgebaut und vertieft wurde.
Der im Vertrag von Lissabon vorgesehene Beitritt der EU zur
Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ist ein
wichtiger Schritt, um einen besseren und umfassenden Men-
schenrechtsschutz aller europäischen Bürgerinnen und Bür-
ger sicherzustellen. Der Deutsche Bundestag bekräftigt da-
her die Notwendigkeit der im Juni 2011 erzielten Einigung
über einen Entwurf einer Übereinkunft über den Beitritt der
EU.
Im Berichtszeitraum leisteten die EU und ihre Mitgliedstaa-
ten umfangreiche politische, diplomatische sowie logistische
und finanzielle Unterstützung für die effiziente Arbeit des
Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) und der Ad-hoc-
Strafgerichtshöfe wie die Internationalen Strafgerichtshöfe
für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda, den Sonderge-
richtshof für Sierra Leone, für die Außerordentlichen Kam-
mern in den Gerichten Kambodschas und den Sonderge-
richtshof für Libanon. Der Deutsche Bundestag begrüßt,
dass mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon eine
höhere Kohärenz bei den Maßnahmen auf diesem Gebiet er-
reicht werden konnte. Der Deutsche Bundestag begrüßt
ebenfalls die Aktualisierung des Gemeinsamen Standpunk-
tes durch den Ratsbeschluss im Berichtszeitraum, wie auf
der Revisionskonferenz in Kampala 2010 gefordert. Dieser
verfolgt das Ziel, durch die Förderung einer möglichst brei-
schenhandels auch im Jahr 2011 beigemessen wurde. Men-
schenhandel ist eine schwere Straftat, die häufig im Rahmen
ten Beteiligung auf eine universelle Unterstützung des Rö-
mischen Statuts hinzuwirken, die Integrität des Statuts zu
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 15 – Drucksache 17/12922
wahren und dazu beizutragen, dass der Gerichtshof effizient
arbeiten kann sowie die Zusammenarbeit mit ihm zu unter-
stützen und dafür Sorge zu tragen, dass der Grundsatz der
Komplementarität umgesetzt wird. Im Berichtszeitraum hat
sich auch durch das Engagement der EU der Kreis der Ver-
tragsstaaten des Römischen Statuts auf 120 Staaten erwei-
tert.
Die EU-Menschenrechtspolitik umfasst auch eine genaue
Beobachtung der Entwicklung der Menschenrechte bei den
potentiellen Beitrittskandidaten. Der Beitritt zur EU setzt die
Übernahme der europäischen Rechtsvorschriften (Besitz-
stand) und die Einhaltung der „Kopenhagener Kriterien“ vo-
raus, welche die institutionelle Stabilität als Garantie einer de-
mokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung sowie für die
Wahrung der Menschenrechte und den Schutz von Minder-
heiten gewährleisten. Die Beurteilung der Lage der Beitritts-
länder beruht auf den jährlichen Fortschrittsberichten der
Kommission.
Die Lagebeurteilung für den Beitrittskandidaten Türkei be-
ruht auf dem Fortschrittsbericht der Kommission für 2011.
Darin stellt die Kommission fest, dass es trotz begrenzter
Fortschritte noch erheblicher Anstrengungen im Bereich der
Grundrechte bedarf, insbesondere was das Recht auf freie
Meinungsäußerung anbelangt. Die Zahl der Gerichtsverfah-
ren gegen Schriftsteller und Journalisten sowie die häufige
und unverhältnismäßige Sperrung von Websites geben An-
lass zu großer Besorgnis. Die Anzahl der neuen Beschwer-
den beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
stieg bis 2011 innerhalb der davorliegenden fünf Jahre kon-
tinuierlich an. Die Türkei leistet einigen Urteilen seit mehre-
ren Jahren nicht Folge. Ferner steht eine Reihe von rechts-
staatlichen und menschenrechtlichen Reformen seit Jahren
aus und die Rechtsvorschriften über Menschenrechtsinstitu-
tionen müssen noch vollständig mit den Pariser Prinzipien
der VN in Einklang gebracht werden. Bei der zivilen Kon-
trolle der Sicherheitskräfte und der Durchführung der Strate-
gie für die Justizreform wurden positive Schritte vermerkt.
Die Türkei wurde aufgefordert, weitere Fortschritte zu erzie-
len sowie Anstrengung zu unternehmen, damit die Kopenha-
gener Kriterien uneingeschränkt erfüllt werden. Dies gilt für
den Berichtszeitraum unter anderem für Eigentumsrechte,
Gewerkschaftsrechte, Rechte von Angehörigen von Minder-
heiten, Rechte der Frauen und des Kindes, Nichtdiskriminie-
rung und Gleichberechtigung der Geschlechter sowie die
Bekämpfung von Folter und Misshandlung. Die EU bedau-
erte, dass die von der Regierung im August 2009 angekün-
digte demokratische Öffnung, mit der insbesondere die Kur-
denfrage angegangen werden sollte, hinter den Erwartungen
zurückblieb, da nur wenige Maßnahmen implementiert wur-
den. Die EU ersuchte die Türkei 2011, ihre Antiterrorgesetze
zu ändern, um unverhältnismäßige Einschränkungen bei der
Ausübung der Grundrechte zu verhindern.
Kroatien schloss im Berichtszeitraum die Beitrittsverhand-
lungen ab, nachdem es bestimmte Zielvorgaben des Kapitels
Justiz und Grundrechte erfolgreich umsetzte und Fortschritte
während des gesamten Annäherungsprozesses im Bereich
Menschenrechte und Demokratie erzielte. Kroatien unter-
zeichnete den Beitrittsvertrag im Dezember 2011. Seitens
der Kommission wurde eine Fortsetzung der Überwachung
Justiz und Grundrechte, angekündigt, da die Durchsetzung
der Menschenrechte weiterer Aufmerksamkeit bedarf.
Der Deutsche Bundestag unterstützt das wichtige Anliegen
der EU, die Menschenrechtslage bei allen Beitrittskandida-
ten und potentiellen Beitrittskandidaten fortgesetzt mit größ-
ter Aufmerksamkeit zu verfolgen und auch weiterhin mit
Nachdruck auf die Einhaltung der Menschenrechte zu drän-
gen.
Die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) mit ihren drei
Komponenten Östliche Partnerschaft, Union für den Mittel-
meerraum und Schwarzmeersynergie bietet den Nach-
barstaaten privilegierte Partnerschaften an, die sich auf dem
beiderseitigen Bekenntnis zu gemeinsamen Werten – Demo-
kratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, verantwor-
tungsvolle Staatsführung, Grundsätze der Marktwirtschaft
und nachhaltiger Entwicklung – gründen. Der Deutsche
Bundestag schätzt das Engagement der EU im Bereich der
ENP insbesondere vor dem Hintergrund der sich 2011
schnell verändernden Verhältnisse der Nachbarländer des
arabischen Raumes und der damit seitens der EU geleisteten
Unterstützung der dortigen Demokratiebestrebungen. Die
EU passte entschlossen ihre Politik und ihre Instrumente an
und richtete Unterstützungsprogramme neu aus.
Der Deutsche Bundestag würdigt die Überlegungen der EU
zur Kommunikationspolitik gegenüber der übrigen Welt in-
nerhalb der unternommenen Bemühungen zur Überprüfung
der EU-Menschenrechtspolitik, einen Sonderbeauftragten
der EU für Menschenrechte zu ernennen. Der im nachfolgen-
den Jahr ernannte Sonderbeauftragte kann die Arbeit des
Kommissars für Menschenrechte des Europarates sinnvoll
ergänzen, insbesondere bietet sich die Möglichkeit, so die
Zusammenarbeit zwischen EU und Europarat weiter zu ver-
tiefen. Dabei kann die EU ihr kollektives Gewicht noch bes-
ser in die Waagschale werfen, denn die alle Politikbereiche
durchdringende Aufgabe des Schutzes der Menschenrechte
erhält ein Gesicht.“
Der Entschließungsantrag der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache
17(17)179
Der Deutsche Bundestag anerkennt die vielfältigen Aktivitä-
ten der EU zur Förderung der Menschenrechte und der De-
mokratie in der Welt. Erfreuliche inhaltliche und instrumen-
telle Weiterentwicklungen der EU-Menschenrechtspolitik
wie der neue strategische Rahmen und die Ernennung eines
EU-Menschenrechtsbeauftragten wurden zwar 2011 vorbe-
reitet, aber erst 2012 umgesetzt und schlagen sich daher
noch nicht im vorliegenden Jahresbericht nieder. Bei dessen
Bewertung können jedoch die aktuellen Entwicklungen nicht
ganz ausgeblendet werden.
Das neue Konzept „Menschenrechte und Demokratie: Stra-
tegischer Rahmen und Aktionsplan der EU“ wird auch das
Format des EU-Jahresberichts verändern, der künftig als
Fortschrittsbericht geplant ist. Der Deutsche Bundestag be-
grüßt dies und erwartet, dass die Umsetzung der Ziele des
Aktionsplans prozessorientiert dargestellt wird und dadurch
die Wirksamkeit der EU-Menschenrechtspolitik leichter
nachvollziehbar und messbar wird. Der vorliegende Jahres-
bericht 2011 dagegen ist erneut sehr deskriptiv und enthält
zahlreiche Textbausteine aus dem Vorgängerbericht. Den-
der Einhaltung der Verpflichtungen, die Kroatien im Verlauf
der Beitrittsverhandlungen einging, vor allem im Bereich
noch gibt er einen umfangreichen Überblick über die EU-
Menschenrechtspolitik und ihr Instrumentarium. Positiv
kerrechts. Dies ist eine wichtige Ergänzung, da laut ECHO
der Respekt vor dem humanitären Völkerrecht erodiert. In
vielen militärischen Auseinandersetzungen sind der Schutz
der Zivilbevölkerung und der Zugang von Hilfsorganisatio-
nen immer weniger gewährleistet. Auch wurden in jüngster
Zeit mehr humanitäre Helfer/innen getötet als Mitarbeiter/
innen in Friedensmissionen. Dies ist eine besorgniserregen-
de Entwicklung. Seit 2005 bereits gibt es eine EU-Leitlinie
zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts. Ihre Umset-
zung sollte künftig oberste Priorität haben. Voraussetzung ist
eine systematische Aufklärung der Krieg führenden Parteien
über das humanitäre Völkerrecht.
Menschenrechtsverteidiger/innen: Der Deutsche Bundestag
hat über Jahre hinweg die Umsetzung der menschenrechtli-
chen Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern
verfolgt. Er bestärkt die EU-Missionen in ihrem Engage-
ment, lokale Schutzmechanismen zu entwickeln und men-
schenrechtliche Ansprechpartner/innen zu schaffen. Weit
über 100 Verbindungsbeamte gibt es bereits in den Missio-
nen. Begrüßenswert sind auch die über EIDHR zur Verfü-
gung gestellten Mittel zur Unterstützung von Menschen-
rechtsorganisationen und einzelnen Aktivisten sowie die
Notfall-Fazilität für gefährdete Personen. Hier ist die Euro-
päische Union auf einem guten Weg.
Menschenrechtliche Verantwortung von Unternehmen: Der
Deutsche Bundestag begrüßt, dass die EU immer stärker
Wirtschaftsunternehmen in die menschenrechtliche Verant-
wortung nimmt. In ihrer Mitteilung „Eine neue Strategie für
die soziale Verantwortung von Unternehmen (CSR)“ aus
dem Jahr 2011 bezieht sich die EU-Kommission mehrfach
auf die UN-Leitprinzipien für Unternehmenstätigkeit und
Menschenrechte. Diese Leitprinzipien beruhen auf drei Säu-
len: der staatlichen Verpflichtung, die Menschenrechte gegen
Verletzungen Dritter zu schützen (protect), der Verantwor-
tung von Unternehmen, die Menschenrechte zu respektieren
(respect) und schließlich dem Zugang der Opfer zu effektiven
Beschwerde- und Abhilfemaßnahmen gerichtlicher und
nicht-gerichtlicher Art (remedy). In der CSR-Strategie hat
die Kommission die Mitgliedsstaaten aufgefordert, nationale
Aktionspläne zur Umsetzung der Leitprinzipien zu erarbei-
ten. Der Deutsche Bundestag bedauert, dass die Bundes-
regierung noch keinen Aktionsplan vorgelegt hat, und er-
vermittelt wurden, damit sie thematisch sensibilisiert die Lage
in ihrem Gastland verfolgen können. Nicht verständlich ist
allerdings, dass der Rat noch immer keine menschenrecht-
lichen Leitlinien zur Religionsfreiheit verabschiedet hat. Sie
würden den Missionen ein praktisches Instrumentarium bie-
ten, mit dem das Recht auf Religionsfreiheit gestärkt und län-
derübergreifend politische Kohärenz gewahrt werden könn-
te. Die existierenden acht Leitlinien bilden das Rückgrat der
EU-Menschenrechtspolitik. Wegen ihrer multiplikatorischen
Wirkung sollten daher dringend die im Entwurf bereits vor-
liegenden Leitlinien zur Religions- und Weltanschauungs-
freiheit fertiggestellt werden.
Folter: Ein besonderes Anliegen ist dem Deutschen Bundes-
tag die weltweite Bekämpfung der Folter. Hierzu hat er bei
der Beratung des EU-Jahresberichts 2010 bereits ausführ-
lich Stellung bezogen. Die Verordnung Nr. 1236/2005 betref-
fend den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstre-
ckung der Todesstrafe oder zu Folter verwendet werden
können, hat er von Anbeginn kritisch gesehen, da sie den
Handel mit Elektroschockgeräten zulässt; umso mehr hat er
die Durchführungs-VO 1352/2011 begrüßt, die die Liste von
Gütern ergänzt, die Handelsbeschränkungen unterliegen.
Der Bundestag erwartet, dass sich die EU-Kommission in
ihrer für das 2. Quartal 2013 angekündigten Überprüfung
der Verordnung 1236/2005 strikt an menschenrechtlichen
Kriterien orientiert und keinesfalls die Liste der Güter lockert.
Fazit: Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass Menschen-
rechte in der Politik der Europäischen Union ein zunehmend
größeres Gewicht erhalten. Er fordert die Bundesregierung
auf, über ihre Teilnahme an den menschenrechtlich relevan-
ten Gremien der EU und insbesondere an der Ratsarbeits-
gruppe COHOM bei innen- wie außenpolitischen Themen
eine klar menschenrechtlich orientierte, kohärente und
glaubwürdige Politik zu vertreten. Die Menschenrechtspoli-
tik der Europäischen Union kann nur so ambitioniert, wirk-
sam und erfolgreich sein, wie die Mitgliedsstaaten sie ge-
meinsam mit ihr ausgestalten und umsetzen.
wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
abgelehnt.
Berlin, den 13. März 2013
Erika Steinbach
Berichterstatterin
Christoph Strässer
Berichterstatter
Marina Schuster
Berichterstatterin
Annette Groth Volker Beck (Köln)
Drucksache 17/12922 – 16 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
hervorzuheben sind insbesondere die Ausführungen über die
Umsetzung der UN-Resolutionen 1325 und 1820 zum The-
menkomplex „Frieden, Frauen, Sicherheit“.
Aus dem Bericht sollen einige wenige Themen herausgegrif-
fen werden:
Humanitäres Völkerrecht: Erstmals enthält der Bericht ein
Kapitel zur Förderung der Einhaltung des humanitären Völ-
wartet, dass dies noch vor Ende der Legislaturperiode
geschieht.
Religionsfreiheit: Wie im Vorjahr widmet sich auch der EU-
Jahresbericht 2011 dem Recht auf Freiheit der Religion und
der Weltanschauung. Religiöse Intoleranz und Diskriminie-
rung haben stetig zugenommen. Es ist sicher hilfreich, dass
den EU-Missionen Kernbotschaften zur Religionsfreiheit
Berichterstatterin Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 17 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 18 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 19 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 20 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21 – Drucksache 17/12922
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 23 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 24 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 25 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 26 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 27 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 28 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 29 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 30 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 31 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 32 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 34 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 39 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 40 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 42 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 43 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 44 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 45 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 46 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 47 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 48 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 49 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 50 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 51 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 52 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 53 – Drucksache 17/12922
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Drucksache 17/12922 – 54 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57 – Drucksache 17/12922
RAT DER
EUROPÄISCHEN UNION
Brüssel, den 6. Juni 2012 (19.06)
(OR. en)
9238/12
COHOM 128
PESC 513
COSDP 453
FREMP 88
INF 101
JAI 397
RELEX 507
ÜBERMITTLUNGSVERMERK
des Generalsekretariats des Rates
für die Delegationen
Betr.: Menschenrechte und Demokratie in der Welt: Bericht über das Handeln der EU
im Jahr 2011
Die Delegationen erhalten anbei das Dokument "Menschenrechte und Demokratie in der Welt:
Bericht über das Handeln der EU im Jahr 2011".
Anlage 2
9238/12 mp,ms/ib 1
DG C DE
Drucksache 17/12922 – 58 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
ANLAGE
MENSCHENRECHTE UND DEMOKRATIE IN DER WELT:
BERICHT ÜBER DAS HANDELN DER EU IM JAHR 2011
9238/12 mp,ms/ib 2
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 59 – Drucksache 17/12922
Inhaltsverzeichnis
1. Überblick .................................................................................................................................... 8
2. Instrumente der EU und Initiativen in Nichtmitgliedstaaten.................................................... 16
Einleitung........................................................................................................................................... 16
2.1. EU Leitlinien zu den Menschenrechten und zum humanitären Völkerrecht .................. 16
2.2. Menschenrechtsdialoge und -konsultationen .................................................................. 17
2.3. Beschlüsse des Rates und Krisenbewältigung ................................................................ 19
2.4. Demarchen und Erklärungen .......................................................................................... 21
2.5. Menschenrechtsklauseln in Kooperationsabkommen mit Drittländern .......................... 21
2.6. Europäische Nachbarschaftspolitik................................................................................. 23
2.7. Im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte
(EIDHR) finanzierte Maßnahmen................................................................................... 27
2.8. Überprüfung der EU-Menschenrechtspolitik.................................................................. 30
3. Themenschwerpunkte............................................................................................................... 33
Themenschwerpunkte im Zusammenhang mit EU-Leitlinien ................................................. 33
3.1. Todesstrafe ...................................................................................................................... 33
3.2. Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder
Strafe ............................................................................................................................... 36
3.3. Rechte des Kindes ........................................................................................................... 39
3.4. Kinder und bewaffnete Konflikte.................................................................................... 41
3.5. Menschenrechtsverteidiger ............................................................................................. 43
3.6. Menschenrechte von Frauen ........................................................................................... 46
3.7. Frauen, Frieden und Sicherheit ....................................................................................... 49
3.8. Förderung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts .............................................. 56
Weitere thematische Fragen ..................................................................................................... 62
3.9. Der Internationale Strafgerichtshof und die Bekämpfung der Straflosigkeit.................. 62
3.10. Menschenrechte und Terrorismus ................................................................................... 66
3.11. Freiheit der Meinungsäußerung, auch in den "neuen Medien"....................................... 68
3.12. Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit ...................................................................... 70
3.13. Gedanken- und Gewissensfreiheit und Freiheit der Religion oder Weltanschauung ..... 73
3.14. Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender-Personen und Intersexuelle........................ 76
3.15. Menschenrechte und Wirtschaft, einschließlich der gesellschaftlichen ......................... 79
3.16. Unterstützung der Demokratie ........................................................................................ 83
3.17. Wahlunterstützung .......................................................................................................... 86
3.18. EU-Wahlbeobachtungsmissionen ................................................................................... 87
3.19. Wahlexpertenmissionen .................................................................................................. 90
3.20. Wahlhilfe......................................................................................................................... 91
3.21. Europäischer Fonds für Demokratie ............................................................................... 94
3.22. Zusammenarbeit mit Parlamenten weltweit.................................................................... 94
3.23. Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte................................................................ 97
3.24. Asyl, Migration, Flüchtlinge und Vertriebene ................................................................ 99
3.25. Menschenhandel............................................................................................................ 104
3.26. Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Nichtdiskriminierung und Achtung der Vielfalt.... 108
3.27. Minderheitenrechte ....................................................................................................... 111
3.28. Rechte von Menschen mit Behinderungen ................................................................... 114
3.29. Indigene Völker............................................................................................................. 116
4. Tätigkeit der EU in internationalen Gremien ......................................................................... 120
9238/12 mp,ms/ib 3
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 60 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
4.1. 66. Tagung der VN-Generalversammlung.................................................................... 120
4.2. Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen .................................................................. 122
4.3. Europarat ....................................................................................................................... 128
4.4. Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) .......................... 130
5. Länder- und regionenspezifische Themen.............................................................................. 132
5.1. Bewerberländer und potenzielle Bewerberländer ......................................................... 132
5.1.1. Türkei ................................................................................................................. 132
5.1.2. Westliche Balkanstaaten ................................................................................... 134
5.1.3. Kroatien.............................................................................................................. 135
5.1.4. Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien ............................................ 136
5.1.5. Montenegro ........................................................................................................ 138
5.1.6. Albanien.............................................................................................................. 140
5.1.7. Bosnien und Herzegowina................................................................................. 142
5.1.8. Serbien ................................................................................................................ 143
5.1.9. Das Kosovo ......................................................................................................... 144
5.2. Länder der Europäischen Nachbarschaftspolitik .......................................................... 147
5.2.1. Östliche Partnerschaft....................................................................................... 147
5.2.2. Südkaukasus (Region)......................................................................................... 148
5.2.3. Armenien ............................................................................................................ 148
5.2.4. Aserbaidschan...................................................................................................... 150
5.2.5. Georgien ............................................................................................................. 151
5.2.6. Belarus ................................................................................................................. 153
5.2.7. Republik Moldau ............................................................................................... 155
5.2.8. Ukraine ............................................................................................................... 158
5.2.9. Union für den Mittelmeerraum............................................................................ 160
5.2.10. Ägypten ...................................................................................................... 160
5.2.11. Israel ........................................................................................................... 163
5.2.12. Besetzte palästinensische Gebiete .............................................................. 165
5.2.13. Jordanien .................................................................................................... 166
5.2.14. Libanon ...................................................................................................... 168
5.2.15. Syrien ......................................................................................................... 169
5.2.16. Tunesien ..................................................................................................... 171
5.2.17. Algerien...................................................................................................... 174
5.2.18. Marokko ..................................................................................................... 176
5.2.19. Westsahara ................................................................................................. 179
5.2.20. Libyen ........................................................................................................ 179
5.3. Russland und Zentralasien ............................................................................................ 182
5.3.1. Russland............................................................................................................... 182
5.3.2. Zentralasien (Region) .......................................................................................... 184
5.3.3 Kasachstan ........................................................................................................... 186
5.3.4.Kirgisistan ............................................................................................................ 187
5.3.5. Tadschikistan ....................................................................................................... 188
5.3.6. Turkmenistan ....................................................................................................... 189
5.3.7. Usbekistan ........................................................................................................... 189
5.4. Afrika ............................................................................................................................ 191
5.4.1. Afrikanische Union.............................................................................................. 191
5.4.2. Angola ................................................................................................................. 192
5.4.3. Burundi ................................................................................................................ 193
5.4.4. Kamerun .............................................................................................................. 194
9238/12 mp,ms/ib 4
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 61 – Drucksache 17/12922
5.4.5. Tschad.................................................................................................................. 196
5.4.6. Côte d'Ivoire ........................................................................................................ 198
5.4.7. Demokratische Republik Kongo ......................................................................... 199
5.4.8. Eritrea .................................................................................................................. 201
5.4.9. Äthiopien ............................................................................................................. 202
5.4.10. Gambia ....................................................................................................... 204
5.4.11. Guinea ........................................................................................................ 204
5.4.12. Guinea-Bissau ............................................................................................ 205
5.4.13. Kenia .......................................................................................................... 206
5.4.14. Liberia ........................................................................................................ 208
5.4.15. Madagaskar ................................................................................................ 209
5.4.16. Malawi........................................................................................................ 209
5.4.17. Mauretanien................................................................................................ 211
5.4.15. Niger........................................................................................................... 212
5.4.19. Nigeria........................................................................................................ 212
5.4.20. Ruanda........................................................................................................ 214
5.4.21. Senegal ....................................................................................................... 215
5.4.22. Somalia....................................................................................................... 217
5.4.23. Südafrika .................................................................................................... 218
5.4.24. Sudan.......................................................................................................... 219
5.4.25. Südsudan .................................................................................................... 220
5.4.26. Togo ........................................................................................................... 222
5.4.27. Uganda ....................................................................................................... 223
5.4.28. Simbabwe................................................................................................... 225
5.5 Naher und Mittlerer Osten und Arabische Halbinsel.................................................... 227
5.5.1. Saudi-Arabien...................................................................................................... 228
5.5.2. Bahrain................................................................................................................. 229
5.5.3. Iran....................................................................................................................... 230
5.5.4. Irak....................................................................................................................... 232
5.5.5. Jemen .................................................................................................................. 234
5.6. Asien und Ozeanien ...................................................................................................... 235
5.6.1. Afghanistan......................................................................................................... 235
5.6.2. Bangladesch........................................................................................................ 238
5.6.3. Birma/Myanmar.................................................................................................. 239
5.6.4 Kambodscha ....................................................................................................... 241
5.6.5. China................................................................................................................... 241
5.6.6. Demokratische Volksrepublik Korea (DVRK) .................................................. 244
5.6.7 Fidschi ................................................................................................................ 245
5.6.8. Indien .................................................................................................................. 246
5.6.9. Indonesien........................................................................................................... 247
5.6.10. Japan........................................................................................................... 248
5.6.11. Laos ............................................................................................................ 249
5.6.12. Malaysia ..................................................................................................... 250
5.6.13. Nepal .......................................................................................................... 252
5.6.14. Pakistan ...................................................................................................... 254
5.6.15. Philippinen ................................................................................................. 256
5.6.16. Sri Lanka .................................................................................................... 257
5.6.17. Thailand...................................................................................................... 259
5.6.18. Timor-Leste................................................................................................ 260
9238/12 mp,ms/ib 5
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 62 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.6.19. Vietnam ...................................................................................................... 261
5.7. Die amerikanischen Kontinente .................................................................................... 262
5.7.1. Kanada ................................................................................................................ 262
5.7.2. Vereinigte Staaten von Amerika......................................................................... 262
5.7.3. Argentinien ......................................................................................................... 265
5.7.4. Bolivien .............................................................................................................. 266
5.7.5. Brasilien.............................................................................................................. 267
5.7.6. Chile.................................................................................................................... 268
5.7.7. Kolumbien .......................................................................................................... 268
5.7.8. Ecuador ............................................................................................................... 270
5.7.9. El Salvador ......................................................................................................... 271
5.7.10. Guatemala .................................................................................................. 271
5.7.11. Honduras .................................................................................................... 272
5.7.12. Mexiko ....................................................................................................... 274
5.7.13. Nicaragua ................................................................................................... 275
5.7.14. Paraguay..................................................................................................... 276
5.7.15. Suriname .................................................................................................... 277
5.7.15. Peru ............................................................................................................ 277
5.7.16. Uruguay...................................................................................................... 278
5.7.17. Venezuela ................................................................................................... 278
5.7.18. Kuba ........................................................................................................... 279
5.7.19. Dominikanische Republik .......................................................................... 280
5.7.20. Haiti............................................................................................................ 281
5.7.21. Jamaika....................................................................................................... 281
6. Tätigkeit des Europäischen Parlaments im Bereich der Menschenrechte.............................. 282
7. Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................................... 296
Anhang 1 - Zusagen anlässlich der 31. Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondkonferenz
(Genf, 28. November - 1. Dezember 2011)............................................................................ 305
Joint pledge by EU Member States and National Red Cross Societies..................................... 310
Trade Treaty ..................................................................................................................................... 310
Anhang 2 - Menschenrechtsentschließungen 2011.......................................................................... 311
9238/12 mp,ms/ib 6
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 63 – Drucksache 17/12922
Vorwort
2011 war ein bedeutsames Jahr für die Menschenrechte und die Demokratie. Überall im Nahen
Osten und in Nordafrika haben Männer und Frauen jeden Alters und aus allen Teilen der
Gesellschaft Mut bewiesen, indem sie ihre unveräußerliche Menschenwürde behaupteten. Ihr
Handeln kann anderen Völkern als Inspiration dienen.
Die von ihnen herbeigeführten Veränderungen erforderten eine substanzielle Reaktion der EU. Wir
sind dieser Herausforderung gerecht geworden, indem wir ein neues Konzept für eine Nachbar-
schaft im Wandel entwickelt haben. Die Menschenrechte und eine vertiefte Demokratie waren
dabei von zentraler Bedeutung.
Im vergangenen Jahr habe ich meine Entschlossenheit geäußert, die Arbeit der EU weiter zu
verstärken und dafür zu sorgen, dass wir uns noch noch wirksamer für den Schutz und die
Förderung der Menschenrechte einsetzen. Ich hatte mir vorgenommen, ein kohärentes Konzept für
diese Arbeit zu entwerfen und habe zu diesem Zweck im Dezember 2011 zusammen mit der
Kommission die gemeinsame Mitteilung "Menschenrechte und Demokratie im Mittelpunkt des
auswärtigen Handelns der EU" vorgelegt.
Die nächsten Schritte im Jahr 2012 werden darin bestehen, die in der Mitteilung enthaltenen
Empfehlungen in die Praxis umzusetzen. Dazu wird es eines abgestimmten Vorgehens der
gesamten EU bedürfen, d.h. nicht nur der EU-Organe, sondern auch der Mitgliedstaaten und der
Zivilgesellschaft.
Die Bewältigung dieser großen Aufgabe wird Gegenstand der nächsten Auflage unseres
Jahresberichts sein. Nun jedoch ist es angebracht, eine Bestandsaufnahme der harten Arbeit
vorzunehmen, die die EU im Jahr 2011 geleistet hat, damit die Rechte Realität werden können.
Diesbezüglich zolle ich den mutigen Menschen Respekt, die mit ihren Beiträgen an diesem
entscheidenden Prozess mitgewirkt haben.
9238/12 mp,ms/ib 7
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 64 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
1. ÜBERBLICK
2011 hat die EU durch Wort und Tat bestätigt, dass die Menschenrechte im Mittelpunkt ihres
weltweiten Handelns stehen. Das Engagement, mit dem sich der Europäische Auswärtige Dienst
(EAD) im ersten vollen Jahr seines Bestehens der Menschenrechtsthematik widmete, ist daraus
ersichtlich, dass er im Jahresverlauf eine Gemeinsame Mitteilung der Hohen Vertreterin und der
Europäischen Kommmission mit dem Titel "Menschenrechte und Demokratie im Mittelpunkt des
auswärtigen Handelns der EU – Ein wirksamerer Ansatz" ausgearbeitet hat, die am 12. Dezember
2011 angenommen wurde. Sie enthält einige Anregungen, wie die Umsetzung der EU-Strategie auf
diesem Gebiet vorangetrieben werden kann.
Der Arabische Frühling zählte zu den herausragenden Ereignissen im ersten Jahr des Bestehens
des EAD. In einer gemeinsamen Mitteilung vom 8. März 2011 haben die Hohe Vertreterin Ashton
und die Europäische Kommission betont, dass die Forderungen nach politischer Mitbestimmung,
Menschenwürde, Freiheit und Beschäftigung unterstützt werden müssen; ferner haben sie darin
einen Ansatz entwickelt, der auf der Achtung universeller Werte und gemeinsamen Interessen
beruht.
Die Zivilgesellschaft, die sich in vielen Ländern immer stärker eingeengt sieht, war maßgeblich an
den Umwälzungen des Arabischen Frühlings beteiligt. Die EU hat die Probleme der Organisationen
der Zivilgesellschaft unverzüglich zur Sprache gebracht und alle Staaten aufgerufen, die
Vereinigungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit zu achten und Gesetze zu erlassen, die mit
den internationalen Standards vereinbar sind. Sie hat ihre Hilfe für die Zivilgesellschaft aufgestockt,
insbesondere im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 65 – Drucksache 17/12922
Während des Arabischen Frühlings hat sich auch gezeigt, wie wichtig die sozialen Netzwerke und
das Internet für die Förderung von Reformen und die Verteidigung der Menschenrechte sind. Die
EU hat die Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung und des Zugangs zum
Internet sowie die Verhaftung von Bloggern sowohl im Rahmen ihrer bilateralen Beziehungen zu
Drittländern als auch in multilateralen Foren wiederholt verurteilt. Die EU will dafür sorgen, dass
das Internet ein Motor der politischen Freiheit bleibt. Deshalb hat sie im Dezember 2011 die "No
Disconnect Strategy" beschlossen, auf deren Grundlage Tools entwickelt werden sollen, mit deren
Hilfe die EU Organisationen der Zivilgesellschaft oder einzelnen Bürgern in geeigneten Fällen
helfen kann, willkürliche Zugangssperren bei elektronischen Kommunikationstechnologien,
beispielsweise Internetsperren, zu umgehen.
2011 hat die EU mit aller Deutlichkeit auf die zunehmende Zahl von Fällen religiöser Intoleranz
und Diskriminierung reagiert. So hat der Rat (Auswärtige Angelegenheiten) in seinen Schluss-
folgerungen vom Februar erneut darauf hingewiesen, dass die EU äußerst besorgt ist angesichts der
Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt und diese in jedweder Form verurteilt. Die EU-Delega-
tionen haben im Februar 2011 Kernbotschaften zur Religions- und Weltanschauungsfreiheit
erhalten und sind angewiesen worden, die Lage in ihren Gastländern in Abstimmung mit den
Botschaften der EU-Mitgliedstaaten aufmerksam zu beobachten. Auch in ihrem Jahresbericht über
die Menschenrechte vom September 2011 ist die EU ausführlich auf die Religions- und Welt-
anschauungsfreiheit eingegangen. Sie hat sich zudem im Rahmen der Vereinten Nationen (VN)
beharrlich um einen verstärkten Konsens darüber bemüht, dass religiöse Intoleranz bekämpft und
dass die Freiheit der Religion oder Weltanschauung verteidigt werden muss, gleichzeitig aber
Konzepte abzulehnen sind, die zum Ziel haben, Religionen als solche – und nicht Personen, die
wegen ihrer Religion oder Weltanschauung diskriminiert werden – auf Kosten anderer
grundlegender Menschenrechte, etwa des Rechts auf freie Meinungsäußerung, zu schützen. 2011
sind in dieser Hinsicht gute Fortschritte erzielt worden, denn erstmals wurden in Genf und in New
York einvernehmlich Resolutionen zur Religions- und Weltanschauungsfreiheit und zur
Bekämpfung religiöser Intoleranz verabschiedet, die von der EU bzw. von der Organisation für
Islamische Zusammenarbeit eingebracht worden waren.
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Drucksache 17/12922 – 66 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die Mitglieder des Menschenrechtsrats sind, haben
ferner der wegweisenden Resolution über Menschenrechte, sexuelle Orientierung und
Geschlechteridentität zugestimmt, wobei die Zustimmung von der Europäischen Union als Ganzes
vereinbart worden war; die Resolution ist am 17. Juni 2011 im VN-Menschenrechtsrat
angenommen worden. Am 27. September 2011 hielt die Hohe Vertreterin Catherine Ashton eine
Rede vor dem Plenum des Europäischen Parlaments, in der sie die Arbeit der EU und der
Mitgliedstaaten zum weltweiten Schutz der Menschenrechte von LGBTI-Personen erläuterte und
erklärte, dass "wir keine Diskriminierung wegen der Sexualität oder des Geschlechts zulassen
dürfen, ebenso wenig wie wegen der Hautfarbe oder des Glaubens".
Die EU hat auch 2011 eine herausragende Rolle im VN-Menschenrechtssystem gespielt. So hat sie
entscheidend dazu beigetragen, dass am 23. Februar 2011 eine Sondersitzung des VN-Menschen-
rechtsrates zu Libyen einberufen wurde, auf der die historische Empfehlung ausgesprochen wurde,
das Land aus dem Menschenrechtsrat auszuschließen. Die EU hat die Lage der Menschenrechte in
Syrien 2011 mehrfach im VN-Menschenrechtsrat und im Dritten Ausschuss der VN-General-
versammlung zur Sprache gebracht, wobei sie sich auf eine Allianz von Ländern aus allen
Regionen, auch aus der arabischen Welt, stützen konnte. Auf diese Weise hat sie maßgeblich dazu
beigetragen, dass die Unabhängige Untersuchungskommission zur Menschenrechtslage in Syrien
eingerichtet wurde.
Im Juni 2011 hat die EU dafür gesorgt, dass der VN-Menschenrechtsrat eine Resolution zur
Menschenrechtslage in Belarus verabschiedet hat. Ferner hat sie im Menschenrechtsrat und in der
Generalversammlung weiter für Resolutionen zu Myanmar/Birma und zur Demokratische
Volksrepublik Korea (DVRK) geworben.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 67 – Drucksache 17/12922
Fünfzehn EU-Mitgliedstaaten gehörten zu der Gruppe, die im März 2011 die Erklärung über die
Beendigung von Gewaltakten und ähnlichen Menschenrechtsverletzungen aufgrund der sexuellen
Orientierung und geschlechtlichen Identität ausgearbeitet hat, der sich im VN-Menschenrechtsrat
85 Länder angeschlossen haben. Die EU begrüßte außerdem die von Südafrika verfasste bahn-
brechende Resolution über Menschenrechte, sexuelle Orientierung und geschlechtliche
Identität, die von Staaten aller Regionen mitgetragen und vom Menschenrechtsrat im Juni 2011
verabschiedet worden war.
Gemeinsam mit der Gruppe der lateinamerikanischen Staaten hat die EU erreicht, dass das Mandat
der VN-Sonderbeauftragten für Kinder und bewaffnete Konflikte von der VN-General-
versammlung verlängert wurde. Sie hat zudem die Liste der Länder, in denen die EU-Leitlinien zu
Kindern in bewaffneten Konflikten prioritär umgesetzt werden müssen, anhand der VN-Liste
aktualisiert.
Die EU hat die Verabschiedung der VN-Leitprinzipien für Unternehmen und Menschenrechte
durch den Menschenrechtsrat im Juni 2011 nachdrücklich unterstützt. Sie hat diese Leitprinzipien
auch in ihren eigenen politischen Rahmen für die soziale Verantwortung der Unternehmen aufge-
nommen. In der Mitteilung "Eine neue EU-Strategie für die soziale Verantwortung der Unter-
nehmen" und in der Mitteilung "Menschenrechte und Demokratie im Mittelpunkt des auswärtigen
Handelns der EU" wird anerkannt, dass die VN-Leitprinzipien internationale Standards darstellen,
die von allen europäischen Unternehmen beachtet werden sollten. In beiden Dokumenten werden
überdies konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der VN-Leitprinzipien vorgeschlagen.
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Drucksache 17/12922 – 68 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU tritt von jeher für die Bekämpfung der Straflosigkeit bei den schwersten, die gesamte
Staatengemeinschaft betreffenden Verbrechen ein. Wie auf der Revisionskonferenz in Kampala
zugesagt, hat die EU ihren Gemeinsamen Standpunkt 2003/444/GASP mit dem Beschluss
2011/168/GASP des Rates vom 21. März 2011 aktualisiert. Ziel des neuen Ratsbeschlusses ist es,
durch die Förderung einer möglichst breiten Beteiligung auf eine universelle Unterstützung des
Römischen Statuts hinzuwirken, die Integrität des Statuts zu wahren, dazu beizutragen, dass der
Gerichtshof unabhängig ist und wirksam und effizient arbeiten kann, die Zusammenarbeit mit ihm
zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass der Grundsatz der Komplementarität umgesetzt wird.
Im Herbst 2011 hat die EU eine Überprüfung ihrer Leitlinien für die Förderung und den Schutz
der Rechte des Kindes eingeleitet, um diese an die neuen internationalen Entwicklungen und die
auf lokaler Ebene festgelegten Menschenrechtsprioritäten anzupassen. Im Winter 2011 hat sie eine
thematische Lobby-Kampagne unternommen, um die weltweite Kampagne der Vereinten Nationen
für die Ratifizierung der beiden Fakultativprotokolle zum Übereinkommen über die Rechte des
Kindes zu unterstützen. Sie wird sich weiter auf lokaler Ebene im Wege des politischen Dialogs und
anderer Sensibilisierungsmaßnahmen dafür einsetzen, dass diese Protokolle wie auch das IAO-
Übereinkommen 182 über die schlimmsten Formen der Kinderarbeit bis Juni 2012 ratifiziert
werden.
Die Hohe Vertreterin Ashton wirbt weiterhin beharrlich für die Abschaffung der Todesstrafe; so
hat sie begrüßt, dass der US-Bundesstaat Illinois die Todesstrafe im März 2011 abgeschafft hat.
Auch der US-Bundesstaat Oregon hat im November 2011 ein De-facto-Moratorium verhängt, wie
die Hohe Vertreterin Ashton in einer Erklärung hervorgehoben hat.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 69 – Drucksache 17/12922
2011 wurden interne Fortschritte erzielt, was das Engagement der EU hinsichtlich der Lage der
Frauen in Bezug auf Frieden und Sicherheit anbelangt. Der Bericht "Indikatoren für den
umfassenden Ansatz für die Umsetzung der Resolutionen 1325 und 1820 des Sicherheitsrates der
Vereinten Nationen betreffend Frauen, Frieden und Sicherheit durch die EU" ist am 13. Mai 2011
vom Rat verabschiedet worden. Aus ihm geht hervor, dass die EU konkrete Maßnahmen ergriffen
hat, um die Schutzmechanismen für gefährdete Gruppen, wie Frauen und Kinder, zu verstärken;
anhand der Indikatoren lässt sich überprüfen, was die EU in diesem Bereich unternommen hat,
wobei gleichzeitig die Rechenschaftspflicht in Bezug auf frühere Zusagen verschärft wird. Der
nächste Bericht soll 2013 vorgelegt werden.
Die Europäische Union strebt an, dass in alle politischen Rahmenabkommen, die sie mit Dritt-
ländern schließt, wie etwa Assoziierungsabkommen und die Partnerschafts- und Kooperationsa-
bkommen, eine Menschenrechtsklausel aufgenommen wird. Diese Klausel besagt, dass sich die
Vertragsparteien in ihrer Innen- und Außenpolitik von den in der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte festgeschriebenen Menschenrechten leiten lassen und dass die Menschenrechte ein
wesentliches Element des Abkommens sind. 2011 sind indessen keine neuen Abkommen mit einer
Menschenrechtsklausel unterzeichnet worden oder in Kraft getreten. Die EU hat über 40 bilaterale
Menschenrechtsdialoge mit Drittländern geführt, hatte also vielfach Gelegenheit, ihre besonderen
Anliegen in Bezug auf die Menschenrechte wirksam zur Sprache zu bringen.
Die EU hat damit begonnen, für weltweit rund 160 Länder Menschenrechtsstrategien auszu-
arbeiten; 130 davon wurden 2011 fertiggestellt. Sie verfolgt vor allem folgende Ziele: sie will sich
einen besseren und gründlicheren Einblick in die wichtigsten Menschenrechtsprobleme in den
Partnerländern verschaffen; sie will das Handeln der EU, sowohl in politischer Hinsicht als auch in
Bezug auf die finanzielle Hilfe, auf die Hauptprioritäten in den Partnerländern konzentrieren, so
dass ihre Maßnahmen – wie von der Hohen Vertreterin verlangt – besser auf die Lage in dem
jeweiligen Land zugeschnitten werden und auf diese Weise mehr Wirkung entfalten können; sie
will einschlägige Maßnahmen der Mitgliedstaaten und der diplomatischen Vertretungen der EU auf
diesem Gebiet fördern und untereinander abstimmen und sie will einen umfassenderen und sach-
bezogeneren Beitrag zu den verschiedenen Länder- und Regionalstrategien leisten.
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Drucksache 17/12922 – 70 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Am 8./9. Dezember 2011 hat der EAD in enger Zusammenarbeit mit NRO-Partnern das
13. jährliche Menschenrechtsforum EU-NRO veranstaltet, bei dem die folgenden beiden Themen
im Vordergrund standen: Förderung der Einhaltung der EU-Leitlinien zum humanitären Völker-
recht und Überprüfung der Menschenrechtslage in der EU und neuer mehrjähriger Finanz-
rahmen – konkrete Umsetzung der Empfehlungen. Auf dem Forum hatten die NRO Gelegenheit,
über ihre Erfahrungen aus der Praxis zu berichten, ihre Meinung zu den Maßnahmen der EU zu
äußern und Empfehlungen für eine bessere Umsetzung dieser Maßnahmen auszusprechen. Die
Ergebnisse des Forums werden vom EAD und den Arbeitsgruppen des Rates sorgfältig geprüft
werden.
Angesichts der besorgniserregenden Entwicklung der Menschenrechtslage in Belarus nach den
Präsidentschaftswahlen vom Dezember 2010 hat die EU die internationale Gemeinschaft aufge-
rufen, auf die Menschenrechtsverletzungen mit aller Schärfe zu reagieren. Im Juni 2011 hat der
Menschenrechtsrat unter Federführung der Europäischen Union eine Resolution verabschiedet, mit
der die Hohe Kommissarin für Menschenrechte beauftragt wird, innerhalb von einem Jahr einen
Bericht über die Entwicklung der Menschenrechtslage in Belarus vorzulegen und Empfehlungen für
weitere Maßnahmen auszusprechen. Seither hat die EU eine Reihe von bilateralen Maßnahmen
ergriffen und ihre Hilfe für Menschenrechtsaktivisten und die Zivilgesellschaft erheblich verstärkt;
gleichzeitig hat sie noch mehr Druck auf das Regime ausgeübt, um es zu bewegen, die
Menschenrechte zu achten und alle politischen Gefangenen freizulassen.
In der am 25. Mai 2011 angenommenen Gemeinsamen Mitteilung zur Europäischen Nachbar-
schaftspolitik (ENP) "Eine neue Antwort auf eine Nachbarschaft im Wandel" wurde vorgeschlagen,
einen Europäischen Fonds für Demokratie (EFD) einzurichten; dieser Vorschlag ist vom Rat
(Auswärtige Angelegenheiten) begrüßt worden. Der Schwerpunkt würde zunächst, jedoch nicht
ausschließlich, auf der Nachbarschaft Europas liegen; mit dem Fonds würde Europa über ein neues
Instrument verfügen, mit dem es politische Akteure während des Übergangs zur Demokratie oder
im friedlichen Kampf für Demokratie unterstützen könnte.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 71 – Drucksache 17/12922
2011 hat die EU insgesamt 10 Wahlbeobachtungsmissionen entsandt. Bei fünf dieser Missionen
ging es darum, größere Umwälzungen (den Regimewechsel in Tunesien, die Staatsgründung in
Südsudan, den Übergang von einem Militärregime zu einer zivilen Regierung in Niger sowie die
längst erwartete Machtübernahme durch die politische Opposition in Peru und Sambia) zu begleiten
und ihnen zusätzliche Glaubwürdigkeit zu verleihen, drei Missionen dienten dazu, die relativ
reibungslose Wiederwahl der amtierenden Regierung (in Nigeria, Tschad und Uganda) zu
beobachten, während zwei Missionen (in Nicaragua und der Demokratischen Republik Kongo)
Wahlen betrafen, die unter äußerst schwierigen Rahmenbedingungen stattfanden. Die EU hat ferner
Wahlexpertenmissionen entsandt, und zwar nach Benin, Liberia, Côte d'Ivoire, Marokko,
Guatemala und Thailand, in die Zentralafrikanische Republik und nach Gambia. Das Europäische
Parlament hat parallel zu allen EU-Wahlbeobachtungsmissionen eigene Delegationen entsandt;
dadurch wurden diese Missionen stärker in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt und das
politische Engagement der EU betont.
Da sie der Auffassung ist, dass private Sicherheits- und Militärunternehmen für etwaige
Menschenrechtsverletzungen, die bei ihren Einsätzen begangen wurden, zur Verantwortung
gezogen werden müssen, hat die EU im Mai 2011 in der ersten Sitzung der Arbeitsgruppe des VN-
Menschenrechtsrates, die sich mit einem internationalen Regelungsrahmen für diese Unternehmen
befassen soll, einen konstruktiven Beitrag geleistet. Dabei hat sie betont, dass zunächst einmal
geprüft werden muss, welche Initiativen es bereits gibt und wo die Rechenschaftspflicht für
Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts Lücken aufweist.
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Drucksache 17/12922 – 72 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2. INSTRUMENTE DER EU UND INITIATIVEN IN NICHTMITGLIEDSTAATEN
EINLEITUNG
2.1. EU Leitlinien zu den Menschenrechten und zum humanitären Völkerrecht
Acht "Leitlinien" bilden das Rückgrat der EU-Menschenrechtspolitik. Sie sind zwar nicht rechts-
verbindlich, doch sie wurden vom Rat der EU einstimmig angenommen und stellen daher eine klare
politische Aussage über die Prioritäten der EU dar. Sie bilden außerdem ein praktisches
Instrumentarium, das den Vertretern der EU überall auf der Welt hilft, unserer Menschen-
rechtspolitik Geltung zu verschaffen. Die Leitlinien stärken somit die Kohärenz und Kontinuität der
Menschenrechtspolitik der EU.
Die EU verfügt nun über Menschenrechtsleitlinien zu den folgenden Themen:
– Todesstrafe (1998 erstmals angenommen)
– Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
(2001 erstmals angenommen)
– Dialoge im Bereich der Menschenrechte (2001 erstmals angenommen)
– Kinder und bewaffnete Konflikte (2003 erstmals angenommen)
– Menschenrechtsverteidiger (2004 erstmals angenommen)
– Förderung und Schutz der Rechte des Kindes (2007 erstmals angenommen)
– Gewalt gegen Frauen und Mädchen und Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung
von Frauen (2008 erstmals angenommen)
– Verstärkte Beachtung des humanitären Völkerrechts (2005 erstmals angenommen)
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 73 – Drucksache 17/12922
Weitere Informationen über die Leitlinien sind einer im März 2009 veröffentlichten Broschüre zu
entnehmen. Sie sind zudem in allen EU-Sprachen sowie in Russisch, Chinesisch, Arabisch und
Farsi online abrufbar.
2010 wurde Einvernehmen darüber erzielt, dass bei den von der EU weltweit durchgeführten
Maßnahmen für Kohärenz gesorgt werden muss, dass gleichzeitig jedoch die Notwendigkeit
besteht, das Vorgehen der EU auf die jeweils individuellen Situationen abzustimmen. Zu diesem
Zweck wurde beschlossen, für die einzelnen Länder lokale Menschenrechtsstrategien auszuarbeiten
und dabei sowohl unsere Prioritäten ständig zu überprüfen als auch ständig zu prüfen, ob unser auf
den Einzelfall abgestimmter Instrumenten-Mix optimal eingesetzt wird, während wir gleichzeitig
unseren Partnern mit Respekt begegnen.
2.2. Menschenrechtsdialoge und -konsultationen
2011 hat die EU ihre Menschenrechtsdialoge ausgebaut, wobei die Zahl der Partner zunahm. So hat
sie im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik einen neuen Menschenrechtsdialog mit
Algerien aufgenommen. Ferner hat sie Schritte unternommen, um einen förmlichen Menschen-
rechtsdialog mit Südafrika zu beginnen, und mit der Republik Korea erste Gespräche über die
Aufnahme regelmäßiger Menschenrechtskonsultationen geführt.
2011 haben förmliche Menschenrechtsdialoge oder Treffen von Unterausschüssen mit den
folgenden Partnern stattgefunden: Afrikanische Union, Algerien, Argentinien, Armenien, Belarus,
Brasilien, Chile, China, Georgien, Indien, Indonesien, Jordanien, Kambodscha, Kasachstan,
Kirgisistan, Kolumbien, Laos, Libanon, Marokko, Mexiko, Pakistan, Palästinensische Behörde,
Republik Moldau, Tadschikistan, Turkmenistan und Vietnam.Außerdem gab es Konsultationen
über die Menschenrechte mit Israel, Japan, Kanada, Neuseeland, Russland, den Vereinigten Staaten
und den Bewerberländern (Kroatien, Island, Türkei und ehemalige jugoslawische Republik
Mazedonien).
Im Rahmen der bestehenden Menschenrechtsdialoge mit Ägypten, Sri Lanka und Tunesien kamen
2011 hingegen keine Treffen zustande. Die jährliche Tagung mit Pakistan wurde auf Anfang 2012
verschoben. Der Menschenrechtsdialog mit Iran ist seit 2006 ausgesetzt.
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Drucksache 17/12922 – 74 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Im Rahmen der Überprüfung der EU-Menschenrechtspolitik sind 2011 vorbildliche Verfahrens-
weisen bei den verschiedenen Dialogen ermittelt worden, mit dem Ziel, die Wirkung dieser Dialoge
in dreierlei Hinsicht zu verstärken: erstens durch eine bessere Einbettung in sämtliche Beziehungen
zu dem betreffenden Drittland, und zwar auf allen Ebenen bis hin zu den Gipfeltreffen; zweitens
durch eine enge Verknüpfung mit anderen Instrumenten der Menschenrechtspolitik, insbesondere
den neuen Länderstrategien für Menschenrechte; drittens durch Verlagerung des Schwerpunkts auf
Maßnahmen, die sich an die Dialoge anschließen, nämlich auf konkrete Aktionspläne, Gesetzes-
reformen und Projekte, die die EU mit ihren Instrumenten, einschließlich der Entwicklungshilfe,
unterstützen kann.
In diesem Zusammenhang hat die EU besonders darauf geachtet, dass bei den Menschenrechts-
dialogen vor allem die Lage der Menschenrechte in dem betreffenden Land, einschließlich einzelner
Fälle, erörtert wurde. Überdies werden zunehmend multilaterale Fragen, die die Vereinten Nationen
und einschlägigen regionalen Organisationen betreffen, als Standardpunkte auf die Tagesordnung
der Dialoge gesetzt. Zudem zeigt sich die EU in der Regel offen, wenn Partnerländer EU-interne
Menschenrechtsfragen erörtern möchten, wobei sie mit den EU-Mitgliedstaaten eng
zusammenarbeitet.
Aktionspläne, die mit den südlichen ENP-Ländern vereinbart wurden bzw. gerade überprüft
werden, tragen maßgeblich dazu bei, die Tagesordnung der Menschenrechtsdialoge mit diesen
Ländern zu strukturieren, und liefern zudem nützliche Parameter für die regelmäßige Evaluierung
der Dialoge, die – nach den EU-Leitlinien für Menschenrechtsdialoge – jeweils bei der Aktuali-
sierung und Überprüfung der Menschenrechtsstrategien der einzelnen Länder zu erfolgen hat.
Entsprechend den vorbildlichen Verfahren werden Konsultationen mit der Zivilgesellschaft, die
sowohl am Sitz der jeweiligen Organisation als auch in dem betreffenden Land stattfinden, sowie
Abschlussbesprechungen nach den Dialogen allmählich die Regel. Außerdem haben 2011 zehn
Seminare mit Vertretern der Zivilgesellschaft zur Vorbereitung der offiziellen Menschenrechts-
dialoge stattgefunden. Die EU hat 2011 ihre Verhandlungen mit der chinesischen Regierung
fortgesetzt, um im Einklang mit den Empfehlungen, die bei der Überprüfung des Dialogs im Jahr
2010 ausgesprochen worden waren, bessere Modalitäten für ihren Menschenrechtsdialog mit China
zu erreichen. Die Überprüfung der Menschenrechtskonsultationen mit Russland wurde 2011
abgeschlossen; auf dieser Grundlage führt die EU derzeit mit der russischen Regierung Gespräche
über eine Verbesserung der Modalitäten und des Inhalts des Dialogs.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 75 – Drucksache 17/12922
Darüber hinaus führen beinahe alle 79 Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen
Ozean, die Vertragsparteien des Cotonou-Abkommens sind, auf Grundlage von Artikel 8 des
Abkommens einen Dialog mit der EU, wobei auch die Entwicklungen bei der Achtung der
Menschenrechte, der demokratischen Grundsätze und des Rechtsstaatsprinzips sowie der
verantwortungsvollen Staatsführung regelmäßig bewertet werden. In Artikel 9 des Cotonou-
Abkommens werden die Achtung der Menschenrechte, der demokratischen Grundsätze und des
Rechtsstaatsprinzips als wesentliche Elemente bezeichnet; sie unterliegen somit dem Streit-
beilegungsverfahren nach Artikel 96, wonach Konsultationen eingeleitet und geeignete Maßna-
hmen, darunter (als letztes Mittel) auch die Aussetzung des Abkommens, ergriffen werden können.
2011 wurden gegen fünf Länder – Simbabwe, Fidschi, Guinea, Guinea-Bissau und Madagaskar –
geeignete Maßnahmen ergriffen. Hingegen wurde das Verfahren nach Artikel 96, das gegen Niger
eingeleitet worden war, eingestellt.
2.3. Beschlüsse des Rates und Krisenbewältigung
Die EU hat ihre speziell auf die Menschenrechte und das Thema Frauen, Frieden und Sicherheit
ausgerichtete Politik im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP)
weiter umgesetzt und konsolidiert und darüber hinaus ihren Besitzstand sowie die Umsetzung der
Leitlinien für den Schutz von Zivilpersonen bei GSVP-Missionen und -Operationen verbessert. Die
Frage, wie die Menschenrechte und Gleichstellungsaspekte bei der GSVP durchgängig berücksich-
tigt werden können, wurde in den einschlägigen Arbeitsgruppen des Rates erörtert und bei der
Planung und Durchführung der GSVP-Missionen und -Operationen und in den anschließenden
Verfahren zur Feststellung des Verbesserungsbedarfs berücksichtigt. Allerdings wurden 2011 keine
neuen GSVP-Missionen oder -Operationen eingeleitet.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 76 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Insbesondere haben die Beratungen darüber begonnen, wie die Empfehlungen, die in dem im
Dezember 2010 vom Rat gebilligten Bericht über Erkenntnisse und bewährte Verfahrensweisen
hinsichtlich der durchgängigen Berücksichtigung von Menschenrechts- und Gleichstellungsfragen
bei militärischen Operationen und zivilen Missionen im Rahmen der GSVP enthalten sind,
umgesetzt werden können. Um den Politikrahmen der EU betreffend Frauen, Frieden und Sicherheit
an die jüngsten Entwicklungen (vor allem die diesbezüglichen Resolutionen des VN-Sicherheits-
rates und den Verbesserungsbedarf, der seit 2008 im EU/GSVP-Bereich ermittelt wurde)
anzupassen, hat der EAD zudem mit der Überarbeitung des 2008 verabschiedeten Arbeitspapiers
"Umsetzung der Resolution 1325 – untermauert durch die Resolution 1820 – des Sicherheitsrats der
Vereinten Nationen im Kontext der ESVP begonnen.
Eine weitere wichtige Entwicklung im Jahr 2011 war, dass auf Grundlage der im Dezember 2010
gebilligten Konzepte für EU-Standard-Ausbildungsmodule zu Menschenrechts- und Gleich-
stellungsfragen (siehe Dokument "Package of three draft concepts containing minimum standard
training elements on Human Rights, Gender and Child Protection in the context of CSDP")
Ausbildungsmodule für die Themen Menschenrechte, Gleichstellung und Kinderschutz
ausgearbeitet wurden. Dies erfolgt in Zusammenarbeit mit Ausbildungseinrichtungen der EU-
Mitgliedstaaten und mit der Zivilgesellschaft.
Im Juni 2011 hat – zum dritten Mal – ein Jahrestreffen der im Rahmen der GSVP-Missionen und
-Operationen tätigen Berater und Anlaufstellen für Gleichstellungsfragen stattgefunden. Ferner
wurde im April 2011 für alle Leiter der zivilen GSVP-Missionen ein Seminar über die Menschen-
rechts- und Gleichstellungspolitik der EU durchgeführt. Mit fortschreitendem Aufbau des EAD
wurden zudem besondere Anstrengungen unternommen, um den Informationsaustausch zwischen
allen mit der Krisenbewältigung befassten Dienststellen und den für Menschenrechte,
Gleichstellungsfragen und Kinderschutz zuständigen Fachreferaten des EAD zu fördern.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 77 – Drucksache 17/12922
2.4. Demarchen und Erklärungen
Die EU legt großen Wert darauf, dass Menschenrechtsfragen im Blickpunkt der Öffentlichkeit
bleiben. Deshalb macht sie häufig Gebrauch von öffentlichen Erklärungen, um ihrer Besorgnis
Ausdruck zu verleihen oder positive Entwicklungen zu begrüßen. Diese Erklärungen werden
einstimmig angenommen.
In anderen Fällen zieht die EU unter Umständen Demarchen vor, wenn sie sich davon größere
Wirksamkeit verspricht. Demarchen oder förmliche diplomatische Schritte sind wichtige
Instrumente einer jeden Außenpolitik und werden von der EU genutzt, um Menschenrechtsanliegen
bei den Behörden von Drittländern vorzubringen. Die EU nutzt Demarchen in der ganzen Welt
regelmäßig auch zur Förderung der Universalität und Integrität des Römischen Statuts des
Internationalen Strafgerichtshofs. Demarchen werden normalerweise vertraulich von den EU-
Vertretern vor Ort durchgeführt.
Diese Verfahren werden vor allem bei folgenden Themen angewandt: Schutz von Menschen-
rechtsverteidigern, illegale Inhaftierung, gewaltsames Verschwinden von Personen, Todesstrafe,
Folter, Schutz von Kindern, Flüchtlinge und Asylbewerber, außergerichtliche Hinrichtungen, Recht
auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit, Recht auf einen gerechten Prozess und
Abhaltung von Wahlen.
2.5. Menschenrechtsklauseln in Kooperationsabkommen mit Drittländern
Die Europäische Union strebt an, dass in alle politischen Rahmenabkommen, die sie mit
Drittländern schließt, wie etwa Assoziierungsabkommen und die Partnerschafts- und
Kooperationsabkommen, eine Menschenrechtsklausel aufgenommen wird. Diese Klausel besagt,
dass sich die Vertragsparteien in ihrer Innen- und Außenpolitik von den in der Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte festgeschriebenen Menschenrechten leiten lassen und dass die
Menschenrechte ein wesentliches Element des Abkommens sind. 2011 sind keine neuen
Abkommen mit einer Menschenrechtsklausel unterzeichnet worden oder in Kraft getreten.
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Drucksache 17/12922 – 78 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2011 wurden in einem Fall Konsultationen aufgrund einer Menschenrechtsklausel eingeleitet. Die
Europäische Union betrachtete die Meuterei vom 1. April 2010 in Guinea-Bissau und die
anschließende Ernennung ihrer Hauptdrahtzieher in hohe militärische Ämter als eine besonders
ernste und flagrante Verletzung der Menschenrechtsklausel des Abkommens von Cotonou.
Dementsprechend nahm die EU am 31. Januar 2011 mit Guinea-Bissau Konsultationen gemäß
Artikel 96 des Abkommens von Cotonou auf. Dabei erörterten die Parteien die Maßnahmen, die
notwendig sind, um das Primat der Zivilgewalt sicherzustellen, die demokratische Regierungs-
führung zu verbessern, die Achtung der verfassungsmäßigen Ordnung und des Rechtsstaats zu
gewährleisten sowie die Straflosigkeit und die organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Aufgrund
der von Guinea-Bissau eingegangenen Verpflichtungen (Durchführung und Abschluss
unabhängiger Ermittlungen im Zusammenhang mit den Morden vom März und Juni 2009,
wirksame Durchführung der Reform des Sicherheitssektors und Austausch der Militärführung, um
sicherzustellen, dass höhere Befehlspositionen mit Personen besetzt werden, die nicht in
verfassungswidrige Vorfälle oder in Gewalttaten verwickelt waren) beschloss die EU, die
Konsultationen abzuschließen und die Zusammenarbeit schrittweise wieder aufzunehmen.
In ihrer Mitteilung vom Juli 2011 über die externe Dimension der Gemeinsamen Fischereipolitik
hat die Kommission angekündigt, dass sie unter anderem das Ziel verfolgen werde, die bilateralen
Fischereiabkommen dadurch zu stärken, dass in alle derartigen Abkommen eine Menschenrechts-
klausel aufgenommen wird. Demzufolge könnte jede Verletzung der wesentlichen Komponente, die
die Menschenrechte und die demokratischen Grundsätze bilden, dazu führen, dass das betreffende
Abkommen ausgesetzt wird. Entsprechende Protokolle wurden mit Kap Verde, den Komoren,
Grönland, Guinea-Bissau, Mauritius, Mosambik, São Tomé und Príncipe und den Seychellen
paraphiert.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 79 – Drucksache 17/12922
2.6. Europäische Nachbarschaftspolitik
Die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) wurde im Jahr 2004 entwickelt. Die EU bot ihren
Nachbarn eine privilegierte Partnerschaft an, die sich auf ein beiderseitiges Bekenntnis zu
gemeinsamen Werten (Demokratie und Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, verantwortungsvolle
Staatsführung, Grundsätze der Marktwirtschaft und der nachhaltigen Entwicklung) gründet.
Die drei Komponenten der ENP sind die Östliche Partnerschaft (die im Mai 2009 in Prag initiiert
wurde), die Union für den Mittelmeerraum (Partnerschaft Europa-Mittelmeer, zuvor unter dem
Namen "Barcelona-Prozess" bekannt, die im Juli 2008 in Paris neu belebt wurde) und die
Schwarzmeersynergie (die im Februar 2008 in Kiew initiiert wurde).
Die Umsetzung der ENP wird durch die im Rahmen dieser Übereinkünfte eingerichteten
Ausschüsse und Unterausschüsse gemeinsam gefördert und überwacht. Es wurde vereinbart, dass
die Durchführung der ENP im Jahr 2011 Gegenstand von zwölf länderspezifischen Fortschritts-
berichten und zwei regionalen Berichten, in denen die Fortschritte bei der Umsetzung der Östlichen
Partnerschaft und der Partnerschaft für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand überprüft werden,
sowie eines statistischen Anhangs sein soll.
2011 hat die EU rasch und entschlossen auf die sich schnell verändernden Verhältnisse reagiert;
nach Jahren relativer Stagnation hat die Demokratie in benachbarten Ländern Fuß gefasst. Die EU
hat ihre Politik und ihre Instrumente angepasst und ihre Unterstützungsprogramme neu ausge-
richtet; außerdem hat sie fachliche Unterstützung zur Erleichterung des demokratischen Übergangs
bereitgestellt und Nachbarländern zusätzliche Finanzmittel zugewiesen.
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Drucksache 17/12922 – 80 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU hat ihr politisches Engagement sowohl in der östlichen als auch in der südlichen Nachbar-
schaft intensiviert. Im Rahmen der Östlichen Partnerschaft wurden während des zweiten Gipfel-
treffens zu dieser Partnerschaft (Warschau, September 2011) die seit ihrer Initiierung erzielten
Ergebnisse bilanziert und zugleich die politischen Verpflichtungen der EU und ihrer östlichen
Nachbarn zur Vertiefung der politischen Assoziierung und weiteren wirtschaftlichen Integration
bestätigt. Im Rahmen der südlichen Nachbarschaft ernannte der Rat auf Vorschlag der Hohen
Vertreterin einen Sonderbeauftragten für den südlichen Mittelmeerraum, um den Dialog mit den
Übergangsländern zu entwickeln, die Mobilisierung der EU und der Mitgliedstaaten zu stärken und
auch die Koordinierung mit den internationalen Finanzinstitutionen und dem Privatsektor
sicherzustellen.
Am 8. März 2011 legte die Kommission ihre Mitteilung "Eine Partnerschaft mit dem südlichen
Mittelmeerraum für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand" als unmittelbare Reaktion auf die
Ereignisse des Arabischen Frühlings vor. In der Mitteilung wurde die Bedeutung höherer Standards
in Bezug auf Menschenrechte, Demokratie und verantwortliche Staatsführung herausgestellt.
Eine Gemeinsame Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen
Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen "Eine neue Antwort auf eine
Nachbarschaft im Wandel" wurde am 25. Mai 2011 vorgelegt. Die neue Strategie, die auf
gegenseitiger Rechenschaftspflicht und einer gemeinsamen Verpflichtung zur Achtung universeller
Werte wie Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit beruht, ermöglicht eine viel
größere Differenzierung. Ziel der EU war es, mit der Übermittlung einer eindeutigen Botschaft der
Solidarität und der Unterstützung an die Menschen im südlichen Mittelmeerraum auf den
Arabischen Frühling zu reagieren und zugleich den Bitten ihrer östlichen Nachbarn um eine engere
politische Assoziierung und eine Vertiefung der wirtschaftlichen Integration zu entsprechen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 81 – Drucksache 17/12922
Zur Unterstützung des demokratischen Übergangs hat die EU die Zusammenarbeit mit dem
Europarat intensiviert und sich um Synergien mit der Parlamentarischen Versammlung des
Europarats bemüht, was die Verleihung des Status "Partner für Demokratie" an Parlamente in
Ländern des südlichen Mittelmeerraums betrifft. Ein aus dem EU-Haushalt finanziertes Programm
ermöglicht es den südlichen Nachbarländern der EU, auf die anerkannte Sachkompetenz des
Europarats in den Bereichen Verfassungsreform, Justizreform und Wahlsysteme zurückzugreifen.
Die EU entsandte eine umfassende Wahlbeobachtungsmission nach Tunesien sowie Wahlexperten
nach Marokko. Sie gewährte der Hohen Wahlkommission Ägyptens technische Hilfe und
unterstützte über Organisationen der Zivilgesellschaft die Schulung von Wählern und die
inländische Wahlbeobachtung.
Die EU suchte in zunehmenden Maße den Kontakt zur Zivilgesellschaft. In den östlichen
Nachbarländern wurden die Menschenrechtsdialoge durch gemeinsame Seminare mit Vertretern der
Zivilgesellschaft ergänzt. Das zivilgesellschaftliche Forum der Östlichen Partnerschaft fand im
November in Poznan im Vorfeld des Gipfeltreffens der Östlichen Partnerschaft statt. Als Folge-
maßnahme zu der im Mai 2011 abgeschlossenen Überprüfung der Europäischen Nachbarschafts-
politik wurde im September 2011 eine Fazilität zur Förderung der Zivilgesellschaft mit einem
Budget von 66 Mio. EUR für den Zeitraum 2011-2013 eingerichtet.
Zur Aufrechterhaltung der Freiheit der Meinungsäußerung hat die EU die "No Disconnect Strategy"
beschlossen, um Organisationen der Zivilgesellschaft oder einzelnen Bürgern dabei zu helfen,
willkürliche Zugangssperren bei elektronischen Kommunikationstechnologien zu umgehen.
Die EU hat ihre Anstrengungen kontinuierlich intensiviert, um die Rechte der Frauen in der
gesamten Region zu fördern und dafür zu sorgen, dass die Gleichstellung der Geschlechter in allen
relevanten Kooperationsmaßnahmen durchgängig berücksichtigt wird. Frauen hatten maßgeblichen
Anteil am Arabischen Frühling und dürfen bei den Umgestaltungen, die nun folgen werden, nicht
benachteiligt werden.
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Drucksache 17/12922 – 82 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU hat mit verstärkten Anstrengungen in der gesamten Nachbarschaft für die Notwendigkeit
geworben, ein unabhängiges und effizientes Gerichtswesen aufzubauen, das Recht der Bürger auf
ein faires Verfahren zu gewährleisten und den Kampf gegen die Korruption fortzusetzen.
Die EU leistete humanitäre Hilfe, indem sie Teams von ECHO (Dienst der EU für Humanitäre Hilfe
und Katastrophenschutz) an die tunesisch-libysche Grenze und nach Ostlibyen entsandte, um den
humanitären Bedarf und die Gesamtsituation einzuschätzen. Es wurden 40 Mio. EUR für
humanitäre Hilfe für die am stärksten betroffenen Menschen in Libyen und den Nachbarländern
(Tunesien, Ägypten) bereitgestellt. Am 15. Mai 2011 hatte der Gesamtbeitrag der EU (Europäische
Kommission und Mitgliedstaaten) nahezu 103 Mio. EUR erreicht.
Um die Reformbemühungen der Partnerländer finanziell zu unterstützen, hat die EU die im Rahmen
der südlichen Nachbarschaft verfügbaren Mittel dahin gehend neu ausgerichtet, dass nun 600 Mio.
EUR für Programme zum Institutionenaufbau in Bereichen wie Justizreform und Korruptions-
bekämpfung bereitgestellt werden. Es wurden auch zusätzliche Finanzmittel aus dem EU-Haushalt
verfügbar gemacht. In einer im Mai vorgelegten Mitteilung war vorgeschlagen worden, bis zu
1,24 Mrd. EUR an zusätzlichen Mitteln bereitzustellen, um die Umsetzung des neuen Konzepts zu
unterstützen.
Im Dezember 2011 hat die Kommission den Gesetzgebungsvorschlag für ein neues Finanz-
instrument, das Europäische Nachbarschaftsinstrument (ENI), angenommen, das ab 2014 das
derzeitige Europäische Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (ENPI) ersetzen soll. Dieses
Instrument wird die Verknüpfung zwischen Politik und Hilfe verstärken, eine größere Differen-
zierung bei den Finanzrahmen für die einzelnen Partnerländer im Rahmen eines anreizbasierten
dynamischen Prozesses ermöglichen und vereinfachte Bestimmungen für die grenzüberschreitende
Zusammenarbeit an den EU-Außengrenzen enthalten.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 83 – Drucksache 17/12922
2.7. Im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und
Menschenrechte (EIDHR) finanzierte Maßnahmen
2011 ergingen im Rahmen des EIDHR zwei weltweite Aufforderungen zur Einreichung von
Vorschlägen, die Folgendes zum Ziel hatten: i) Unterstützung für Menschenrechtsaktivisten und
lokale Akteure der Zivilgesellschaft, die sich für die Förderung der Menschenrechte und Grund-
freiheiten in Ländern und Regionen einsetzen, in denen diese Rechte und Freiheiten sowie ihre
Verteidiger am stärksten gefährdet sind (15,8 Mio. EUR); ii) Stärkung der Rolle zivilgesellschaft-
licher Netzwerke bei der Förderung der Menschenrechte und demokratischer Reformen sowie
Unterstützung von Maßnahmen gegen die Todesstrafe (21,6 Mio. EUR). Die Ergebnisse dieser
beiden Aufforderungen werden im Frühjahr 2012 veröffentlicht.
Auf lokaler Ebene haben etwa 90 EU-Delegationen (im Rahmen von länderspezifischen
Förderprogrammen – Country-based Support Schemes, CBSS) lokale Aufforderungen zur
Einreichung von Vorschlägen mit einem Gesamtvolumen von 64,8 Mio. EUR eingeleitet, deren
Ziel darin besteht, die Zivilgesellschaft des jeweiligen Landes in als vorrangig ermittelten
Bereichen zu unterstützen. Ferner wurde im Rahmen des EIDHR auf den Arabischen Frühling
reagiert, indem kurzfristig mehr als 6 Mio. EUR für CBSS in Tunesien, Ägypten und Libyen
bereitgestellt wurden.
Die EU bleibt der größte Geldgeber für die Bemühungen von Organisationen der Zivilgesellschaft
um die Abschaffung der Todesstrafe weltweit. 2011 haben die sich für die Abschaffung der
Todesstrafe einsetzenden Organisationen der Zivilgesellschaft dazu beigetragen, dass beachtliche
Ergebnisse erzielt werden konnten, wie etwa die Abschaffung der Todesstrafe in Illinois. In allen
Teilen der Welt sind die EIDHR-Partner in der Lobbyarbeit, der Interessenvertretung und den
Bereichen Forschung, Öffentlichkeitsarbeit, Rechtsberatung und Ausbildung tätig geworden.
Zwei wichtige Regierungskonferenzen in Kigali und Rom, die beide von Organisationen der
Zivilgesellschaft ausgerichtet und mit EIDHR-Mitteln finanziert wurden, gaben der Debatte über
die Abschaffung der Todesstrafe neue Impulse, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Abstimmung
über das Moratorium in der VN-Generalversammlung im Jahr 2012. Über das EIDHR können die
Europäische Union, Drittländer und die Zivilgesellschaft überall auf der Welt gemeinsam darauf
hinarbeiten, dass die Todesstrafe schrittweise eingeschränkt und abgeschafft wird.
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Drucksache 17/12922 – 84 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Was den Kampf der EU gegen Folter betrifft, so wurden 2011 über das EIDHR neue Maßnahmen
der Zivilgesellschaft zur Verhütung von Folter und zur Rehabilitation von Folteropfern unterstützt.
Dabei wurde das Ziel verfolgt, die Politik der EU zu stärken und insbesondere die Umsetzung der
EU-Leitlinien betreffend Folter, die der Rat der EU 2001 verabschiedet hatte, zu fördern. Mit den
erheblichen finanziellen Mitteln, die für Projekte bereitgestellt wurden, konnten die Rehabilitation
von Folteropfern und Opfern von Verschleppungen unterstützt, das allgemeine Wissen über die
Ursachen von Folter verbessert und die Sensibilisierung für das Fakultativprotokoll zum Überein-
kommen gegen Folter (OPCAT) verstärkt werden. Beispielsweise wurden in Sri Lanka und Nepal
spezielle Vorhaben auf den Weg gebracht, um die Staatsbeamten besser in die Lage zu versetzen,
Folter und Misshandlung in Polizei und Armee zu verhindern und zu bekämpfen. In anderen Teilen
der Welt wurden Projekte durchgeführt, um Untersuchungs-, Informations- und Warnmechanismen
in Bezug auf Folter und Misshandlung zu stärken (Guinea, Mexiko und Russland). Über das
EIDHR wurde ferner die Zusammenarbeit zwischen medizinischen und rechtlichen Experten bei
der Dokumentierung von Folterfällen und anderen Formen grausamer und erniedrigender Behand-
lung auf den Philippinen finanziert. Außerdem wurde Lobbyarbeit betrieben, um die Schaffung
nationaler Präventionsmechanismen zu fördern und die Prozessführung in Fällen von Folter sowie
die Bekämpfung der Straflosigkeit in allen Teilen der Welt zu unterstützen. Zusammen mit dem
Internationalen Rehabilitationsrat für Folteropfer (IRCT) und der Weltorganisation gegen Folter
(OMCT) leistete das EIDHR ferner Unterstützung bei der Betreuung von Folteropfern und Opfern
von Verschleppungen sowie bei der Durchsetzung ihrer Rechte in Libyen nach dem Sturz Gaddafis.
Im Jahr 2011 finanzierte das EIDHR weiterhin das Europäische interuniversitäre Zentrum in
Venedig und dessen Europäischen Masterstudiengang "Menschenrechte und Demokratisierung"
sowie ähnliche regionale Programme auf dem Balkan (Universität Sarajewo), in Afrika (Universität
Pretoria), in Lateinamerika (Universidad Nacional De General San Martin in Buenos Aires) und im
asiatisch-pazifischen Raum (Universität Sydney).
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 85 – Drucksache 17/12922
2011 wurde mehrere Maßnahmen durchgeführt, um den internationalen und regionalen Rahmen für
den Schutz der Menschenrechte, Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratieförderung zu
stärken. Das Sekretariat des Forums der pazifischen Inseln erhielt Unterstützung bei der
Durchführung folgender Maßnahmen: Hilfe für die Forum Island Countries (FIC) bei der
Ratifizierung und Anwendung der wichtigen Übereinkommen der Vereinten Nationen im Bereich
der Menschenrechte und des Römischen Statuts des IStGH, Sensibilisierung und Verständnis für
die Verknüpfungen von Menschenrechten und Entwicklung sowie Ausbau der nationalen
Kapazitäten der FIC im Hinblick auf die Integration der Menschenrechte in die Politik und die
Entwicklungspläne der dortigen Regierungen.
Der Europarat erhielt konkrete Unterstützung für zwei Projekte mit folgenden Zielen: i) Ausbau der
nationalen Kapazitäten in Armenien, Aserbaidschan, Georgien, der Republik Moldau, der
Russischen Föderation und der Ukraine für einen wirksameren Schutz der Menschenrechte durch
Verbesserung der Kenntnisse und Fähigkeiten in Bezug auf die Europäische Konvention zum
Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und die revidierte Europäische Sozialcharta; ii)
Unterstützung der Bildungspolitik in den Bereichen Demokratieerziehung und
Menschenrechtserziehung in Kasachstan.
Um für die Einhaltung internationaler Standards hinsichtlich fairer Gerichtsverfahren zu sorgen, die
den Opfern der Roten Khmer Gerechtigkeit widerfahren lassen, wurden auch die Außerordentlichen
Kammern in den Gerichten Kambodschas (ECCC) unterstützt, indem ein Beitrag zum Anteil
Kambodschas am Budget des Tribunals geleistet wurde. 2011 wurden mit finanzieller
Unterstützung des EIDHR 12 Seminare mit Vertretern der Zivilgesellschaft zum Thema
Menschenrechte in Ländern wie Kolumbien, Bangladesch, Armenien und Tadschikistan als
Ergänzung zu den jährlichen Menschenrechtsdialogen durchgeführt. Das dritte Seminar mit
Vertretern der Zivilgesellschaft aus der EU und der Afrikanischen Union fand im November 2011
in Brüssel statt.
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Drucksache 17/12922 – 86 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Abschließend kann festgestellt werden, dass die Unterstützung von Menschenrechtsverteidigern im
Jahr 2011 weiterhin zu den vorrangigen Zielen des EIDHR gehörte. Aus dem Notfonds des EIDHR
für gefährdete Menschenrechtsverteidiger wurden mehrere kleine Zuschüsse gewährt, um
Einzelpersonen und Menschenrechtsorganisationen dabei zu unterstützen, Schutz-, Sicherheits- und
IT-Ausrüstung für ihre Arbeit zu erwerben, um Anwaltskosten sowie Ausgaben für die ärztliche
Versorgung und die Rehabilitation von gefolterten oder misshandelten Aktivisten zu decken und um
gefährdete Menschenrechtsverteidiger rasch an sicheren Orten unterzubringen. Außerdem wurde
2011 eine Studie zur Bestandsaufnahme von Schutzprogrammen für gefährdete Menschenrechts-
verteidiger erstellt; dies war eine erste Unterstützungsmaßnahme im Hinblick auf die künftige
Entwicklung einer EU-Initiative für die vorübergehende Unterbringung gefährdeter Aktivisten an
sicheren Orten.
2.8. Überprüfung der EU-Menschenrechtspolitik
Am 12. Dezember 2011 nahm die Europäische Kommission eine gemeinsame Mitteilung mit dem
Titel "Menschenrechte und Demokratie im Mittelpunkt des auswärtigen Handelns der EU – Ein
wirksamerer Ansatz" an, die von der Hohen Vertreterin vorgestellt wurde. Die Mitteilung war das
Ergebnis eines längeren Prozesses, der auf die Erörterung während des Gymnich-Treffens
(informelles Treffen der EU-Außenminister) im März 2010 in Cordoba zurückgeht. Die Mitteilung
war im Rahmen informeller Treffen in Madrid, Brügge, Budapest und Warschau vorbereitet
worden; berücksichtigt wurden ferner Empfehlungen, die verschiedene Interessengruppen auf dem
EU-NRO-Forum formuliert hatten.
Das Ziel der Mitteilung, das gleich zu Beginn des Dokuments genannt wird, besteht darin "eine
Diskussion mit den anderen europäischen Einrichtungen darüber ein[zuleiten], wie die Außenpolitik
der EU auf dem Gebiet Menschenrechte und Demokratie aktiver, kohärenter und wirksamer
gestaltet werden kann". Diese Zielsetzung ist eine Reaktion auf das im Vertrag von Lissabon
enthaltene Versprechen, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in den Mittelpunkt
allen auswärtigen Handelns zu stellen und die Kohärenz zwischen den einzelnen Bereichen des
auswärtigen Handelns sowie die Umsetzung der Grundsätze der Außenpolitik der EU
sicherzustellen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 87 – Drucksache 17/12922
Als Kernziel der EU wird genannt, "Menschenrechtsverletzungen zu verhindern und im Fall ihres
Auftretens dafür zu sorgen, dass die Opfer Zugang zur Justiz und Wiedergutmachung erhalten und
die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden". Mit der Absicht, eine tiefgreifende
Verbesserung der Effizienz der EU bei der Verwirklichung dieses Ziels herbeizuführen, wird in der
Mitteilung ein Ausblick darauf vorgelegt, wie die EU ihr Handeln auf internationaler Ebene
ausweiten, intensivieren und straffen wird. Dabei wird bekräftigt, dass die EU für die Universalität,
Unteilbarkeit und Interdependenz sämtlicher Menschenrechte – bürgerlicher, politischer,
wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Art – eintritt.
In der Mitteilung werden Maßnahmen in folgenden vier Bereichen vorgeschlagen:
a) Neuorganisation der Durchführungsmechanismen: wirksames, maßgeschneidertes Handeln
Hier besteht das Ziel darin, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen einem traditionellen Top-down-
Ansatz für die Festlegung von Strategien und Prioritäten und einem maßgeschneiderten Ansatz
herzustellen, bei dem die Umstände berücksichtigt werden, unter denen die jeweilige Strategie
angewendet werden soll. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist die Entwicklung von Menschen-
rechtsstrategien für einzelne Länder. Eine weitere Möglichkeit ist die Verfolgung eines auf
Kampagnen gestützten Ansatzes, der beispielsweise für die drei von der Hohen Vertreterin
vorgeschlagenen Themen Justizreform, Rechte von Frauen und Rechte von Kindern in Frage
kommt. Diese flexiblen Arbeitsweisen lassen sich mit dem Ansatz verknüpfen, der seit den
Ereignissen des Arabischen Frühlings in der Europäischen Nachbarschaft und darüber hinaus
verfolgt wird. Sie erfordern eine umfassende und systematische partnerschaftliche Zusammenarbeit
mit der Zivilgesellschaft einschließlich der Menschenrechtsverteidiger.
b) Ein kohärenter politischer Ansatz
Hier wird angestrebt, eine rundum kohärente Politik zu verfolgen, bei der eine Verzahnung
verschiedener Politikbereiche erfolgt, in denen zuweilen möglicherweise bis zu einem gewissen
Grade autonom gehandelt wurde: Handel, Konfliktverhütung, Krisenbewältigung,
Terrorismusbekämpfung sowie Freiheit, Sicherheit und Recht.
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Leitgrundsatz ist dabei folgende Feststellung, die Kofi Annan in seinem Bericht "In größerer
Freiheit" getroffen hat: "Wir können ohne Entwicklung keine Sicherheit genießen, kommen ohne
Sicherheit nicht in den Genuss der Entwicklung und können beides nicht genießen, wenn nicht die
Menschenrechte geachtet werden." Dies bedeutet, dass sämtliche Instrumente der EU, von der
Entwicklungszusammenarbeit bis hin zu Menschenrechtsklauseln in Übereinkünften, kohärent und
konsequent angewandt werden.
c) Aufbau starker Partnerschaften
Dies umfasst multilaterale, regionale und bilaterale Partnerschaften. Ziel ist es, die Wirkung des
Dialogs zu maximieren und die Bedingungen der internationalen Debatte durch eine kluge
Diplomatie zu gestalten.
d) Europas kollektives Gewicht in die Waagschale werfen
Hier soll dafür gesorgt werden, dass alle Anstrengungen der EU weiterhin in die gleiche Richtung
zielen. Dabei muss zunächst gewährleistet sein, dass alle betroffenen Bediensteten eine Fortbildung
zu den Themen Menschenrechte und Demokratie erhalten. Außerdem sind neue Überlegungen zur
Kommunikationspolitik der EU gegenüber der übrigen Welt erforderlich. Diesbezüglich ist
denkbar, dass ein Sonderbeauftragter der EU für Menschenrechte ernannt wird.
Am 13. Dezember 2011 hat die Hohe Vertreterin, Catherine Ashton, die Mitteilung dem Euro-
päischen Parlament vorgestellt. Dies eröffnete den Weg für einen Austausch – sowohl innerhalb der
einzelnen EU-Organe als auch zwischen ihnen – über die Entwicklung eines effizienteren und
umfassenderen Ansatzes in Menschenrechts- und Demokratiefragen. Dieser Prozess soll im Jahr
2012 abgeschlossen werden.
NB: In der Mitteilung wurde vorgeschlagen, dass die EU in ihrem Jahresbericht über Menschen-
rechte und Demokratie in der Welt über ihre Leistungen Rechenschaft ablegt, damit die Fortschritte
beim Erreichen der in der Mitteilung genannten Ziele gemessen werden können. Dadurch erhalten
alle Akteure der EU-Politik einschließlich der Zivilgesellschaft Gelegenheit, die Auswirkungen der
EU-Maßnahmen zu beurteilen und an der Festlegung künftiger Prioritäten mitzuwirken. Infolge-
dessen ist damit zu rechnen, dass das derzeitige Berichtsformat vor Herausgabe des nächsten
Jahresberichts überprüft wird.
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3. THEMENSCHWERPUNKTE
THEMENSCHWERPUNKTE IM ZUSAMMENHANG MIT EU-LEITLINIEN
3.1 Todesstrafe
Die EU ist entschieden und grundsätzlich gegen die Todesstrafe und ist weltweit einer der
wichtigsten Akteure im Kampf gegen die Todesstrafe.
Die EU ist der Ansicht, dass die Abschaffung der Todesstrafe zur Förderung der menschlichen
Würde und zur fortschreitenden Entwicklung der Menschenrechte beiträgt. Sie betrachtet die
Todesstrafe als eine grausame und unmenschliche Strafe, die nicht vor strafbarem Verhalten
abschreckt. Justizirrtümer – wie sie in jedem Rechtssystem unvermeidlich sind – können nicht mehr
korrigiert werden. Länder, in denen die Todesstrafe noch besteht, ruft die EU auf, ihre Anwendung
schrittweise einzuschränken, und sie drängt darauf, dass bei ihrer Vollstreckung die internationalen
Mindeststandards eingehalten werden. Die Leitlinien für die Politik der EU betreffend die
Todesstrafe, die 2008 überarbeitet wurden, bilden auch weiterhin das wichtigste Instrument für
systematische Maßnahmen gegenüber Drittländern.
Da die Tätigkeit in diesem Bereich zu den wichtigsten Prioritäten ihrer auswärtigen Menschen-
rechtspolitik zählt, hat die EU sich weiter mit allen ihr zur Verfügung stehenden Instrumenten der
Diplomatie und der Zusammenarbeit für die Abschaffung der Todesstrafe eingesetzt.
Anlässlich des Europäischen Tages gegen die Todesstrafe und des Welttages gegen die Todesstrafe
gaben die Europäische Union und der Europarat am 10. Oktober 2010 eine gemeinsame Erklärung
ab, in der sie bekräftigten, dass sie die Todesstrafe unter allen Umständen ablehnen und für ihre
weltweite Abschaffung eintreten. Die Hohe Vertreterin äußerte sich in einer Pressemitteilung wie
folgt: "Ich persönlich werde – wie auch die Europäische Union insgesamt – unermüdlich dafür
eintreten, dass die Todesstrafe, die in der modernen Welt keinen Platz hat, beseitigt wird". Die EU-
Delegationen in der ganzen Welt führten aus diesem Anlass zahlreiche Seminare,
Pressekonferenzen, Ausstellungen und Veranstaltungen durch.
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Im Jahr 2011 hat die EU am 11. März die Abschaffung der Todesstrafe im US-Bundesstaat Illinois
begrüßt. Sie begrüßte ferner am 30. Juni die Entscheidung der äthiopischen Regierung, das
bestehende Moratorium für Hinrichtungen aufrechtzuerhalten. Hingegen bedauerte die EU die
weitere umfangreiche Anwendung der Todesstrafe in anderen US-Bundessstaaten und anderen
Teilen der Welt. Iran und die USA waren dabei besonders im Fokus, aber auch in vielen anderen
Ländern wurden auf der Grundlage der im Völkerrecht und in den EU-Leitlinien zur Todesstrafe
festgelegten Mindeststandards Erklärungen abgegeben und Demarchen unternommen.
Die EU hat ihre Ablehnung der Todesstrafe weiterhin in allen relevanten Gremien, insbesondere in
den VN, der OSZE und im Europarat, zur Sprache gebracht. Im Rahmen der OSZE gab die EU
mehrere Erklärungen ab, in denen sie – im Einklang mit den von der VN-Generalversammlung in
den Jahren 2007, 2008 und 2010 verabschiedeten Resolutionen – die Hinrichtungen in den USA
zutiefst beklagte, die Anwendung der Todesstrafe in allen Fällen und unter allen Umständen
ablehnte und ein globales Moratorium als ersten Schritt auf dem Weg zu ihrer weltweiten
Abschaffung forderte (Erklärungen der EU im Ständigen Rat der OSZE vom 2. und 10. Juni, 1. und
22. September, 10. November und 1. Dezember 2011).
Ferner beklagte die EU am 15. Dezember 2011 im Ständigen Rat der OSZE die in Belarus
verhängten Todesurteile. Hingegen begrüßte sie die Abschaffung der Todesstrafe im US-
Bundesstaat Illinois (die Erklärung der Hohen Vertreterin im Namen der EU vom 11. März 2011
wurde am 17. März 2011 im Ständigen Rat der OSZE wiederholt).
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 91 – Drucksache 17/12922
Die EU bleibt der größte Geldgeber für die Bemühungen von Organisationen der Zivilgesellschaft
um die Abschaffung der Todesstrafe weltweit. Die Abschaffung der Todesstrafe ist eine der
thematischen Prioritäten im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und
Menschenrechte (EIDHR). Im Juni 2011 erging eine neue weltweite Aufforderung zur Einreichung
von Vorschlägen, die mit einem Volumen von 7 Mio. EUR ausgestattet ist. Dementsprechend
werden im Jahr 2012 Mittel für mehrere neue Maßnahmen vergeben, die auf die Umsetzung der
EU-Leitlinien zur Todesstrafe abzielen. Im Rahmen der laufenden Projekte haben die sich für die
Abschaffung der Todesstrafe einsetzenden Organisationen der Zivilgesellschaft im Jahr 2011 mit
ihrer regen Aktivität dazu beigetragen, dass beachtliche Ergebnisse erzielt werden konnten, wie
etwa die Abschaffung der Todesstrafe in Illinois. Zwei wichtige Regierungskonferenzen in Kigali
und Rom, die beide von Organisationen der Zivilgesellschaft ausgerichtet und mit EIDHR-Mitteln
finanziert wurden, gaben der Debatte über die Abschaffung der Todesstrafe neue Impulse, nicht
zuletzt auch im Hinblick auf die Abstimmung über das Moratorium in der VN-
Generalversammlung im Jahr 2012. In allen Teilen der Welt sind die EIDHR-Partner in der
Lobbyarbeit, der Interessenvertretung und den Bereichen Forschung, Öffentlichkeitsarbeit,
Rechtsberatung und Ausbildung tätig geworden.
Die Liste der Güter, die nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1236/2005 (Handel mit
bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zu Folter verwendet werden
könnten) Ausfuhrkontrollen unterliegen, wurde im Dezember 2011 von der Europäischen
Kommission dahin gehend erweitert, dass sie nun auch Thiopental-Natrium und ähnliche Stoffe, die
für tödliche Injektionen verwendet werden, erfasst.
Fallbeispiel
Die EU hat seit 2008 den Fall Troy Davis, eines US-Bürgers, der 1991 im Staat Georgia zum Tode
verurteilt wurde, sehr aufmerksam verfolgt und diesbezüglich mehrmals interveniert. Troy Davis
war für schuldig befunden worden, den Polizeibeamten Mark Allen McPhail ermordet zu haben.
Der Schuldspruch war nicht auf objektive Beweise gestützt, sondern auf Zeugenaussagen, und
während des Prozesses widerriefen sieben der neun Belastungszeugen ihre Aussage. Trotzdem wies
der Oberste Gerichtshof der USA die von Troy Davis eingelegte Berufung am 28. März 2011
zurück.
Am Mittwoch, den 21. September 2011, wurde Troy Davis hingerichtet. Die Hohe Vertreterin,
Catherine Ashton, gab eine Erklärung ab, in der sie die Hinrichtung zutiefst beklagte und darauf
hinwies, dass die EU wiederholt die Umwandlung der gegen Davis verhängten Strafe gefordert
hatte, weil "an den Beweisen, die zu Troy Davis' Verurteilung führten, […] immer ernste und
zwingende Zweifel bestanden [haben]".
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Drucksache 17/12922 – 92 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3.2. Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung
oder Strafe
Gemäß den EU-Leitlinien betreffend Folter hat die EU durch Initiativen in internationalen Gremien
und bilaterale Demarchen in Drittländern weiterhin eine führende Rolle gespielt und sich weltweit
gegen Folter und andere Formen grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder
Strafe eingesetzt; ferner hat sie die Umsetzung der Leitlinien vor Ort verbessert und umfangreiche
Unterstützung für entsprechende Projekte von Organisationen der Zivilgesellschaft geleistet. Die
Ratsgruppe "Menschenrechte" (COHOM) hat eine überarbeitete Fassung der Leitlinien
angenommen.
Auf der 66. Tagung der VN-Generalversammlung haben die EU-Mitgliedstaaten eine Resolution
mitgetragen, mit der alle Formen von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder
erniedrigender Behandlung oder Strafe – auch durch Einschüchterung – verurteilt werden. Die von
Dänemark vorgelegte Resolution wurde einvernehmlich verabschiedet. In ihren auf der Tagung der
VN-Generalversammlung abgegebenen Erklärungen vertrat die EU die Auffassung, dass die
Resolution deutlich mache, welchen Wert die internationale Gemeinschaft der Menschenwürde
beimesse. Ferner verurteilte die Generalversammlung alle Maßnahmen zur Legalisierung,
Zulassung oder stillschweigenden Duldung von Folter, gleichviel unter welchen Umständen,
einschließlich aus Gründen der nationalen Sicherheit oder auf Grund gerichtlicher Entscheidungen,
und forderte die Staaten nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass die Verantwortlichen für alle
derartigen Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden.
Im März 2011 haben die EU-Mitgliedstaaten ferner im VN-Menschenrechtsrat eine Resolution in
Bezug auf Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
mitgetragen, die das Mandat des Sonderberichterstatters betrifft. Mit der Resolution wurde das
Mandat des Sonderberichterstatters über Folter und andere grausame, unmenschliche oder
erniedrigende Behandlung oder Strafe um weitere drei Jahre verlängert.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 93 – Drucksache 17/12922
In ihrer jährlichen Erklärung zum Internationalen Tag der Vereinten Nationen zur Unterstützung
von Folteropfern hat die EU am 26. Juni 2011 hervorgehoben, dass sie der weltweiten Abschaffung
der Folter sowie der vollständigen Rehabilitation von Folteropfern vorrangige Bedeutung beimisst,
wobei sie erneut darauf hinwies, dass die Staaten dauerhafte, entschlossene und effiziente Maß-
nahmen ergreifen müssen, um jede Form der Folter und andere grausame, unmenschliche oder
erniedrigende Behandlung oder Strafe zu verhindern und zu bekämpfen. Die EU betonte, dass sie
der Rolle der VN bei der Bekämpfung von Folter und der Unterstützung von Opfern herausragende
Bedeutung beimisst, und hob hervor, dass sie den VN-Sonderberichterstatter über Folter, den
freiwilligen Fonds der VN für Opfer der Folter, das OHCHR, den VN-Ausschuss gegen Folter (UN
CAT) sowie andere Mechanismen, die wertvolle Beiträge auf diesem Gebiet leisten, wie das
Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender
Behandlung oder Strafe (CPT) des Europarats, unterstützt.
Im Einklang mit den EU-Leitlinien betreffend Folter hat die EU im Rahmen des politischen Dialogs
und mittels Demarchen gegenüber Drittländern weiterhin aktiv ihre Besorgnis über Folter zur
Sprache gebracht. Bei solchen Kontakten, die je nach Fall vertraulich oder öffentlich stattfinden,
werden sowohl das Thema Folter als auch Einzelfälle in bestimmten Ländern sowie allgemeinere
Fragen erörtert. Die EU hat auch 2011 in einer Reihe von Ländern Einzelfälle aufgegriffen. Sie
brachte die Lage in Bezug auf Folter und Misshandlung in ihren regelmäßigen
Menschenrechtsdialogen mit Drittländern immer wieder zur Sprache.
Über 60 EU-Delegationen in allen Teilen der Welt haben den Kampf gegen Folter als vorrangiges
Handlungsfeld bezeichnet, wobei die Mehrheit dieser Delegationen auch konkrete Maßnahmen
nannte, die in ihren Gastländern durchgeführt werden müssten. Die EU hat die Praxis regelmäßiger
vertraulicher Berichte zu den Menschenrechten, einschließlich Folter, die von ihren Missionschefs
in Drittländern erstellt werden, fortgesetzt. Ferner gab sie u.a. in multilateralen Gremien wie den
VN und der OSZE eine Reihe von Erklärungen zu Folter ab und prüfte Mittel und Wege für eine
bessere Koordination mit dem UN CAT und dem VN-Unterausschuss zur Verhinderung von Folter
und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (SPT).
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Drucksache 17/12922 – 94 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Einhaltung von regionalen und internationalen Übereinkünften über Folter und grausame,
unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe durch die Mitgliedstaaten der EU
unterliegt einer strengen internationalen Kontrolle. Die Mitgliedstaaten der EU haben gemeinsam
eine ständige Einladung an die Sondermechanismen der VN zu den Menschenrechten, darunter
auch an den Sonderberichterstatter über Folter, gerichtet.
Der hohe Stellenwert, den die EU der Bekämpfung von Folter einräumt, zeigt sich an den erheb-
lichen finanziellen Mitteln, die sie weltweit für Projekte von Akteuren der Zivilgesellschaft
bereitstellt. Das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) hat 2011
neue Aktionen der Zivilgesellschaft zur Verhütung von Folter und zur Rehabilitation von Folter-
opfern unterstützt. Mit der Auswahl der Themen im Rahmen der weltweiten Aufforderungen zur
Einreichung von Vorschlägen wird das Ziel verfolgt, die Politik der EU zu stärken und insbe-
sondere die Umsetzung der EU-Leitlinien betreffend Folter, die der Rat der EU 2001 verabschiedet
hatte, zu fördern. Mit den erheblichen finanziellen Mitteln, die für Projekte bereitgestellt wurden,
konnten die Rehabilitation von Folteropfern und Opfern von Verschleppungen unterstützt, das
allgemeine Wissen über die Ursachen von Folter verbessert und die Sensibilisierung für das
Fakultativprotokoll zum Übereinkommen gegen Folter (OPCAT) verstärkt werden. Beispielsweise
wird in Sri Lanka und in Nepal ein spezielles Projekt durchgeführt, um die Staatsbeamten besser in
die Lage zu versetzen, Folter und Misshandlung in Polizei und Armee zu verhindern und zu
bekämpfen. In anderen Teilen der Welt werden Projekte durchgeführt, um Untersuchungs-,
Informations- und Warnmechanismen in Bezug auf Folter und Misshandlung zu stärken (Guinea,
Mexiko und Russland). Außerdem hat das EIDHR Maßnahmen zur Stärkung der Zusammenarbeit
zwischen medizinischen und rechtlichen Experten bei der Dokumentierung von Folterfällen und
anderen Formen grausamer und erniedrigender Behandlung auf den Philippinen, ferner zur besseren
Überzeugungsarbeit im Hinblick auf die Schaffung eines nationalen Präventionsmechanismus und
zur besseren Prozessführung in Fällen von Folter sowie zur besseren weltweiten Bekämpfung der
Straflosigkeit finanziert. In Libyen unterstützt das EIDHR ferner ein wichtiges Projekt, das
gemeinsam vom Internationalen Rehabilitationsrat für Folteropfer (IRCT) und der Weltorganisation
gegen Folter (OMCT) durchgeführt wird und darauf abzielt, bei ganzheitlicher Betrachtung der
Folterproblematik die Opfer von Folter und Verschleppung in der Zeit nach Gaddafi zu betreuen
und bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 95 – Drucksache 17/12922
3.3. Rechte des Kindes
Die Europäische Union setzt sich in ihrer Außen- und Innenpolitik für den Schutz und die
Förderung der Rechte des Kindes ein. Um für Kohärenz beim Schutz der Rechte des Kindes zu
sorgen, hat die Kommission in ihrer im Februar 2011 vorgelegten Mitteilung "Eine EU-Agenda für
die Rechte des Kindes" die innen- und außenpolitischen Ziele in einem einzigen Orientierungs-
dokument zusammengefasst.
Im Rahmen der auswärtigen Menschenrechtspolitik der EU wurden zahlreiche politische
Instrumente entwickelt, um die Förderung und den Schutz der Rechte des Kindes in den
Außenbeziehungen der EU zu gewährleisten, was in erster Linie durch ein kontinuierliches und
systematisches Vorgehen erreicht werden soll.
Die EU-Leitlinien für die Rechte des Kindes (2007) dienen der weltweiten Förderung der Rechte
des Kindes durch Umsetzung des VN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes und der
zugehörigen Fakultativprotokolle und durch Berücksichtigung der Rechte des Kindes in allen
Politikbereichen und bei allen Maßnahmen der EU. 2007 und 2009 war die Bekämpfung von
Gewalt gegen Kinder als Schwerpunktbereich für die Umsetzung der Leitlinien festgelegt worden;
hierzu wurden in enger Zusammenarbeit mit UNICEF und der Zivilgesellschaft folgende zehn
Pilotländer ausgewählt: Armenien, Barbados, Brasilien, Ghana, Indien, Iran, Jordanien, Kenia,
Marokko und Russland. 2011 hat die EU eine Überprüfung ihrer Leitlinien betreffend Kinder
eingeleitet, um die jüngsten internationalen und internen Entwicklungen zu berücksichtigen.
Beispielsweise ging die EU dazu über, ihre Menschenrechtsprioritäten lokal festzulegen, und mehr
als die Hälfte der EU-Missionschefs beschloss, sich für die Förderung der Rechte des Kindes
einzusetzen.
Nach der 2010 erfolgten Annahme von Schlussfolgerungen des Rates hat die EU im Jahr 2011 ihre
Maßnahmen gegen Kinderarbeit erheblich erweitert. Es wurden mehrere Initiativen durchgeführt,
wie etwa die Aufnahme der Kinderrechtsbelange in die Mitteilung der Kommission über die soziale
Verantwortung von Unternehmen und in die Leitlinien der Kommission für ein sozial
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Drucksache 17/12922 – 96 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU stützt sich bei ihrer Kinderrechtspolitik auf eine Reihe von Instrumenten. Der politische
Dialog bietet die Möglichkeit, die Ratifizierung und die effektive Durchführung der internationalen
Übereinkünfte über die Rechte des Kindes zu fördern. 2011 standen die Rechte des Kindes
regelmäßig auf der Tagesordnung des politischen Dialogs und des Menschenrechtsdialogs mit
Drittländern.
Die jährliche Fortbildung in Bezug auf die Rechte des Kindes, die in Zusammenarbeit mit dem
Kinderhilfswerk Save the Children und UNICEF durchgeführt wird, wurde den EU-Bediensteten im
November 2011 angeboten, um die Handlungsfähigkeit der EU zu stärken.
Auch bei der bilateralen und multilateralen Zusammenarbeit müssen die Rechte des Kindes
umfassend berücksichtigt werden. Die EU hat in verschiedenen VN-Gremien aktiv an der
Förderung der Rechte des Kindes mitgewirkt. Sie legte im März 2011 im Menschenrechtsrat
zusammen mit der Gruppe Lateinamerika und Karibik (GRULAC) eine thematische Resolution zu
Kindern, die auf der Straße arbeiten und leben, vor und brachte auf der 66. Tagung der VN-
Generalversammlung Globalresolutionen ein.
Der Prozess der EU-Erweiterung ist ebenfalls ein starkes Instrument, das zur Förderung der Rechte
des Kindes und zur Förderung von Reformen im Bereich des Kinderschutzes in den
Bewerberländern und potenziellen Bewerberländern genutzt werden kann.
Die Entwicklungszusammenarbeit ist ein weiteres starkes Instrument, das zur Förderung und zum
Schutz der Rechte des Kindes eingesetzt wird. Im Rahmen der 2011 ergangenen Aufforderung zur
Einreichung von Vorschlägen für das thematische Programm "In Menschen investieren" wurden
mehrere Projekte zum Thema Kinderarbeit mit einem Gesamtwert von 11 Mio. EUR ausgewählt.
Außerdem unterstützte die EU weitere Projekte durch verschiedene geografische Mittel-
zuweisungen. Da Kinder in Krisenzeiten besonders gefährdet und schutzbedürftig sind, sorgt die
EU außerdem dafür, dass die besonderen Bedürfnisse von Kindern im Rahmen der humanitären
Hilfe umfassend berücksichtigt werden; dies gilt insbesondere für unbegleitete Kinder bzw. für
Kinder, die von ihren Eltern getrennt wurden, und für Kinder, die von Streitkräften oder
bewaffneten Gruppen rekrutiert wurden oder Opfer sexueller Gewalt sind oder dem Risiko einer
HIV-Infektion ausgesetzt sind.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 97 – Drucksache 17/12922
Fallbeispiel: Kampf gegen Kinderarbeit
2011 hat die Europäische Kommission die Laufzeit des Projekts "TACKLE", das in Zusammen-
arbeit mit der IAO durchgeführt wird, verlängert. Mit diesem Projekt wird Kinderarbeit, insbe-
sondere ihre schlimmsten Formen, in folgenden 11 Ländern in Afrika, der Karibik und im
Pazifischen Raum bekämpft: Kenia, Sambia, Sudan, Madagaskar, Mali, Angola, Jamaika, Papua-
Neuguinea, Fidschi, Guyana und Sierra Leone. Im Rahmen des mit 14,75 Mio. EUR ausgestatteten
Projekts wird versucht, den Ursachen der Kinderarbeit zu begegnen und den Kindern Alternativen
zu bieten, indem ihnen Zugang zu Grundbildung und Ausbildung gewährt wird. Das Projekt trägt
damit zur Erreichung der Milleniums-Entwicklungsziele hinsichtlich des universellen Zugangs zur
Primarbildung bei.
3.4. Kinder und bewaffnete Konflikte
Die EU räumt der Hilfe für Kinder in bewaffneten Konflikten hohe Priorität ein. Mit ihren (im
Jahr 2003 angenommenen und im Jahr 2008 überarbeiteten) Leitlinien zum Thema Kinder und
bewaffnete Konflikte verpflichtet sich die EU, die Auswirkungen bewaffneter Konflikte auf Kinder
umfassend anzugehen, d.h. unter Einsatz von Konfliktverhütungsinstrumenten sowie durch Maß-
nahmen zur Krisenbewältigung, Entwaffnung nach Konflikten, Demobilisierung und Reintegration.
Die EU erhält von ihren Missionschefs, militärischen Befehlshabern und Sonderbeauftragten
Berichte über die von bewaffneten Konflikten betroffenen Kinder und begleitet die Lage durch
diplomatische Initiativen sowie im Rahmen des politischen Dialogs, der multilateralen Zusammen-
arbeit und der Krisenbewältigung.
Die EU konzentriert sich bei der Umsetzung der Leitlinien auf die folgenden 20 vorrangigen Länder
oder Gebiete: Afghanistan, Burundi, Côte d'Ivoire, Haiti, Irak, Israel, Jemen, Kolumbien,
DR Kongo, Libanon, Birma/Myanmar, Nepal, besetzte Palästinensische Gebiete, Philippinen,
Somalia, Sri Lanka, Sudan, Tschad, Uganda und Zentralafrikanische Republik. Die Liste der von
der EU als vorrangig betrachteten Länder deckt sich mit der VN-Liste der Organisationen, die an
bestimmten schweren Verletzungen der Rechte der Kinder in bewaffneten Konflikten beteiligt sind;
die VN-Liste wird jährlich vom VN-Sicherheitsrat überprüft.
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Drucksache 17/12922 – 98 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU-Delegationen wenden bei ihrer täglichen Arbeit die 39 konkreten Maßnahmen an, die in der
im Dezember 2010 überarbeiteten Umsetzungsstrategie aufgeführt sind. Die EU hat im Rahmen der
themengebundenen Instrumente, wie etwa des Europäischen Instruments für Demokratie und
Menschenrechte (EIDHR) und des Programms "In Menschen investieren", sowie über länder-
spezifische Programme, wie etwa die aus dem Europäischen Entwicklungsfonds finanzierten
Entwaffnungs-, Demobilisierungs- und Reintegrationsprojekte, eine Reihe von Projekten finanziert
und durchgeführt.
Wie in den vergangenen Jahren hat sich die EU auch 2011 um eine enge Zusammenarbeit mit den
Vereinten Nationen bemüht. Gemeinsam mit der Gruppe der lateinamerikanischen Staaten handelte
sie in der VN-Generalversammlung eine Resolution aus, mit der das Mandat des
Sonderbeauftragten des VN-Generalsekretärs für Kinder und bewaffnete Konflikte verlängert
wurde.
2011 hat die EU eine thematische Lobbykampagne unternommen, um für die Ratifizierung von
zwei Fakultativprotokollen zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes sowie zum
Übereinkommen 182 der IAO zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit zu
werben.
Fallbeispiel: Reintegration der von bewaffneten Konflikten betroffenen Kinder
Die EU fördert hinsichtlich der von bewaffneten Konflikten betroffenen Kinder sowie deren
Wiedereingliederung und Rehabilitation einen inklusiven, umfassenden und langfristigen Ansatz. In
den als vorrangig betrachteten Ländern sind zahlreiche Projekte durchgeführt worden. In
Zusammenarbeit mit War Child Holanda leistete die EU einen Beitrag zur Selbstbefähigung von
Kindern, die der Gefahr der Rekrutierung durch bewaffnete Gruppen in Kolumbien ausgesetzt sind,
indem sie Ausbildungsmaßnahmen anbot, die für die Eingliederung der Betroffenen in die
Gesellschaft nützlich sind. Dieses EIDHR-Projekt mit einer Mittelausstattung von 600.000 EUR
bietet Opfern im Kindesalter auch eine psycho-soziale Betreuung und unterstützt ihre Kontakt-
aufnahme mit den Zuweisungsmechanismen und sozialen Diensten auf nationaler Ebene. Im
Rahmen eines weiteren Projekts in Kolumbien, das von Mercy Corps durchgeführt wird (749.859
EUR), wurde mit lokalen Gebietskörperschaften zusammengearbeitet, um die Demobilisierung und
Wiedereingliederung von 70 Kindern – früheren Kombattanten – zu fördern. 2011 wurden
mindestens 10 weitere derartige Projekte in Kolumbien durchgeführt.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 99 – Drucksache 17/12922
3.5. Menschenrechtsverteidiger
Das Engagement der EU für die Unterstützung der Arbeit von Menschenrechtsverteidigern steht im
Mittelpunkt der politischen Maßnahmen, mit denen sich die EU weltweit für den Schutz und die
Förderung der Menschenrechte einsetzt. Seit 2004 sorgen die EU-Leitlinien betreffend den Schutz
von Menschenrechtsverteidigern für die Bündelung der EU-Maßnahmen in diesem Bereich, indem
sie aufzeigen, wie Menschenrechtsverteidiger, die in Drittländern tätig sind, praktisch unterstützt
werden können.
Das fortwährende Engagement für die Umsetzung der Leitlinien war wichtiger denn je, da sich das
weltweite politische Umfeld für Menschenrechtsverteidiger 2011 trotz der Ereignisse des
Arabischen Frühlings – bzw. in einigen Fällen gerade wegen dieser Ereignisse – kaum mit positiven
Worten beschreiben ließ. In vielen Ländern ist zu beobachten, dass sich die demokratischen Räume
verengen, dass die Zivilgesellschaft im Allgemeinen und die Menschenrechtsverteidiger im
Besonderen zunehmend unter Repression zu leiden haben und dass die Grundfreiheiten weiterhin
massiv verletzt werden. Angesichts dieser besorgniserregenden Praktiken wurde die Lage der
Menschenrechtsverteidiger im Einklang mit den Leitlinien immer wieder in bilateralen Kontakten
mit Partnerländern im Rahmen der Menschenrechtsdialoge oder durch diplomatische Demarchen
zur Sprache gebracht. Parallel dazu hat die EU im November 2011 die Resolution des Dritten
Ausschusses der VN-Generalversammlung über Menschenrechtsverteidiger mitgetragen und die
besonderen Verfahren des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen, insbesondere den VN-
Sonderbeauftragten für Menschenrechtsverteidiger und entsprechende regionale Mechanismen zum
Schutz von Menschenrechtsverteidigern, nachdrücklich öffentlich unterstützt. Die EU beteiligte
sich auch an Koordinierungssitzungen mit anderen internationalen Organisationen und Mandats-
trägern, die sich mit dem Thema Menschenrechtsverteidiger befassen, um die internationale
Unterstützung für deren Arbeit zu verstärken.
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Drucksache 17/12922 – 100 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Im Rahmen der EU-Leitlinien betreffend den Schutz von Menschenrechtsverteidigern werden die
EU-Missionen aufgefordert, lokale Strategien für Menschenrechtsverteidiger festzulegen. Ferner
soll einmal jährlich ein Treffen von Menschenrechtsverteidigern und Diplomaten organisiert
werden; Abstimmung und Informationsaustausch sollen verbessert werden und es soll ein
Verbindungsbeamter der EU für Menschenrechtsverteidiger ernannt werden. So wurden bis Ende
2011 81 Treffen mit Menschenrechtsverteidigern abgehalten, 81 lokale Strategien für Menschen-
rechtsverteidiger festgelegt und 89 EU-Verbindungsbeamte ernannt. Die lokalen Strategien
enthalten eine Reihe interessanter Vorschläge zur Verbesserung der konkreten Wirkung der
Leitlinien und der entsprechenden Ergebnisse. Die lokalen Strategien haben gezeigt, dass es
verschiedene Möglichkeiten für eine stärkere Unterstützung der Menschenrechtsverteidiger in der
Praxis gibt und dass Menschenrechtsverteidiger von den Diplomaten der EU in ihrer Arbeit auf dem
Gebiet der Menschenrechte zunehmend als entscheidende Gesprächspartner anerkannt werden.
Ferner wurden Anstrengungen unternommen, um den Weg für eine freiwillige europäische
Initiative zu bereiten, deren Ziel darin besteht, die Menschenrechtsverteidiger, die dringend ihre
Herkunftsländer verlassen müssen, im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und
Menschenrechte (EIDHR) vorübergehend an sicheren Orten unterzubringen. Im April 2011 gab die
Kommission eine Studie in Auftrag, deren Ziel darin bestand, die in diesem Bereich inner- und
außerhalb Europas bestehenden Initiativen zu erfassen und Empfehlungen hinsichtlich des
Zusatznutzens eines Systems der EU für die vorübergehende Unterbringung gefährdeter
Menschenrechtsverteidiger zu formulieren. Die einschlägige Initiative der EU soll die bereits
bestehenden Schutzprogramme, die von verschiedenen Akteuren wie etwa EU-Mitgliedstaaten
(z.B. Spanien oder Irland), Regionen, Städten, Universitäten und NRO durchgeführt werden,
ergänzen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 101 – Drucksache 17/12922
Das politische Engagement der EU für die Unterstützung von Menschenrechtsverteidigern wird
ergänzt durch die über das EIDHR erfolgende gezielte finanzielle Hilfe für mehrere Organisationen,
die die Arbeit von Menschenrechtsaktivisten unterstützen. 2011 wurden elf neue Projekte zur Unte-
rstützung von Menschenrechtsverteidigern im Gesamtwert von über 11 Mio. EUR vergeben, und es
erging eine neue Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen mit einem Mittelumfang von über
15 Mio. EUR. Die elf Projekte, die 2011 ausgewählt wurden, dienen der Unterstützung unterschied-
licher Kategorien von Menschenrechtsverteidigern, wie etwa Verteidigern der Rechte von
Migranten in Lateinamerika, Journalisten in Ostafrika, Rechtsanwälten in der Region der Großen
Seen, Verteidigern der Rechte indigener Völker in Asien, Umwelt- und Landrechtsaktivisten in
allen Teilen der Welt oder Gewerkschaftern in Asien, Lateinamerika und Afrika. Einige dieser
Projekte sehen Schnellreaktionsmechanismen zur Unterstützung dringend schutzbedürftiger
Menschenrechtsverteidiger vor, während andere auf die Stärkung der Handlungsfähigkeit von
Menschenrechtsverteidigern ausgerichtet sind. Zu den Maßnahmen zählen die Durchführung von
Schulungen zu Rechts- und Sicherheitsfragen, dringende Interventionen und Feldmissionen, um die
Isolation von schikanierten Menschenrechtsverteidigern zu durchbrechen und ihre Handlungs-
fähigkeit zu unterstützen, eine Hotline zur Unterstützung unmittelbar gefährdeter Menschenrechts-
verteidiger und direkte Hilfe für bedürftige Menschenrechtsverteidiger (Bereitstellung von kugel-
sicheren Westen und Helmen, Unterbringung in anderen Ländern, Rechtsberatung, medizinische
Hilfe usw.)
Parallel dazu hat die Kommission 2011 im Rahmen der Notfall-Fazilität für Menschenrechts-
verteidiger, die aufgrund von Artikel 9 der EIDHR-Verordnung eingerichtet wurde, 28 kleine
Zuschüsse über insgesamt 247.000 EUR gewährt, um über 100 einzelne Aktivisten und mehrere
lokale Menschenrechtsorganisationen dabei zu unterstützen, Schutz- und Sicherheitsausrüstung für
ihre Wohn- und Büroräume sowie IT- und sonstige Kommunikationsausrüstung für ihre Arbeit zu
erwerben, um Anwaltskosten für inhaftierte Menschenrechtsverteidiger zu decken, um Unter-
stützung für ärztliche Versorgung und Rehabilitation zu leisten oder um gefährdete Menschen-
rechtsverteidiger rasch an sicheren Orten im In- oder Ausland unterzubringen.
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Drucksache 17/12922 – 102 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Fallbeispiel:
2011 wurde ein bekannter kolumbianischer Gewerkschafter, dessen Leben in höchster Gefahr war,
mit einer aus dem Notfonds des EIDHR für gefährdete Menschenrechtsverteidiger gewährten
Unterstützung von 10.000 EUR in nur wenigen Tagen nach Frankreich evakuiert. Dieser kleine
Zuschuss wird es dem Menschenrechtsverteidiger ermöglichen, mit seiner Frau und seinen beiden
Kindern an einem sicheren Ort ein neues Leben zu beginnen; der Betroffene hatte in den letzten
zehn Jahren zahllose Todesdrohungen erhalten und war Ziel mehrerer Mordanschläge gewesen,
weil er die Rechte der Mitglieder seiner Gewerkschaft, von denen einige ermordet wurden bzw.
spurlos verschwunden sind, gegen paramilitärische und andere illegale Gruppen verteidigt hatte.
3.6. Menschenrechte von Frauen
Auch 2011 wurde den Gleichstellungsfragen auf der Menschenrechtsagenda der EU hohe Priorität
eingeräumt. Seit der Einrichtung des Europäischen Auswärtigen Dienstes engagiert sich die EU
noch stärker für die Gleichstellung, was der Hohen Vertreterin, Catherine Ashton, zu verdanken ist,
die sich mit Nachdruck für die Gleichheit von Männern und Frauen und die Stärkung der Position
der Frau in der Gesellschaft einsetzt.
Die Hohe Vertreterin hat sich 2011 weiterhin intensiv für ein konsequenteres Vorgehen bei der
Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen eingesetzt. Sie gab insbesondere mit der Vizepräsidentin der
Europäischen Kommission, Viviane Reding, eine gemeinsame Erklärung zum Internationalen Tag
gegen die Verstümmelung von weiblichen Geschlechtsorganen ab. Am Internationalen Tag für die
Beseitigung der Gewalt gegen Frauen, dem 25. November 2011, hat die Hohe Vertreterin gemein-
sam mit dem für Entwicklung zuständigen Kommissionsmitglied, Andris Piebalgs, und dem für
Inneres zuständigen Kommissionsmitglied, Cecilia Malmström, darauf hingewiesen, dass die EU
weiterhin mit den Partnerländern und -organisationen zusammenarbeiten wird, um alle Formen der
Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu bekämpfen.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 103 – Drucksache 17/12922
Die EU hat sich 2011 in ihren Menschenrechtsdialogen und -konsultationen mit Drittländern weiter-
hin aktiv für die Menschenrechte von Frauen eingesetzt. So hat sie beispielsweise die Menschen-
rechte von Frauen gegenüber Indien, der Ukraine, der Republik Moldau, Marokko, Indonesien,
Laos und weiteren Ländern zur Sprache gebracht. Im Oktober 2011 führte die EU einen Dialog mit
Argentinien, der ausschließlich Gleichstellungsfragen gewidmet war.
Die EU hat 2011 die Umsetzung ihrer Leitlinien betreffend Gewalt gegen Frauen und Mädchen und
die Bekämpfung aller Formen ihrer Diskriminierung weiter vorangetrieben. Bei der Umsetzung
dieser Leitlinien, die die Bekämpfung von Gewalt und Diskriminierungen gegenüber Frauen und
Mädchen eindeutig zu einem der Kernziele der auswärtigen Menschenrechtspolitik der EU erklären,
spielen die EU-Delegationen und die Botschaften der EU-Mitgliedstaaten in Drittländern eine
wichtige Rolle. Über 80 EU-Delegationen in allen Teilen der Welt haben die Rechte von Frauen als
vorrangiges Handlungsfeld im Rahmen ihrer Länderstrategien für Menschenrechte bezeichnet,
wobei die Mehrheit dieser Delegationen auch konkrete Maßnahmen nannte, die in ihren Gast-
ländern durchgeführt werden müssten.
Die EU hat sich in den Vereinten Nationen weiterhin aktiv für die Gleichstellung und Förderung
von Frauen eingesetzt. Sie hat sich 2011 aktiv an der Arbeit der Kommission für die Rechtsstellung
der Frau beteiligt. Die EU begrüßte die Themen dieser Tagung sowie insbesondere die Betonung
des Zusammenhangs zwischen dem Zugang zu Bildung und dem Zugang zu Beschäftigung. Die
Hohe Vertreterin hatte ein Treffen mit der Exekutivdirektorin der neu geschaffenen Einheit der
Vereinten Nationen für Gleichstellung ("UN Women"), Michelle Bachelet, um zu prüfen, wie die
Zusammenarbeit effizienter gestaltet werden kann.
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Drucksache 17/12922 – 104 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2011 hat sich die EU insbesondere für die Teilhabe von Frauen am politischen Geschehen
engagiert. So hat beispielsweise die Hohe Vertreterin Ashton am 19. September 2011 an einer hoch-
rangigen Veranstaltung teilgenommen, die die EU gemeinsam mit UN Women, dem Entwicklungs-
programm der Vereinten Nationen (UNDP), den USA (Außenministerin Hillary Clinton), Brasilien
(Staatspräsidentin Rousseff) sowie Trinidad und Tobago am Rande der VN-Generalversammlung
ausrichtete, um darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig die politische Teilhabe von Frauen für
Demokratie, nachhaltige Entwicklung und Frieden ist. Die hochrangigen Teilnehmer unterzeich-
neten eine gemeinsame Erklärung zur Verbesserung der politischen Mitwirkung von Frauen, in der
alle Staaten, einschließlich derer, die gerade eine Konfliktsituation überstanden haben oder sich im
politischen Übergang befinden, dazu aufgefordert werden, alle diskriminierenden Hindernisse für
Frauen, insbesondere für die am Rande der Gesellschaft stehenden Frauen, zu beseitigen und in der
alle Staaten aufgerufen werden, mit proaktiven Maßnahmen die Faktoren anzugehen, die Frauen
daran hindern, sich am politischen Prozess zu beteiligen.
Ferner wird in der Erklärung dazu aufgerufen, das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von
Diskriminierung der Frau zu ratifizieren und vollständig umzusetzen. Die gemeinsame Ausrichtung
der Veranstaltung bot der EU Gelegenheit, die Zusammenarbeit mit UN Women zu intensivieren.
Außerdem tritt die EU im Rahmen der Anstrengungen, die sie im Zusammenhang mit dem
Arabischen Frühling unternimmt, mit Nachdruck für die politische Mitwirkung von Frauen in
Nordafrika und im Nahen Osten ein. Die EU ist entschlossen, dafür zu sorgen, dass
Gleichstellungsaspekte bei allen Maßnahmen, die sie in der Region durchführt, auch tatsächlich
Berücksichtigung finden.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 105 – Drucksache 17/12922
FALLBEISPIEL:
Das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) trägt zur Stärkung der
Position von Frauen und Mädchen und zu ihrem Schutz bei, indem es Aktivisten, die sich für die
Menschenrechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter einsetzen, sowie deren
Netzwerke aktiv darin unterstützt, sich effektiv in Entscheidungsprozesse einzubringen, ihre Rechte
auf Entfaltung in allen gesellschaftlichen Sphären zu formulieren, die Stärkung der Position von
Frauen gegenüber allen Arten von Diskriminierungen zu fördern und für Schutz und Entschädigung
bei allen Formen geschlechtsbezogener Gewalt und die strafrechtliche Verfolgung der Täter zu
sorgen.
In Tunesien unterstützt die EU gemeinsam mit den Vereinten Nationen führende nichtstaatliche
Organisationen, die sich für die Belange der Frauen einsetzen, und sie stärkt deren Kapazität zur
Einflussnahme auf den Übergangsprozess (Beitrag der EU: 300.000 EUR).
In Ägypten hat die EU 1,7 Mio. EUR dafür bereitgestellt, Verbindungen zwischen der
Zivilgesellschaft und gesellschaftlichen Interessengruppen, die sich im Zuge der Proteste gebildet
haben, herzustellen und zu stärken und diese in Zusammenarbeit mit ägyptischen Akteuren dadurch
zu unterstützen, dass der Öffentlichkeit Analysen der politischen Reformen bereitgestellt werden.
Frauen kommt dieses Projekt in besonderem Maße zugute.
3.7. Frauen, Frieden und Sicherheit
In engem Zusammenhang mit der politischen Einbeziehung der Frauen hat sich die EU auch 2011
intensiv mit dem Themenkomplex "Frauen, Frieden und Sicherheit" auseinandergesetzt.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 106 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Seit 2008 wendet die EU eine spezielle Strategie im Sinne der Resolutionen 1325 und 1820 des
VN-Sicherheitsrates an. 2010 haben die EU-Außenminister 17 Fortschrittsindikatoren mit dem Ziel
festgelegt, die Umsetzung unserer Verpflichtungen zu messen und Transparenz sicherzustellen. Der
erste auf der Grundlage dieser Indikatoren erstellte Bericht wurde im Mai 2011 vorgelegt, und die
Ergebnisse sind ermutigend. Aus den eingegangenen Antworten geht hervor, dass die EU in mehr
als 70 Ländern im Bereich "Frauen, Frieden und Sicherheit" aktiv ist. Insgesamt haben die EU-
Organe und die Mitgliedstaaten eigenen Angaben zufolge 2009 und Anfang 2010 rund 200
Mio. EUR für Aktivitäten im Bereich "Frauen, Frieden und Sicherheit" bereitgestellt. Zu diesen
Aktivitäten gehören die Ausarbeitung und Umsetzung nationaler Aktionspläne, die finanzielle
Unterstützung nichtstaatlicher Organisationen, Hilfe und politische Unterstützung für
Regierungsstellen sowie die Bereitstellung von Ausbildungsmaßnahmen.
Die Unterstützung der Zivilgesellschaft spielt eine besonders wichtige Rolle. So hat die EU
beispielsweise somalische Frauenvereinigungen unterstützt und sich für die Gründung der "Somali
Women’s Agenda" (somalische Frauenagenda – SWA) eingesetzt – eine Bewegung, die für die
Geschlechtergleichstellung und die Emanzipation der Frau eintritt und die den Frauen die
Möglichkeit eröffnet, sich in wichtige Gesetzgebungsvorhaben und politische Prozesse
einzubringen.
2010 hat die Europäische Kommission die Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern
2010-2015 angenommen, um ihrer Aktion im Bereich der Geschlechtergleichstellung mehr
Nachdruck zu verleihen. Darüber hinaus hat der Rat der Europäischen Union im März 2011 den
Europäischen Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter (2011-2020) angenommen, mit dem die
Verpflichtungen der EU in diesem Bereich bekräftigt werden.
Um der Umsetzung ihrer Verpflichtungen im Bereich der Geschlechtergleichstellung mehr Impulse
zu verleihen, hat die EU 2010 ihren ersten Aktionsplan für Geschlechtergleichstellung und
Entwicklung (2010-2015) verabschiedet, der für die Kommission und alle 27 EU-Mitgliedstaaten
verbindlich ist.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 107 – Drucksache 17/12922
Im November 2011 wurde dem Rat der erste Bericht über den Stand der Umsetzung des
Aktionsplans vorgelegt. Darin werden Fortschritte und zahlreiche bewährte Praktiken bei der
Einbeziehung des Gleichstellungsaspekts aufgezeigt, als da sind:
• der zunehmende Einsatz von Gleichstellungs-Koordinierungsmechanismen (einschließlich
Geber, VN, Regierungen) in Partnerländern, in denen die EU eine aktive Rolle spielt;
• die Beteiligung der EU an dem sektorübergreifenden politischen Dialog, durch den die
Partnerregierungen bei der Umsetzung ihrer Verpflichtungen im Bereich der
Geschlechtergleichstellung unterstützt werden;
• die Unterstützung der EU bei der Einsetzung der VN-Einheit für Gleichstellung und
Ermächtigung von Frauen ("UN Women") und die Fortschritte in Richtung auf die
Schaffung einer strategischen EU-VN-Partnerschaft für die Gleichstellung von Frauen.
Im Oktober 2011 hat EuropeAid zusammen mit UN-Women ein neues Programm mit dem Ziel
aufgelegt, die Kapazität der Regierungen zur Mobilisierung von Ressourcen für die Geschlechter-
gleichstellung in 15 Partnerländern zu steigern: das UN Women/ITC-IAO-Programm "Increasing
Accountability in Financing for Gender Equality" (Mehr Rechenschaftspflicht bei der Finanzierung
der Geschlechtergleichstellung – FfGE). Dieses Programm erstreckt sich auf Äthiopien, Haiti,
Honduras, Jordanien, Kirgisistan, Nicaragua, die besetzten palästinensischen Gebiete, Senegal,
Ukraine und Bolivien sowie – seit April 2012 – auf Ruanda, Nepal, Peru, Tansania und Kamerun.
Der Beitrag der Kommission beläuft sich auf 6,5 Mio. EUR.
Die Initiative zielt darauf ab, den Umfang und wirksamen Einsatz der Hilfe und einheimischen
Ressourcen für die Umsetzung der nationalen Verpflichtungen in Bezug auf die Geschlechter-
gleichstellung und Ermächtigung von Frauen zu steigern.
Erreicht werden soll dies durch 1) den Aufbau von Kapazitäten der Regierungen, Zivil-
gesellschaften und Geber im Hinblick auf die Sondierung von Finanzierungs- und
Umsetzungslücken im Bereich der Geschlechtergleichstellung sowie die Koordinierung der
Mittelzuweisung für die Umsetzung bestehender Verpflichtungen und 2) die nationale und
weltweite Sensibilisierung und den Dialog zwischen allen betroffenen Akteuren.
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Drucksache 17/12922 – 108 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Programm "In Menschen investieren":
Im November 2011 hat EuropeAid im Rahmen des thematischen Programms "In Menschen
investieren" einen mit 30 Mio. EUR dotierten weltweiten Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen
zum Thema "Stärkung des Schutzes und Förderung der Rechte von Frauen und soziale und
wirtschaftliche Ermächtigung der Frauen" mit dem Ziel lanciert, den gleichberechtigten Zugang von
Frauen zu wirtschaftlichen Ressourcen und relevanten Diensten, die Teilhabe von Frauen am
Wirtschaftswachstum und die Verbreitung damit zusammenhängender bewährter Praktiken zu
verbessern. Zulässige Antragsteller sind unter anderem Organisationen der Zivilgesellschaft,
Berufsverbände, Gewerkschaften, lokale Behörden und andere relevante Akteure aus vier
Regionen.
2011 war der bedeutendste Fortschritt vor dem Hintergrund der Verpflichtungen der EU in Bezug
auf die Lage der Frauen im Zusammenhang mit Frieden und Sicherheit die Veröffentlichung des
ersten Berichts "Indikatoren für den umfassenden Ansatz für die Umsetzung der Resolutionen 1325
und 1820 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen betreffend Frauen, Frieden und Sicherheit
durch die EU", den der Rat am 13. Mai 2011 angenommen hat. Dieser Bericht zeigt auf, dass die
EU konkrete Maßnahmen zur Verstärkung der Schutzmechanismen für gefährdete Gruppen,
insbesondere Frauen und Kinder, getroffen hat. Die Indikatoren ermöglichen es, die Umsetzung in
allen Mitgliedstaaten und Einrichtungen der EU sowie in den GSVP-Missionen zu verfolgen und
zielen somit darauf ab, die Rechenschaftspflicht der EU in Bezug auf die Umsetzung ihrer
Verpflichtungen in diesem Bereich zu verbessern.
Der nächste Bericht soll 2013 vorgelegt werden.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 109 – Drucksache 17/12922
Am 8. Dezember 2008 hat der Rat der EU den "Umfassenden Ansatz für die Umsetzung der
Resolutionen 1325 und 1820 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen betreffend Frauen,
Frieden und Sicherheit durch die Europäische Union" (Umfassender Ansatz) sowie eine über-
arbeitete praktische Anleitung für die Umsetzung dieser Resolutionen speziell im Rahmen der
Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) angenommen. Der Umfassende
Ansatz schließt die Verpflichtung ein, anhand der 2008 aufgestellten einschlägigen Indikatoren
"Beijing + 15" Indikatoren für die Fortschritte in Bezug auf den Schutz und die Ermächtigung von
Frauen in Konflikt- und Postkonfliktsituationen zu entwickeln. Um dieser Verpflichtung
nachzukommen, hat der Rat am 26. Juli 2010 insgesamt 17 Indikatoren angenommen1. Auf dieser
Grundlage haben das Ratssekretariat und die Europäische Kommission Fragebögen für den
Zeitraum Dezember 2008 bis Oktober 2010 ausgearbeitet, die allen EU-Mitgliedstaaten, 36 EU-
Delegationen in Drittländern, den EU-Sonderbeauftragten und den Missionen und Operationen der
Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) zugeleitet wurden.
Aus den eingegangenen Antworten geht hervor, dass die EU (Einrichtungen und Mitgliedstaaten)
insgesamt 70 Länder bei Programmen im Zusammenhang mit Frauen, Frieden und Sicherheit
unterstützt. Dabei stützt sich die EU auf ein breites Spektrum an Finanz- und sonstigen Instru-
menten, von denen das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) am
häufigsten genannt wird. Etwas mehr als ein Fünftel der EU-Delegationen und rund die Hälfte der
EU-Mitgliedstaaten haben angegeben, den politischen Dialog zur Erörterung von Fragen im
Zusammenhang mit Frauen, Frieden und Sicherheit zu nutzen.
Die eingegangenen Berichte lieferten zahlreiche Beispiele für bewährte Praktiken und innovative
Ansätze, so z.B. die folgenden:
– lokale Koordinierung in Nepal über die "Arbeitsgruppe für die Friedensförderung nach
Maßgabe der Resolutionen 1325 und 1820 des VN-Sicherheitsrates";
– durchgängige Berücksichtigung der Gleichstellungsfrage in der Bedarfseinschätzung für
die Zeit nach der Krise (Post-Crisis Needs Assessment – PCNA) in Pakistan;
1 Indikatoren für den Umfassenden Ansatz für die Umsetzung der Resolutionen 1325 und 1820
des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen betreffend Frauen, Frieden und Sicherheit durch
die EU (Ratsdok. 11948/10).
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Drucksache 17/12922 – 110 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
– die Initiative "wechselseitiges Lernen" aufgrund der Resolution 1325 des VN-
Sicherheitsrates zwischen Irland, Ost-Timor, Liberia und Sierra Leone und direkte
Unterstützung von Partnerländern bei der Aufstellung eines Nationalen Aktionsplans
aufgrund der Resolution 1325 des VN-Sicherheitsrates;
– Auswahl, durch Schweden, der Resolution 1325 des VN-Sicherheitsrates als Priorität bei
der Entwicklungszusammenarbeit mit Ländern in Konflikt- und Postkonfliktsituationen;
– Unterstützung, z.B. durch Deutschland, der Maßnahmen der Vereinten Nationen zur
Ausbildung und Rekrutierung mit dem Ziel, das Bewusstsein von Missionsteilnehmern für
Gleichstellungsfragen und die Teilnahme von Frauen an Friedensmissionen zu erhöhen;
– Annahme einer von den mit der Führung der Mission EUPOL COPPS betrauten
Führungskräften vereinbarten und öffentlich zugänglichen "Missionserklärung zur
Gleichstellung", in der die Verpflichtung der Mission zur durchgängigen Berücksichtigung
von Geschlechter- und Gleichstellungsfragen dargelegt wird.
Anhand der Berichte konnten auch weitere Aufgaben herausgestellt werden, so z.B.:
– Koordinierung auf lokaler Ebene: Nur 16 EU-Delegationen haben in ihren Berichten
angegeben, dass ein lokaler Koordinierungsmechanismus für Beratungen im
Zusammenhang mit Frauen, Frieden und Sicherheit zur Verfügung steht.
– Teilnahme von Frauen an Friedensverhandlungen: Obwohl die Einrichtungen oder
Mitgliedstaaten der EU anführen, dass sie in mehreren Ländern Friedensverhandlungen
unterstützt haben, konnten sie in den meisten Fällen keine Angaben zur Beteiligung von
Frauen machen.
– Erwähnung des Geschlechteraspekts in den Gemeinsamen Aktionen des Rates zur
Einsetzung von GSVP-Missionen. Bislang wird dieser Aspekt nur in zwei Gemeinsamen
Aktionen angesprochen.
– Ausbildung des Personals der EU-Delegationen in Gleichstellungsfragen: Aus den
Antworten geht hervor, dass zumeist Frauen eine diesbezügliche Ausbildung erhalten, da
Gleichstellungsfragen immer noch als "Frauensache" angesehen werden.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 111 – Drucksache 17/12922
EU-Unterstützung im Bereich Frauen, Frieden und Sicherheit in Somalia
Bislang ist die Resolution 1325 des VN-Sicherheitsrates in Somalia nicht umgesetzt worden. Die
Tatsache, dass keine konkreten Ziele im Hinblick auf die Umwandlung der Stellung der Frau auf
politischer Ebene abgesteckt wurden, lässt darauf schließen, dass Somalias Frauen noch lange auf
Verbesserungen in Bezug auf ihre politischen Rechte und Anliegen werden warten müssen. Ein
erster Schritt bestand darin, für die Verfassungsgebende Versammlung, die insgesamt 825
Mitglieder stark sein wird, eine Frauenquote von 30 % vorzusehen. Die Herausforderung wird darin
bestehen, diese Quote im Rahmen der künftigen politischen Ordnung beizubehalten und die
Umsetzung der Resolution 1325 des VN-Sicherheitsrates zu einer der von der internationalen
Gemeinschaft unterstützten politischen Prioritäten zu erklären.
Zur Unterstützung der Bemühungen Somalias um eine Umsetzung dieser Resolution hat sich die
EU in Bezug auf die Resolutionen 1325, 1820, 1888 und 1889 des VN-Sicherheitsrates für eine
Einschätzung des Bedarfs an Kapazitäten in den für die drei Regionen zuständigen somalischen
Ministerien sowie für die Sondierung der Herausforderungen, Chancen und Ansatzpunkte
eingesetzt.
Das Gesamtpaket an Resolutionen des VN-Sicherheitsrates wurde in die somalische Sprache
übersetzt und an einen großen Empfängerkreis verteilt; parallel dazu wurden die zuständigen
Ministerien und die Frauenvereinigungen im Rahmen einschlägiger Veranstaltungen unterrichtet
und beraten. Darüber hinaus erging im November 2011 ein an internationale Organisationen
(einschließlich internationaler NRO) gerichteter, mit insgesamt 3 175 000 EUR dotierter
"gleichstellungsorientierter" Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen mit Schwerpunkt auf der
Umsetzung der obengenannten Resolutionen.
Ferner ist im Mai, Oktober und Dezember 2011 die informelle Task Force der EU "Frauen, Frieden
und Sicherheit" zusammengetreten. Die Schwerpunkte dieser Sitzungen lagen auf der Vorbereitung
des obengenannten Berichts, der Überarbeitung der 2008 erstellten praktischen Anleitung für die
Umsetzung der Resolutionen 1325 und 1820 des VN-Sicherheitsrates im Rahmen der ESVP (jetzt
GSVP), auf der Interaktion mit der Zivilgesellschaft sowie auf der Koordinierung der Bemühungen
der EU in diesem Bereich.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 112 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Am 20. Juni 2011 fand das Jahrestreffen der Berater und Anlaufstellen für Menschenrechts- und
Gleichstellungsfragen in Bezug auf die GSVP statt, bei dem die im Rahmen von GSVP-Missionen
und -Operationen tätigen Experten für Gleichstellungsfragen zusammengeführt wurden. Bei diesem
Treffen konnten die für den Themenkomplex "Frauen, Frieden und Sicherheit" zuständigen
Mitglieder des für Missionen und Operationen abgeordneten sowie in Brüssel tätigen Personals
bewährte Praktiken austauschen. Die Berater für Gleichstellungsfragen erarbeiteten Empfehlungen
für eine Verbesserung der Strukturen für die durchgängige Berücksichtigung von Gleichstellungs-
fragen im Rahmen von GSVP-Missionen und -Operationen, der Schulungen zu Gleichstellungs-
fragen sowie des Monitorings und des Follow-up hinsichtlich der Berichterstattung über Aspekte
und Indikatoren im Zusammenhang mit einschlägigen Resolutionen des VN-Sicherheitsrates in den
regelmäßigen Missions-/Operationsberichten.
Was die Schulung betrifft, so wurden bei der Entwicklung eines Ausbildungsmoduls zu
Gleichstellungsfragen für das Personal von GSVP-Missionen und -Operationen Fortschritte erzielt,
nachdem im Jahr 2010 GSVP-Mindeststandard-Ausbildungsmodule zu Gleichstellungsfragen
gebilligt worden waren.
Die EU war nach wie vor stark in die Aktivitäten der im Bereich "Frauen, Frieden und Sicherheit"
tätigen internationalen Organisationen involviert. In diesem Zusammenhang leistete die EU einen
Beitrag zu der Debatte des VN-Sicherheitsrates über Frauen, Frieden und Sicherheit
(Resolution 1325) – "Teilhabe und Rolle von Frauen bei der Konfliktverhütung und Schlichtung" –,
die am 28. Oktober 2011 stattfand.
3.8. Förderung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts
Im Einklang mit den Leitlinien des Rates von 2005 zur Förderung der Einhaltung des humanitären
Völkerrechts hat die EU eine Vielzahl von Initiativen unternommen, um weltweit für das
humanitäre Völkerrecht zu werben.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 113 – Drucksache 17/12922
Auf der 31. Internationalen Konferenz des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds im November
2011 in Genf hat die EU eine Erklärung abgegeben, in der sie bekräftigt, dass die Relevanz des
humanitären Völkerrechts ungebrochen ist und sich alle Parteien in bewaffneten Konflikten daran
halten müssen. Sie habe zwischen 2007 und 2011 alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente –
etwa politische Dialoge mit Drittländern, öffentliche Erklärungen und die Zusammenarbeit mit
internationalen Gremien – genutzt, um auf die Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu dringen.
Die Bekämpfung der Straflosigkeit bei Kriegsverbrechen müsse Vorrang haben, und sie fordere die
Drittstaaten auf, Strafvorschriften für die Verfolgung von Verstößen gegen das humanitäre
Völkerrecht zu erlassen. Die größte Herausforderung der Gegenwart bestehe darin, zu erreichen,
dass die bestehenden Regeln des humanitären Völkerrechts von allen Parteien in einem Konflikt,
auch von den nichtstaatlichen Akteuren, besser eingehalten werden. In dieser Hinsicht sei sie
entschlossen, dafür zu sorgen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, indem
sie Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht dokumentiere und Verfahren zur Rechenschafts-
ablegung fördere.
Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben auf der Konferenz sieben Zusagen gemacht: So wollen sie
noch entschiedener gegen das Verschwindenlassen von Personen kämpfen, den Internationalen
Strafgerichtshof weiter unterstützen, darauf hinwirken, dass noch mehr Länder den wichtigsten
Übereinkünften im Bereich des humanitären Völkerrechts beitreten, zur Förderung und Verbreitung
des humanitären Völkerrechts beitragen, dafür eintreten, dass die grundlegenden Verfahrens-
garantien bei sämtlichen Gefangenen in bewaffneten Konflikten eingehalten werden, und sich für
internationale Instrumente einsetzen, die dazu dienen, die humanitären Risiken durch explosive
Kampfmittelrückstände, Streumunition, unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen und
Antipersonenminen einzudämmen.
Gemeinsam mit ihren nationalen Rotkreuzgesellschaften haben sich die Mitgliedstaaten zudem
verpflichtet, an einem Informationsaustausch im Hinblick auf die Aushandlung eines strikten und
belastbaren Vertrags über den Waffenhandel teilzunehmen. Der volle Wortlauf der Zusagen ist
diesem Bericht als Anlage beigefügt.
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Drucksache 17/12922 – 114 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Auch vor den Vereinten Nationen hat die EU bekräftigt, dass sie für das humanitäre Völkerrecht
eintritt. So hat sie in der Debatte des VN-Sicherheitsrates über den Schutz von Zivilpersonen in
bewaffneten Konflikten am 10. Mai 2011 eine Erklärung abgegeben, in der sie beklagt, dass nach
wie vor Zivilpersonen unverhältnismäßigen Angriffen, absichtlichem Beschuss und wahllosem
Einsatz von Waffen zum Opfer fallen. Alle Parteien in einem Konflikt müssten ihrer völker-
rechtlichen Verpflichtung, Zivilpersonen zu schützen, uneingeschränkt nachkommen und dafür
sorgen, dass humanitäre Einsätze sicher und ungehindert zur notleidenden Bevölkerung gelangen
könnten. In der Erklärung wurde auch betont, dass Personen, die die schwersten Verbrechen nach
dem Völkerrecht, insbesondere Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und
Völkermord, begangen haben, nicht straffrei ausgehen dürften; die EU unterstütze daher Verfahren
auf internationaler und nationaler Ebene, die gewährleisten, dass sie zur Rechenschaft gezogen
werden.
Die EU hat die Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht während des Konflikts in Libyen
wiederholt angeprangert. So hat die Hohe Vertreterin am 23. Februar 2011 eine Erklärung
abgegeben, in der sie das gewaltsame Vorgehen gegen Zivilisten, bei dem Hunderte von libyschen
Bürgern getötet worden waren, verurteilt. Die EU forderte die libysche Regierung auf, das
humanitäre Völkerrecht zu achten; diejenigen, die für das brutale Vorgehen und die Gewalt-
anwendung gegen die Zivilbevölkerung verantwortlich seien, würden zur Rechenschaft gezogen.
Ferner hat der Rat in seinen Schlussfolgerungen vom 12. April 2011 die uneingeschränkte Achtung
des internationalen Völkerrechts und insbesondere den Schutz von Zivilisten gefordert. Am 29.
April 2011 äußerte die Hohe Vertreterin zudem ihre große Besorgnis über Berichte, nach denen
Streumunition gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wird, und forderte die Streitkräfte des
Regimes auf, Gewaltanwendung gegen die Zivilbevölkerung zu unterlassen. Am 18. Juli 2011 hat
der Rat die schweren Verletzungen der Menschenrechte und die Verstöße gegen das humanitäre
Völkerrecht durch das Regime verurteilt und bekräftigt, wie wichtig Rechenschaftspflicht,
Gerechtigkeit und Bekämpfung der Straflosigkeit sind. Am 14. September 2011 hat die Hohe
Vertreterin in einer Erklärung ihre Besorgnis über die Lage der nichtkämpfenden subsaharischen
Bevölkerung und der ebenfalls nichtkämpfenden Schwarzafrikaner in Libyen zum Ausdruck
gebracht.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 115 – Drucksache 17/12922
Diese Bevölkerungsgruppen seien besonders gefährdet und müssten hinreichend geschützt werden;
zudem müssten alle Kämpfer, die gefangen genommen werden, entsprechend dem Völkerrecht
behandelt werden. Am 10. Oktober 2011 hat der Rat betont, dass die libysche Regierung alle
internationalen Verpflichtungen und die Rechtsstaatlichkeit, insbesondere die Menschenrechte und
das humanitäre Völkerrecht, uneingeschränkt achten muss. Zudem begrüßte er die Erklärungen des
Präsidenten des Nationalen Übergangsrats, wonach Vergeltungsmaßnahmen zu unterlassen sind und
gefährdete Gruppen sowie ehemalige Kämpfer geschützt werden müssen. Des Weiteren hat der Rat
in seinen Schlussfolgerungen vom 14. November 2011 seine Besorgnis angesichts der Berichte über
Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts, wie unter anderem
Vergeltungsangriffe und außergerichtliche Hinrichtungen, zum Ausdruck gebracht und begrüßt,
dass die libyschen Behörden zugesagt haben, diesen Handlungen ein Ende zu bereiten, eingehende
Untersuchungen durchzuführen und sicherzustellen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft
gezogen werden.
Die EU hat die Einsetzung einer unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für
Syrien durch den VN-Menschenrechtsrat unterstützt. Am 28. November 2011 begrüßte die Hohe
Vertreterin den von der Kommission vorgelegten Bericht, aus dem hervorgehe, dass es nicht nur
systematische Menschenrechtsverletzungen gebe, sondern dass Angehörige der syrischen
Streitkräfte auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hätten. Sie hat diese Verbrechen
verurteilt und die Einberufung einer Sondersitzung des VN-Sicherheitsrates gefordert, die am
2. Dezember 2011 stattfand. Im Verlauf der gewalttätigen Auseinandersetzungen in Syrien hat die
EU wiederholt dazu aufgerufen, humanitäre Hilfe ins Land zu lassen; so hat sie in einer Erklärung
vom 21. September 2011 beklagt, dass der Rothalbmond-Helfer Hakam Draak al-Siba'i bei einem
Anschlag auf seinen Krankenwagen getötet worden ist. Die EU hat an alle Parteien appelliert, die
humanitären Helfer nicht anzugreifen und die völkerrechtlichen Bestimmungen über den Einsatz
von Gewalt zu achten und die Verantwortlichen für den Anschlag zur Verantwortung zu ziehen.
In einer Erklärung vom 9. Dezember 2011 zum Lager Ashraf in Irak hat die Hohe Vertreterin
unterstrichen, dass es nur unter uneingeschränkter Achtung des humanitären Völkerrechts eine
geordnete Lösung dieses Problems geben könne.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 116 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU hat 2011 mehrfach ihre Besorgnis über die Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht in
Sudan zum Ausdruck gebracht. So hat die Hohe Vertreterin im Mai 2011 das gewaltsame Vorgehen
gegen zivile Ziele in Abyei verurteilt und die Parteien aufgerufen, alles Notwendige zu tun, um die
Zivilbevölkerung zu schützen. In seinen Schlussfolgerungen vom Juni 2011 hat der Rat die Gewalt
und die Vertreibung der Zivilbevölkerung in Südkordofan verurteilt und die Militäraktion der
sudanesischen Streitkräfte in Abyei beklagt; zudem hat er alle Parteien an ihre Verpflichtung zur
Achtung des humanitären Völkerrechts und der Rechenschaftspflicht erinnert.
Am 10. Mai 2011 hat die Hohe Vertreterin in einer Erklärung den Bericht der
Sachverständigengruppe des VN-Generalsekretärs zu Sri Lanka begrüßt. Nach Einschätzung der
Sachverständigen seien die Anschuldigungen, dass alle Konfliktparteien gravierende Verletzungen
des humanitären Völkerrechts begangen haben, glaubhaft. Die EU fordere die Regierung von Sri
Lanka auf, mit dem VN-Generalsekretär einen Dialog über den Inhalt des Berichts zu führen. In
einer weiteren Erklärung vom 16. Dezember 2011 zum Bericht der sri-lankischen Versöhnungs-
kommission (Lessons Learnt and Reconciliation Commission) hat die Hohe Vertreterin festgestellt,
dass die Maßnahmen, die darin unter anderem mit Blick auf die Rechenschaftspflicht vorgeschlagen
werden, sorgfältig geprüft werden müssen.
Eines der beiden Themen auf dem jährlichen Menschenrechtsforum EU-NRO am 8. und
9. Dezember 2011 lautete "Förderung der Einhaltung der EU-Leitlinien zum humanitären
Völkerrecht". In Workshops wurden folgende Fragen erörtert: Straflosigkeit, Mittel der Kriegs-
führung, Schutz von Zivilpersonen, Schutz von Gefangenen und Zugang der humanitären Helfer.
Der vollständige Bericht über das Forum kann auf folgender Website eingesehen werden:
http://www.eidhr.eu.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 117 – Drucksache 17/12922
Die EU hat 2011 ihre Aufrufe, das humanitäre Völkerrecht bei humanitären Hilfseinsätzen der EU
zu respektieren, verstärkt. So hat das Kommissionsmitglied Kristalina Georgieva wiederholt
Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht angeprangert und die Konfliktparteien aufgefordert,
sich an das Recht zu halten und unbeteiligte Personen zu schützen und insbesondere dafür zu
sorgen, dass unparteiische humanitäre Organisationen unbehelligt und sicher Zugang erhalten.
Während ihres Besuchs in den besetzten palästinensischen Gebieten am 15. Mai 2011 hat
Georgieva erklärt, dass durch die von der Besatzungsmacht betriebenen Zwangsumsiedlungen, die
zudem mit erheblichen Zugangsbeschränkungen und Behinderungen der Bewegungsfreiheit
verbunden seien, einem Großteil der Bevölkerung jede Aussicht auf wirtschaftliche und soziale
Entwicklung genommen werde. Das legitime Recht des israelischen Volkes auf eine Existenz in
Frieden und Sicherheit entbinde Israel nicht von der Pflicht, sich als Besatzungsmacht an das
humanitäre Völkerrecht zu halten. Ferner hat Georgieva im November 2011 unterstrichen, dass mit
einigen Entwicklungsländern, die humanitäre Hilfe als Eingriff in ihre Souveränität betrachteten,
ein intensiverer Dialog geführt werden müsse, um zu erreichen, dass die Normen und Regeln der
humanitären Hilfe und insbesondere das humanitäre Völkerrecht besser eingehalten werden.
Die Europäische Kommission (GD ECHO) hat 2011 Finanzmittel für die Schulung von 108
humanitären Helfern und Entscheidungsträgern in den Regeln des humanitärem Völkerrechts und
für die Herausgabe eines Leitfadens zur Verfügung gestellt. Zudem bewilligte sie Mittel für ein
Projekt des norwegischen Flüchtlingsrates, in dessen Rahmen untersucht wird, wie die humanitären
Grundsätze in der Praxis angewandt werden, um sie praxistauglicher zu gestalten, sowie für ein
weiteres Projekt der Swiss Foundation for Mine Action (schweizerischen Stiftung für Minen-
räumung) und des Geneva Call (Genfer Aufrufs) für die Schulung bewaffneter nichtstaatlicher
Akteure in humanitärem Völkerrecht und den sich daraus ergebenden humanitären Normen. Des
Weiteren hat die GD ECHO damit begonnen, die Strategien für den Zugang humanitärer Helfer bei
von der EU finanzierten humanitären Einsätzen zu überprüfen, denn sie will die Achtung des
humanitären Völkerrechts und des humanitären Freiraums künftig noch nachdrücklicher einfordern.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 118 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU hatte die Befürchtung, dass ihre humanitären Hilfseinsätze durch Antiterrorgesetze mit
extraterritorialer Wirkung, die u.a. die materielle Unterstützung von einschlägig gelisteten
Organisationen unter Strafe stellen, behindert werden könnten, auch wenn es sich um rein
humanitäre Einsätze handelt und keineswegs die Absicht besteht, Terroranschläge zu unterstützen.
Die Kommission hat diese Frage auf verschiedenen Ebenen gegenüber der US-Regierung zur
Sprache gebracht, zumal der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten in seinem Urteil im Fall
"Holder v Human Law Project" bestätigt hat, dass die amerikanischen Rechtsvorschriften, nach
denen es untersagt ist, bestimmte einschlägig gelisteten Einrichtungen in den Regeln des
humanitären Völkerrechts zu schulen, verfassungskonform sind.
Weitere thematische Fragen
3.9. Der Internationale Strafgerichtshof und die Bekämpfung der Straflosigkeit
Die EU tritt von jeher für die Bekämpfung der Straflosigkeit bei den schwersten, die gesamte
Staatengemeinschaft betreffenden Verbrechen ein. Personen, die für Völkermord, Verbrechen
gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich sind, sollten nirgendwo einen
sicheren Unterschlupf finden können. Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben daher für eine
effiziente Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) und anderer Ad-hoc-Straf-
gerichtshöfe – beispielsweise der Internationalen Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien
und für Ruanda, des Sondergerichtshofs für Sierra Leone, der Außerordentlichen Kammern in den
Gerichten Kambodschas und des Sondergerichtshofs für Libanon – weiterhin umfangreiche
Unterstützung sowohl politischer und diplomatischer als auch logistischer und finanzieller Natur
geleistet. Das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon hat zu mehr Kohärenz bei den Maßnahmen
auf diesem Gebiet beigetragen. Die Nichtregierungsorganisationen waren weiterhin wertvolle
Mitstreiter bei diesen Bemühungen.
Wie auf der Revisionskonferenz in Kampala (31. Mai bis 11. Juni 2010) gefordert, hat die EU ihren
Gemeinsamen Standpunkt 2003/444/GASP mit dem Beschluss 2011/168/GASP des Rates vom
21. März 2011, der den Gemeinsamen Standpunkt aufhob und ersetzte, aktualisiert. Ziel des neuen
Ratsbeschlusses ist es, durch die Förderung einer möglichst breiten Beteiligung auf eine universelle
Unterstützung des Römischen Statuts hinzuwirken, die Integrität des Statuts zu wahren, dazu
beizutragen, dass der Gerichtshof unabhängig ist und wirksam und effizient arbeiten kann, die
Zusammenarbeit mit ihm zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass der Grundsatz der
Komplementarität umgesetzt wird.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 119 – Drucksache 17/12922
Gemäß dem Ratesbeschluss wurde am 12. Juli 2011 ein überarbeiteter Aktionsplan verabschiedet,
der fünf Abschnitte umfasst:
a) Koordinierung der Tätigkeiten der Union zur Umsetzung der Ziele des Beschlusses;
b) Universalität und Integrität des Römischen Statuts;
c) Unabhängigkeit des Gerichtshofs sowie seine wirksame und effiziente Funktionsweise;
d) Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof und
e) Umsetzung des Grundsatzes der Komplementarität.
Der IStGH stand während des gesamten Berichtszeitraums weiterhin auf der Tagesordnung großer
Gipfeltreffen und politischer Dialoge mit Drittländern. Die EU hat in ihren Erklärungen immer
wieder dazu aufgerufen, der Straflosigkeit von Personen, die in der Welt die entsetzlichsten
Verbrechen begangen haben, ein Ende zu setzen, und sie hat alle Staaten aufgefordert, die Personen,
gegen die ein Haftbefehl ausgestellt worden ist, auszuliefern, damit die Gerechtigkeit ihren Lauf
nehmen kann. Dabei wurde besonders auf die Nichteinhaltung der Kooperationsverpflichtungen
seitens einiger Vertragsstaaten eingegangen, insbesondere was die Festnahme und Übergabe von
Personen anbelangt, gegen die ein Haftbefehl erlassen wurde.
Ein effizientes internationales Justizwesen stützt sich auf eine größtmögliche Beteiligung von
Staaten am Römischen Statut. Grenada, Tunesien sowie die Philippinen, die Malediven, Kap Verde
und Vanuatu sind dem Kreis der Vertragsstaaten des Römischen Statuts aus verschiedenen
Kontinenten beigetreten, womit dieser Kreis nun 120 Mitglieder umfasst. Die EU als entschiedene
Verfechterin des Gerichtshofs hat sich weiterhin – durch diplomatische Demarchen, durch
persönlichen Einsatz der Hohen Vertreterin, durch die Aufnahme entsprechender Klauseln in
Übereinkommen der EU mit Drittländern sowie durch Unterstützung des Gerichtshofs und der
Zivilgesellschaft – für die Universalität des Statuts eingesetzt. Die EU hat ihre Bemühungen
weiterhin mit Drittstaaten wie Kanada, Japan, Australien, Brasilien und Südafrika abgestimmt.
Dank dieser Partnerschaft konnte die EU den IStGH wirksamer und unter Nutzung von Synergien
fördern.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 120 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2011 hat die EU Maßnahmen zur Unterstützung der Universalität und der Anwendung des
Römischen Statuts in folgenden Ländern und im Rahmen regionaler Organisationen durchgeführt:
ASEAN, Armenien, Bahamas, Kambodscha, Kamerun, China, Demokratische Republik Kongo
(Brazzaville), Ägypten, El Salvador, Guatemala, Jamaika, Kasachstan, Kuwait, Kirgistan,
Mongolei, Marokko, Nepal, Katar, Thailand, Togo, Türkei, Ukraine und Vietnam.
Bislang war das überarbeitete Cotonou-Abkommen von 2005, das auf 76 Länder Afrikas, der
Karibik und des Pazifischen Raums sowie die EU Anwendung findet, das einzige verbindliche
Rechtsinstrument mit einer Klausel zum IStGH. Inzwischen wurden auch im Rahmen von
Partnerschafts- und Kooperationsabkommen, in Abkommen über Handel, Zusammenarbeit und
Entwicklung und in Assoziationsabkommen mit Indonesien, Korea, Südafrika, Irak, der Mongolei,
den Philippinen, Vietnam, Singapur und Zentralamerika IStGH-Klauseln vereinbart. Derzeit wird
über IStGH-Klauseln in Partnerschafts- und Kooperationsabkommen sowie Assoziationsabkommen
mit Australien, Thailand, Malaysia, China, Russland, der Ukraine, der Republik Moldau, Armenien,
Aserbaidschan und Georgien verhandelt.
Das Europäische Netz von Anlaufstellen betreffend Personen, die für Völkermord, Verbrechen
gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich sind, ist ein Netz von nationalen
Staatsanwälten, die auf die Bekämpfung dieser Verbrechen spezialisiert sind. 2011 hat es im April
bzw. November seine zehnte und elfte Tagung abgehalten. Auf diesen Tagungen ging es unter
anderem um die Zusammenarbeit zwischen Staaten sowie zwischen Staaten und Internationalen
Gerichtshöfen, um die Anwendung der extraterritorialen Gerichtsbarkeit durch die Mitgliedstaaten
und um den Zeugenschutz.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 121 – Drucksache 17/12922
Außerdem hat die EU im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und
Menschenrechte ihre Unterstützung für Maßnahmen zur Wiederherstellung und Stärkung der
Rechtstaatlichkeit auf nationaler Ebene fortgesetzt und wichtige zivilgesellschaftliche
Organisationen unterstützt, die sich für ein wirksames Funktionieren des IStGH einsetzen. Die
weltweite Koalition für den Internationalen Strafgerichtshof, Parliamentarians for Global Action,
Anwälte ohne Grenzen sowie die kenianische Sektion der International Commission of Jurists und
viele Andere haben eng mit der EU zusammengearbeitet. Der Europäische Entwicklungsfonds und
das Stabilitätsinstrument haben Projekte zur Strafjustiz und zur Übergangsjustiz in Afrika, Asien
und Ozeanien finanziert.
IStGH: Fallbeispiel zu Kenia
In Kenia führten die umstrittenen Wahlen des Jahres 2007 zu gewalttätigen Ausschreitungen, bei
denen mehr als tausend Menschen starben, Hunderte von sexuellen Übergriffen verübt wurden und
mehrere Tausend Menschen obdachlos wurden. Aufgrund der Ermittlungen des Internationalen
Strafgerichtshofs (IStGH) wurde gegen vier der sechs Personen, die der Staatsanwalt als Haupt-
verantwortliche für die gewalttätigen Ausschreitungen verdächtigt hatte, Klage erhoben.
Seit dem Beginn der Anhörungen vor dem IStGH im April 2011 weist die EU beständig darauf hin,
dass Gerechtigkeit, Aussöhnung und Rechenschaftspflicht entscheidende Voraussetzungen für
dauerhafte Stabilität in Kenia sind und dass das Verfahren vor dem IStGH einen wichtigen Beitrag
dazu leistet. Die Hohe Vertreterin hatte diesbezüglich öffentlich betont, dass die genannten
Personen weiterhin uneingeschränkt mit dem IStGH kooperieren müssen und dass die Regierung
Kenias ihren Verpflichtungen als Vertragsstaat des Römischen Statuts des IStGH nachkommen
muss.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 122 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die kenianische Zivilgesellschaft hat dazu beigetragen, dass diejenigen, die in die nach den Wahlen
verübten Gewalttaten verwickelt sind, vor Gericht gestellt wurden. Mit Unterstützung des EIDHR
hat die kenianische Sektion der International Commission of Jurists (ICJ Kenya), eine Nicht-
regierungsorganisation, die sich seit über 50 Jahren in Kenya und anderen afrikanischen Staaten für
Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einsetzt, durch die Anwendung von
rechtlichen Fachkenntnissen und international bewährten Verfahren an diesem Prozess mitgewirkt.
ICJ Kenya stellt klar, dass der IStGH-Prozess juristischer und nicht politischer Natur ist. Im Sinne
der Förderung des Verständnisses für die Aktivitäten der internationalen Strafjustiz ruft ICJ Kenya
zugleich nachdrücklich dazu auf, die Entscheidungen des IStGH auch über den vorliegenden Fall
hinaus einheitlich anzuwenden. In diesem Zusammenhang sei insbesondere darauf hingewiesen,
dass das zuständige kenianische Gericht (High Court) auf Antrag von ICJ Kenya einen vorläufigen
landesweiten Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Omar Al-Bashir (gegen den zwei
IStGH-Haftbefehle wegen Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegs-
verbrechen, die er in Darfur begangen haben soll, vorliegen) für den Fall erlassen hat, dass dieser
noch einmal nach Kenia reisen sollte.
3.10. Menschenrechte und Terrorismus
Die EU misst der Gewährleistung eines umfassenden und wirksamen Schutzes der Menschenrechte
und Grundfreiheiten bei der Terrorismusbekämpfung sowohl in Europa als auch in der übrigen Welt
große Bedeutung bei. Wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und der Schutz der
Menschenrechte sind Ziele, die einander nicht ausschließen, sondern sich ergänzen und gegenseitig
verstärken. Das strategische Engagement der Europäischen Union, das in ihrer Strategie zur
Terrorismusbekämpfung definiert ist, ist diesbezüglich sehr klar formuliert: "Terrorismus weltweit
bekämpfen und dabei die Menschenrechte achten, Europa sicherer machen und es seinen Bürgern
ermöglichen, in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu leben."
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 123 – Drucksache 17/12922
Die EU hat in Erklärungen vor den Vereinten Nationen bekräftigt, dass die Achtung der Mensche-
rechte bei der Bekämpfung des Terrorismus unbedingt gewährleistet sein muss. In der Erklärung,
die sie anlässlich des Hochrangigen Symposiums der Vereinten Nationen über die internationale
Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung am 20. September 2011 im Namen der EU
abgegeben hat, hob die Hohe Vertreterin hervor, dass Sicherheit stets eng mit Demokratie und
funktionierenden Institutionen verbunden ist.
Die EU hat einen ausführlichen Dialog mit dem Rechtsberater des US-Außenministeriums über die
völkerrechtlichen Aspekte der Terrorismusbekämpfung fortgesetzt. Sie hat erneut dazu aufgerufen,
das Gefangenenlager in Guantánamo Bay zu schließen, da es ihrer Auffassung nach völkerrechtlich
nicht zulässig ist, die Guantánamo-Häftlinge ohne Gerichtsverfahren über einen längeren Zeitraum
in Haft zu halten. In einer "Dringlichkeitsdebatte" des Europäischen Parlaments, die am 9. Juni
2011 stattfand, erklärte die Hohe Vertreterin, dass die EU mit Besorgnis sähe, dass jeder in
Guantánamo inhaftierten Person möglicherweise die Todesstrafe drohe. Die Hohe Vertreterin wies
darauf hin, dass die EU die laufenden Verfahren gegen Muhammed al-Nashiri und fünf weitere
Personen, die der Komplizenschaft bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001 beschuldigt
sind, aufmerksam verfolge und regelmäßig der US-Regierung gegenüber ihre Bedenken hinsichtlich
der Todesstrafe und des fairen Verlaufs der Gerichtsverfahren zur Sprache bringe.
Die EU hat ein Projekt der Vereinten Nationen finanziell unterstützt, das darauf abzielt, in
Zentralasien einen regionalen Aktionsplan für die Umsetzung der Weltweiten Strategie der
Vereinten Nationen zur Bekämpfung des Terrorismus zu entwickeln, in dem die Achtung der
Menschenrechte eine wichtige Rolle spielt. Ferner hat die EU in mehreren Ländern in allen Teilen
der Welt fachliche Unterstützung geleistet, um die Polizei und die Strafverfolgungssysteme dieser
Länder besser zu befähigen, bei terroristische Straftaten die Ermittlungen und die Strafverfolgung
rechtsstaatlich einwandfrei und unter Achtung der Menschenrechte durchzuführen. In der Gemein-
samen Mitteilung der Europäischen Kommission und der Hohen Vertreterin vom Mai 2011 mit dem
Titel "Eine neue Antwort auf eine Nachbarschaft im Wandel" wurde darauf hingewiesen, dass es
wichtig ist, mit den Partnerländern der Europäischen Nachbarschaftspolitik bei der Terrorismus-
bekämpfung zusammenzuarbeiten; ferner wurde darin deutlich gemacht, dass die EU bereit ist, die
Bemühungen der Partnerländer bei der Reform des Justizwesens und des Sicherheitssektors durch
die Entsendung von Rechtsstaatlichkeitsmissionen zu unterstützen.
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Drucksache 17/12922 – 124 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU ist Gründungsmitglied des im September 2011 ins Leben gerufenen Globalen Forums zur
Bekämpfung des Terrorismus (Global Counter-Terrorism Forum - GCTF). Das GCTF
verabschiedete bei seiner Gründung die "Cairo Declaration on Counter-Terrorism and the Rule of
Law: Effective Counter-Terrorism Practice in the Criminal Justice Sector".
3.11. Freiheit der Meinungsäußerung, auch in den "neuen Medien"
Das Recht auf freie Meinungsäußerung, wie es in der Europäischen Menschenrechtskommission
verankert ist, gewährt jeder Person Meinungsfreiheit und die Freiheit, Informationen und Ideen
ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiter-
zugeben. Die EU ist entschlossen, für die Achtung der Freiheit der Meinungsäußerung zu kämpfen
und zu gewährleisten, dass die Pluralität der Medien geachtet wird.
In ihrer Erklärung anlässlich des Welttags der Pressefreiheit am 3. Mai 2011 appellierte die Hohe
Vertreterin Catherine Ashton an alle Staaten, die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Meinungs-
äußerung wie auch die Pluralität und die Unabhängigkeit der Medien proaktiv zu fördern.
Nach Auffassung der EU sind Zensur und Schikanen gegenüber Journalisten unannehmbar, und hat
deshalb ihrer Besorgnis angesichts der Angriffe auf Journalisten, der Verhaftungen und der
Einschränkung der Arbeit von Journalisten deutlich Ausdruck verliehen. So hat die Hohe
Vertreterin beispielsweise am 4. Mai 2011 öffentlich ihre tiefe Besorgnis darüber geäußert, dass
Andrzej Poczobut, ein Korrespondent der polnischen Zeitung Gazeta Wyborcza, in Belarus
verhaftet wurde; ferner hat sie am 27. Dezember 2011 der großen Besorgnis der EU darüber
Ausdruck verliehen, dass die schwedischen Journalisten Martin Schibbye und Johan Persson
aufgrund der Antiterrorismus-Proklamation Äthiopiens vor Gericht gebracht und verurteilt wurden.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 125 – Drucksache 17/12922
In anderen Fällen, in denen die EU einen Menschenrechtsdialog mit Drittländern führt, wie dies
beispielsweise bei China oder Vietnam der Fall ist, hat die EU die Informations- und Medienfreiheit
in bilateralen Treffen zur Sprache gebracht und ihrer Besorgnis angesichts der Schikanierung und
Verfolgung von unabhängigen Bloggern, Journalisten und anderen Personen, die ihre politischen
Ansichten kundtun, zum Ausdruck gebracht.
Auch 2011 war die EU weiter bereit, mit anderen gleichgesinnten Ländern bei der Förderung der
Freiheit der Meinungsäußerung und des Zugangs zu Informationen, einschließlich über das Internet,
zusammenzuarbeiten und zu prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, auf dem Gebiet der Internet-
Politik zu einem Konsens zu gelangen. Die Gruppe der G8 bekräftigte dies in der G8-Erklärung von
Deauville "Erneutes Bekenntnis zu Freiheit und Demokratie" sowie in der Erklärung von Deauville
zum Arabischen Frühling. Mehrere Länder und Organisationen erarbeiten derzeit einschlägige
Initiativen zur Förderung der Freiheit der Meinungsäußerung im Internet.
Die EU teilt voll und ganz die Auffassung, dass das Internet ein wichtiges Instrument zur Förderung
der Freiheit der Meinungsäußerung ist. Die Kommission hat in der Gemeinsamen Mitteilung "Eine
Partnerschaft mit dem südlichen Mittelmeerraum für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand"
angekündigt, sie werde ein Instrumentarium entwickeln, das es der EU ermöglicht, in Fällen, in
denen dies angemessen scheint, Organisationen der Zivilgesellschaft oder einzelnen Bürgern zu
helfen, willkürliche Unterbrechungen des Zugangs zu elektronischen Kommunikations-
technologien, einschließlich des Internet, zu umgehen. Die EU hat jüngst die Strategie "No
Disconnect" veröffentlicht, mit der sie sich weiterhin dafür einsetzt, dass das Internet und andere
Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) Triebkräfte für politische Freiheit,
demokratische Entwicklung und Wirtschaftswachstum bleiben können. Dabei verfolgt sie das Ziel,
Internet-Nutzer, Blogger und Cyber-Aktivisten, die unter autoritären Regimen leben, fortdauernd zu
unterstützen.
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Drucksache 17/12922 – 126 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU hat mehrfach deutlich gemacht, dass sie ungerechtfertigte Einschränkungen des Zugangs
zum Internet und zu anderen neuen Medien entschieden ablehnt, so unter anderem in den
Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) zu Ägypten vom Januar 2011, in
denen an die ägyptischen Behörden appelliert wurde, alle Kommunikationsnetze umgehend
wiederherzustellen und einen ungehinderten Zugang zu sämtlichen Medien, das Internet
inbegriffen, zu gewährleisten.
Die EU hat im Jahr 2011 außerdem restriktive Maßnahmen verhängt, um für die Freiheit der
Meinungsäußerung einzutreten. Bei der jüngsten von der Kommission in Sri Lanka durchgeführten
APS+-Untersuchung gehörten die heftigen Verbalattacken der sri-lankischen Regierung gegen
Journalisten und das Fehlen jedweder wirkungsvoller Maßnahmen zum Schutz von Journalisten vor
körperlicher Gewalt zu den Gründen, die die Kommission bewogen haben, die Rücknahme der
Sonderregelung APS+ vorzuschlagen. In den im Anschluss daran mit der sri-lankischen Regierung
geführten Verhandlungen über APS+ forderte die Kommission die Regierung auf, den inhaftierten
Journalisten J.S. Tissainayagam freizulassen und Maßnahmen zu ergreifen, damit Journalisten ihren
Beruf frei von Schikanen ausüben können.
Die EU hat zudem zur Stärkung der Medienfreiheit eine Reihe internationaler und lokaler Organisa-
tionen der Zivilgesellschaft, die sich für die Förderung der Medienfreiheit einsetzen und gegen
Verstöße gegen die Rechte von Journalisten vorgehen, aus dem Europäischen Instrument für
Demokratie und Menschenrechte finanziell unterstützt (2011 im Rahmen von mindestens
30 laufenden Projekten). Die von der EU unterstützten Projekte haben die Erweiterung der
professionellen Fähigkeiten von Journalisten, dringend notwendige Schutzmaßnahmen, die
Förderung der Freiheit der Meinungsäußerung de lege und de facto, die Änderung nationaler
medienrechtlicher Vorschriften gemäß internationalen Standards und die Untersuchung von
Verstößen gegen die Rechte der Journalisten zum Ziel.
3.12. Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit
Wie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgeschrieben, hat jede Person das
Recht, sich auf allen Ebenen frei und friedlich mit anderen zu versammeln und frei mit anderen
zusammenzuschließen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 127 – Drucksache 17/12922
Die EU lehnt jede ungerechtfertigte Einschränkung des Rechts auf friedliche Versammlung ent-
schieden ab. So äußerte sich die Hohe Vertreterin im Januar 2011 tief besorgt über die Berichte aus
Ägypten, wonach friedliche Demonstranten von Bewaffneten gewaltsam angegriffen wurden, und
forderte die ägyptischen Behörden sehr nachdrücklich auf, unverzüglich alle erforderlichen Maß-
nahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Strafverfolgungsbehörden die Demonstranten und
deren Recht auf freie Versammlung schützen.
Überdies beklagte die Hohe Vertreterin in einer Erklärung vom 17. Februar 2011 öffentlich das
gewaltsame Vorgehen gegen friedliche Demonstranten in Bahrain und forderte die Regierung
Bahrains auf, die Grundrechte der bahrainischen Bürger, einschließlich des Rechts auf friedliche
Versammlung, zu achten und zu schützen.
Die Vereinigungsfreiheit ist eine der Grundfreiheiten, die durch die Allgemeine Erklärung der
Menschenrechte und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR)
garantiert wird. Eine starke Zivilgesellschaft ist nicht nur für die Verteidigung der Menschenrechte
von entscheidender Bedeutung, sondern auch für die demokratische Entwicklung. Die Zivil-
gesellschaft hat bei den Veränderungen mitgewirkt, die im Zuge des Arabischen Frühlings zu
beobachten waren. Die EU ist tief besorgt über die 2011 in mehreren Ländern zu verzeichnenden
Entwicklungen hinsichtlich der Lage der Zivilgesellschaft, und dies umso mehr, als die Präsenz von
Nichtregierungsorganisationen insbesondere in Gesellschaften, die sich im demokratischen
Übergang befinden, zu einer Stärkung der Demokratie beiträgt. Die EU ist weiterhin für die Rechte
der Zivilgesellschaft eingetreten und hat die Regierungen von Drittländern aufgefordert, die
Zivilgesellschaft zu schützen und mit ihr zusammenarbeiten. So hat die Hohe Vertreterin beispiels-
weise am 30. Dezember 2011 an die ägyptischen Behörden appelliert, den Organisationen der
Zivilgesellschaft zu gestatten, den Übergang in Ägypten weiter unterstützend mitzugestalten.
In anderen Fällen, in denen die EU einen politischen Dialog und einen Menschenrechtsdialog mit
Drittländern führt, so wie dies beispielsweise bei Algerien der Fall ist, hat die EU die Frage der
Vereinigungsfreiheit auf bilateraler Ebene zur Sprache gebracht und betont, dass im Einklang mit
den internationalen Standards stehende Rechtsvorschriften erlassen werden müssen.
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Drucksache 17/12922 – 128 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Europäische Union hat 2011 ihre Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen zur
Förderung des Rechts, sich friedlich mit anderen zu versammeln und zu vereinigen, fortgesetzt. Sie
hat betont, dass der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen auch weiterhin einen Schwerpunkt
auf die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit setzen und Menschenrechtsaktivisten und
Organisationen der Zivilgesellschaft, die eine wesentliche Rolle für die Stärkung der Demokratie
spielen, konkrete Unterstützung gewähren muss.
Die EU begrüßte, dass Herr Maina Kiai (Kenia) am 1. Mai 2011 zum VN-Sonderberichterstatter für
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ernannt wurde.
Die EU bedient sich auch einer Diplomatie der Öffentlichkeit zur Förderung des Rechts, sich
friedlich mit anderen zu versammeln und zu vereinigen; so hat sie beispielsweise mehrere Seminare
und Workshops für junge Menschen in verschiedenen Regionen Russlands veranstaltet, die die
internationalen und russischen rechtlichen Standards im Zusammenhang mit der
Versammlungsfreiheit zum Thema hatten.
Die EU hat 2011 mehreren internationalen und lokalen Organisationen der Zivilgesellschaft im
Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte finanzielle Unter-
stützung für Maßnahmen zur Stärkung der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit gewährt. Die
von der EU geförderten Projekte zielten darauf ab, Systeme zur Überwachung der Vereinigungs-
freiheit zu entwickeln, rechtliche Standards für das Recht auf Versammlungsfreiheit zu fördern, die
Öffentlichkeit für das Recht auf Vereinigungsfreiheit zu sensibilisieren und das Networking im
Hinblick auf eine wirksamere Förderung und einen wirksameren Schutz dieser Rechte zu
intensivieren.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 129 – Drucksache 17/12922
3.13. Gedanken- und Gewissensfreiheit und Freiheit der Religion oder
Weltanschauung
Auch wenn das Jahr 2011 von zahlreichen Fällen religiöser Intoleranz und Diskriminierung –
bezeichnend hierfür waren die in mehreren Ländern weltweit verübten gewalttätigen Übergriffe und
Terroranschläge – geprägt war, setzte sich die EU weiterhin für die Förderung und den Schutz des
Rechts auf Gedanken- und Gewissensfreiheit und auf Freiheit der Religion oder Weltanschauung
ein. Diese Freiheit schützt das Recht auf theistische, nichttheistische und atheistische Welt-
anschauungen wie auch das Recht, keine Religion auszuüben. Sie schließt ferner das Recht ein, aus
eigenem freiem Entschluss eine Religion oder Weltanschauung anzunehmen, diese zu wechseln
oder sie aufzugeben.
Die EU betrachtet den Schutz solcher universellen Grundsätze als unerlässlich für die Entwicklung
freier Gesellschaften.
Diskriminierungen aufgrund der Religion oder Weltanschauung bereiten nach wie vor in allen
Erdteilen Anlass zu Sorge, und Personen, die bestimmten Religionsgemeinschaften angehören,
werden noch immer in vielen Ländern benachteiligt. Außerdem werden Gesetze über die
Diffamierung von Religionen oft dazu benutzt, religiöse Minderheiten zu misshandeln und die
Meinungsfreiheit und die Freiheit der Religion oder Weltanschauung, die voneinander nicht zu
trennen sind, einzuschränken. Die Freiheit der Meinungsäußerung spielt auch im Kampf gegen
Intoleranz eine wichtige Rolle.
Am 21. Februar 2011 nahm der Rat (Allgemeine Angelegenheiten) Schlussfolgerungen an, die sich
an seine Schlussfolgerungen vom 16. November 2009 anlehnen und in denen er das Engagement
der EU für die Religions- und Weltanschauungsfreiheit nachdrücklich bekräftigt und daran erinnert,
dass diese Freiheit überall und für jedermann zu schützen ist. In den Schlussfolgerungen wird
hervorgehoben, dass es die primäre Pflicht eines Staates ist, seine Bürger zu schützen und ihre
Rechte zu wahren; dies gilt für Personen, die religiösen Minderheiten angehören, ebenso wie für
alle in seinem Gebiet lebenden Menschen. Alle Menschen, die religiösen Minderheiten angehören,
müssen die Möglichkeit haben, ihre Religion auszuüben und ihren Glauben einzeln oder in der
Gemeinschaft frei zu praktizieren, ohne Angst vor Intoleranz und Angriffen haben zu müssen.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 130 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
In der Folge erinnerte die EU alle EU-Delegationen daran, dass ihnen neben den diplomatischen
Missionen der Mitgliedstaaten eine entscheidende Rolle bei der Aufgabe zukommt, in Drittstaaten,
in denen die Religions- und Weltanschauungsfreiheit missachtet wird, auf konkrete Verbesserungen
bei der Achtung dieses grundlegenden Menschenrechts hinzuwirken. Die EU-Delegationen wurden
daher förmlich beauftragt, Maßnahmen zur Sensibilisierung der EU-Diplomaten für dieses Thema
durchzuführen; systematisch einen Dialog mit den Behörden der Partnerländer aufzunehmen,
insbesondere jenen, in denen die Religions- und Weltanschauungsfreiheit als besonders proble-
matisch betrachtet wird; und Kontakte zu lokalen Menschenrechtsverteidigern zu knüpfen, die sich
mit diesen Rechten befassen. Im Jahresverlauf beobachteten die Delegationen zudem aufmerksam
die Einschränkungen der Religions- und Weltanschauungsfreiheit in ihren jeweiligen Gastländern.
Ihre Einschätzungen der Lage vor Ort in mehr als 100 Ländern werden in den Bericht einfließen,
den die Hohe Vertreterin 2012 dem Rat vorlegen wird; dieser Bericht wird die hinsichtlich der
Religions- und Weltanschauungsfreiheit ergriffenen Maßnahmen darlegen und konkrete Vorschläge
für ein stärkeres Engagement der EU in diesem Bereich enthalten.
2011 hat die EU auf bilateraler und multilateraler Ebene in zunehmenden Maße bestehende
Instrumente genutzt, um die Freiheit der Religion oder Weltanschauung wirksamer zu fördern und
zu schützen. Eine Ad-hoc-Task-Force der Gruppe "Menschenrechte" zur Freiheit der Religion oder
Weltanschauung hat die Durchführung der verstärkten Maßnahmen der EU unterstützt und zur
Ausarbeitung von Leitlinien für die Diplomaten der EU beigetragen. Das Thema wurde in die
Menschenrechtsschulungen für EU-Bedienstete aufgenommen, unter anderem in Form eines
speziellen Kurses über die Freiheit der Meinungsäußerung und der Religion oder Weltanschauung
im November 2011.
In den Beziehungen mit Drittländern wurde die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit
gegenüber einer großen Zahl von Gesprächspartnern auf verschiedenen Ebenen des politischen
Dialogs, unter anderem in Menschenrechtsdialogen und -konsultationen – beispielsweise mit
Algerien, China, Ägypten, Indien, Indonesien, Pakistan, der Türkei, Vietnam den USA und der
Afrikanischen Union – systematisch zur Sprache gebracht.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 131 – Drucksache 17/12922
Die EU hat sich bilateral mit verschiedenen Ländern über die entscheidende Bedeutung dieses
universellen Menschenrechts ausgetauscht und die Möglichkeiten für eine weitere Zusammenarbeit
unter anderem in multilateralen Gremien sondiert. Im Rahmen dieser Dialoge hat die EU ihre
Sorgen über die Umsetzung dieses Rechts und die Lage der religiösen Minderheiten zum Ausdruck
gebracht. Wann immer schwere Verletzungen der Religionsfreiheit und entsprechende Intoleranz
und Diskriminierungen stattfanden und Anlass zur Sorge bestand, hat die EU ihre Auffassung über
diplomatische Kanäle, durch öffentliche Erklärungen und in Schlussfolgerungen des Rates zum
Ausdruck gebracht, so im Fall Ägyptens, Irans, Iraks und Pakistans. Dabei setzte sie sich wie zuvor
für die uneingeschränkte Achtung der Gedanken- und Gewissensfreiheit nach internationalen
Standards ein. Zudem wird es der gegenwärtige Prozess der Ausarbeitung länderspezifischer
Menschenrechtsstrategien ermöglichen, die Tätigkeiten und die Aufmerksamkeit der EU auf Länder
zu konzentrieren, in denen die Religions- und Weltanschauungsfreiheit eine Priorität darstellen.
Die EU wurde auch auf multilateraler Ebene tätig, insbesondere im Menschenrechtsrat in Genf und
auf der VN-Generalversammlung in New York. Es wurde vorrangig darauf hingearbeitet, den
Konsens über die Notwendigkeit eines Vorgehens gegen die religiöse Intoleranz zu festigen, und
zugleich zu vermeiden, dass sich das Konzept der Diffamierung von Religionen als Menschen-
rechtsstandard durchsetzt. Ein solcher Begriff, der eher auf den Schutz der Religion selbst als auf
den Schutz der wegen ihrer Religion oder Weltanschauung diskriminierten Personen abzielt,
schadet den anderen grundlegenden Menschenrechten, beispielsweise der Meinungsfreiheit, und
natürlich auch dem Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit. Auf der 16. Tagung des
Menschenrechtsrates im März 2011 wurde mit der einvernehmlichen Annahme der Resolution
16/18 ein wichtiger Durchbruch erzielt: Zum ersten Mal verzichtete die Organisation für Islamische
Zusammenarbeit (OIC) auf den Gebrauch des Begriffes der Religionsdiffamierung in ihrer
Resolution, die nunmehr den Titel "Bekämpfung von Intoleranz, negativen Klischees,
Stigmatisierung und Diskriminierung, des Aufrufs zu Gewalt und von Gewalt aufgrund der
Religion oder der Weltanschauung" trägt. Die von der EU aktiv unterstützten Anstrengungen
Pakistans und der Vereinigten Staaten waren für dieses Ergebnis entscheidend. Die traditionelle
EU-Resolution zur Freiheit der Religion und der Weltanschauung wurde ebenfalls ohne
Abstimmung angenommen (Resolution 16/13).
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 132 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Hohe Vertreterin Ashton und mehrere Außenminister aus EU-Staaten begaben sich im Juni
2011 nach Istanbul zu einer der Bekämpfung religiöser Intoleranz gewidmeten Tagung (Auftakt des
sogenannten "Istanbul-Prozesses"), die von der OIC und den Vereinigten Staaten einberufen
worden war, um die in Genf erzielten Fortschritte im Hinblick auf die damals anstehende 66.
Tagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen zu konsolidieren. In der Mitteilung des
von der OIC und den Vereinigten Staaten gemeinsam geführten Vorsitzes wird zur Umsetzung der
Resolution 16/18 aufgerufen und auch auf andere einvernehmlich verabschiedete Resolutionen zur
Religions- und Weltanschauungsfreiheit verwiesen.
Auf der 66. Tagung der VN-Generalversammlung war die EU bestrebt, die Ergebnisse der Vorjahre
in Bezug auf ihre eigene Resolution zur Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminie-
rung aufgrund der Religion oder der Weltanschauung zu konsolidieren und zugleich eine Bestäti-
gung der konsensorientierten Herangehensweise, die die OIC in Genf gezeigt hat, sicherzustellen.
Diese Ziele wurden am 19. Dezember 2011 erreicht, als die von der EU eingebrachte Resolution
66/168 und die von der OIC eingebrachte Resolution 66/197 zur Bekämpfung von Intoleranz,
negativen Klischees, Stigmatisierung und Diskriminierung, des Aufrufs zu Gewalt und von Gewalt
aufgrund der Religion oder der Weltanschauung ohne Abstimmung verabschiedet wurden.
3.14. Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender-Personen und Intersexuelle
Weltweit wurden im Jahr 2011 Geschlechteridentität und sexuelle Ausrichtung immer noch zu
Unrecht als Vorwand für schwere Menschenrechtsverletzungen benutzt. Lesbische, schwule, bi-,
trans- und intersexuelle (LGBTI) Personen wurden weiterhin verfolgt, diskriminiert und miss-
handelt, wobei sie häufig extreme Formen von Gewalt erleiden mussten. Einverständliche
gleichgeschlechtliche Beziehungen zwischen Erwachsenen wurden in etwa 80 Staaten immer noch
als Straftat und in sieben Staaten sogar mit der Todesstrafe geahndet.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 133 – Drucksache 17/12922
Die EU hält entschieden daran fest, dass alle Menschen das Recht haben, ohne Diskriminierung das
gesamte Spektrum der Menschenrechte zu genießen. Als Zeichen dieses Bekenntnisses und um den
Bediensteten der EU ein praktisches Instrumentarium für die Förderung und den Schutz der
Menschenrechte aller Menschen ungeachtet der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechter-
identität an die Hand zu geben, hat die EU im Juni 2010 einen Maßnahmenkatalog zur Förderung
und zum Schutz der Ausübung aller Menschenrechte durch Lesben, Schwule, Bisexuelle und
Transgender-Personen angenommen.
Die Hohe Vertreterin Catherine Ashton bekräftigte in einer Erklärung im Namen der EU anlässlich
des Internationalen Tags gegen Homophobie am 17. Mai 2011, "dass die Europäische Union und
auch (sie) selbst weiterhin nachdrücklich dafür eintreten, dass alle Menschen ohne Diskriminierung
in den vollen Genuss der Menschenrechte kommen können".
Die EU hat sich auch 2011 aktiv an multilateralen Maßnahmen insbesondere im Rahmen der VN
zur Bekämpfung von Diskriminierung unter anderem aufgrund der sexuellen Orientierung oder der
Geschlechteridentität beteiligt. Die EU hat die "Gemeinsame Erklärung über die Beendigung von
Gewaltakten und ähnlichen Menschenrechtsverletzungen aufgrund der sexuellen Orientierung und
geschlechtlichen Identität", die auf der Tagung des VN-Menschenrechtsrats vom 22. März 2011 im
Namen von 85 Ländern aus allen Kontinenten abgegeben wurde, nachdrücklich begrüßt. Fünfzehn
EU-Mitgliedstaaten beteiligten sich an den Beratungen der Gruppe, die diese Erklärung ausge-
arbeitet hat, und alle EU-Mitgliedstaaten unterstützten diese Initiative ohne Einschränkung.
Die EU begrüßte außerdem nachdrücklich die wegweisende Resolution über Menschenrechte,
sexuelle Orientierung und Geschlechteridentität, die von Südafrika eingebracht worden war und am
17. Juni 2011 mit 23 Stimmen im VN-Menschenrechtsrat angenommen wurde. Die Mitgliedstaaten
der Europäischen Union, die Mitglieder des Menschenrechtsrats sind, stimmten für die Resolution,
was von der Europäischen Union in ihrer Gesamtheit mitgetragen wurde.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 134 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU begrüßte bei den Vereinten Nationen in New York die Arbeit des Amts der Hohen
Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte zu LGBT-Angelegenheiten und trug als
ein Mitglied einer regionenübergreifenden LGBT-Kerngruppe dazu bei, über dieses Thema
aufzuklären und Unterstützung für LGBT-Angelegenheiten zu gewinnen. Die EU beteiligte sich
aktiv an der Organisation einer Veranstaltung, die am 8. Dezember 2011 bei den VN in New York
mit der Bezeichnung "Ein Ende von Mobbing, Gewalt und Diskriminierung wegen der sexuellen
Orientierung und der Geschlechteridentität" stattfand.
Auf regionaler Ebene hat die EU weiter die Arbeit des Europarats zu den Menschenrechten von
LGBT unterstützt, und zwar insbesondere über die Empfehlung des Europarats für Maßnahmen zur
Bekämpfung der Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechter-
identität, die am 31. März 2010 angenommen wurde.
Auf bilateraler Ebene hat sich die EU in ihren Menschenrechtsdialogen mit Drittländern weiterhin
dafür eingesetzt, dass LGBTI-Personen nicht diskriminiert werden, und in mehreren öffentlichen
Erklärungen und Demarchen wurde die Haltung der EU zu LGBTI-Fragen erläutert, unter anderem
ihre Haltung gegenüber homophoben Maßnahmen und ihr Eintreten für die Entkriminalisierung
homosexueller Beziehungen.
Die EU hat über das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte weiterhin
mehrere Organisationen unterstützt, die für die Rechte von LGBTI-Personen eintreten oder LGBTI-
Menschenrechtsverteidiger schützen, indem sie in die Lage versetzt wurden, homophoben Gesetzen
und Diskriminierung von LGBTI-Personen entgegenzuwirken, die breite Öffentlichkeit über
Diskriminierung und Gewalt gegen sexuelle Minderheiten aufzuklären, derartige Diskriminierung
und Gewalt zu bekämpfen und Nothilfe für die hilfsbedürftigsten LGBTI-Personen zu leisten
(psychosoziale und medizinische Unterstützung, Mediation und Wiedereingliederungshilfe).
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 135 – Drucksache 17/12922
Eine von Südafrika eingebrachte Resolution über Menschenrechte, sexuelle Orientierung und
Geschlechteridentität (A/HRC/17/L.9/Rev.1) ist am 17. Juni 2011 mit 23 Stimmen bei 19
Gegenstimmen und 3 Enthaltungen angenommen worden. Damit hat erstmalig ein Gremium der
Vereinten Nationen eine Resolution angenommen, in der die Menschenrechte von LGBTI-Personen
bekräftigt wurden.
In der Resolution wird erneut auf die Allgemeingeltung der Menschenrechte hingewiesen und wird
die große Besorgnis über Gewalttaten und Diskriminierung zum Ausdruck gebracht, denen
Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechteridentität ausgesetzt sind.
Im verfügenden Teil der Resolution wird das Amt der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen
für Menschenrechte, Navi Pillay, ersucht, eine bis Dezember 2011 fertigzustellende erste Studie der
VN in Auftrag zu geben, die diskriminierende Rechtsvorschriften und Praktiken sowie
Gewalthandlungen gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und ihrer
Geschlechteridentität in allen Regionen der Welt dokumentiert. Außerdem wurde beschlossen,
während der neunzehnten Tagung des Menschenrechtsrats eine auf die Sachinformationen in der
Studie gestützte Podiumsdiskussion zu veranstalten und dabei auch geeignete Folgemaßnahmen zu
den Empfehlungen in der Studie zu erörtern.
3.15. Menschenrechte und Wirtschaft, einschließlich der gesellschaftlichen
Verantwortung von Unternehmen
Es waren zahlreiche wichtige Entwicklungen in der EU-Politik zu Menschenrechten und Wirtschaft
sowohl innerhalb der EU als auch in ihren Außenbeziehungen zu verzeichnen.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 136 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Europäische Kommission hat im Oktober 2011 eine neue Mitteilung mit dem Titel "Eine neue
Strategie (2011-14) für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR)" angenommen, die ein
CSR-Konzept vorsieht, in dem die Menschenrechte einen wichtigen Platz einnehmen, und dabei
mehrfach auf die die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Unternehmenstätigkeit und
Menschenrechte Bezug nimmt. In dieser Mitteilung führt die Europäische Kommission insbeson-
dere die Menschenrechte speziell als einen der Punkte auf, die Unternehmen in ihre unternehme-
rische Tätigkeit und ihre Unternehmensstrategie integrieren sollten, um ihrer gesellschaftlichen
Verantwortung gerecht zu werden; ferner erkennt sie darin die Leitprinzipien der VN als zum
Kernbestand der international anerkannten CSR-Grundsätze und -Leitlinien gehörig an und bringt
allen europäischen Unternehmen gegenüber die Erwartung zum Ausdruck, dass diese ihrer
Verantwortung gerecht werden und die Menschenrechte achten, so wie dies in den Leitprinzipien
der Vereinten Nationen festgelegt ist.
Ferner hat die Kommission die Absicht geäußert, in den Jahren 2012 und 2013 konkrete Maß-
nahmen im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte zu ergreifen. Sie hat einen Prozess eingeleitet,
der zum Ziel hat, für drei Branchen (Arbeitsvermittlungsdienste, IKT, Öl und Gas) sowie für kleine
und mittlere Unternehmen auf der Grundlage der Leitprinzipien der Vereinten Nationen Orientie-
rungshilfen in Menschenrechtsfragen zu erarbeiten. Ferner hat die Kommission sich verpflichtet,
einen Bericht über die Prioritäten der EU bei der Umsetzung der Leitprinzipien der Vereinten
Nationen zu veröffentlichen und für Verständnis für die Herausforderungen zu werben, mit denen
Unternehmen konfrontiert sind, die in Ländern tätig sind, in denen der Staat seiner Verpflichtung
zum Schutz der Menschenrechte nicht in vollem Umfang nachkommt. Die Europäische Kommis-
sion hat zudem alle Mitgliedstaaten aufgefordert, eigene nationale Pläne für die Umsetzung der
Leitprinzipien der Vereinten Nationen zu erstellen. Sie hat den Mitgliedstaaten angeboten, dabei
Hilfestellung zu geben.
Die Kommission hat außerdem Anfang 2011 eine Studie über verantwortungsvolles Lieferketten-
management veröffentlicht, in der explizit auf die VN-Leitgrundsätze zu Wirtschaft und
Menschenrechten Bezug genommen wird. In dieser Studie wurden fünf Problemstellungen im
Zusammenhang mit dem Lieferkettenmanagement herausgegriffen und für drei für die EU wichtige
Branchen untersucht. Die Kommission stützt sich bei ihrer Arbeit auf die aus dieser Studie
resultierenden Empfehlungen.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 137 – Drucksache 17/12922
Während des gesamten Jahres 2011 hat die EU in multilateralen Foren aktiv Initiativen im Bereich
Wirtschaft und Menschenrechte unterstützt. Die EU hat sich maßgeblich für die "UN Guiding
Principles on Business and Human Rights Implementing the United Nations “Protect, Respect and
Remedy” Framework" (Leitprinzipien der VN zur Umsetzung des Rahmens der VN für
Unternehmenstätigkeit und Menschenrechte "Schützen, achten, Rechtsschutz gewähren")
eingesetzt. Im Januar 2011 hat die EU ihre Bemerkungen zu dem Entwurf der VN-Leitprinzipien
vorgelegt und sich dann dafür eingesetzt, dass diese Leitprinzipien vom Menschenrechtsrat auf
dessen Tagung im Juni 2011 in Genf gebilligt wurden. Die EU hat sich bereit erklärt, eng mit der
kürzlich eingesetzten VN-Arbeitsgruppe für die Frage der Menschenrechte und transnationaler
Unternehmen sowie anderer Wirtschaftsunternehmen zusammenzuarbeiten, die für eine effektive
Verbreitung und Umsetzung der Leitprinzipien der VN zuständig ist. Die EU hat vor der ersten
Sitzung der Arbeitsgruppe im Januar 2012, bei der über das Arbeitsprogramm beraten werden soll,
einen Beitrag mit Vorschlägen vorgelegt. Die EU hat ferner zu der Aktualisierung der Leitlinien der
OECD für multinationale Unternehmen beigetragen; diese im Mai 2011 verabschiedete aktualisierte
Fassung der Leitlinien integriert den VN-Rahmen für Unternehmenstätigkeit und Menschenrechte
in ein neues Kapitel über die Menschenrechte und das Konzept der Sorgfaltspflicht in der
Zuliefererkette.
Die Leitlinien der OECD werden als Bezugsrahmen für die Erwartungen dienen, die von der EU im
Rahmen ihrer Handels- und Investitionspolitik an verantwortliche Unternehmensführung geknüpft
werden. Die EU hat außerdem weitere Initiativen auf multilateraler Ebene unterstützt, z.B. die von
dem damaligen VN-Generalsekretär Kofi Annan eingeführte VN-Wirtschaftsplattform "Global
Compact" (diese bringt Unternehmen zusammen, die ihre Tätigkeiten und Strategien an zehn
allgemein anerkannten Prinzipien im Bereich der Menschenrechte, der Arbeitnehmerrechte, des
Umweltschutzes und der Korruptionsbekämpfung ausrichten wollen).
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 138 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU hat zudem im Rahmen ihrer bilateralen Beziehungen zu Drittländern den Punkt
Unternehmenstätigkeit und Menschenrechte thematisiert. Zu den diesbezüglichen Initiativen
gehören unter anderem die Veranstaltung eines an die Zivilgesellschaft gerichteten Seminars in
Bangladesh zu Menschenrechten und menschenwürdiger Arbeit, eines an die Zivilgesellschaft
gerichteten Seminars in Chile zu Menschenrechten und der gesellschaftlichen Verantwortung von
Unternehmen sowie die Durchführung eines Fachseminars zu CSR in Singapur. Die EU hat
außerdem das Thema Unternehmenstätigkeit und Menschenrechte mit einer Reihe von Drittländern
im Rahmen des regelmäßigen Dialogs über Menschenrechtsfragen erörtert. Und schließlich hat die
Europäische Union im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte
(EIDHR) Maßnahmen unterstützt, die maßgeblich von Organisationen der Zivilgesellschaft
gestaltet werden und die bewirken sollen, dass europäische Unternehmen, die in Drittländern tätig
sind, die Menschenrechte einhalten und achten. So wird aus dem EIDHR beispielsweise die
"Kampagne für Saubere Kleidung (Clean Clothes Campaign)", ein Zusammenschluss von
Organisationen in 15 europäischen Ländern, bei der Durchführung eines Projekts unterstützt, durch
das erreicht werden soll, dass in den globalen Lieferketten international tätiger Unternehmen der
Bekleidungsindustrie in über 30 Ländern die wirtschaftlichen und sozialen Rechte besser geachtet
werden.
Bei zwei weiteren aus dem EIDHR geförderten Projekten schließen die Projektaktivitäten den
Themenkreis Unternehmenstätigkeit und Menschenrechte ein. Ein umfassendes, 70 Länder einbe-
ziehendes Projekt zielt darauf ab, die Kapazitäten lokaler Bodenrechtsaktivisten zur Verteidigung
ihrer Rechte in Bezug auf natürliche Ressourcen zu stärken, die fehlende Transparenz bei Verträgen
zwischen Staaten und Privatunternehmen anzuprangern und in Ländern, in denen Konflikte im
Zusammenhang mit dem Abbau von Ressourcen bestehen, den Dialog mit den Regierungen und der
mineralgewinnenden Industrie zu suchen. In ähnlicher Weise beinhaltet ein Projekt für Aktivisten,
die die Rechte eingeborener Bevölkerungsgruppen in Südostasien verteidigen, den speziellen Plan,
eine thematische Studie über die soziale Verantwortung von Unternehmen, Menschenrechte und
eingeborene Bevölkerungsgruppen dort durchzuführen, wo zahlreiche Probleme in Fragen des
Landbesitzes bestehen.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 139 – Drucksache 17/12922
Die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Unternehmenstätigkeit und Menschenrechte sind das
Ergebnis von sechs Jahren Arbeit unter der Leitung von Professor John Ruggie, der von 2005 bis
2011 Sonderbeauftragter des VN-Generalsekretärs für die Frage der Menschenrechte und
transnationaler Unternehmen sowie anderer Wirtschaftsunternehmen war. Die Leitprinzipien der
VN enthalten Standards, durch die sichergestellt werden soll, dass Unternehmen nicht zu Verstößen
gegen die Menschenrechte beitragen. Sie gliedern sich in drei gesonderte, jedoch in Wechsel-
beziehung stehende Bereiche: erstens die Pflicht des Staates, durch angemessene politische
Maßnahmen, Rechtsvorschriften und eine entsprechende Rechtsprechung vor Menschenrechts-
verletzungen durch Dritte, einschließlich Unternehmen, zu schützen, zweitens die gesellschaftliche
Verantwortung der Unternehmen, die Menschenrechte zu achten, was im wesentlichen heißt, mit
der gebotenen Sorgfalt zu handeln und so Verstöße gegen die Rechte Dritter zu vermeiden, und
drittens die Notwendigkeit, für Opfer bessere Zugangsmöglichkeiten zu wirksamen
Abhilfemaßnahmen, seien sie gerichtlicher oder außergerichtlicher Natur, zu schaffen.
3.16. Unterstützung der Demokratie
Eine neue Europäische Nachbarschaftspolitik
In der Gemeinsamen Mitteilung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
und der Europäischen Kommission mit dem Titel "Eine neue Antwort auf eine Nachbarschaft im
Wandel" vom 25. Mai 2011 wird das neue Konzept der Europäischen Nachbarschaftspolitik der
Europäischen Union beschrieben. Es stützt sich auf gegenseitige Rechenschaftspflicht und eine
gemeinsame Verpflichtung zur Achtung universeller Werte wie Menschenrechte, Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit. Es wird - entsprechend dem Grundsatz "mehr für mehr" - eine viel größere
Differenzierung ermöglichen, damit jedes Partnerland seine Beziehung zur EU je nach den eigenen
Zielen, Bedürfnissen und Fähigkeiten entwickeln kann, wobei diejenigen Länder, die tiefgreifende
Reformen vornehmen, auf eine umfangreichere finanzielle Unterstützung durch die EU zählen
können.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 140 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Der neue Politikrahmen sieht insbesondere vor, eine tief verwurzelte Demokratie und die Partner-
schaft mit der Gesellschaft zu fördern, ihre nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung
sowie Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu unterstützen, Handels-
beziehungen zu intensivieren, die Mobilität weiter zu fördern und die regionalen Partnerschaften zu
vertiefen. Im September 2011 wurde eine mit 26,4 Mio. EUR ausgestattete Fazilität zur Förderung
der Zivilgesellschaft ins Leben gerufen, deren Ziel es ist, in der Nachbarschaft die Kapazitäten der
Zivilgesellschaft zur Unterstützung von Reformen zu verbessern und eine strengere öffentliche
Rechenschaftspflicht zu erreichen.
Als Reaktion auf den Arabischen Frühling hat die EU sofort Maßnahmen ergriffen, mit denen sie
rasch und wirksam auf die mit der Entwicklung der Lage einhergehenden Herausforderungen
reagieren konnte; diese Maßnahmen bestanden im wesentlichen humanitärer Hilfe und
Bevölkerungsschutzhilfe für die Region (bis heute 80,5 Mio. EUR), einer Reihe von Maßnahmen
zur Unterstützung des demokratischen Übergangs und Hilfe in verarmten Gebieten. Insbesondere
hat die EU 2011 die Wahlen in Tunesien, Marokko und Ägypten erheblich unterstützt.
Aus dem Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte wurde außerordentliche
Unterstützung in Tunesien, Libyen und Ägypten geleistet, indem die vorhandene Flexibilität
genutzt wurde, um unter anderem Medien, politische Parteien und die Kreise der Zivilgesellschaft
zu unterstützen, die bei der Beobachtung der heimischen Wahlen aktiv waren.
Weitere Initiativen, speziell der Europäische Fonds für Demokratie, sollen bald die Arbeit
aufnehmen.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 141 – Drucksache 17/12922
Agenda für den Wandel
Mit der neuen Politik auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit - der Agenda für den
Wandel -, die auf dem Aktionsplan der EU und der Überprüfung der Europäischen Nachbarschafts-
politik basiert, wird ein differenzierter Ansatz der EU gegenüber den Partnerländern eingeführt und
angestrebt, die künftige Zusammenarbeit auf zwei Schwerpunktbereiche zu konzentrieren:
• Menschenrechte, Demokratie und andere Schlüsselelemente verantwortungsvoller
Staatsführung und
• breitenwirksames und nachhaltiges Wachstum zugunsten der menschlichen Entwicklung.
In der Agenda für den Wandel heißt es wie folgt: "Verantwortungsvolle Staatsführung in
politischer, wirtschaftlicher, sozialer und umweltpolitischer Hinsicht ist von entscheidender
Bedeutung für eine breitenwirksame und nachhaltige Entwicklung. Die EU-Unterstützung für
verantwortungsvolle Staatsführung sollte in allen Partnerschaften eine zentralere Rolle einnehmen,
insbesondere durch Anreize zu ergebnisorientierten Reformen und eine Ausrichtung auf
Verpflichtungen der Partner in Bezug auf Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
sowie zur Erfüllung der Anforderungen und Bedürfnisse der Bevölkerung."
Die wichtigsten Grundsätze der Unterstützung der EU für demokratische Staatsführung sind die
Achtung der Eigenverantwortung und der Dialog zwischen Partnern sowie die Konzentration auf
Anreize für ergebnisorientierte Reformen. Die Erfahrung zeigt, dass die Übernahme von
Eigenverantwortung durch die Regierungen nicht ausreichend ist, und dass deshalb eher auf breit
angelegte demokratische Eigenverantwortung gesetzt oder zumindest deren Herausbildung
gefördert werden muss.
Dem von der EU verfolgten Ansatz, der auf den Grundsätzen eines differenzierten Vorgehens
gegenüber den Partnerländern basiert, müssen eine geeignete Kombination von Instrumenten und
angemessene Modalitäten für die Gewährung von Hilfe zugrundeliegen. So können zum Beispiel
Partnerländer, die eindeutige Verpflichtungen im Bereich der Achtung der Menschenrechte und der
demokratischen Reform eingegangen sind und deutliche Fortschritte vorzuweisen haben, im
Rahmen der allgemeinen Budgethilfe unterstützt werden.
9238/12 mp,ms/ib 85
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 142 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Neue finanzielle Vorausschau
Die Kommission hat am 7. Dezember 2011 ihren Vorschlag für den nächsten Mehrjährigen
Finanzrahmen (MFR) 2014-2020 vorgelegt. Die Haushaltsvorschläge zielen auf das neue Konzept
der Kommission - der "Agenda für den Wandel" -, wonach die EU-Hilfe auf weniger Bereiche
konzentriert, Demokratie, Menschenrechte und verantwortungsvolle Staatsführung gefördert und
inklusives und nachhaltiges Wachstum erreicht werden sollen. In Kombination mit dem "mehr-für-
mehr"-Ansatz dürften hierdurch zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten für die Demokratie-
förderung sowohl im Rahmen sämtlicher geographischer Instrumente (Europäisches Nachbar-
schaftsinstrument, Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit) als auch im Rahmen des
Europäischen Entwicklungsfonds geschaffen werden.
3.17. Wahlunterstützung
Die Europäische Union ist davon überzeugt, dass echte, transparente und friedliche Wahlen eine
wesentliche Grundlage für die Ausübung der Menschenrechte, nachhaltige Entwicklung und eine
funktionierende Demokratie bilden. Im Bereich der Wahlunterstützung ist die EU einer der
führenden global auftretenden Akteure; sie folgt dabei dem in der Mitteilung der Kommission aus
dem Jahre 2000 über Wahlunterstützung und Wahlbeobachtung beschriebenen Konzept. Die
wichtigsten Unterstützungsinstrumente der EU sind die EU-Wahlbeobachtungsmissionen und die
Wahlexpertenmissionen sowie Wahlhilfe und die Unterstützung inländischer unparteilicher
Beobachter. Die Zielsetzungen dieser Instrumente ergänzen sich weitgehend, da die Ergebnisse und
Empfehlungen der Wahlbeobachtungsmissionen und Wahlexpertenmissionen in künftige
Hilfsmaßnahmen und eine umfassendere Unterstützung der Demokratie einfließen.
9238/12 mp,ms/ib 86
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 143 – Drucksache 17/12922
3.18. EU-Wahlbeobachtungsmissionen
Die Liste der hinsichtlich der Entsendung von Wahlbeobachtungsmissionen als vorrangig zu
betrachtenden Länder wurde mit Beschluss der Hohen Vertreterin nach Anhörung des Europäischen
Parlaments (Koordinierungsgruppe Wahlen) und der Mitgliedstaaten (Politisches und Sicherheits-
politisches Komitee, PSK) festgelegt. Im Jahr 2011 wurden zehn EU-Wahlbeobachtungsmissionen
durchgeführt, durch die eine gründliche Evaluierung der Wahlverfahren ermöglicht wurde,
Vertrauen bei den Wählern geschaffen wurde, ausführliche konstruktive Empfehlungen zur
Verbesserung der Rahmenbedingungen und der Durchführung künftiger Wahlen ausgearbeitet und
die demokratischen Institutionen gestärkt wurden.
Im Rahmen einer EU-Bewertungsmission wurde eine Analyse der Wählerregistrierung im Sudan
vorgenommen, die dort vom 15. November 2010 bis 8. Januar 2011 durchgeführt wurde; der
Analyse zufolge verlief die Registrierung allgemein zufriedenstellend. Die Bewertung der Wähler-
registrierung und die dabei getroffenen Feststellungen gingen in die Analyse der EU-Wahl-
beobachtungsmission ein, die eingesetzt wurde, um das Referendum in Südsudan zu beobachten,
das vom 9. bis 15. Januar 2011 stattfand. Im Rahmen dieser Mission wurden 104 Beobachter unter
der Leitung von Véronique de Keyser, MdEP, eingesetzt; das Referendum wurde als glaubwürdig
und gut organisiert bewertet.
Eine EU-Wahlbeobachtungsmission wurde zur Beobachtung sowohl der Präsidentschafts- als auch
der Parlamentswahlen in Niger, deren erster Wahlgang am 31. Januar 2011 stattfand, entsandt.
Leitender Beobachter war Santiago Fisas Ayxelà. In Niger wurden 40 Beobachter eingesetzt. Beide
Wahlgänge der Präsidentschafts- und der Parlamentswahlen verliefen sowohl unter organisa-
torischen Aspekten als auch in politischer Hinsicht gut. Der Wahlbeobachtungsmission kam
insofern eine Schlüsselrolle zu, als sie zur Glaubwürdigkeit dieser wichtigen Wahlen, mit denen ein
freiwilliger Machtverzicht die Militärjunta zugunsten einer zivilen Regierung erreicht werden sollte,
beigetragen hat.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 144 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Eine Wahlbeobachtungsmission unter der Leitung von Louis Michel, MdEP, diente der Beobach-
tung der Parlamentswahlen im Tschad, die am 13. Februar 2011 stattfanden; hierbei waren
70 Beobachter im ganzen Land im Einsatz. Die Wahldurchführung stand unter der Leitung einer
Wahlkommission, die Schwierigkeiten hinsichtlich ihrer Arbeitsfähigkeit hatte, und die Kandida-
tenaufstellung muss in Zukunft wesentlich verbessert werden. Dennoch bestand aufgrund einiger
seit den letzten Wahlen vorgenommener Verbesserungen des Wahlverlaufs für die politische
Opposition mehr Freiraum, sich zur Wahl zu stellen, so dass sie nun besser im Parlament vertreten
ist. Die Wahlbeobachtungsmission hat entscheidend zu dieser globalen Verbesserung des Wahl-
prozesses beigetragen.
Die zweite Mehrparteienwahl in Uganda fand am 18. Februar 2011 statt; sie wurde durch eine
Wahlbeobachtungsmission unter der Leitung von Edward Scicluna, MdEP beobachtet. Bei dieser
Mission wirkten 110 Beobachter mit. Im Vergleich zur vorhergehenden Wahl, die 2006 stattfand,
waren bei dieser Wahl einige Verbesserungen zu verzeichnen. Dennoch wurde der Wahlverlauf
durch vermeidbare administrative und logistische Pannen beeinträchtigt, die dazu führten, dass
einer nicht hinzunehmenden Zahl ugandischer Bürger das Wahlrecht entzogen wurde. Hinzu kam,
dass Amtsinhaber von ihren angestammten Rechten in solch einem Umfang Gebrauch machten,
dass kaum noch gleiche Bedingungen für die um Stimmen werbenden Kandidaten und politischen
Parteien herrschten.
Zu den Wahlen in Nigeria im April 2011 wurde eine 120 Wahlbeobachter umfassende EU-Wahl-
beobachtungsmission entsandt, leitender Beobachter war Alojz Peterle, MdEP. Bei der Mission
konnte abschließend festgestellt werden, dass diese Präsidentschaftswahl die glaubwürdigste seit
der Wiederherstellung der Demokratie in Nigeria war. Als die Wahl aufgrund logistischer Probleme
um eine Woche verschoben werden musste, konnte die EU-Wahlbeobachtungsmission durch ihr
Eingreifen dazu beitragen, das Vertrauen in die Wahlbehörden wieder herzustellen. Ferner wirkte
sie darauf hin, dass seitens der internationalen Gemeinschaft kohärent und konsequent reagiert
wurde.
9238/12 mp,ms/ib 88
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 145 – Drucksache 17/12922
Der zweite Wahlgang der Präsidentschaftswahl in Peru, der am 5. Juni 2011 stattfand, wurde von
einer EU-Wahlbeobachtermission beobachtet. Leitender Beobachter war José Ignacio Salafranca,
MdEP. Die Wahl wurde von den örtlichen Wahlbehörden transparent, professionell und mit
Einsatzfreude durchgeführt. Die Zusammenarbeit zwischen der EU und der Organisation
Amerikanischer Staaten (OAS) war sehr gut und kann als ein Beispiel für eine vorbildliche
Verfahrensweise angeführt werden. Die öffentliche Wahrnehmung dieser Mission der EU im Land
war außerordentlich ausgeprägt, so dass durch sie dazu beigetragen werden konnte, die politischen
Beziehungen zwischen der EU und Peru zu vertiefen.
Zu der ersten demokratischen Wahl in Tunesien, die am 23. Oktober 2011 stattfand, wurde eine
163 Mann starke EU-Wahlbeobachtungsmission unter der Leitung von Michael Gahler, MdEP,
entsandt. Bei dieser Mission wurde festgestellt, dass die Wahl zur verfassungsgebenden
Versammlung trotz einiger Mängel hinsichtlich der Transparenz des Wahlverlaufs einen
ermutigenden Schritt in Richtung Demokratie darstellte. Bei dieser Wahl hat die EU zum ersten
Mal auch die Stimmabgabe von im Ausland lebenden Wahlberechtigten beobachtet.
Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Sambia, die am 20. September 2011 stattfanden,
wurden von einer unter der Leitung von Maria Muñiz de Urquiza stehenden EU-Wahl-
beobachtungsmission beobachtet. Hierbei kamen 120 Beobachter zum Einsatz. Den Beobachtungen
der EU-Wahlbeobachtungsmission und anderer präsenter internationaler und regionaler Wahl-
beobachtungsmissionen zufolge wurden die Wahlen auf transparente und glaubwürdige Weise
durchgeführt. Regionalen Grundsätzen und internationalen Verpflichtungen, die auf die Durch-
führung regelmäßiger und echter Wahlen abstellen, wurde weitestgehend nachgekommen, eine
Reform einiger wichtiger Aspekte der Rahmenbedingungen für Wahlen ist jedoch erforderlich, um
den Grundsätzen und Verpflichtungen bei künftigen Wahlen uneingeschränkt nachkommen zu
können.
Im Kontext der Wahl vom 6. November 2011 in Nicaragua hat die EU eine 90 Beobachter
umfassende Wahlbeobachtungsmission entsandt, bei der Luis Yáñez, MdEP, der leitende
Beobachter war. Bei dieser Mission wurde festgestellt, dass der Wahlverlauf nicht den inter-
nationalen Normen für demokratische Wahlen entsprach, insbesondere aufgrund der fehlenden
Unabhängigkeit des Wahldurchführungsgremiums und der Nichtzulassung von wichtigen
Beobachtergruppen und Vertretern der größten Oppositionspartei.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 146 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Anlässlich der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Demokratischen Republik Kongo, die
am 28. November 2011 stattfanden, hat die EU 147 Beobachter entsandt, die bei der Beobachtungs-
mission unter der Leitung von Mariya Nedelcheva, MdEP, mitwirkten. Im Rahmen der Mission
wurde die große Mobilisierung der Bevölkerung bei dieser zweiten Mehrparteienwahl lobend
erwähnt, bemängelt wurden allerdings die unzureichende Wahlvorbereitung und -durchführung. Die
Glaubwürdigkeit der Wahlen wurde insbesondere durch fehlende Transparenz in den wichtigsten
Phasen des Wahlprozesses, wie beispielsweise bei der Auszählung und der Zusammenrechnung der
Ergebnisse, untergraben.
Durch die Teilnahme einer Delegation des Europäischen Parlaments an allen EU-Wahl-
beobachtungsmissionen wurden diese Missionen stärker in das Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt
und ein wertvoller Beitrag zur Bewertung der Missionen geleistet.
Die EU hat sich verstärkt darum bemüht, die im Rahmen der Wahlbeobachtungsmissionen ausge-
sprochenen Empfehlungen auf der politischen und der technischen Ebene zur Sprache zu bringen,
um die Regierungen dazu zu ermutigen, die notwendigen Reformen in Angriff zu nehmen. Die
Begleitmaßnahmen im Anschluss an eine Wahlbeobachtungsmission sind Bestandteil der
weitergehenden Maßnahmen der EU zur Unterstützung der Demokratie.
3.19. Wahlexpertenmissionen
Angesichts der begrenzten Mittel und der großen Anzahl wichtiger Wahlen, die jedes Jahr weltweit
stattfinden, ist die EU nicht in der Lage, jedem Ersuchen um eine Entsendung einer Wahlbeob-
achtungsmission nachzukommen. Sie kann jedoch auch eine Reihe von Wahlexpertenmissionen
entsenden, deren Mandat Beiträge zu vertrauensfördernden Maßnahmen während und nach den
Wahlen vorsieht. Bei solchen Missionen wird der Wahlverlauf im Einzelnen analysiert und den
einschlägigen Wahlakteuren in dem Land sowie den Organen der EU Bericht erstattet sowie
Empfehlungen ausgesprochen. Die Wahlexpertenmissionen sind keine Wahlbeobachtungs-
missionen; es werden daher keine öffentlichen Erklärungen zum Wahlverlauf abgegeben.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 147 – Drucksache 17/12922
Im Jahr 2011 wurden acht Wahlexpertenmissionen entsandt, und zwar nach Haiti (im März), Benin
(im März und April), Thailand (im Juni und Juli), Guatemala (im September und im November),
Liberia (im Oktober und im November), Gambia (im November), Marokko (im November) sowie
nach Côte d'Ivoire (im Dezember).
3.20. Wahlhilfe
Auch im Jahr 2011 hat die EU Wahlhilfe in einer Reihe von Ländern geleistet, so unter anderem in
Haiti, in der Demokratischen Republik Kongo, in Tunesien, Simbabwe und in El Salvador. Ohne
ihre weltweiten Anstrengungen einzuschränken oder andere Regionen der Welt aus dem Blick zu
verlieren, hat die EU die derzeitige Welle der Demokratisierung im südlichen Mittelmeerraum und
im Nahen Osten verstärkt unterstützt. So unterstützt sie gegenwärtig die demokratischen Reform-
prozesse in Jordanien, Libyen und Ägypten oder bereitet entsprechende Unterstützung vor.
In den vergangenen sieben Jahren (2005 bis 2011) hat die EU beinahe 700 Mio. EUR, also etwa
100 Mio. EUR pro Jahr, für Wahlhilfe ausgegeben. Die Mittel wurden aus geographischen
Instrumenten wie dem Europäischen Entwicklungsfonds (EEF), dem Europäischen Nachbarschafts-
und Partnerschaftsinstrument (ENPI) und dem Finanzierungsinstrument für die Entwicklungs-
zusammenarbeit (DCI) bereitgestellt. Auch aus dem Stabilitätsinstrument (IfS) und dem
Europäisches Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) wurden Mittel
bereitgestellt. Die von der EU für Wahlhilfe bereitgestellten Mittel wurden für den Aufbau von
Kapazitäten und die technische und materielle Unterstützung von Wahlen in nahezu 60 Ländern
verwendet. Fast zwei Drittel der Unterstützung wurden für afrikanische Länder südlich der Sahara
bereitgestellt. Ein erheblicher Teil ging an Länder, die sich in der Phase nach einem Konflikt
befinden, wie die Demokratische Republik Kongo, Afghanistan, Sudan, Côte d'Ivoire und Irak. Die
Wahlhilfeprogramme der EU stellen nicht auf einzelne Wahlen ab, sondern folgen vielmehr einem
Ansatz, der auf den gesamten Wahlzyklus gerichtet ist.
9238/12 mp,ms/ib 91
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 148 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Programme sind in den meisten Fällen umfassend und global und schließen sowohl technische
als auch materielle Unterstützung von Wahlvorgängen ein. Adressaten der Unterstützung sind
neben den Wahldurchführungsgremium (EMB) auch die wichtigsten Wahlakteure, nämlich die
Zivilgesellschaft, die politischen Parteien, die Medien, das Parlament/die Ministerien mit Zustän-
digkeit für Rechtsreformen sowie die Sicherheitsbehörden. Diese breite Auffächerung der
Unterstützung basiert auf dem Gedanken, dass die umfassende und verantwortliche Einbeziehung
der Wahlakteure in den Wahlprozess eine gemeinsame Verantwortlichkeit ermöglicht und dazu
beitragen kann, dass der Wahlverlauf und das Wahlergebnis allgemein akzeptiert werden.
Immer häufiger muss - unter anderem, da Partnerländer immer öfter biometrische Identifizierungs-
technologien einsetzen - ein besonderes Augenmerk auf die Wählerregistrierung gelegt werden, was
sich in einigen Fällen sogar in der Notwendigkeit eines eigenen Hilfsprogramms niederschlagen
kann. Dies führt manchmal zur Konzipierung von Programmen, die gleichzeitig die Wähler-
registrierung unterstützen, und die Modernisierung der standesamtlichen Register vorantreiben.
Die Prioritäten der EU bleiben nach wie vor der Wissensaufbau, der Aufbau politischer Strukturen
und die Zusammenarbeit mit den wichtigsten Akteuren im Bereich der Wahlhilfe. Im Juni 2011
wurde ein thematisches Seminar mit dem Titel "Wahlen, Gewalt und Konfliktverhütung"
veranstaltet, in das Vertreter von Wahlkommissionen zahlreicher Entwicklungsländer einbezogen
waren. Anlässlich dieses Seminars, das in Zusammenarbeit mit dem Entwicklungsprogramm der
Vereinten Nationen (UNDP) veranstaltet wurde, wurde ein umfassender zusammenfassender
Bericht erstellt. Im Kontext des strategischen Partnerschaftsabkommens zwischen den VN und EU
wurde Anfang 2011 zudem eine allgemeine Informationsveranstaltung zu Wahlhilfeprogrammen im
Rahmen des UNDP veranstaltet.
9238/12 mp,ms/ib 92
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 149 – Drucksache 17/12922
Fallbeispiel – Unterstützung des liberianischen Wahlzyklus 2010-2012
EU-Beitrag in Höhe von 7 Mio. EUR für einen gemeinsamen Geberfonds ("basket fund", verwaltet
vom UNPD)
Nach einem über 10 Jahre andauernden Bürgerkrieg zeichnete sich 2003 nach der Unterzeichnung
des Friedensabkommens von Accra ein Erholungskurs in Liberia ab. Die Präsidentschafts- und
Parlamentswahlen von 2011, die den zweiten Urnengang seit Kriegsende darstellten, waren ein
wichtiger Schritt für die Konsolidierung der Demokratie in Liberia.
Das EU-Wahlhilfeprogramms in Liberia soll den Demokratisierungsprozess durch Unterstützung
der Nationalen Wahlkommission (NEC) und der einschlägigen Wahlakteure während des gesamten
Wahlprozesses verstärken, einen Beitrag zur Wahlreform leisten und die Verbindungen zwischen
den Wahlen und der Parlamentsentwicklung ausbauen.
Insgesamt hat das Projekt einen erheblichen Beitrag zur Durchführung der Wahlen in einem
schwierigen rechtlichen und logistischen Umfeld geleistet, wobei es nur wenige technische
Probleme gab. Die NEC zeigte während der gesamten Durchführung des Projekt Führungs-
qualitäten und Eigenverantwortung. Eine zufriedenstellende Zusammenarbeit wurde durch die
Verlegung der technischen Experten in die Räumlichkeiten der NEC erleichtert, wodurch ein guter
Kompetenztransfer gewährleistet wurde. Die Koordinierung zwischen internationalen Partnern und
die Komplementarität der Wahlhilfe führte zu zufriedenstellenden Ergebnissen.
Andererseits konnten in Bereichen wie der Beteiligung von Frauen an den Wahlen und der
politischen Bildung wichtige Erfahrungen über Möglichkeiten zur Verbesserung des Prozesses
gewonnen werden.
Das Projekt wird bis Ende 2012 mit Tätigkeiten im Nachgang zu den Wahlen fortgeführt und folgt
somit einem Ansatz, der auf den gesamten Wahlzyklus gerichtet ist. Schwerpunkte des laufenden
Jahres sind der Kapazitätsaufbau, die institutionelle Überprüfung der NEC und die Umsetzung der
Erkenntnisse aus Wahloperationen. Die wesentlichen Erkenntnisse und Empfehlungen der EU-
Wahlexpertenmission werden in dieses Vorhaben einfließen.
9238/12 mp,ms/ib 93
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 150 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3.21. Europäischer Fonds für Demokratie
Die Außenminister der EU-Mitgliedstaaten haben über die Einrichtung eines Europäischen Fonds
für Demokratie beraten, seit der Außenminister Polens Anfang 2010 einen entsprechenden
Vorschlag vorlegte. Der Fonds wurde in der Gemeinsamen Mitteilung vom 25. Mai 2011 mit dem
Titel "Eine neue Antwort auf eine Nachbarschaft im Wandel" erwähnt. Der Rat (Auswärtige
Angelegenheiten) legte am 20. Juni und am 1. Dezember 2011 Schlussfolgerungen zum
Europäischen Fonds für Demokratie vor und bekräftigte somit die politische Unterstützung für diese
Initiative. Am 15. Dezember 2011 vereinbarten sämtliche Mitgliedstaaten eine gemeinsame
Erklärung, in der die grundlegenden Funktionsprinzipien des Fonds dargelegt sind, der als eine
autonome zuschussgebende Einrichtung fungieren soll, die allen denjenigen Unterstützung
gewähren kann, die in Ländern, die eine Phase des politischen Übergangs durchlaufen, mit
friedlichen Mitteln für die Demokratisierung kämpfen. Die aus dem Fonds gewährte Unterstützung
soll sich zunächst - allerdings nicht ausschließlich - auf die Nachbarschaft konzentrieren. Auf der
Grundlage der gemeinsamen Erklärung wird Anfang 2012 eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden,
deren Aufgabe es sein wird, die Satzung und die Geschäftsordnung des Fonds festzulegen. Den
Vorsitz der Arbeitsgruppe wird der EAD wahrnehmen, und alle Mitgliedstaaten, die Kommission
und das Europäische Parlament (MdEP Lambsdorff als für den Fonds zuständiger Berichterstatter)
werden um Teilnahme ersucht werden.
3.22. Zusammenarbeit mit Parlamenten weltweit
Funktionsfähige demokratische Parlamente nehmen im Hinblick auf die Qualität und Stärke einer
Demokratie eine zentrale Stellung ein. Parlamente sind auch von wesentlicher Bedeutung für eine
solide innerstaatliche Rechenschaftspflicht. Die EU ist in zunehmenden Maße im Begriff, den
Schwerpunkt ihrer Arbeit weg von Maßnahmen zur Stärkung der Exekutive hin zu Maßnahmen zu
verlagern, durch die die Legislative gestärkt und ein wirksames System von Kontrolle und Gegen-
kontrolle geschaffen wird. Besondere Aufmerksamkeit gilt nun der Vernetzung der verschiedenen
an der Beaufsichtigung beteiligten Akteure, angefangen bei den Medien über Organisationen der
Zivilgesellschaft bis hin zu Parlamenten und Obersten Rechnungskontrollbehörden.
9238/12 mp,ms/ib 94
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 151 – Drucksache 17/12922
Die Kommission hat 2011 eine umfassende Überprüfung durchgeführt und abgeschlossen, bei der
der Frage nachgegangen wurde, auf welche Weise die EU in den letzten zehn Jahren weltweit
Parlamente unterstützt hat, und bei der zudem praktische Leitlinien für die Unterstützung
parlamentarischer Institutionen vorgegeben werden. Die Überprüfung hat gezeigt, dass die EU seit
dem Jahr 2000 beinahe 150 Mio. EUR zur Stärkung von Parlamenten weltweit (ausgenommen
Beitrittsstaaten) bereitgestellt hat. Erfolgreich verliefen die Projekte, die auf solider Vorarbeit
fußten und bei denen ein Verständnis der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen und der
Motivation der politischen Akteure gegeben war. Diese Projekte beruhten in der Regel auf einem
längerfristigen Konzept und wurden dort durchgeführt, wo ein für die demokratische Entwicklung
förderliches Umfeld gegeben war. Sie zeichneten sich durch eine umfassende nationale Eigen-
verantwortung, klare Zielvorgaben, eine umfassende Delegierung von Eigenverantwortlichkeit und
eine sorgfältige Programmplanung aus.
Am Ende der Überprüfung stand die Veröffentlichung des EU-Referenzdokuments “Engaging and
Supporting Parliaments Worldwide: EC strategies and methodologies for action to support
parliaments”, das 2011 - unter anderem auch im Rahmen eines Schulungsprogramms - umfassend
verbreitet wurde. Das Dokument dient den Bediensteten der EU und anderen Interessenträgern als
praktische Handreichung, in der Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie Beziehungen zu
Parlamenten in Partnerländern entwickelt und diese Parlamente unterstützt werden können; das
Dokument wird von den EU-Delegationen verwendet.
Die Unterstützung politischer Parteien durch die EU erfolgte überwiegend im Rahmen umfassen-
derer Wahlhilfeprojekte. Im Zuge des Arabischen Frühlings hat die EU ihre Verbindungen zu
politischen Parteien intensiviert, da diese eine entscheidende und vielschichtige Rolle bei der Förde-
rung eines demokratischen Systems spielen. Dies gilt nur für politische Parteien, die demokratische
Werte teilen; dabei wahrt die EU die Neutralität und geht indirekt vor, indem sie Aus- und Fort-
bildungsmaßnahmen und weitere Maßnahmen zum Ausbau von Kapazitäten durchführt (eine
direkte finanzielle Unterstützung politischer Parteien ist nach EU-Vorschriften unzulässig). Zudem
unterstützt die EU in zunehmendem Maße die Einführung von rechtlichen oder verfassungsmäßigen
Rahmen, die demokratischen politischen Parteien Mitgestaltungsmacht verleihen und ihnen
erlauben, als Repräsentanten aller gesellschaftlichen Strömungen zu dienen.
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Drucksache 17/12922 – 152 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU hat den politischen Parteien in Tunesien und Ägypten nach den Volksaufständen insbeson-
dere aus dem Stabilitätsinstrument und dem Europäischen Instrument für Demokratie und
Menschenrechter rasch Unterstützung gewähren können. Die Unterstützung der EU war vor allem
auf Wahlbeobachtung durch einheimische Beobachter und Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für
politische Parteien gerichtet. Diese Unterstützung ist in den genannten Fällen im Rahmen eines breit
angelegten Hilfspakets zur Demokratisierung geleistet worden, das neben der Unterstützung bei
Verfassungs- und Wahlreformen und der Unterstützung von Überwachungsgremien der Zivilgesell-
schaft auch die Förderung des Rechts auf freie Meinungsäußerung, die Unterstützung von Medien,
die Förderung der politischen Bildung usw. einschließt.
Fallbeispiel - Unterstützung des Parlaments und der Institutionalisierung der neuen demokratischen
Verfassung Kirgisistans
Kontext: Der Volksaufstand von 2010 vereitelte die Bemühungen der Exekutive um Wieder-
einführung eines autoritären Regimes und führte zur Bildung einer Übergangsregierung, die mit der
Institutionalisierung einer demokratischen Rechtsordnung beauftragt wurde. Die Regierung und das
Parlament haben die EU um Unterstützung bei der Konzipierung und dem Aufbau einer neuen
demokratischen Rechtsordnung in der Form einer parlamentarischen Republik ersucht.
Programm: Die Europäische Union hat das Parlament durch drei Projekte unterstützt, die 2007
aufgenommen und im Jahresverlauf 2012 fortgesetzt wurden. Alle drei Projekte (Mittelausstattung
2 Mio EUR) wurden vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen ausgeführt; ihre
Schwerpunkte waren 1) Verstärkung der Gesetzgebungskapazitäten des Parlaments; 2) Unter-
stützung des Parlaments bei der Erfüllung seiner in der überarbeiteten Verfassung von 2007
verankerten Verpflichtungen im den Aufgabenbereichen Gesetzgebung, Aufsicht und Vertretung; 3)
Hilfeleistung bei der Institutionalisierung des Rechtsrahmens, auf dem die neue demokratische
Verfassung aufbaut.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 153 – Drucksache 17/12922
Wichtigste Ergebnisse: Die Unterstützung der EU für das kirgisische Parlament steigerte die
Leistungsfähigkeit der Abgeordneten und der Parlamentsverwaltung und folglich auch die
Wirksamkeit und das Ansehen dieser Institution. Die EU hat die notwendige Änderung der
Verfassung mit kritischem Rat begleitet und hilft nunmehr bei der Institutionalisierung der neuen
demokratischen Ordnung. Auch wenn Kirgisistan weiterhin viele Hürden auf dem Weg zum
demokratischen Übergang überwinden muss, so hat die EU-Hilfe dennoch zur Stärkung des
Parlaments als zentrale demokratische Institution beigetragen und somit dem Land die Möglichkeit
gegeben, die demokratischen Freiheiten in einer Weise zu wahren und zu festigen, die in einer
oftmals durch autoritäre Staatsführung geprägten Region hervorsticht.
3.22. Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
Im Bewusstsein der 1993 in Wien auf der Weltkonferenz über Menschenrechte bekräftigten
Allgemeingültigkeit, Unteilbarkeit, wechselseitigen Abhängigkeit und Verknüpfung aller
Menschenrechte misst die EU den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten die gleiche
Bedeutung bei wie den bürgerlichen und politischen Rechten.
Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte wurden im Rahmen der einzelnen Instrumente der
EU-Menschenrechtspolitik gegenüber Drittländern weiterhin eingefordert. So hat die EU
beispielsweise am 22. März 2011 eine Erklärung zum Weltwassertag veröffentlicht, in der sie die
auf den Menschenrechten beruhende Verantwortung aller Staaten für den Zugang zu sauberem
Trinkwasser bekräftigte, welches verfügbar, physisch zugänglich, bezahlbar und von annehmbarer
Qualität sein muss.
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Drucksache 17/12922 – 154 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Diskussionen über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte fanden auch im Rahmen der EU-
Menschenrechtsdialoge und –konsultationen sowie bei entsprechenden Treffen mit Vertretern der
Zivilgesellschaft statt. So hat die Europäische Union im November 2011 in Dhaka (Bangladesch)
ein Seminar zu Menschenrechten und menschenwürdiger Arbeit veranstaltet, das an Vertreter der
Zivilgesellschaft in Bangladesch gerichtet war und an dem auch Interessenvertreter aus der EU
teilnahmen. Ziel des Seminars war es, die relevanten Interessenvertreter aus Bangladesch und
Europa zusammenzubringen, um darüber zu beraten, wie die soziale Dimension der Globalisierung
verstärkt und wie Bangladesch bei der Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit der
Internationalen Arbeitsorganisation unterstützt werden kann. Die Ergebnisse des Seminars gingen
in die Arbeit der Untergruppe des Gemischten Ausschusses für verantwortungsvolle Staatsführung
und Menschenrechte in ihrer Sitzung am 30. November 2011 ein.
Innerhalb des VN-Menschenrechtsrates unterstützte die EU weiterhin öffentlich eine Reihe von
Sonderverfahren zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten – etwa die Mandate für
Bildung, Wohnen, geistige und körperliche Gesundheit, Nahrung, toxische und gefährliche
Produkte und Abfälle, Binnenflüchtlinge, indigene Völker, extreme Armut und Zugang zu
Wasserversorgung und Abwasserentsorgung – und arbeitete mit den jeweiligen Mandatsträgern
zusammen.
Außerdem setzte sich die EU weiterhin für die Verstärkung des Überwachungssystems der
Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) ein und wurde bei größeren Verstößen gegen
Kernarbeitsnormen wieder regelmäßig auf IAO-Ebene in der Internationalen Arbeitskonferenz und
im Verwaltungsrat der Organisation tätig. Die EU unterstützt die IAO weiterhin, beispielsweise in
den Bereichen Handel und Beschäftigung, Statistiksysteme, Sozialschutz und Beschäftigungspolitik
sowie Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.
In ihren Beziehungen zu Drittländern förderte und erleichterte die EU weiterhin die Ratifizierung
und Anwendung der IAO-Übereinkommen über Kernarbeitsnormen, unter anderem durch
technische Zusammenarbeit und enge Kooperation mit der IAO. In einigen Fällen brachte die EU in
ihren bilateralen Expertendialogen auch Fragen im Zusammenhang mit Beschäftigung, Arbeitsrecht
und Sozialschutz zur Sprache.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 155 – Drucksache 17/12922
Die EU setzt sich im Rahmen ihrer Handelspolitik nachdrücklich dafür ein, dass Kernarbeitsnormen
und menschenwürdige Arbeit für alle Menschen gefördert werden, und Initiativen für die
Zusammenarbeit sowie Anreize für bessere Arbeitsbedingungen sind fester Bestandteil der von ihr
ausgehandelten Handelsabkommen. Die Entwürfe dieser Abkommen der EU mit anderen Ländern
und Regionen werden im Hinblick auf ihre potenziellen Auswirkungen auf die gesellschaftliche
Entwicklung, darunter die Arbeitsnormen, sorgfältig geprüft. Nach dem Allgemeinen Präferenz-
system der EU können Entwicklungsländern, die die Kernarbeitsnormen der IAO ratifiziert und
eingeführt haben, für ihre Ausfuhren in die EU spezielle Abschläge auf die Zollsätze gewährt
werden.
Die Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte ist eng an eine inklusive und
gerechte Entwicklung gekoppelt; es ist bezeichnend, dass sechs der acht Millenniums-
Entwicklungsziele (MDG) der Vereinten Nationen die Entwicklung von Mensch und Gesellschaft
in den Vordergrund stellen.
3.24. Asyl, Migration, Flüchtlinge und Vertriebene
Die Kommission hat am 18. November 2011 ihre Mitteilung über den Gesamtansatz für
Migration und Mobilität (GAMM) vorgelegt, in der der übergeordnete Rahmen für die
auswärtige Migrationspolitik der EU festgelegt und der Weg für den Dialog und die Zusammen-
arbeit mit Drittländern im Bereich Migration und Mobilität beschrieben wird. Einer der zentralen
Punkte der Mitteilung ist die Befürwortung eines migrantenorientierten Ansatzes, der sich auf den
Grundsatz stützt, dass der Migrant im Zentrum der Analyse und allen Vorgehens steht. In der
Mitteilung wird betont, dass es bei der Migrationsgovernance nicht um Migrantenströme, -zahlen
und -routen geht, sondern um Menschen. Eine sachdienliche, wirksame und nachhaltige Politik
muss den Hoffnungen und Problemen der betroffenen Menschen Rechnung tragen. Die Menschen-
echte von Migranten sind daher ein Querschnittsthema des GAMM. Die Rechte von Migranten
werden bei der Durchführung des Gesamtansatzes durch Dialog und Zusammenarbeit systematisch
berücksichtigt, damit die Menschenrechte von Migranten in den Herkunfts-, Transit- und
Zielländern gleichermaßen gestärkt werden.
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Drucksache 17/12922 – 156 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Asyl und Flüchtlinge
Das wichtigste Anliegen in diesem Bereich war im Jahr 2011 die Schaffung eines Europas des
Asyls. Die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie von langfristig Aufenthalts-
berechtigten auf Personen, die internationalen Schutz genießen, wurde am 19. Mai 2011 und die
Neufassung der Richtlinie über die Anerkennung am 13. Dezember 2011 im Amtsblatt der
Europäischen Union veröffentlicht. In der Neufassung der Richtlinie über die Anerkennung werden
die Kriterien für die Gewährung internationalen Schutzes sowie die Bestimmungen über das Wohl
des Kindes und geschlechterspezifische Aspekte gestärkt und werden die Rechte von Flüchtlingen
und die Rechte von Personen, die internationalen Schutz genießen, näher zusammengebracht, auch
wenn die Rechtsstellung dieser beiden Personenkreise noch nicht harmonisiert ist.
Die Kommission hat im Juni 2011 geänderte Vorschläge für die Neufassung der Richtlinien über
Asylverfahren und Aufnahmebedingungen angenommen, um die schwierigen Beratungen
voranzubringen. Das Europäische Parlament hatte zu den beiden ursprünglichen Vorschlägen
Standpunkte in erster Lesung festgelegt, bevor die geänderten Vorschläge vorgelegt wurden. Die
Beratungen im Rat sind rasch vorangeschritten. Bei den Beratungen über die Neufassung der
Dublin-Verordnung sind dagegen nur wenig Fortschritte erzielt worden, und die Beratungen über
die Eurodac-Verordnung stagnierten 2011 zumeist. Die Kommission hat über die Arbeit der
Eurodac-Zentraleinheit berichtet, die weiterhin sehr zufriedenstellende Ergebnisse hinsichtlich
Schnelligkeit, Leistung, Sicherheit und Kostenwirksamkeit erzielt hat.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 157 – Drucksache 17/12922
Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) hat seine Arbeit Mitte 2011
aufgenommen. Nach einem entsprechenden Antrag Griechenlands hat das EASO gemeinsam mit
den griechischen Behörden im April 2011 einen Zwei-Jahres-Einsatzplan für Asylunterstützungs–
teams entwickelt, der ab Mai umgesetzt wurde. Hauptaufgabe des EASO in seinem ersten
Betriebsjahr war jedoch die Einstellung von Personal und der Aufbau der erforderlichen Strukturen
in Malta. Das Büro hat außerdem Verantwortung für praktische Maßnahmen der Zusammenarbeit
beispielsweise hinsichtlich des europäischen Schulungsprogramms im Asylbereich übernommen.
Die Kommission hat das Büro weiterhin aktiv unterstützt, damit es so schnell wie möglich voll und
ganz einsatzfähig wird. Förmliche Verhandlungen über die Beteiligung der assoziierten Länder am
EASO sollen im ersten Halbjahr 2012 aufgenommen und, wie zu hoffen ist, auch abgeschlossen
werden.
Solidarität war nach wie vor eine wichtige Komponente der Asylpolitik. Die Kommission hat am
2. Dezember 2011 eine Mitteilung über die EU-interne Solidarität im Asylbereich angenommen.
Die Mitteilung zielt darauf ab, dass die praktische, technische und finanzielle Zusammenarbeit
gestärkt und die Aufgabenteilung sowie die Instrumente zur Steuerung des Asylsystems verbessert
werden und dass auf diese Weise dazu beigetragen wird, dass das gemeinsame europäische
Asylsystem bis 2012 vollendet wird. Das Projekt zur Umsiedlung aus Malta innerhalb der EU
(EUREMA) ist fortgesetzt worden und die Mitgliedstaaten haben im April 2011 den Beginn der
zweiten Phase des Projekts gebilligt: Das neue Projekt zielt gekoppelt mit bilateralen Zusagen auf
die Umsiedlung von über 360 Flüchtlingen in den Jahren 2011 und 2012 ab.
Drittländer haben ebenfalls von der Solidarität der EU im Asylbereich profitiert. Im Jahr 2011
wurden über 3000 Flüchtlinge in Mitgliedstaaten der EU, von denen 10 Mitgliedstaaten jährliche
Umsiedlungsprogramme haben, umgesiedelt Hinsichtlich der externen Dimension des
Asylbereichs sind die Beratungen über ein Gemeinsames Neuansiedlungsprogramm der EU Ende
2011 auf der Grundlage eines neuen Kompromissvorschlags, in dem spezifische gemeinsame EU-
Neuansiedlungsprioritäten für 2013 festgelegt werden, wiederaufgenommen worden.
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Drucksache 17/12922 – 158 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Vorhandene regionale Schutzprogramme sind fortgeführt worden. Am 1. Dezember 2011 ist das
regionale Schutzprogramm in Nordafrika, das Ägypten, Tunesien und Libyen betrifft, auf den Weg
gebracht worden. Nur in Ägypten und Tunesien sind Maßnahmen durchgeführt worden. Aufgrund
der Sicherheitslage war das UNHCR in Libyen noch nicht wieder präsent.
Migration
Die Beratungen über eine Richtlinie der EU über ein einheitliches Verfahren zur Beantragung einer
kombinierten Erlaubnis für Drittstaatsangehörige, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats
aufzuhalten und zu arbeiten, sowie über ein gemeinsames Bündel von Rechten für Drittstaats-
arbeitnehmer, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, sind erfolgreich abgeschlossen
worden2. Mit der Richtlinie wird Drittstaatsarbeitnehmern, die sich rechtmäßig in einem
Mitgliedstaat aufhalten, in einer Reihe von Bereichen, insbesondere hinsichtlich der Arbeits-
bedingungen, der sozialen Sicherheit, der Anerkennung von Diplomen, Steuervergünstigungen und
der Bildung, aber auch der Vereinigungsfreiheit, Gleichbehandlung gewährt.
Die Beratungen über die Vorschläge für Richtlinien über Drittstaatsangehörige im Rahmen einer
konzerninternen Entsendung3 und Saisonarbeiter4 sind noch nicht abgeschlossen. Ein wichtiger
Aspekt der Beratungen im Rat und im Europäischen Parlament ist die Frage, welches Ausmaß die
Drittstaatsangehörigen zu gewährenden Rechte haben sollen.
Der Aktionsplan für unbegleitete Minderjährige (2010-2014)5 ist weiter umgesetzt worden. Mit
dem Plan wird ein gemeinsames Konzept der EU, das von dem Grundsatz des Vorrangs des Wohl
des Kindes ausgeht, gefördert.
2 Richtlinie 2011/98/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011
über ein einheitliches Verfahren zur Beantragung einer kombinierten Erlaubnis für Drittstaats-
ngehörige, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufzuhalten und zu arbeiten, sowie über
ein gemeinsames Bündel von Rechten für Drittstaatsarbeitnehmer, die sich rechtmäßig in
einem Mitgliedstaat aufhalten
http://eurlex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2011:343:0001:0009:DE:PDF
3 KOM(2010) 378 endg.
4 KOM(2010) 379 endg.
5 KOM(2010) 213 endg.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 159 – Drucksache 17/12922
Verlässliche Garantien für die Grundrechte von Migranten werden in der "Europäischen Agenda
für die Integration von Drittstaatsangehörigen" gefördert; außerdem bedarf es einer positiven
Haltung gegenüber Vielfalt und Gleichbehandlung. Diskriminierung muss bekämpft werden und
Migranten sind Instrumente an die Hand zu geben, mit denen sie sich mit den Grundwerten und
Grundregeln der EU und ihrer Mitgliedstaaten vertraut machen können, damit die Achtung der
Rechte und Pflichten sowohl durch die Migranten als auch durch die Gesellschaft, von der sie
aufgenommen werden, gewährleistet wird.
Die Kommission hat am 23. Februar 2011 ihre Bewertung der EU-Rückübernahmeabkommen
vorgelegt, wie es das Stockholmer Programm gefordert hatte. Zu den Hauptthemen der Bewertung
zählte die Überwachung der Anwendung der Rückübernahmeabkommen einschließlich der Schutz-
arantien für die Menschenrechte. Ohne den gegenwärtigen Besitzstand der EU und sonstige
einschlägige internationale Instrumente, die bei der Anwendung der Rückübernahmeabkommen
durchweg eingehalten werden müssen, in Frage zu stellen, hat die Kommission mehrere Begleit-
aßnahmen vorgeschlagen, die die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte von Rückkehrern
gewährleisten sollen. Im Rahmen der Bewertung ist außerdem angekündigt worden, dass die
Kommission ein Pilotprojekt für die Überwachung der Lage von Personen, die im Rahmen
einiger Rückübernahmeabkommen rückübernommen wurden, auf den Weg bringen möchte. Die
Bewertung war außerdem eine Grundlage für Schlussfolgerungen, die der JI-Rat am 9. Juni 2011
angenommen hat. In den Schlussfolgerungen sind die oben genannten Empfehlungen der
Kommission zu Menschenrechten nur sehr am Rande berücksichtigt worden.
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Drucksache 17/12922 – 160 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3.25. Menschenhandel
Menschenhandel ist eine schwere Straftat und eine äußerst schwere Menschenrechtsverletzung.
Menschenhandel hat zahlreiche Erscheinungsformen wie Menschenhandel zum Zwecke der
sexuellen Ausbeutung, Zwangsarbeit, erzwungener Betteltätigkeiten, der Ausbeutung als
Arbeitskraft im häuslichen Bereich oder der Organentnahme. Menschenhandel ist nach Artikel 5
der Grundrechtecharta der Europäischen Union ausdrücklich verboten. Nach einer Entscheidung
des Europäischen Gerichthofs für Menschenrechte (Januar 2010) in der Rechtssache Rantsev gegen
Zypern und Russland stellt der Menschenhandel einen Verstoß gegen Artikel 4 der Europäischen
Menschenrechtskonvention dar, der ein Verbot von Sklaverei und Zwangsarbeit enthält.
Die Bekämpfung des Menschenhandels gehörte nach wie vor zu den Prioritäten der Union und der
Mitgliedstaaten. Im Jahr 2011 ist die neue Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels, die
einen menschenrechtsbasierten und geschlechterspezifischen Ansatz enthält, angenommen worden,
hat die EU-Koordinatorin für die Bekämpfung des Menschenhandels ihr Amt angetreten und ist der
erste Bericht über die Umsetzung des maßnahmenorientierten Papiers zur externen Dimension des
Menschenhandels erstellt worden.
Der Rat und das Europäische Parlament haben im April 2011 die neue Richtlinie 2011/36/EU zur
Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer angenommen. Die
Richtlinie sieht ein deutlich menschenrechtsbasiertes Vorgehen einschließlich einer Geschlechter-
perspektive vor und stützt sich auf das VN-Protokoll gegen den Menschenhandel und das
Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels. Sie erfasst alle Formen der
Ausbeutung, die mit Menschenhandel einhergehen. Die Richtlinie enthält umfassende Bestim-
mungen über die Unterstützung und Betreuung von Opfern, damit die Menschenrechte der Opfer
geschützt und deren weitere Viktimisierung vermieden wird. Die Richtlinie schreibt den Mitglied-
staaten vor, dass sie spezifische Maßnahmen für besonders schutzbedürftige Opfer ergreifen, und
sie enthält spezifische Vorschriften für Opfer im Kindesalter. Das Wohl des Kindes muss
entsprechend der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und dem VN-Übereinkommen
über die Rechte des Kindes von 1989 eine vorrangige Erwägung sein. Darüber hinaus sieht die
Richtlinie eine extraterritoriale Zuständigkeit vor, die besonders, aber nicht ausschließlich in Fällen
des Sextourismus relevant ist.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 161 – Drucksache 17/12922
Im Juli 2011 hat ein Treffen des informellen Netzes von nationalen Berichterstattern oder
gleichwertigen Mechanismen zum Thema Menschenhandel stattgefunden. In dieser Sitzung wurden
verschiedene Themen erörtert, einschließlich der Zusammenarbeit und Partnerschaften zwischen
allen Akteuren, die an der Politik zur Bekämpfung des Menschenhandels beteiligt sind, wie
Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich dem Schutz der Menschenrechte verschrieben haben.
Zuverlässige und vergleichbare Daten sind für eine wirksame Politikgestaltung unerlässlich. Die
Kommission hat daher 2011 erstmalig auf EU-Ebene eine Initiative zur Erhebung von Daten über
Menschenhandel auf den Weg gebracht. Bei der Erhebung werden Informationen unter anderem
über das Geschlecht, das Alter und die Staatsangehörigkeit der Opfer von Menschenhandel und die
Form der Ausbeutung sowie über das Geschlecht und die Staatsangehörigkeit der Täter gesammelt;
dies ermöglicht gezieltere Maßnahmen auch in Bezug auf Drittländer und -regionen.
Der erste Bericht über die Umsetzung des maßnahmenorientierten Papiers zur Stärkung der
externen Dimension der EU in Bezug auf Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels ist
im Juni 2011 vom Rat (Justiz und Inneres) angenommen worden6. Der Bericht enthält eine
umfassende Übersicht über Projekte und Maßnahmen der Mitgliedstaaten, von Stellen der EU und
der Europäischen Kommission in Drittstaaten und -regionen. Bei vielen dieser Projekte, die auf die
Beseitigung der Ursachen des Menschenhandels wie Armut oder Diskriminierung ausgerichtet sind,
wird ein menschenrechtsgestütztes Konzept für die Bekämpfung des Menschenhandels verfolgt.
6 Erster Bericht über die Umsetzung des maßnahmenorientierten Papiers zur Stärkung der
externen Dimension der EU in Bezug auf Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels
von Juni 2011
http://ec.europa.eu/anti-trafficking/entity.action?id=27f3528b-8d2e-419d-b630-7d78a70ef3d7
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 162 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Anlässlich des EU-Tags zur Bekämpfung des Menschenhandels im Jahr 2011 haben die
Kommission und der polnische Vorsitz sieben Agenturen und sonstige Stellen aus dem Bereich
Justiz und Inneres (das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen, Eurojust, Europol, die
Agentur für Grundrechte, die Europäische Polizeiakademie, Frontex und das Europäische
Unterstützungsbüro für Asylfragen) zusammengebracht. Ergebnis des Treffens war eine
gemeinsame Erklärung über die künftige Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des
Menschenhandels, in der die Teilnehmer erklärt haben, dass sie sich bei ihrer Arbeit zur
uneingeschränkten Achtung der Menschenrechte verpflichten.
Die Kommission hat 2011 die EU-Website über die Bekämpfung des Menschenhandels weiter-
entwickelt, auf der Informationen über die Politik und die Rechtsvorschriften auf EU-Ebene und in
den Mitgliedstaaten zu finden sind. Sie enthält ferner Kontaktangaben zu einschlägigen staatlichen
Stellen und Nichtregierungsorganisationen und eine Übersicht über die von der Kommission
finanzierten Projekte und die Veröffentlichungen verschiedener Akteure, einschließlich zum Bezug
zwischen Menschenrechten und Menschenhandel7. Der folgende Link führt zu dieser Website:
http://ec.europa.eu/anti-trafficking.
Die Mitglieder der dritten Expertengruppe für die Bekämpfung des Menschenhandels sind 2011
ernannt worden. Die Gruppe, die die Kommission zur Politik und zu den Rechtsvorschriften berät,
setzt sich aus Experten für Menschenrechte und für die Geschlechterperspektive zusammen.
In der Mitteilung von 2011 mit dem Titel "Eine neue Strategie (2011-14) für die soziale
Verantwortung der Unternehmen (CSR)" wird außerdem auf die Bekämpfung des Menschen-
handels im Rahmen einer besseren Umsetzung der VN-Leitprinzipien für Unternehmen und
Menschenrechte eingegangen.
Der Gesamtansatz für Migration und Mobilität (GAMM)8, der den übergeordneten Rahmen für die
auswärtige Migrationspolitik der EU bildet, ist 2011 angenommen worden. In dem Gesamtansatz
wird erneut darauf hingewiesen, wie wichtig die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transit-
Drittländern und Zielländern ist, und wird die Verhinderung und Eindämmung der irregulären
Migration und des Menschenhandels als eine der vier Säulen des Ansatzes genannt.
7 Beispielsweise das von der EU finanzierte Projekt "Der Rechteleitfaden", mit dem
Nichtregierungsorganisationen die Auswirkungen von Gesetzen und Maßnahmen zur
Bekämpfung des Menschenhandels auf die Menschenrechte im Hinblick auf ein
faktengestütztes Lobbying bei Regierungen bewerten können
http://ec.europa.eu/anti-trafficking/entity?id=7dbb0353-cb8a-4bcc-a3fa-34dfbe01bbca
8. Mitteilung der Kommission: Gesamtansatz für Migration und Mobilität (KOM(2011) 743
endg.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 163 – Drucksache 17/12922
Die Kommission hat im Jahr 2011 zahlreiche Projekte finanziert, mit denen darauf abgezielt wird,
dass Menschenhandel innerhalb und außerhalb der EU nach einem menschenrechtsbasierten
Konzept verhindert und bekämpft wird. Eine gezielte Ausschreibung für Projekte zur Bekämpfung
des Menschenhandels erfolgte 2011 im Rahmen des Förderprogramms "Kriminalprävention und
Kriminalitätsbekämpfung", das Teil des Rahmenprogramms "Sicherheit und Schutz der Freiheits-
rechte" (2007-2013) ist. Im Rahmen des Daphne-Programms, mit dem ein Beitrag zum Schutz von
Kindern, Jugendlichen und Frauen vor allen Formen von (geschlechtsspezifischer) Gewalt,
einschließlich des Menschenhandels, geleistet wird, ist im Dezember 2011 ebenfalls eine
Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen ergangen.
Die Bekämpfung des Menschenhandels ist Bestandteil mehrerer bilateraler ENP-Aktionspläne
sowie der Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit den Staaten des westlichen Balkans.
Während des Gipfeltreffens der östlichen Partnerschaft haben die Teilnehmer im September 2011
vereinbart, die Zusammenarbeit und Koordinierung bei der Bekämpfung des Menschenhandels zu
stärken.
Projekte wurden im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe und des Instruments für
technische Hilfe und Informationsaustausch (TAIEX) finanziert. Der Menschenhandel kam auch in
den politischen Dialogen mit Drittländern, insbesondere den Menschenrechtsdialogen und -konsul-
tationen, zur Sprache. Die EU unterstützte internationale Bemühungen in verschiedenen VN-Foren,
in denen sie für die Prävention, den Schutz und die Unterstützung der Opfer, die Schaffung eines
Rechtsrahmens, die Politikentwicklung und Strafverfolgung sowie die internationale
Zusammenarbeit und Koordinierung bei der Bekämpfung des Menschenhandels eintritt.
Die Bekämpfung des Menschenhandels ist auch eine Priorität der geografischen und thematischen
Zusammenarbeit der EU mit Drittländern. Sie wird konsequent in die Länderstrategiepapiere und in
nationale und regionale Richtprogramme einbezogen, was sich im Rahmen der Halbzeit-
evaluierungen für den Zeitraum 2011 bis 2013 bestätigt hat. Im Rahmen von Finanzierungs-
instrumenten wie dem Stabilitätsinstrument und dem Europäischen Instrument für Demokratie und
Menschenrechte (EIDHR) werden Mittel bereitgestellt. Im mehrjährigen Strategiepapier 2011-2013
für das thematische Programm für die Zusammenarbeit mit Drittländern in den Bereichen Migration
und Asyl ist Menschenhandel eine der thematischen Prioritäten.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 164 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Mit der Richtlinie ist die Funktion eines Koordinators für die Bekämpfung des Menschenhandels
geschaffen worden. Die Kommission hat Myria Vassiliadou ernannt, die ihre Arbeit im März 2011
aufgenommen hat. Die Koordinatorin wird unter anderem die Aufgabe haben, eine umfassende
strategische Ausrichtung im Bereich der Bekämpfung des Menschenhandels auszuarbeiten und
einen Beitrag zu den bestehenden oder zu neuen Maßnahmen der EU, die für die Bekämpfung des
Menschenhandels insbesondere in Bezug auf Drittstaaten von Belang sind, zu leisten. Sie wird
außerdem dafür sorgen, dass alle geeigneten Mittel für Maßnahmen der EU zur Bekämpfung des
Menschenhandels richtig eingesetzt und mobilisiert werden. Die Koordinatorin hat von Beginn an
auf mehr Kohärenz der Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels, einschließlich einer
durchgängigen Berücksichtigung dieses Aspekts in verschiedenen Politikbereichen, und eine
stärkere Koordinierung zwischen den Akteuren, die im Bereich der Bekämpfung des
Menschenhandels tätig sind, hingearbeitet, einschließlich Agenturen und Stellen der EU,
Mitgliedstaaten und internationaler Akteure. Sie hat kontinuierlich betont, wie wichtig es ist, bei der
Bekämpfung des Menschenhandels ein menschenrechtsbasiertes und geschlechterspezifisches
Konzept zu verfolgen.
3.26. Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Nichtdiskriminierung und Achtung
der Vielfalt
Die EU hat auch 2011 entscheidend zur weltweiten Bekämpfung aller Formen von Rassismus,
Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und ähnlicher Arten von Intoleranz beigetragen.
Innerhalb der EU ging dieses Engagement weiter mit einer Politik konkreter Maßnahmen einher, zu
denen Rechtsvorschriften, Aufklärung, Datenerhebung und finanzielle Unterstützung für Projekte
der Zivilgesellschaft gehörten.
Die Hohe Vertreterin Catherine Ashton hat am 21. März 2011, dem internationalen Tag für die
Beseitigung der Rassendiskriminierung, in einer Erklärung im Namen der EU darauf hingewiesen,
dass "die EU alle Formen von Rassismus, Rassendiskriminierung und Fremdenfeindlichkeit sowie
ähnliche Formen der Intoleranz, einschließlich der Diskriminierung aufgrund der sexuellen
Ausrichtung, die in völligem Widerspruch zu den Werten stehen, auf die sich die EU gründet,
verurteilt".
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 165 – Drucksache 17/12922
Im Rahmen ihres auswärtigen Handelns brachte die EU weiterhin die Themen Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit in ihren politischen Dialogen mit Drittländern, beispielsweise mit Russland,
zur Sprache. Diese Themen wurden auch in den Kooperationsstrategien weiter berücksichtigt; so
verpflichten sich die Partnerländer etwa im Rahmen der Aktionspläne der Europäischen
Nachbarschaftspolitik dazu, alle Formen von Diskriminierung, religiöser Intoleranz, Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit zu bekämpfen.
Die EU setzte ihre Politik fort, sich mit regionalen Gremien wie der Europäischen Kommission
gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarats zusammenzuschließen. Im Rahmen der
OSZE sorgte sie für eine enge Koordinierung, damit die 56 OSZE-Mitgliedstaaten ihre
Verpflichtungen in den Bereichen Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und
Diskriminierung zügiger erfüllen können.
Auf multilateraler Ebene arbeitete die EU bei der Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung
auch intensiv mit den VN zusammen. Sie unterstützte das Mandat des Sonderberichterstatters der
VN für moderne Formen von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender
Intoleranz, Mutama Ruteere, und seines Vorgängers, Githu Muigai. Zehn Jahre nach der
Weltkonferenz von 2001 gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit
zusammenhängende Intoleranz bekennt sich die EU nach wie vor zum Hauptziel der Konferenz von
Durban (2001), nämlich der vollständigen Beseitigung von Rassismus, Rassendiskriminierung,
Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz.
Das Internationale Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung
ist die universelle Grundlage für die Bemühungen zur Prävention, Bekämpfung und Beseitigung
von Rassismus. Die Europäische Union hat weiterhin an alle Staaten appelliert, die dieses
Übereinkommen noch nicht ratifiziert oder vollständig umgesetzt haben, dies zu tun.
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Drucksache 17/12922 – 166 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU hat weiterhin systematisch die Bekämpfung von Diskriminierung bei ihrer internationalen
Zusammenarbeit berücksichtigt. Über das Europäische Instrument für Demokratie und Menschen-
rechte (EIDHR) unterstützte sie ein breites Spektrum von Organisationen der Zivilgesellschaft bei
rund 120 neuen Projekten mit einem Gesamtbetrag von etwa 24 Millionen Euro. Darüber hinaus
unterstützte sie über das EIDHR auch die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für
Menschenrechte (OHCHR) bei der Umsetzung bestehender internationaler Standards für
Gleichstellung und Nichtdiskriminierung, insbesondere durch das Internationale Übereinkommen
zur Beseitigung von Rassendiskriminierung.
Die Weltkonferenz von 2001 gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und
damit zusammenhängende Intoleranz fand vom 31. August bis 8. September 2001 in Durban,
Südafrika, statt. Die Europäische Union trug erheblich zum Erfolg der Konferenz von Durban bei.
Auf der Konferenz wurden durch Konsens die Erklärung und das Aktionsprogramm von Durban
angenommen, die einen Orientierungsrahmen für Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und
andere Einrichtungen bei ihren Bemühungen zur Bekämpfung von Rassismus, Rassen-
diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz bilden.
Die Durban-Überprüfungskonferenz fand vom 20. bis 24. April 2009 in Genf (Schweiz), statt. Auf
der Konferenz wurden die Fortschritte bewertet, die im Hinblick auf die Ziele der Durban-
Konferenz von 2001 erzielt wurden.
Auf einer Konferenz auf hoher Ebene, die am 22. September 2011 in New York stattfand, wurde
zum Gedenken an den 10. Jahrestag der Annahme der Erklärung und des Aktionsprogramms von
Durban eine Resolution der Generalversammlung angenommen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 167 – Drucksache 17/12922
3.27. Minderheitenrechte
In allen Teilen der Welt sind Personen, die Minderheiten angehören, nach wie vor ernsten
Bedrohungen, Diskriminierung und Rassismus ausgesetzt und häufig von der uneingeschränkten
Teilnahme am wirtschaftlichen, politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben ausge-
schlossen, das der Mehrheit der Bevölkerung des Landes oder der Gesellschaft, in dem/der sie
leben, offensteht. Im Vertrag über die Europäische Union ist ausdrücklich festgelegt, dass die
Rechte der Personen, die Minderheiten angehören, zu den Werten gehören, auf denen die EU
gründet und zu deren Förderung sie sich in ihren Beziehungen zur übrigen Welt verpflichtet hat.
Auf internationaler Ebene ist die Erklärung über die Rechte von Personen, die nationalen oder
ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten angehören, das wichtigste Referenzdokument
über die Rechte von Personen, die Minderheiten angehören. Auf europäischer Ebene hat der
Europarat das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und die Europäische
Charta der Regional- oder Minderheitensprachen angenommen.
Der Minderheitenschutz ist einer der wichtigsten Aspekte der Kopenhagener Kriterien für einen
EU-Beitritt. Aus diesem Grund werden die Ergebnisse der Bewerberländer und potenziellen
Bewerberländer in Minderheitenfragen in den länderspezifischen Fortschrittsberichten der
Europäischen Kommission weiterhin genau geprüft. Im Gegenzug hat die EU den Bewerberländern
und potenziellen Bewerberländern eine gezielte Heranführungsfinanzhilfe gewährt, um sie bei der
Durchführung der erforderlichen politischen, wirtschaftlichen und institutionellen Reformen im
Einklang mit den EU-Normen zu unterstützen. Die geförderten Projekte für Minderheiten-
angehörige zielen vorrangig darauf ab, die sozialen Unterschiede zu verringern und die Lebens-
qualität zu verbessern. Maßnahmen zur Verbesserung des sozialen Zusammenhalts in diesen
Ländern erstrecken sich auf die Eingliederung benachteiligter Personen, die Bekämpfung der
Diskriminierung und die Stärkung des Humankapitals, insbesondere durch eine Reform der
Bildungssysteme.
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Drucksache 17/12922 – 168 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Minderheitenfragen waren außerdem nach wie vor ein wichtiges Thema in den Beziehungen der EU
zu anderen Teilen der Welt, und die EU bringt Minderheitenfragen in ihren politischen Dialogen
mit Drittländern regelmäßig zur Sprache. Diese Fragen wurden auch in die Kooperationsstrategien
und Aktionspläne integriert.
Beispielsweise werden in dem Länderstrategiepapier der EU für Kolumbien 2007-2013 die
humanitäre Situation und die Menschenrechtssituation von Personen, die Minderheiten angehören,
behandelt und unter den wichtigsten Prioritäten werden Friedenskonsolidierung durch die
Beteiligung von marginalisierten Bevölkerungsgruppen an der lokalen Verwaltung und der
Mitbestimmung des Wirtschaftslebens sowie die Förderung der Menschenrechte, verantwortungs-
volle Staatsführung und die Bekämpfung der Straflosigkeit genannt. Ein weiteres Beispiel ist die
ausdrückliche Bezugnahme auf die Achtung der Rechte von Personen, die nationalen Minderheiten
angehören, im Aktionsplan zur Europäischen Nachbarschaftspolitik für die Ukraine.
Die EU arbeitet zum Schutz und zur Förderung der Rechte von Personen, die Minderheiten
angehören, engagiert mit den Partnern in den VN-Foren zusammen. Zu den Prozessen im Rahmen
der VN gehören die Arbeiten des Forums für Minderheitenfragen und der unabhängigen Expertin
für Minderheitenfragen. Ferner schloss sich die EU mit anderen in diesem Bereich tätigen
internationalen Organisationen und multilateralen Gremien zusammen, etwa der OSZE und deren
Büro des Hohen Kommissars für nationale Minderheiten und dem Europarat.
Darüber hinaus hat die EU weiterhin eine Vielzahl verschiedener Instrumente für die finanzielle
und technologische Zusammenarbeit eingesetzt – darunter die bilaterale Zusammenarbeit mit
Regierungen und die unmittelbare Unterstützung der Zivilgesellschaft –, die einander bei der
Förderung und dem Schutz der Rechte von Personen, die Minderheiten angehören, ergänzen und
zusammenwirken.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 169 – Drucksache 17/12922
Zu diesem Zweck hat die EU laufend durch bilaterale Zusammenarbeit Regierungsprogramme und
Politiken unterstützt, die auf Minderheiten abzielen oder zumindest potenzielle Auswirkungen in
diesem Bereich haben. Die EU unterstützte ferner – insbesondere über das Europäische Instrument
für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) – Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich für
den Schutz und die Förderung der Rechte von Minderheitenangehörigen einsetzen. Dabei verfolgte
sie in erster Linie das Ziel, zur Bekämpfung der Diskriminierung beizutragen sowie den Schutz und
eine ausgewogene Beteiligung von Männern und Frauen aus Minderheitengemeinschaften am
gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben im umfassenderen Kontext der Stärkung
der Menschenrechte und den politischen Pluralismus und die demokratische politische Beteiligung
zu fördern.
Das EIDHR finanziert gegenwärtig mit einem Beitrag von über 90.000 EUR ein Projekt, mit dem
die politische Teilhabe und Vertretung der Roma und anderer Minderheiten in Bosnien und
Herzegowina verbessert werden soll und dadurch ihre Inklusion, Interessen und Rechte gestärkt
werden sollen. Minderheiten und insbesondere die Roma, die die größte Minderheit in Bosnien und
Herzegowina sind, leiden unter einem Vermächtnis der Diskriminierung, das zu weit verbreiteter
Armut, Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit und zu einem fehlenden Zugang zu Bildung geführt hat.
Obwohl in der Verfassung des Landes internationale Menschenrechtsnormen verankert sind, wird
das passive Wahlrecht nur den "konstituierenden Volksgruppen" (Bosnier, Kroaten und Serben)
gewährt. Nach der Verfassung sind Personen, die zu den nationalen Minderheiten gehören, vom
Zugang zur höchsten Ebene der politischen Beteiligung auf Ebene des Gesamtstaats und der
Entitäten ausgeschlossen. Mit dem Projekt soll daher ein Beitrag zur Schaffung verbesserter
Bedingungen für die politische Vertretung und Teilhabe der Roma und anderer Minderheiten auf
gesamtstaatlicher Ebene geleistet werden, indem auf die Aufnahme der Kategorie nationaler
Minderheiten in die Verfassung Bosnien und Herzegowinas hingewirkt wird; ferner soll die
politische Beteiligung und Fähigkeit der Roma gestärkt werden, damit sie im
Beschlussfassungsprozess größeren Einfluss erhalten.
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Drucksache 17/12922 – 170 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3.28. Rechte von Menschen mit Behinderungen
Die Europäische Union ist am 22. Januar 2011 dem VN-Übereinkommen über die Rechte von
Menschen mit Behinderungen (CRPD) beigetreten. Dies war ein historischer Schritt, da das CRPD
das erste umfassende Menschenrechtsübereinkommen ist, das die EU als eine "Organisation der
regionalen Integration" ratifiziert hat. Die EU hat im September 2011 erstmals als Vertragspartei
aktiv an der CRPD-Vertragsstaatenkonferenz teilgenommen.
Mit dem CRPD soll gewährleistet werden, dass Menschen mit Behinderungen ihre Rechte
gleichberechtigt mit allen anderen Bürgern genießen können. Es enthält Mindeststandards für den
Schutz eines umfassenden Spektrums von Menschenrechten und Grundfreiheiten für Menschen mit
Behinderungen. Dies bedeutet für die EU, dass sie in den Grenzen ihrer Zuständigkeiten dafür
sorgt, dass ihre politischen und legislativen Maßnahmen und ihre Pogrammplanung mit den
Bestimmungen des CRPD über Rechte für Menschen mit Behinderungen im Einklang steht. In der
im November 2010 angenommenen Strategie der EU zugunsten von Menschen mit Behinderungen
2010-2020, mit der dazu beigetragen werden soll, das CPRD auf EU-Ebene und auf Ebene der
Mitgliedstaaten durchzuführen, sind "Maßnahmen im Außenbereich" als einer der acht
wesentlichen Aktionsbereiche genannt worden. Die Maßnahmen der Mitgliedstaaten, die in erster
Linie für Maßnahmen zugunsten von Menschen mit Behinderungen zuständig sind, sollen durch die
Strategie ergänzt und unterstützt werden.
Die Rechte von Menschen mit Behinderungen sind in den polischen Dialogen und spezifischen
Dialogen (einschließlich Menschenrechtsdialogen) mit Drittländern vermehrt zur Sprache gebracht
worden; die Ratifizierung des CRPD durch die EU war ein weiterer Anlass, auf diese Weise
vorzugehen. Insbesondere hat die EU zur Ratifizierung und uneingeschränkten Umsetzung des
CRPD durch alle Staaten aufgerufen. Das Thema Rechte von Menschen mit Behinderungen ist im
Jahr 2011 beispielsweise mit der Palästinensischen Behörde und Russland zur Sprache gebracht
worden.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 171 – Drucksache 17/12922
Die EU hat auch 2011 die Achtung der Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen in den
einschlägigen regionalen und internationalen Gremien gefördert und propagiert. Sie hat beispiels-
weise auf der 66. Tagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen zusammen mit Ländern
Lateinamerikas und nach enger Absprache mit der UNICEF und Organisationen der Zivilgesell-
schaft eine Resolution über die Rechte des Kindes mit besonderem Schwerpunkt auf den Rechten
von Kindern mit Behinderungen eingebracht. Im Rahmen der Vorbereitung dieser Resolution hat
die EU ferner im Juni 2011 in New York in Zusammenarbeit mit Uruguay (im Namen der Gruppe
der lateinamerikanischen und karibischen Staaten – GRULAC), der VN-Hauptabteilung für
Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten und der UNICEF eine Veranstaltung mit der
Bezeichnung "Interaktive Gruppendiskussion über die Förderung und den Schutz der Rechte von
Kindern mit Behinderungen" organisiert. Die EU ist ferner bestrebt, die Situation von Menschen
mit Behinderungen in andere VN-Gremien und VN-Dokumente einzubeziehen, und verfolgt dabei
einen rechteorientierten Ansatz.
Die EU setzte außerdem den Schutz und die Förderung der Rechte von Menschen mit Behinde-
rungen außerhalb der EU fort, indem sie diese Frage systematisch in ihre Entwicklungszusammen-
arbeit einbezog. Finanzmittel für das Thema Menschen mit Behinderungen werden im Rahmen
mehrerer Finanzierungsinstrumente der EU, beispielsweise des Finanzierungsinstruments für die
Entwicklungszusammenarbeit (DCI), des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF), des Euro-
päischen Nachbarschaftsinstruments (ENPI) und des Europäischen Instruments für Demokratie und
Menschenrechte (EIDHR) bereitgestellt. Im Jahr 2011 hat die EU über 20 Projekte (mit mehr als 12
Mio. EUR) finanziert, die speziell auf Personen mit Behinderungen ausgerichtet waren.
Die Kommission hat im November 2010 die Strategie der EU zugunsten von Menschen mit
Behinderungen 2010-20209, mit der zur Durchführung des CPRD beigetragen werden soll,
angenommen. Die Strategie zielt in erster Linie darauf ab, dass mit acht wesentlichen Aktions-
bereichen Barrieren beseitigt werden: Zugänglichkeit, Teilhabe, Gleichstellung, Beschäftigung,
allgemeine und berufliche Bildung, sozialer Schutz, Gesundheit und Maßnahmen im Außenbereich.
9 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2010:0636:FIN:DE:PDF
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Drucksache 17/12922 – 172 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Hinsichtlich Maßnahmen im Außenbereich zielt die Strategie darauf ab, die Rechte von Menschen
mit Behinderungen unter anderem in den Entwicklungsprogrammen der EU und in internationalen
Gremien (beispielsweise VN, Europarat, OECD) zu fördern. Im "Ersten Plan zur Durchführung der
europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen" werden zentrale Maßnahmen
und ein Zeitplan für die Durchführung der Strategie10 aufgeführt; dazu gehört Folgendes:
• Es ist zu gewährleisten, dass die Entwicklungszusammenarbeit der EU Menschen mit
Behinderungen erreicht, und zwar durch Projekte und Programme, die speziell auf
Menschen mit Behinderungen ausgerichtet sind, und durch eine Verbesserung der
durchgängigen Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderungen.
• Die einzelstaatlichen Bemühungen der Partnerländer im Hinblick auf die Unterzeichnung,
Ratifizierung und Durchführung des CRPD sind zu unterstützen.
• Sofern angebracht ist die institutionelle Stärkung von Behindertenverbänden in
Partnerländern und von Organisationen, die sich mit Behinderungen und Entwicklung
befassen, zu unterstützen.
• Es ist darauf hinzuarbeiten, dass bei Infrastrukturen, die im Rahmen von Entwicklungs-
projekten der EU finanziert werden, die für Barrierefreiheit zugunsten von Menschen mit
Behinderungen geltenden Anforderungen erfüllt werden.
• Die Rechte von Menschen mit Behinderungen sind gegebenenfalls als Menschenrechts-
thema in den Menschenrechtsdialogen der EU mit Drittländern ausgehend von den
Grundsätzen des CRPD zur Sprache zu bringen.
3.29. Indigene Völker
Die Grundsätze des Eintretens der EU für indigene Völker kommen im Rahmen der VN-Erklärung
über die Rechte der indigenen Völker von 2007 zur Anwendung, die deren Rechte stärkt und die
kontinuierliche Entwicklung indigener Völker auf der ganzen Welt gewährleistet.
10 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=SEC:2010:1324:FIN:EN:PDF
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 173 – Drucksache 17/12922
Die EU möchte die Menschenrechte, einschließlich Angelegenheiten indigener Völker, in alle
Aspekte ihrer Außenpolitik, einschließlich ihrer politischen Dialoge mit Drittländern und regionalen
Organisationen, und in multilaterale Gremien wie die Vereinten Nationen einbeziehen und möchte
finanzielle Unterstützung für dieses Thema leisten.
Seit der Einführung des internationalen Tags der indigenen Bevölkerungen der Welt im Jahr 1994
hat zunächst das für Außenbeziehungen und die Europäische Nachbarschaftspolitik zuständige
Kommissionsmitglied und nun die Hohe Vertreterin nahezu jedes Jahr anlässlich dieses Tags am
9. August eine Erklärung abgegeben. Darüber hinaus organisieren EU-Delegationen auf der ganzen
Welt am oder um den 9. August zahlreiche Veranstaltungen, darunter Treffen mit indigenen
Führern, Pressekonferenzen, Presseartikel, Teilnahme an Seminaren und Besuche bei EU-
finanzierten Projekten.
Die EU beteiligte sich weiterhin aktiv an den VN-Foren, die sich mit Angelegenheiten indigener
Völker befassen, und trug außerdem zur Zusammenarbeit der für indigene Völker zuständigen VN-
Einrichtungen bei. Sie schloss sich 2011 einem Konsens über die regelmäßige Resolution des
Dritten Ausschusses der VN-Generalversammlung über die Rechte indigener Völker an; die
Resolution ist von etwa der Hälfte der Mitgliedstaaten der EU mitgetragen worden. Die Resolution
enthielt den Beschluss, im Jahr 2014 eine hochrangige Plenartagung der Generalversammlung mit
der Bezeichnung Weltkonferenz über indigene Völker abzuhalten. Die EU gab ferner im Dritten
Ausschuss und auf der Tagung des Jahres 2011 des Expertenmechanismus für die Rechte der
indigenen Völker (EMRIP) eine Erklärung ab und nahm an dem interaktiven Dialog mit dem
Sonderberichterstatter über die Lage der Menschenrechte und Grundfreiheiten indigener Völker,
James Anaya, teil.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 174 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Belange indigener Völker wurden in den Strategien der EU für Entwicklungszusammenarbeit
weiterhin konsequent berücksichtigt. Beispielsweise werden in dem Länderstrategiepapier der EU
für Kolumbien 2007-2013 die humanitäre Situation und die Menschenrechtssituation indigener
Völker behandelt und unter den wichtigsten Prioritäten werden Friedenskonsolidierung durch die
Beteiligung von marginalisierten Bevölkerungsgruppen an der lokalen Verwaltung und der
Mitbestimmung des Wirtschaftslebens sowie die Förderung der Menschenrechte,
verantwortungsvolle Staatsführung und die Bekämpfung der Straflosigkeit genannt. Ein weiteres
Beispiel ist die explizite Einbeziehung der Belange indigener Völker in die Unterstützung für die
Modernisierung des Staates, die Stärkung der verantwortungsvollen Staatsführung und die soziale
Inklusion im Länderstrategiepapier für Peru (2007-2013).
Die EU unterstützt ferner insbesondere über das Europäische Instrument für Demokratie und
Menschenrechte (EIDHR) direkt Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich mit Angelegenheiten
indigener Völker befassen. Im Rahmen dieses Finanzierungsinstruments besteht ein beträchtlicher
Spielraum für spezielle Maßnahmen zugunsten indigener Völker auf einzelstaatlicher,
grenzüberschreitender und regionaler Ebene.
Die EU ist sich der besonderen Gefährdung und scharfen Repression bewusst, der die Verteidiger
der Rechte indigener Völker in vielen Ländern der Welt ausgesetzt sind; dies wird von zahlreichen
internationalen Berichten unter anderem des VN-Sonderbeauftragten für Menschenrechtsverteidiger
belegt. 2011 wurde über das EIDHR mit einem Betrag von 1,2 Mio. EUR ein regionales Projekt
gefördert, mit dem das Netz der Verteidiger der Menschenrechte indigener Völker in Nepal,
Bangladesh, Indien, Kambodscha, Indonesien, Malaysia, den Philippinen und in Thailand
unterstützt und gestärkt werden soll.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 175 – Drucksache 17/12922
Seit 2011 wird über das EIDHR mit einem Betrag von 1,2 Mio. EUR ein Projekt finanziert, mit dem
das Netz der Verteidiger der Menschenrechte indigener Völker, das Verletzungen der Menschen-
rechte indigener Völker in Asien überwacht und dokumentiert, gestärkt werden soll, damit auf
lokaler Ebene und international über die Rechte indigener Völker aufgeklärt wird und Personen und
Gruppen geschützt werden, die die Rechte indigener Völker in Asien fördern und schützen. Mit
diesem Projekt, das auf Nepal, Bangladesch, Indien, Kambodscha, Indonesien, Malaysia, die
Philippinen und Thailand abstellt, wird darauf abgezielt, der fehlenden rechtlichen Anerkennung
indigener Völker und dem Mangel an geeigneten Maßnahmen für den Schutz der Menschenrechte
indigener Völker in Asien entgegenzuwirken; dort leben etwa 200 Millionen der nach Schätzungen
weltweit insgesamt 350 Millionen Angehörigen indigener Völker.
In diesen Ländern lebt die Mehrheit der indigenen Völker unter der Armutsgrenze, ist allen Formen
der Diskriminierung ausgesetzt und hat nur geringen Zugang zu Prozessen der politischen
Beschlussfassung und zu Justizsystemen; nicht nur ihre individuellen Rechte, sondern auch ihre
kollektiven Rechte werden verletzt. Die Nichtanerkennung der Rechte indigener Völker an Grund
und Boden hat zu weit verbreiteter Landaneignung und Vertreibung im Zusammenhang mit
Plantagen, umfangreichen Bergbauprojekten, Dämmen, Infrastrukturprojekten und Schutzgebieten
geführt. Viele Fälle von Verletzungen der Menschenrechte indigener Völker werden nicht
dokumentiert und angezeigt, da sich indigene Völker nur selten ihrer Rechte bewusst sind und
Beratungsmaßnahmen insbesondere in Konfliktgebieten sehr begrenzt sind; die Arbeit der
Verteidiger der Rechte indigener Völker ist daher unerlässlich.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 176 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
4. TÄTIGKEIT DER EU IN INTERNATIONALEN GREMIEN
4.1. 66. Tagung der VN-Generalversammlung
Der Dritte Ausschuss (soziale, humanitäre und kulturelle Fragen) der Generalversammlung
(66. Tagung) hat seine Arbeit offiziell am 3. Oktober 2011 aufgenommen und am 22. November
2011 abgeschlossen.
Am Ende der Tagung hatte der Ausschuss 66 Resolutionen verabschiedet – davon 16 nach einer
Abstimmung –, wobei sich erneut zeigte, dass in bestimmten Fragen gegensätzliche Auffassungen
herrschen. Die EU hat ihre Hauptziele, die sie sich für diese Tagung gesteckt hatte, samt und
sonders erreicht. Zur Unterstützung ihrer Bemühungen wurde eine Kampagne in New York und in
Hauptstädten von Drittstaaten durchgeführt, um für die Resolutionen zu bestimmten Ländern sowie
in der Frage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit zu werben; die Kampagne erfolgte in
enger Abstimmung mit gleichgesinnten Ländern. Vier EU-Initiativen wurden vom Dritten Aus-
schuss verabschiedet. Die Verhandlungen bezüglich der Menschenrechtslage in Birma/Myanmar
fanden im Kontext der jüngsten positiven Entwicklungen in dem Land statt, was sich in der
Ausgewogenheit widerspiegelte, mit der sich Birma/Myanmar seinerseits in den Verhandlungs-
prozess einbrachte. Die diesbezügliche Resolution wurde angenommen und von mehr Partnern als
jemals zuvor unterstützt.
Die (gemeinsam mit Japan eingebrachte) Resolution zur Menschenrechtslage in der
Demokratischen Volksrepublik Korea wurde ebenfalls mit der größten je verzeichneten
Zustimmung angenommen. Während der Verhandlungen blieb die DVRK ihrer Linie treu und
lehnte es ab, sich auf die Thematik einzulassen.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 177 – Drucksache 17/12922
Was die Themenschwerpunkte anbelangt, so wurde die Resolution zu den Rechten des Kindes, eine
gemeinsame Initiative EU/GRULAC (Gruppe der lateinamerikanischen und karibischen Staaten)
wie auf früheren Tagungen einvernehmlich verabschiedet, diesmal allerdings nach Ablehnung
zweier unterminierender Abänderungen, die von Pakistan bzw. Syrien vorgeschlagen worden
waren. Im Mittelpunkt der Resolution standen diesmal Kinder mit Behinderungen. Die Resolution
zur Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der
Weltanschauung, eine Initiative unter Federführung der EU, wurde erneut einvernehmlich
angenommen.
Außerdem hat die EU die von Kanada eingebrachte Resolution zur Menschenrechtslage in Iran
unterstützt, die mit größerer, komfortabler Mehrheit verabschiedet wurde.
Eine spezielle regionenübergreifende Resolution zur Lage in Syrien fand am letzten Tag der
Tagung breite Zustimmung, wobei der Zuspruch auch von Ländern kam, die nicht üblicherweise
länderspezifische Resolutionen unterstützen, darunter auch alle arabischen Staaten mit Ausnahme
von Syrien selbst.
Die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) brachte auf der Grundlage der Resolution
16/18 des Menschenrechtsrats zur Bekämpfung von Intoleranz, negativen Klischees, Stigma-
tisierung und Diskriminierung, des Aufrufs zu Gewalt und von Gewalt aufgrund der Religion oder
der Weltanschauung einen Text ein, der jedoch anfänglich zusätzliche problematische
Formulierungen enthielt. Extensive und hauptsächlich bilaterale Verhandlungen erbrachten
schließlich ein für die EU akzeptables Kompromisspaket, nachdem Einvernehmen darüber erzielt
worden war, dass sie bei Verabschiedung des OIC-Texts eine deutliche Erklärung ihres Standpunkts
abgegeben würde. Angesichts der Ereignisse im Nahen Osten und in Nordafrika erneuerten die
USA ihre Initiative zur Teilhabe von Frauen am politischen Geschehen, über die bereits auf der
58. Tagung der Generalversammlung beraten worden war und die als ein Schwerpunktthema auch
die Teilhabe von Frauen am politischen Geschehen in Phasen des politischen Übergangs enthält.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 178 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU ist außer in zwei Fällen bei allen Abstimmungen geschlossen aufgetreten. Nachdem sie drei
Jahre lang bei den Abstimmungen über den Resolutionsentwurf zum Vorgehen im Anschluss an die
Konferenz von Durban gespalten waren, konnten die EU-Mitgliedstaaten sich darauf verständigen,
sich gemeinsam der Stimme zu enthalten. Jedoch kam es zu einer neuen geteilten Stimmabgabe
(Ablehnung bzw. Enthaltung) beim Resolutionsentwurf über moderne Formen von Rassismus: In
einer fundierten Erklärung zur Stimmabgabe erläuterte die EU ihre Bedenken bezüglich der
zugrundeliegenden Motive und des selektiven Ansatzes dieser Resolution. Uneinheitlich votierte
die EU außerdem bei der Abstimmung über die von der Bewegung blockfreier Staaten eingebrachte
Resolution zum Recht auf Entwicklung.
Ferner haben einzelne EU-Mitgliedstaaten zwölf Resolutionen eingebracht, die alle einvernehmlich
verabschiedet wurden.
4.2. Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen
Die VN-Generalversammlung schloss am 17. Juni 2011 mit einer zur Abstimmung gebrachten
Resolution die Überprüfung des Menschenrechtsrats ab (154 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen,
0 Enthaltungen; 34 Ländern nahmen nicht an der Abstimmung teil). Damit kam ein zwei Jahre
dauernder Prozess intensiver Verhandlungen in Genf und New York zum Abschluss, wobei die
erzielten Ergebnisse nach Auffassung der EU eher minimal sind; einige Aspekte, die für die EU
vorrangig sind, wurden jedoch gewahrt, beispielsweise die Fähigkeit des Menschenrechtsrats, auf
besorgniserregende Situationen in einzelnen Ländern zu reagieren, die Unabhängigkeit der Hohen
Kommissarin und ihres Amtes und die Sonderverfahren; auch konnten bei den Modalitäten für die
allgemeine regelmäßige Überprüfung (UPR) einige Fortschritte erzielt werden.
Neben dieser Überprüfung hat das Tempo bei den Entwicklungen der Menschenrechtslage im Jahr
2011 dazu beigetragen, dass die Handlungsfähigkeit des Menschenrechtsrats und seine Fähigkeit, in
wichtigen Situationen zu reagieren, gestärkt wurden.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 179 – Drucksache 17/12922
Auftakt des Jahres 2011 war am 25. Februar eine Sondertagung zur Menschenrechtslage in Libyen.
Auf der Tagung wurde nicht nur die ernste Besorgnis wegen der Menschenrechtslage in dem Land
zum Ausdruck gebracht, sondern es wurde auch die Empfehlung ausgesprochen, die Mitgliedschaft
Libyens im Menschenrechtsrat auszusetzen; in einem beispiellosen Schritt folgte die
Generalversammlung dieser Empfehlung am 1. März.
Im März, Juni und September 2011 gab es drei ordentliche Tagungen des Menschenrechtsrats. Mit
der 12. Sitzung der Arbeitsgruppe für die allgemeine regelmäßige Überprüfung (3. bis 14. Oktober
2011) schloss der Menschenrechtsrat den ersten Zyklus der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung
ab. Die EU wies in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung dieses Instruments hin und
ermunterte dazu, die ausgesprochenen Empfehlungen lückenlos und rasch umzusetzen,
gegebenenfalls auch durch die Anspruchnahme internationaler Hilfe.
Die 16. Tagung des Menschenrechtsrats fand vom 28. Februar bis 25. März 2011 statt und war
erneut eine Bestätigung dafür, dass der Rat in der Lage ist, auf die Situation in einzelnen Ländern
zu reagieren, wobei von 40 Entwürfen schließlich 8 länderspezifische Resolutionen verabschiedet
wurden. Die Anwesenheit der Hohen Vertreterin Catherine Ashton am ersten Tag des Tagungsteils
auf hoher Ebene war Beleg für die große Bedeutung, die die EU dem Menschenrechtsrat beimisst.
Die Verabschiedung einer Resolution zu Iran, mit der das erste Ländermandat seit Schaffung des
Rates eingerichtet wurde, war ein großer Durchbruch. Ermöglicht wurde dieses Ergebnis durch eine
aktive regionenübergreifende Kerngruppe sowie eine intensive Lobbykampagne.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 180 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU ergriff die Initiative zu einer Resolution zur Menschenrechtslage in Birma/Myanmar, der
zufolge das Mandat des Sonderberichterstatters verlängert wurde, wobei die jüngsten
Entwicklungen einschließlich der Wahlen und der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung
berücksichtigt wurden. Minimale Änderungen wurden an der anderen traditionell von der EU
initiierten länderspezifischen Resolution vorgenommen, nämlich der gemeinsam mit Japan
eingebrachten Resolution zur Menschenrechtslage in der Demokratischen Volksrepublik Korea, die
gemessen an den Ja-Stimmen eine größere Zustimmung als im Vorjahr erfuhr.
Die Gruppe der afrikanischen Staaten war auf der Tagung ebenfalls sehr aktiv und brachte vier
Resolutionen zu afrikanischen Ländern (Demokratische Republik Kongo, Côte d'Ivoire, Guinea und
Burundi) ein. Die EU arbeitete eng mit Tunesien zusammen, um mit Unterstützung der Gruppen
afrikanischer und arabischer Staaten eine einvernehmliche Resolution mit dem Schwerpunkt
technische Zusammenarbeit und Hilfe einzubringen.
Was thematische Initiativen anbelangt, so brachte die EU erfolgreich eine Initiative zur Religions-
und Weltanschauungsfreiheit ein, um so in Einklang mit den diesbezüglichen Schlussfolgerungen
des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 21. Februar 2011 ihre Besorgnis über Gewalt und
Intoleranz gegenüber religiösen Minderheiten zum Ausdruck zu bringen. In der Resolution wurde
zudem die Arbeit des Sonderberichterstatters über Religions- und Weltanschauungsfreiheit
gewürdigt, dessen Mandat im Anschluss an die 1981 angenommene Erklärung über die Beseitigung
aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Überzeugung vor
25 Jahren beschlossen worden war. Parallel dazu war die einvernehmliche Verabschiedung der
Resolution der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) zur Bekämpfung religiöser
Intoleranz – die von vielen als Alternative zu der üblicherweise von der OIC eingebrachten
Resolution zur Bekämpfung der Diffamierung von Religionen betrachtet wurde – eines der
bedeutendsten Ergebnisse dieser Tagung. EU und GRULAC gewährleisteten den Erfolg der
traditionellen Resolution zu den Rechten des Kindes, wobei die diesbezüglichen Verhandlungen
frühzeitige umfangreiche Konsultationen mit dem Sonderbeauftragten des Generalsekretärs über
Gewalt gegen Kinder sowie der UNICEF erforderlich machten. Des Weiteren verabschiedete der
Rat den Entwurf der Erklärung der Vereinten Nationen über Menschenrechtsbildung und
-ausbildung.
9238/12 mp,ms/ib 124
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 181 – Drucksache 17/12922
Die 17. Tagung des Menschenrechtsrats (30. Mai bis 17. Juni 2011) hatte ein recht umfangreiches
Arbeitsprogramm; insgesamt wurden 29 Initiativen angenommen (von denen acht zur Abstimmung
kamen). Oberste Priorität hatte für die EU auf dieser Tagung Belarus: Sie sorgte dafür, dass eine
Resolution zur Menschenrechtslage in dem Land angenommen wurde.
Im Laufe der Tagung befassten sich mehrere Initiativen mit dem Nahen Osten und Nordafrika.
Insbesondere verabschiedete der Rat eine Resolution zur Verlängerung des Mandats der
Untersuchungskommission zu Libyen. Es gab eine regionenübergreifende Erklärung zu Syrien, in
der die Regierung des Landes aufgefordert wurde, mit dem Menschenrechtsrat zusammenzuarbeiten
und der Hohen Kommissarin uneingeschränkten Zugang zu dem Land zu gewähren, sowie eine
regionenübergreifende Erklärung zu Jemen, in der eine geplante Mission der Hohen Kommissarin
begrüßt und außerdem vereinbart wurde, auf der 18. Tagung des Rates einen interaktiven Dialog
abzuhalten. Der Rat verabschiedete ferner eine Resolution über die Förderung und den Schutz der
Menschenrechte im Rahmen friedlicher Proteste, der mehrere Versuche vorausgegangen waren,
eine Sondertagung zu diesem Thema zu organisieren.
Zu den wichtigen Beschlüssen im Zusammenhang mit der Lage in einzelnen Ländern zählten des
Weiteren die Einsetzung eines Unabhängigen Experten für die Menschenrechtssituation in Côte
d'Ivoire zur Unterstützung bei der Umsetzung der Empfehlungen der Untersuchungskommission,
die Verlängerung des Mandats des Unabhängigen Experten für Somalia um ein weiteres Jahr sowie
die Annahme einer Resolution über technische Hilfe für Kirgisistan.
Was thematische Schwerpunkte anbelangt, so verabschiedete der Menschenrechtsrat eine bahn-
rechende, von Südafrika eingebrachte Resolution über diskriminierende Rechtsvorschriften und
Praktiken sowie Gewalthandlungen gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und
ihrer Geschlechteridentität, in der die Hohe Kommissarin der VN beauftragt wurde, eine dies-
bezügliche Studie zu erstellen, die im Rahmen einer Podiumsdiskussion des Menschenrechtrats im
März 2012 vorgestellt werden soll. Der Rat billigte darüber hinaus die Leitprinzipien für Unter-
nehmenstätigkeit und Menschenrechte zur Umsetzung des von den Vereinten Nationen ange-
nommenen Rahmens "Schützen, achten, Rechtsschutz gewähren" und rief einen Folgemechanismus
zur Arbeit des Sonderbeauftragten des VN-Generalsekretärs für die Frage der Menschenrechte und
transnationaler Unternehmen ins Leben. Schließlich konnte sich der Rat auf die Verabschiedung des
dritten Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes verständigen, durch
das ein Individualbeschwerdeverfahren eingeführt wird.
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Drucksache 17/12922 – 182 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Als Ergebnis der 18. Tagung des VN-Menschenrechtsrats (12. bis 29. September 2011) war die –
meist einvernehmliche – Verabschiedung von 37 Resolutionen oder Erklärungen des Präsidenten zu
verzeichnen. Im Laufe der Tagung verabschiedete der Rat sieben länderspezifische Initiativen (zu
Sudan, Südsudan, Libyen, Jemen, Burundi, Kambodscha und Haiti) unter Punkt 10 der
Tagesordnung (technische Hilfe und Aufbau von Kapazitäten).
Übereinstimmend mit einer der wichtigsten Prioritäten der EU für diese Tagung verlängerte der Rat
das Mandat des Unabhängigen Experten für die Menschenrechtssituation in Sudan; die
diesbezügliche einvernehmliche Resolution war in Zusammenarbeit mit dem betreffenden Land
ausgearbeitet worden. Auch die Lage in Südsudan war Gegenstand einer Resolution, in deren
Mittelpunkt die Zusammenarbeit und Hilfe auf dem Gebiet der Menschenrechte stand. Ebenso
verabschiedete der Rat eine einvernehmliche Resolution zu Jemen, mit der das Land aufgefordert
wurde, den Empfehlungen im Bericht der Hohen Kommissarin der VN für Menschenrechte
nachzukommen. Außerdem wurde darin Kenntnis von der Ankündigung der Regierung genommen,
Menschenrechtsverletzungen und -verstöße untersuchen zu wollen. Ferner wurde beschlossen, dem
Unabhängigen Experten für Kambodscha ein zweijähriges Sondermandat zu erteilen. Der Rat
verlängerte das Mandat des Unabhängigen Experten für Haiti und verabschiedete eine Resolution
über beratende Dienste und technische Hilfe für Burundi, in der die Einrichtung eines nationalen
Menschenrechtsgremiums im Einklang mit den Pariser Grundsätzen begrüßt wurde. Was
thematische Fragen anbelangt, so beschloss der Rat das neue Mandat eines Sonderberichterstatters
über Wahrheit, Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und Garantien für die Verhinderung neuerlicher
Verletzungen.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 183 – Drucksache 17/12922
Im Laufe des Jahres hat die EU entscheidend dazu beigetragen, dass drei Sondertagungen zur
Menschenrechtslage in Syrien einberufen wurden. Eine erste Sondertagung zu Syrien fand am
29. April 2011 statt. In einer auf der Tagung verabschiedeten Resolution wurde das Amt des Hohen
Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte ersucht, dringend eine Mission nach
Syrien zu entsenden, um alle mutmaßlichen Verstöße gegen die internationalen Menschenrechts-
normen zu untersuchen und die Fakten und Umstände bezüglich solcher Verletzungen zu ermitteln.
Eine zweite Sondertagung wurde am 22. August 2011 abgehalten, auf der der Rat das Mandat für
eine unabhängige Untersuchungskommission beschloss, die alle mutmaßlichen seit März 2011 in
der Arabischen Republik Syrien begangenen Verletzungen der internationalen Menschenrechts-
normen untersuchen und nach Möglichkeit die dafür Verantwortlichen ermitteln sollte, damit
diejenigen, die solche Verstöße verübt haben, dafür zur Verantwortung gezogen werden. Die
Untersuchungskommission, deren Arbeit von den syrischen Behörden nicht unterstützt bzw. nicht
ermöglicht wurde, veröffentlichte ihren Bericht am 28. November 2011, der der Generalversamm-
lung mit der Empfehlung übermittelt wurde zu erwägen, die Berichte an alle einschlägigen Gremien
der Vereinten Nationen weiterzuleiten.
Nach Veröffentlichung des Berichts der Untersuchungskommission beschloss die EU, die
Einberufung einer dritten Sondertagung des Menschenrechtsrats zu Syrien zu unterstützen, die am
2. Dezember 2011 stattfand. In der am Ende der dritten Sondertagung angenommenen Resolution
wurde mit überwältigender Mehrheit die Einrichtung einer Vertretung des Amts des Hohen
Kommissars für Menschenrechte in Syrien sowie ein Mandat für einen Sonderberichterstatter zur
Überwachung der Lage gefordert. Darüber hinaus wurden die Behörden aufgefordert, den Zugang
der Untersuchungskommission zum Land zu gewährleisten und ordnungsgemäß mit ihr zu
kooperieren.
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Drucksache 17/12922 – 184 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
4.3. Europarat
Das Jahr 2011 stand im Zeichen einer weiteren Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen der EU
und dem Europarat, und es gab – auch im Bereich der Menschenrechte – einen regeren Austausch.
Als Rahmen für die Verstärkung der Zusammenarbeit und des politischen Dialogs dient die
Vereinbarung, die die EU und der Europarat 2007 unterzeichnet haben.
Der im Vertrag von Lissabon vorgesehene Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechts-
konvention (EMRK) stellt einen bedeutenden Schritt in Richtung auf einen besseren Schutz der
Menschenrechte für alle europäischen Bürgerinnen und Bürger dar. Dieser Schritt erfordert eine
umfassende Analyse der heikelsten Aspekte einer künftigen Vereinbarung. Die EU arbeitete
intensiv an einer reibungslosen Integration in das EMRK-System unter Berücksichtigung des
besonderen institutionellen Gefüges der Union. Seit Juli 2010 haben acht Verhandlungsrunden zum
Beitritt der EU zur EMRK stattgefunden; sie führten im Juni 2011 zu einer Einigung – auf
Expertenebene – über einen Entwurf einer Übereinkunft über den Beitritt der EU. Der Entwurf der
Übereinkunft muss von allen Mitgliedern der beiden Organisationen bestätigt werden. Auf EU-Seite
wird mehr Zeit benötigt, um über die heikelsten Aspekte des Beitritts zu beraten.
Leitende Beamte des Europarats, darunter der Generalsekretär und der Kommissar für
Menschenrechte, führten weiter regelmäßig Gespräche mit dem Kommissionspräsidenten, der
Hohen Vertreterin und mit anderen Kommissionsmitgliedern. Mehrere hochrangige Beamte der
EU-Kommission informierten den Europarat bei einem Besuch in Straßburg über die EU-Politik in
verschiedenen Bereichen, darunter die Initiative der Östlichen Partnerschaft.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 185 – Drucksache 17/12922
Die EU weiß die Arbeit der Venedig-Kommission des Europarats sehr zu schätzen und begrüßt,
dass diese die Aufgabe übernommen hat, die Mitgliedstaaten des Europarats hinsichtlich der
Vereinbarkeit ihrer Rechtsvorschriften mit europäischen Standards und Normen auf dem Gebiet der
Grundrechte und -freiheiten zu beraten. Die EU hält jährliche Konsultationen mit dem Europarat
über ihr Erweiterungspaket ab, an denen von ihrer Seite rund 60 Sachverständige und Mitarbeiter
teilnehmen. Sie berät sich zudem regelmäßig mit dem Europarat und seinen Beobachtungsgremien
bei der Ausarbeitung der jährlichen ENP-Fortschrittsberichte. Die Zusammenarbeit mit dem
Kommissar des Europarats für Menschenrechte hat gut funktioniert, insbesondere was die Lage
nach dem Konflikt in Georgien betrifft.
Die EU und der Europarat haben eine Reihe gemeinsamer Programme zur Förderung der
Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Menschenrechte durchgeführt. Sie haben bei den
Bemühungen um eine weltweite Abschaffung der Todesstrafe weiter eng zusammengearbeitet, wie
die Veröffentlichung einer gemeinsamen Erklärung anlässlich des Internationalen und des
Europäischen Tags gegen die Todesstrafe am 10. Oktober 2011 zeigt.
Die EU leistet nach wie vor einen umfangreichen Beitrag zu Tätigkeiten des Europarats, indem sie
gemeinsame Programme und Aktivitäten finanziert. Seit 2010 finanziert die EU über ihre Fazilität
für die östlichen Partnerländer mehrere gezielte Europaratsprojekte, um den Reformprozess in
diesen Ländern zu fördern und ihnen in den zentralen Bereichen, die Gegenstand der Plattform 1
der Östlichen Partnerschaft sind (verantwortungsvolle Staatsführung und Menschenrechte), die
Normen des Europarats und der EU näherzubringen. Nach den vielversprechenden Ergebnissen der
gemeinsamen Fazilität der EU und des Europarats für die östlichen Partnerländer legte die EU mit
dem Europarat eine gemeinsame Fazilität für die südlichen Nachbarstaaten auf (ausgestattet mit
4 Mio. EUR für 30 Monate), über die im Geiste der neugestalteten Europäischen
Nachbarschaftspolitik Fortschritte bei Menschenrechten und Demokratisierung in den Ländern des
südlichen Mittelmeerraums gefördert werden sollten.
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Drucksache 17/12922 – 186 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
4.4. Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)
Die Europäische Union stellt die Hälfte der Mitglieder der OSZE (56 Teilnehmerstaaten), weshalb
ihr eine besondere Verantwortung dafür zukommt, eine proaktive Rolle innerhalb der Organisation
zu übernehmen. Wesentliches Ziel der EU ist es, die Bemühungen der OSZE um Erhöhung der
Sicherheit in ihren drei "Dimensionen" zu unterstützen, nämlich
• der politisch-militärischen Dimension,
• der ökonomischen und der ökologischen Dimension und
• der menschlichen Dimension.
Die EU ist eine große Verfechterin dieses umfassenden Sicherheitskonzepts, in dessen Mittelpunkt
die Menschenrechte stehen. Die EU hat deshalb 2011 nach dem Gipfel von Astana im Jahr 2010
umfangreiche Anstrengungen unternommen, um sicherzustellen, dass die von jedem Teilnehmer-
staat freiwillig eingegangenen politischen OSZE-Verpflichtungen besser eingehalten werden; dies
gilt insbesondere für die menschliche Dimension mit Verpflichtungen und Aktivitäten im
Zusammenhang mit Menschenrechten, Grundfreiheiten, Demokratisierung (einschließlich Wahlen),
Rechtsstaatlichkeit sowie Toleranz und Nichtdiskriminierung.
Die EU legte 2011 einen besonderen Akzent auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung:
• Erstens soll gewährleistet werden, dass die Grundfreiheiten im digitalen Zeitalter geachtet
werden und dass in der Medienlandschaft Pluralismus herrscht. Die Medienfreiheit wird als
Impulsgeberin betrachtet, durch die erreicht werden kann, dass auch andere Grundfreiheiten
und Menschenrechte besser gewahrt werden.
• Zweitens werden Bemühungen um einen besseren Schutz für Journalisten unterstützt, und
dies in Anbetracht der im OSZE-Gebiet vielfach zu beobachtenden beunruhigenden
Tendenz, dass sich gegen Journalisten und Medienmitarbeiter gerichtete Angriffe und
Einschüchterungsversuche mehren.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 187 – Drucksache 17/12922
Dieses Bestreben war nur teilweise erfolgreich. Einerseits leistete die EU einen wichtigen Beitrag
zu einer erfolgreichen und medienwirksamen zweitägigen Konferenz über die Sicherheit von
Journalisten, die im Juni 2011 in Vilnius stattfand, sowie zu einem zweitägigen Treffen zum Thema
Pluralismus in den neuen Medien, das im Juli 2011 in Wien abgehalten wurde. Andererseits konnte
sich der in Vilnius im Dezember 2011 tagende Ministerrat trotz großer Anstrengungen der EU nicht
darauf verständigen, zwei Beschlüsse zu diesen beiden Themen zu fassen, durch die die dies-
ezüglichen OSZE-Verpflichtungen weiter konsolidiert worden wären. Einigen östlichen
Teilnehmerstaaten der OSZE fiel es schwer, diese Prioritäten der EU als Prioritäten für die gesamte
Organisation anzuerkennen.
Die EU unterstützte und prägte überdies sehr nützliche Veranstaltungen zu Themen, die sie
innerhalb der OSZE für prioritär erachtet, so zum Beispiel
• die Expertenkonferenz zum Unternehmergeist von Frauen (Vilnius, 3./4. März 2011),
• die Jahreskonferenz der Allianz zur Bekämpfung des Menschenhandels (Wien, 20./21. Juni
2011),
• das OSZE-Treffen im Zusammenhang mit dem Aufbau nationaler Menschenrechts-
institutionen (Ombudsleute, Kommissionen, Institute oder sonstige Mechanismen).
Im Übrigen war die EU 2011 sowohl auf den wöchentlichen Tagungen des Ständigen Rates als
auch in den monatlichen Sitzungen des Ausschusses für die menschliche Dimension sehr aktiv.
Letztere bieten einen Rahmen für die ständige Überprüfung, inwieweit die 56 Teilnehmerstaaten
der OSZE ihren Verpflichtungen auf dem Gebiet der Menschenrechte nachkommen, sowie für
diesbezügliche offene Debatten. Zahlreiche problematische Situationen hinsichtlich der
Menschenrechte und Grundfreiheiten wurden aufgezeigt und bekanntgemacht. Die EU ist davon
überzeugt, dass das OSZE-Forum unter den ihr zur Verfügung stehenden diplomatischen Mitteln
auf dem Gebiet der Menschenrechte ein sehr nützliches Instrument ist.
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Drucksache 17/12922 – 188 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5. LÄNDER- UND REGIONENSPEZIFISCHE THEMEN
5.1. Bewerberländer und potenzielle Bewerberländer
5.1.1 Türkei
Die Kommission hat in ihrem Fortschrittsbericht 2011 festgestellt, dass es trotz begrenzter
Fortschritte noch erheblicher Anstrengungen im Bereich der Grundrechte bedarf, insbesondere was
das Recht auf freie Meinungsäußerung anbelangt; die Zahl der Gerichtsverfahren gegen
Schriftsteller und Journalisten sowie die häufige und unverhältnismäßige Sperrung von Websites
geben Anlass zu großer Besorgnis.
Die Anzahl der neuen Beschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte steigt seit
fünf Jahren kontinuierlich an. Die Türkei hat einigen Urteilen seit mehreren Jahren nicht Folge
geleistet. Ferner steht eine Reihe von Reformen seit Jahren aus und müssen die Rechtsvorschriften
über Menschenrechtsinstitutionen noch vollständig mit den Grundsätzen der VN in Einklang
gebracht werden.
Auf der Tagung des Assoziationsrats EU-Türkei vom April 2011 ermutigte die EU die Türkei, die
Achtung der Grundrechte und -freiheiten rechtlich und in der Praxis weiter zu verbessern. Bei der
zivilen Kontrolle der Sicherheitskräfte und der Durchführung der Strategie für die Justizreform
wurden positive Schritte vermerkt, es müssen aber noch weitere Fortschritte erzielt werden. Ferner
sind weitere Anstrengungen erforderlich, damit die Kopenhagener Kriterien uneingeschränkt erfüllt
werden; dies gilt unter anderem für Eigentumsrechte, Gewerkschaftsrechte, Rechte von
Angehörigen von Minderheiten, Rechte der Frauen und des Kindes, Nichtdiskriminierung und
Gleichberechtigung der Geschlechter sowie die Bekämpfung von Folter und Misshandlung. Die EU
bedauerte, dass die von der Regierung im August 2009 angekündigte demokratische Öffnung, mit
der insbesondere die Kurdenfrage angegangen werden soll, hinter den Erwartungen
zurückgeblieben ist, da nur wenige Maßnahmen in die Tat umgesetzt wurden. Die EU ersuchte die
Türkei, ihre Antiterrorgesetze zu ändern, um ungebührliche Einschränkungen bei der Ausübung der
Grundrechte zu vermeiden.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 189 – Drucksache 17/12922
Ähnliche Themen wurden in den Schlussfolgerungen des Rates vom Dezember 2011 aufgegriffen.
Die EU stellte dabei fest, dass wichtige Prioritäten in Angriff genommen wurden, unter anderem die
zivile Kontrolle der Sicherheitskräfte, die Reform des Justizwesens, die Religionsfreiheit und die
Ratifizierung des Fakultativprotokolls zum VN-Übereinkommen gegen Folter (OPCAT). Sie
begrüßte, dass die Türkei erste Schritte in Richtung auf eine Verfassungsreform unternommen hat,
und betonte, dass eine mit europäischen Standards in Einklang stehende Durchführung der Reform
weiterhin von entscheidender Bedeutung ist. Der Rat ermutigte die Türkei ferner, für möglichst
breit gefächerte Konsultationen unter Einbeziehung aller politischen Parteien und der
Zivilgesellschaft zu sorgen. Ausserdem rief der Rat die Türkei auf, die Achtung der Grundrechte
und -freiheiten rechtlich und in der Praxis weiter zu verbessern, insbesondere im Bereich der
Meinungsfreiheit. Die EU begrüßte die Verabschiedung von Vorschriften zur Änderung des
Stiftungsgesetzes; diese sollen, sofern sie tatsächlich angewendet werden, die Wiedererlangung des
beschlagnahmten Eigentums nicht-islamischer Gemeinschaften erleichtern.
Fortschritte bei den politischen Kriterien, einschließlich der Grundfreiheiten, zählen zu den
wesentlichen Elementen des Kommissionsvorschlags zur Wiederbelebung der Beziehungen EU-
Türkei und des Beitrittsprozesses anhand einer "Positiven Agenda", die vom Rat im Dezember 2011
gebilligt wurde. Die Positive Agenda soll den Beitrittsprozess unterstützen und ergänzen.
2011 wurde für die Türkei die Bereitstellung von insgesamt 780 Mio. EUR als finanzielle
Heranführungshilfe vorgesehen. Darüber hinaus bezog die Türkei Hilfen aus der Unterstützung der
grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und aus regionalen und horizontalen Programmen des
Instruments für Heranführungshilfe.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 190 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.1.2 Westliche Balkanstaaten
Die Aussicht auf eine EU-Mitgliedschaft ist die stärkste Triebfeder für die EU-bezogenen Reformen
in der westlichen Balkanregion, wozu auch die Angleichung an die Menschenrechtspolitik der EU
gehört. Die Achtung der demokratischen Grundsätze, der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte
und der Rechte von Angehörigen von Minderheiten, der Grundfreiheiten sowie der Grundsätze des
Völkerrechts, die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem IStGHJ und die regionale Zusammen-
arbeit gehören zu den Bedingungen des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses (SAP), der den
politischen Rahmen für die Beziehungen zu den westlichen Balkanstaaten bildet. Im Mittelpunkt
stehen die Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen, deren wesentliche Elemente die
demokratischen Grundsätze und der Schutz der Menschenrechte sind.
Die jüngste Lagebeurteilung der EU beruht auf den jährlichen Fortschrittsberichten der
Kommission vom 12. Oktober 2011. Den Berichten zufolge zählen die Rechtsstaatlichkeit und
insbesondere die Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, die Stärkung der
Verwaltungskapazitäten und die Freiheit der Meinungsäußerung in den Medien zu den wichtigsten
Herausforderungen in der Region. Sie heben zudem die Bedeutung der regionalen Zusammenarbeit
und der Versöhnung in den westlichen Balkanstaaten hervor.
Im Hinblick auf den Prozess der Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen vereinbarten die
Außenminister von Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Montenegro und Serbien am 7. November
2011 in Belgrad, mit weiteren Anstrengungen alle noch ungeklärten Fragen in diesem Bereich
anzugehen und eine Geberkonferenz einzuberufen, um ein gemeinsames Wohnungsbauprogramm
für Flüchtlinge finanzieren zu können, dessen Kosten sich auf 584 Mio. EUR belaufen.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 191 – Drucksache 17/12922
Die EU führt mit den Ländern der Region in verschiedenen Gremien regelmäßig Gespräche über
Menschenrechtsfragen. Die Hilfe der EU wird über das Instrument für Heranführungshilfe (IPA)
geleistet und orientiert sich an den kurz- und mittelfristigen Prioritäten für die weitere europäische
Integration. Im Rahmen der Gesamtmaßnahmen der EU in den westlichen Balkanstaaten führte die
EU 2011 in der Region drei GSVP-Missionen durch und unterhielt zwei EUSR-Büros. Im Mandat
jeder Mission wird die Bedeutung von Menschenrechtsfragen und Fragen der Rechtsstaatlichkeit
hervorgehoben.
Die EU unterstützt das Mandat des IStGHJ, indem sie eine uneingeschränkte Zusammenarbeit mit
dem Strafgerichtshof als wesentliche Voraussetzung für einen EU-Beitritt hervorhebt. Die
Festnahme und Überstellung der beiden bislang flüchtigen Angeklagten im Mai und Juni 2011 war
ein wichtiger Schritt für die internationale Justiz und die Aussöhnung in der Region.
Der Rat der EU betonte in seinen Schlussfolgerungen vom 5. Dezember 2011 erneut, wie wichtig
der Schutz aller Minderheiten ist, und appellierte an die Regierungen der Länder der Region, die
notwendigen Schritte zur Bereinigung der Situation zu unternehmen.
5.1.3 Kroatien
Im Juni 2011 schloss Kroatien die Beitrittsverhandlungen ab, nachdem es bestimmte Zielvorgaben
des Kapitels Justiz und Grundrechte erfolgreich umgesetzt und – über den gesamten EU-
Annäherungsprozess hinweg – Fortschritte im Bereich Menschenrechte und Demokratie erzielt
hatte. Es unterzeichnet den Beitrittsvertrag am 9. Dezember 2011. Nach der Ratifizierung des
Abkommens wird Kroatien am 1. Juli 2013 der EU beitreten; bis zu diesem Zeitpunkt überwacht
die Europäische Kommission die Einhaltung der Verpflichtungen, die Kroatien im Verlauf der
Beitrittsverhandlungen eingegangen ist, insbesondere im Bereich Justiz und Grundrechte. Die
Europäische Kommission erstattet den Mitgliedstaaten regelmäßig Bericht. In ihrem
Fortschrittsbericht 2011 stellte die Kommission fest, dass Kroatien verschiedene Maßnahmen zur
Sensibilisierung der Öffentlichkeit und zur Verbesserung des Schutzes der Menschenrechte
ergriffen hat. Allerdings erfordert die Durchsetzung der Menschenrechte weitere Aufmerksamkeit,
so auch bezüglich der Effizienz der Justiz und des Zugangs zur Justiz.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 192 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU verfolgte die Durchführung der Strategie für die Justizreform und die Umsetzung der
Maßnahmen zur Stärkung der Unabhängigkeit, der Rechenschaftspflicht, der Unparteilichkeit und
der Professionalität der Justiz mit großer Aufmerksamkeit. Was die Verfolgung von Kriegs-
verbrechen anbelangt, bewertete die EU regelmäßig die Fortschritte Kroatiens bei der unpartei-
lichen Prozessführung. Die Frage der Straflosigkeit muss noch gründlich angegangen werden. Die
EU finanzierte ein Projekt zur Beobachtung von Kriegsverbrecherprozessen durch NRO.
Die EU unterstrich die Bedeutung einer kontinuierlichen Umsetzung der Rechtsvorschriften über
den Schutz der Rechte von Personen, die Minderheiten angehören, auch um konkrete Fortschritte
bei der Erhöhung der Erwerbstätigkeitsquote bei Minderheiten zu erzielen. Zudem ermutigte die EU
Kroatien, für Verbesserungen bei den Rechten von Frauen und Kindern sowie von Menschen mit
Behinderungen zu sorgen.
Damit die Flüchtlinge dauerhaft zurückkehren können, müssen die richtigen wirtschaftlichen und
sozialen Voraussetzungen geschaffen werden. Erfreut über die großen Fortschritte beim kroatischen
Wohnungsbauprogramm hat die EU die Federführung bei der Geberkoordinierung beibehalten und
Kroatien ersucht, weiterhin für die Schaffung der benötigten Wohnunterkünfte zu sorgen. Die EU
erinnerte an die Notwendigkeit, alle Fälle von Diskriminierung uneingeschränkt anzugehen, und
betonte, dass abschreckende Strafen verhängt werden sollten. Im Rahmen des Instruments für
Heranführungshilfe und des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte
finanzierte die EU weiterhin Projekte des Kapazitätsaufbaus in den oben genannten Bereichen und
unterstützte zivilgesellschaftliche Organisationen mit einer Reihe von Zuschüssen.
5.1.4 Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien
Die EU verfolgte weiterhin die Umsetzung der Menschenrechte im Land und setzte sich für deren
Förderung ein.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 193 – Drucksache 17/12922
Als Mitunterzeichner des Rahmenabkommens von Ohrid von 2001 überwacht die EU die
Umsetzung aller auf diesem Abkommen beruhenden Maßnahmen. Das für die Erweiterung der EU
zuständige Mitglied der Kommission und mehrere Mitglieder des Europäische Parlaments nahmen
neben dem Präsidenten der Republik, dem Premierminister und dessen Stellvertretern sowie
Vertretern aus allen Kreisen der Gesellschaft an den Veranstaltungen teil, die anlässlich des
10. Jahrestags des Rahmenabkommens von Ohrid auf nationaler Ebene stattfanden.
Der Europäischen Kommission zufolge erfüllt das Land weiterhin die politischen Kriterien in
ausreichendem Maße. Es hat seine beitrittsrelevanten Reformen fortgesetzt, muss allerdings noch
weitere Herausforderungen bewältigen. Die Europäische Kommission stellte in ihrem Fortschritts-
bericht 2011 fest, dass der rechtliche und institutionelle Rahmen für Menschenrechte und
Minderheitenschutz weitgehend abgesteckt sei, und legte angesichts der ernsten Bedenken über die
mangelnde Meinungsfreiheit in den Medien einen Dialog nahe.
Im Juli beteiligte sich die EU-Delegation an der Veranstaltung eines Workshops über Roma-
Angelegenheiten, bei dem verschiedene Dokumente ausgearbeitet wurden. Als Folgemaßnahme
wurden Zielvorgaben für die Regierung festgelegt, die Fragen der weitergefassten Rechts-
staatlichkeit und der Grundrechte betreffen.
Die Grundrechte standen im Mittelpunkt einer Sitzung der EU-Missionschefs, in der die Strategien
und Leitlinien für Menschenrechtsverteidiger erneut bestätigt wurden, wobei zudem den Rechten
von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen eine besondere Diskussion
gewidmet wurde. Die EU-Delegation unterstützte ferner ein Projekt zur Sensibilisierung der
Bevölkerung für die Rechte von Personen, die Minderheiten angehören, durch innovative kulturelle
Darbietungen.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 194 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe (IPA) von der EU geleistete Finanzhilfe
belief sich 2011 auf 29 Mio. EUR, wobei 8,8 Mio. EUR für den Schutz und die Förderung der
Menschenrechte vorgesehen waren. Darüber hinaus verfügte das Europäische Instrument für
Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) 2011 über eine jährliche Mittelzuweisung von 600.000
EUR für Projekte im Zusammenhang mit dem Rahmenabkommen von Ohrid: Förderung der
Nichtdiskriminierung, soziale Eingliederung und soziale Rechte einschließlich des Schutzes von
Minderheiten, insbesondere der Roma, sowie ausdrückliche durchgängige Berücksichtigung der
Rechte von Frauen, Kindern und Menschen mit Behinderungen.
Die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien hält weiterhin an dem Nichtüberstellungs-
abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika fest, das nicht mit den maßgeblichen
Leitprinzipien der EU für Vereinbarungen zwischen einem Vertragsstaat des Römischen Statuts des
Internationalen Strafgerichtshofs und den Vereinigten Staaten in Einklang steht.
5.1.5 Montenegro
Montenegro hat einige Fortschritte bei der Förderung und Durchsetzung der Menschenrechte
erzielt. Allerdings bedarf es weiterer Anstrengungen, um den Besitzstand in diesem Bereich zu
erfüllen, insbesondere bei der Umsetzung und der Durchsetzung.
Bei den Grundrechten müssen, auch wenn einige Fortschritte bei der Verstärkung des rechtlichen
und institutionellen Rahmens zu verzeichnen sind, die bestehenden rechtlichen Garantien
vollständig durchgesetzt und die Verwaltungskapazitäten ausgebaut werden. Die
Strafverfolgungsbehörden müssen stärker darauf verpflichtet werden, die Medienfreiheit
entsprechend den europäischen Standards und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichthofs
für Menschenrechte zu schützen.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 195 – Drucksache 17/12922
Die Qualität und Tragfähigkeit des Dialogs zwischen den staatlichen Institutionen und den
Organisationen der Zivilgesellschaft hat sich verbessert, muss jedoch noch weiter ausgebaut
werden. Die Fortschritte bei der Eingliederung von Roma, Ashkali und Ägyptern sind weiterhin
begrenzt. Im Juli 2011 wurde mit Unterstützung der EU und des UNHCR eine Strategie für
nachhaltige Lösungen im Hinblick auf Vertriebene in Montenegro ausgearbeitet.
Der rechtliche und institutionelle Rahmen für die Wahlen wurde durch den neuen Entwurf eines
Wahlgesetzes vom September 2010 erheblich erweitert; hierdurch wurden die wesentlichen
Empfehlungen des OSZE/BDIMR und der Venedig-Kommission bezüglich der Wahlen
angegangen. Es bedarf weiterer nachhaltiger Anstrengungen zur Festigung der Rolle des Parlaments
als Gesetzgeber und Aufsichtsorgan. Eine authentische Vertretung von Minderheiten wird
garantiert.
Die Beobachtung der Menchenrechtslage ist Teil des Monitorings, das im Anschluss an die
Stellungnahme der Kommission erfolgt. Auf der zweiten Tagung des Stabilitäts- und
Assoziationsrates am 20. Juni 2011 stellte die EU fest, dass der institutionelle und rechtliche
Rahmen für die Menschenrechte zwar weitgehend vorhanden, die Umsetzung der bestehenden
Rechtsvorschriften jedoch nicht immer zufriedenstellend ist. Die EU unterstreicht die
Notwendigkeit, die Strafverfolgungsbehörden und den öffentlichen Dienst weiterhin für alle
Aspekte von Menschenrechtsverletzungen zu sensibilisieren. Sie forderte die Regierung auf, die
bisherigen Fälle von Gewalt gegen und Einschüchterung von Journalisten aufzuklären und
Misshandlungen und Folter mit größerem Einsatz zu bekämpfen.
Die EU begrüßte es, dass Montenegro sich dem allgemeinen Standpunkt der EU zum
Internationalen Strafgerichtshof angeschlossen hat, stellte aber zugleich fest, dass Montenegro
entgegen den maßgeblichen Leitprinzipien der EU an dem Nichtüberstellungsabkommen mit den
Vereinigten Staaten festhält.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 196 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, die Bekämpfung von Korruption und organisierter
Kriminalität, größere Medienfreiheit und die Sicherung der Rechtsstellung von Vertriebenen sowie
die Gewährleistung ihrer Rechte sind wesentliche Voraussetzungen für die Aufnahme von
Beitrittsverhandlungen.
5.1.6 Albanien
Die Achtung der demokratischen Grundsätze und der Menschenrechte ist in dem im April 2009 in
Kraft getretenen Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Albanien
verankert.
Die seit den allgemeinen Wahlen vom Juni 2009 bestehende politische Pattsituation spielte auch
2011 eine wichtige Rolle. Die gewaltsamen Zwischenfälle vom 21. Januar 2011, bei denen vier
Demonstranten ums Leben kamen, haben das Klima des Misstrauens noch weiter verstärkt. Die
Kommunalwahlen vom 8. Mai 2011 haben infolge der umstrittenen Auszählung der in falsche
Wahlurnen eingeworfenen Stimmzettel und der angefochtenen Ergebnisse in Tirana die Kluft
zwischen Regierungsmehrheit und Opposition noch weiter vertieft. Auch wenn diese Ereignisse
über einen Großteil des Jahres hinweg von dringend notwendigen EU-bezogenen Reformen
abgelenkt haben, ebneten die Rückkehr der Opposition in das Parlament im September und eine
parteiübergreifende Vereinbarung über grundlegende Reformen im November den Weg für
Fortschritte.
Vor diesem Hintergrund unternahm die Regierung einige Anstrengungen, um Fortschritte bei der
von der EU vorgegebenen Integrationsagenda zu verbuchen, insbesondere anhand eines Aktions-
plans für die zwölf Schlüsselprioritäten der Stellungnahme der Europäischen Kommission von
2010. Dazu gehören die Stärkung des Schutzes der Menschenrechte, insbesondere der Rechte von
Frauen und Kindern sowie der Roma-Minderheit, eine Antidiskriminierungspolitik sowie zusätzlich
erforderliche Maßnahmen zur Verbesserung der Behandlung festgenommener Personen in
Polizeistationen, während der Untersuchungshaft und in Gefängnissen.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 197 – Drucksache 17/12922
Nach der Ausweisung von 45 Roma-Familien aus Tirana gaben die EU-Delegation, die Botschaft
der Vereinigten Staaten und die OSZE-Präsenz im März 2011 eine gemeinsame Erklärung ab, in
der sie die Einhaltung der internationalen Verpflichtungen anmahnten und die Behörden
nachdrücklich aufforderten, Ermittlungen einzuleiten und die erforderliche soziale Unterstützung zu
leisten.
Im Zusammenhang mit dieser Ausweisung und in Anbetracht des neuen EU-Rahmens für nationale
Strategien zur Integration der Roma bis 2020 veranstaltete die EU-Delegation im Juni 2011 eine
Sondersitzung der Missionschefs, um mit den EU-Mitgliedstaaten, dem Technischen Sekretariat für
Roma-Angelegenheiten des Ministeriums für Beschäftigung und Soziales sowie internationalen
Organisationen und Organisationen der Zivilgesellschaft die wichtigsten Anliegen betreffend die
Roma-Gemeinschaft zu erörtern.
Im Dezember 2011 veranstaltete die EU-Delegation ein Seminar zur Ausarbeitung von Lösungs-
ansätzen für eine bessere Eingliederung der Roma-Gemeinschaft und der ägyptischen Gemein-
schaft. Es wird erwartet, dass die albanischen Behörden der Europäischen Kommission im Jahr
2012 über die Umsetzung der Schlussfolgerungen des Seminars Bericht erstatten. Zudem unter-
zeichnete die EU-Delegation im Dezember zehn neue Zuschussverträge über insgesamt 1,2 Mio.
EUR im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte. Diese von
lokalen Nichtregierungsorganisationen umgesetzten Projekte sollen in erster Linie den Zugang zur
Justiz für schutzbedürftige und marginalisierte Menschen verbessern, die Rechte diskriminierter
Gruppen fördern und die Geschlechtergleichstellung und die Ermächtigung von Frauen
unterstützen.
Albanien hält weiterhin an dem Nichtüberstellungsabkommen mit den Vereinigten Staaten von
Amerika fest, das nicht mit den maßgeblichen Leitprinzipien der EU für Vereinbarungen zwischen
einem Vertragsstaat des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs und den
Vereinigten Staaten in Einklang steht.
Das albanische Parlament hat im Dezember 2011 der Ernennung eines Volksanwalts zugestimmt
(diese Ernennung stand seit Februar 2010 aus).
9238/12 mp,ms/ib 141
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 198 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.1.7 Bosnien und Herzegowina
Der Rat legte im März 2011 ein umfassendes Konzept der EU fest: eine verstärkte Strategie für
Bosnien und Herzegowina und eine einzige verstärkte EU-Präsenz vor Ort (EU-Sonder-
beauftragter/EU-Delegation).
Im bestehenden Rahmen des SAA-Prozesses (Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen) nahm
die EU im Juni 2011 mit Bosnien und Herzegowina einen strukturierten Dialog über die Justiz auf,
um die Fortschritte im Bereich der Rechtsstaatlichkeit zu konsolidieren, landesweit ein unab-
hängiges, wirksames und unparteiliches Justizsystem einzurichten und die weitere Integration in die
EU zu erleichtern.
Im Dezember 2011 erzielten die führenden Politiker Bosnien und Herzegowinas Einvernehmen
über die Zusammensetzung des Ministerrats (im Anschluss an die allgemeinen Wahlen vom
Oktober 2010) und die Verabschiedung eines Staatshaushalts für 2011, das Voranbringen der
Gesetze über die Volkszählung und über staatliche Beihilfen und der Maßnahmen zur Umsetzung
des Urteils des EGMR in der Rechtssache Sejdic/Finci. Dementsprechend bemüht sich Bosnien und
Herzegowina weiterhin um Fortschritte bei der Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem
Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen und dem Interimsabkommen, damit es seine
Verfassung in Einklang mit dem Urteil des EGMR bringen kann.
Der auf die Medien ausgeübte politische Druck und die weiter andauernde Spaltung der
Medienlandschaft entlang ethnischer Linien untergraben nach wie vor die Entstehung einer
toleranten Gesellschaft. Diskriminierungen sind noch immer weit verbreitet und verschonen keinen
Bereich des sozialen oder politischen Lebens. Roma und schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen
sind auch weiterhin am stärksten davon betroffen. Es wurden beschränkte Anstrengungen zur
Verbesserung der gesellschaftlichen Eingliederung der Roma-Minderheit unternommen. Die
Umsetzung der Frauenrechte lässt zu wünschen übrig. Bei der Verbesserung der Rechtsstellung von
Frauen, die während des Krieges vergewaltigt wurden oder sexueller Gewalt ausgesetzt waren,
wurden kaum oder gar keine Fortschritte erzielt. Beschränkte Anstrengungen wurden unternommen,
um die Diskriminierung und Segregation in Schulen zu beenden und um den Zugang zu Bildung zu
verbessern.
9238/12 mp,ms/ib 142
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 199 – Drucksache 17/12922
Die GSVP-Einsätze in Bosnien und Herzegowina, nämlich die EU-Polizeimission (EUPM) und die
(seit 2007 EU-geführte) Operation ALTHEA, leisteten einen Beitrag zur Rechtsstaatlichkeit und zu
einem sicheren Umfeld.
Bosnien und Herzegowina hält weiterhin an dem Nichtüberstellungsabkommen mit den Vereinigten
Staaten von Amerika fest, das nicht mit den maßgeblichen Leitprinzipien der EU für
Vereinbarungen zwischen einem Vertragsstaat des Römischen Statuts des Internationalen
Strafgerichtshofs und den Vereinigten Staaten in Einklang steht.
Im Jahr 2011 wurden 102,68 Mio. EUR für die Komponente I des Instruments für
Heranführungshilfe (IPA) bereitgestellt. Über das IPA werden unter anderem Maßnahmen im
Bereich der Bildung und die Durchführung des Sarajewo-Prozesses zur Rückkehr von Flüchtlingen
nach Bosnien und Herzegowina unterstützt.
5.1.8 Serbien
Am 5. Dezember 2011 begrüßte der Rat die Stellungnahme der Kommission vom 12. Oktober zum
Antrag Serbiens auf Beitritt zur Europäischen Union. Der Rat erkannte ferner an, dass Serbien ein
völlig zufriedenstellendes Maß der Zusammenarbeit mit dem IStGHJ erreicht hat, und wies darauf
hin, dass eine uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Gerichtshof weiterhin unerlässlich ist.
Serbien hat bei der Erfüllung der vom Europäischen Rat in Kopenhagen vorgegebenen politischen
Kriterien und der Anforderungen des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses erhebliche
Fortschritte erzielt, so auch im Bereich der Menschenrechte und des Schutzes von Minderheiten.
Die EU beobachtete im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses auch weiterhin
die Menschenrechtslage in Serbien, einschließlich der Situation der gesellschaftlich benachteiligten
Gruppen und Minderheiten. Außerdem verfolgte die EU-Delegation in Belgrad mit verschiedenen
Mitteln wie Feldmissionen sowie durch einen regelmäßigen Dialog mit maßgeblichen Interessen-
vertretern wie zivilgesellschaftlichen und internationalen Organisationen insbesondere im Vorfeld
der Stellungnahme aufmerksam die Situation der Menschenrechte in Serbien, einschließlich der
Rechte der Angehörigen von Minderheiten.
9238/12 mp,ms/ib 143
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 200 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die für Serbien im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe (IPA) bereitgestellten Mittel
beliefen sich 2011 auf insgesamt 201 Mio. EUR. Zu den finanziell geförderten Bereichen zählten
die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte und die Bildung. Eine Reihe
zivilgesellschaftlicher Initiativen wird im Rahmen der nationalen und regionalen IPA-Programme
und der Fazilität zur Förderung der Zivilgesellschaft sowie durch themengebundene
Finanzierungsinstrumente wie dem Europäischen Instrument für Demokratie und Menschenrechte
unterstützt.
Die EU-Delegation in Belgrad verfolgte auch weiterhin die Lage der Menschenrechte und der
Rechte von Personen, die Minderheiten angehören, unter besonderer Berücksichtigung der Roma-
Minderheit als einer der am stärksten diskriminierten und marginalisierten Gruppen. Der rechtliche
und der institutionelle Rahmen für den Schutz der Grundrechte ist geschaffen worden. Im Fokus
steht nunmehr die Umsetzung der Menschenrechtsgesetze, die verbessert werden muss. Die
Zusammenarbeit zwischen den Behörden und der Zivilgesellschaft wurde durch die Einrichtung des
Amtes für die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft verbessert. Um die Mängel der Justiz-
reform zu beheben, wird derzeit das Verfahren zur Wiederernennung von Richtern überprüft. Ein
ständiges Thema in den Beziehungen zu Serbien ist die Bekämpfung der Korruption und der
organisierten Kriminalität, einschließlich der Notwendigkeit, eine glaubwürdige Erfolgsbilanz
vorzuweisen; die EU ermuntert Serbien zu weiteren Anstrengungen in diesem Bereich.
5.1.9 Das Kosovo11
2011 haben das Verbindungsbüro der Europäischen Kommission für das Kosovo (ECLO, jetzt das
"EU-Büro"), der Sonderbeauftragte der EU und die Rechtsstaatlichkeitsmission der EU im Kosovo
(EULEX) alle dazu beigetragen, dass die internationalen Menschenrechtsstandards im Kosovo
eingehalten und umgesetzt werden.
11 Diese Bezeichnung berührt nicht die Standpunkte zum Status und steht im Einklang mit der
Resolution 1244/99 des VN-Sicherheitsrates und dem Gutachten des Internationalen
Gerichtshofs zur Unabhängigkeitserklärung des Kosovos.
9238/12 mp,ms/ib 144
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 201 – Drucksache 17/12922
Die Europäische Kommission stellte den relevanten Institutionen und der lokalen Zivilgesellschaft
im Rahmen ihres Instruments für Heranführungshilfe (IPA) und des Europäischen Instruments für
Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) Hilfe im Bereich Menschenrechte bereit. Die EIDHR-
Hilfe belief sich 2011 auf insgesamt 900 000 EUR. Verwendet wurden die Mittel unter anderem für
eine beliebte TV-Diskussionssendung, zur Unterstützung einer gegen den Menschenhandel
agierenden Organisation sowie für Sensibilisierungsprojekte mit Menschenrechtsbezug. Zu den
IPA-Projekten gehören Maßnahmen im Zusammenhang mit der Umsiedlung von Roma-Familien,
die in bleikontaminierten Gebieten des Kosovos leben, der Wiederaufnahme und Reintegration von
Roma-Familien, die von EU-Mitgliedstaaten repatriiert werden, und der Rückkehr von Binnen-
vertriebenen, die in den 1990er Jahren oder aufgrund der Unruhen von 2004 nach Serbien geflohen
sind. Es wurde auch technische Hilfe über TAIEX bereitgestellt, um die Freiheit der Meinungs-
äußerung mittels Änderung der Rahmenbestimmungen für den öffentlichen Rundfunk und des
neuen serbischsprachigen Kanals zu verbessern.
Der EU-Sonderbeauftragte beteiligte sich an der Werbung für die Menschenrechte, indem er
spezifische Aspekte der Menschenrechte und der Rechte von Personen, die Minderheiten
angehören, weiter verfolgte und darüber Bericht erstattete und indem er gegenüber den Institutionen
des Kosovos Handlungsempfehlungen abgab. Politikberatung und die Ausübung von Druck, um die
Umsetzung der Menschenrechtsstandards zu erreichen, waren kennzeichnend für den Dialog über
den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess (SAPD). Auf der SAPD-Tagung zum Bereich Justiz,
Freiheit und Sicherheit, die unter dem Vorsitz der Generaldirektion Erweiterung stattfand, wurden
gegenüber den Behörden des Kosovos verschiedene Empfehlungen abgegeben, die von ihnen auch
befolgt wurden; insbesondere ging es dabei um die Straffung der mit den Menschenrechten
befassten Institutionen, eine stärkere politische Unterstützung des Ombudsmanns und eine
koordinierte Bearbeitung der zahlreichen eigentumsrechtlichen Fragen. Das ECLO führte
regelmäßig Konsultationen mit den lokalen Organisationen der Zivilgesellschaft durch. Mehrere
dieser Konsultationen hatten Bezug zu Menschenrechtsfragen und die dabei gesammelten
Informationen waren ein nützlicher Beitrag zum jährlichen Fortschrittsbericht, zur Vorbereitung der
SAPD-Tagungen und zur Organisation einer hochrangigen und inklusiven Konferenz über Fragen
der Roma-Integration, die unter dem Vorsitz des für die westlichen Balkanstaaten zuständigen
Direktors der Generaldirektion Erweiterung stattfand.
9238/12 mp,ms/ib 145
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 202 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Im Anschluss an diese im Mai 2011 in Priština veranstaltete Konferenz konnten EU-Akteure die
Hindernisse aus dem Weg räumen, die 60 Kindern aus den Gemeinschaften der Roma, Ashkali und
Ägypter seit mehreren Jahren den Besuch einer Schule verwehrt hatten. Dies war ein Meilenstein
für die Umsetzung der "40 Aktionen", die auf der Konferenz vereinbart worden waren. Die weitere
Umsetzung dieser Aktionen wird im Auge behalten.
Was die Rechte der Frauen betrifft, so waren 2011 einige Fortschritte zu verzeichnen, denn das
Gesetz über den Schutz vor häuslicher Gewalt konnte verabschiedet werden und in der neuen
Regierung wurden nicht nur Frauen hohe Ämter übertragen, sondern auch eine Frau zur Präsidentin
des Kosovos gewählt.
Die EULEX-Mission setzte ihre Arbeiten zur Erfüllung ihres Mandats fort. Ihre Aufgabe besteht in
erster Linie darin, den rechtsstaatlichen Institutionen, Justizbehörden und Strafverfolgungsbehörden
auf ihrem Weg zu Effizienz, Nachhaltigkeit und Verantwortlichkeit Beistand und Unterstützung zu
leisten. Die EULEX-Sonderermittlungseinheit (Special Investigative Task Force, SITF) untersucht
die Behauptungen in Bezug auf Kriegsverbrechen und organisierte Kriminalität inner- und
außerhalb des Kosovos, die Dick Marty in seinem 2011 für den Europarat verfassten Bericht
aufgestellt hat. Die Ermittlungen der SITF, die komplex und langwierig sein dürften, werden im
Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards durchgeführt.
Die kosovarischen Verfassungs- und Gesetzesbestimmungen über die Menschenrechte lehnen sich
weitgehend an die EU-Standards an, aber es mangelt an politischem Willen und an Mitteln zu ihrer
Umsetzung. Außerdem ist das Bewusstsein für die Grundrechte und die Rechte von Personen, die
Minderheiten angehören, weiterhin gering. Die Kommission stufte die Förderung und Durchsetzung
der Menschenrechte in ihrem Fortschrittsbericht 2011 weiterhin als große Herausforderung ein. Die
Schlussfolgerungen des Berichts wurden tagtäglich genutzt, um für die Einhaltung der
internationalen Menschenrechtsstandards zu plädieren.
9238/12 mp,ms/ib 146
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 203 – Drucksache 17/12922
5.2. Länder der Europäischen Nachbarschaftspolitik
5.2.1 Östliche Partnerschaft
2011 intensivierte die EU ihren Dialog und die Zusammenarbeit im Bereich der Menschenrechte
mit den Ländern der Östlichen Partnerschaft (Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien,
Republik Moldau und Ukraine), sowohl auf bilateraler als auch auf multilateraler Ebene. Auf dem
Warschauer Gipfeltreffen vom September 2011 wurde hervorgehoben, dass die Östliche
Partnerschaft auf gemeinsamen Werte und den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie und der
Achtung der Menschenrechte, der Grundfreiheiten und der Rechtsstaatlichkeit beruht.
Die multilaterale Dimension der Östlichen Partnerschaft unterstützt die Heranführung der Partner
an die EU-Standards und wird dazu genutzt, einen Dialog mit einem breiten Spektrum von
Akteuren (Zivilgesellschaft, Parlamente, regionale und lokale Behörden) aufzunehmen, und sorgt
somit dafür, dass Menschenrechtsfragen auch weiterhin hoch auf der Agenda der Östlichen
Partnerschaft stehen.
Im Mai 2011 wurde eine Fazilität für die Östliche Partnerschaft eingeführt, um die Förderung der
Menscherechte und der demokratische Werte stärker zu unterstützen. Diese von der EU finanzierte
und vom Europarat implementierte Fazilität soll die Partner dabei unterstützen, sich den Standards
der EU und des Europarates in den Bereichen Justizreform und Wahlen weiter anzunähern, und die
Cyberkriminalität und die Korruption zu bekämpfen.
9238/12 mp,ms/ib 147
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 204 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.2.2 Südkaukasus (Region)
2011 unternahmen die Länder im Südkaukasus weitere Reformbemühungen, um die Achtung der
Menschenrechte und die demokratische Staatsführung zu stärken. Die Fortschritte in diesen
Bereichen waren jedoch unbeständig, da die Lage in Georgien, Armenien und Aserbaidschan
weiterhin von einem Mangel an Pluralismus in den Medien, einer schwach ausgeprägten
Rechtsstaatlichkeit, gewaltsamem Vorgehen gegen friedliche Proteste und politischer Polarisierung
gekennzeichnet war. Die EU hat daher die Menschenrechtslage in allen drei Ländern aufmerksam
verfolgt und sie bei allen bilateralen Treffen, einschließlich bei menschenrechtsspezifischen
Dialogen und in entsprechenden Unterausschüssen, angesprochen. Dies war umso wichtiger, als im
Rahmen der überarbeiteten Europäischen Nachbarschaftspolitik ehrgeizigere Maßstäbe für die
Beziehungen der EU zu ihren Nachbarländern gelten, wonach berücksichtigt wird, in welchem
Umfang diese Werte die innerstaatliche Praxis prägen und bei der Umsetzung politischer
Maßnahmen zum Tragen kommen.
5.2.3 Armenien
Die EU hat weiter an die armenische Regierung appelliert, zusätzliche Schritte zu unternehmen,
damit ein Schlussstrich unter die Ereignisse nach den Präsidentschaftswahlen vom 1./2. März 2008
gezogen werden kann. Die Nationalversammlung billigte im Mai 2011 eine präsidentielle
Amnestie, die auch dazu geführt hat, dass alle im Zusammenhang mit den Ereignissen vom März
2008 inhaftierten Anhänger der Opposition freigelassen wurden. Die armenische Regierung muss
jedoch noch die Todesfälle während der Zusammenstöße vom März 2008 sowie die Vorwürfe von
Misshandlungen von in Polizeigewahrsam befindlichen Personen und von Verstößen gegen
ordnungsgemäße Gerichtsverfahren umfassend untersuchen.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 205 – Drucksache 17/12922
Die EU rief die armenische Regierung dazu auf, die Lage in Bezug auf die Freiheit der
Meinungsäußerung und der Medien, insbesondere was Fernsehsendungen und Klagen wegen
Beleidigung und Verleumdung betrifft, zu verbessern. Nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes zur
Änderung des Rundfunk- und Fernsehgesetzes im Januar 2011 wurde die Zahl der in der Hauptstadt
tätigen Fernsehsender von 22 auf 18 reduziert. Bei den Print- und Online-Medien besteht weiterhin
mehr Pluralismus, aber ihre Reichweite ist begrenzt. Das bereits mehrfach geänderte
Rundfunkgesetz gab im Hinblick auf Pluralismus in den Medien auch weiterhin Anlass zur
Besorgnis. Zwar wurde mit dem Gesetz der Tatbestand der Verleumdung und Beleidigung
abgeschafft, jedoch sieht das Gesetz hohe Geldbußen für Beleidigungen und Verleumdungen vor,
die im Anschluss an Zivilklagen gegen Medien verhängt werden können. Der OSZE-Beauftragte
für Medienfreiheit hat die Regierung am 10. November 2011 aufgerufen, die Gesetze weiter zu
reformieren, um die Medien bei zivilen Verleumdungsklagen angemessen zu schützen.
Die EU forderte die armenische Regierung zu Verbesserungen in Bezug auf die Religions- und
Weltanschauungsfreiheit auf. Obwohl die Religionsfreiheit im Allgemeinen geachtet wird, sind
Angehörige religiöser Minderheiten manchmal gesellschaftlichen Diskriminierungen ausgesetzt.
Der Wehrersatzdienst war auch 2011 ein Problem und stellt noch immer keinen echten Zivildienst
im Sinne der von der Venedig-Kommission ausgesprochenen Empfehlung dar.
Das dritte Treffen im Rahmen des Menschenrechtsdialogs mit Armenien fand im Dezember 2011 in
Brüssel statt. Die Gespräche verliefen freimütig und offen, da die armenische Seite ernsthafte
Dialogbereitschaft erkennen ließ.
Die EU trug weiterhin zur Stärkung des Büros für Menschenrechtsverteidigung bei, das nach wie
vor eine wichtige Rolle bei der Überwachung der Menschenrechtslage und der Grundfreiheiten in
Armenien spielt.
Ferner hat die EU-Beratergruppe für die Republik Armenien deren Reformanstrengungen, unter
anderem in den Bereichen Menschenrechte und verantwortungsvolle Staatsführung, weiter
unterstützt.
9238/12 mp,ms/ib 149
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 206 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.2.4 Aserbaidschan
Die Menschenrechtslage in Aserbaidschan gab der EU 2011 Anlass zur Sorge; sie verfolgte daher
das ganze Jahr über aufmerksam die Entwicklungen in diesem Bereich und sprach diesbezügliche
Fragen in bilateralen Gesprächen mit der aserbaidschanischen Regierung an.
Die brutale Unterdrückung der Proteste im März und insbesondere der Kundgebung vom 2. April in
Baku waren Zeichen eines schweren Rückschlags für die Demokratisierung und die Menschen-
rechte und stellten eine Missachtung der Verpflichtungen dar, die Aserbaidschan gegenüber der EU
und im Rahmen seiner Mitgliedschaft im Europarat und der OSZE eingegangen war. Die Besorgnis
der EU wurde in neun Erklärungen der EU zum Ausdruck gebracht. Ende 2011 waren noch 13
Aktivisten, die an den Protesten im April 2011 teilgenommen hatten, in Haft. Auch die Welle der
Zwangsräumungen im Zentrum von Baku, die eine große Zahl von Bürgern betraf und zum Teil
entgegen vorherigen Gerichtsbeschlüssen erfolgte, um umfangreiche Umbauarbeiten im Stadt-
zentrum zu ermöglichen, gab Anlass zur Sorge.
Im Anschluss an die Parlamentswahlen im November 2010 und die im Laufe des Wahlprozesses
registrierten Defizite unterbreitete das OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschen-
rechte (BDIMR) eine Reihe von Vorschlägen (darunter die Überarbeitung der Zusammensetzung
der Wahlkommissionen auf allen Ebenen), von denen fast keiner aufgenommen und kein einziger
umgesetzt wurde. Die Freilassung des inhaftierten Journalisten Eynullah Fatullayev im Mai 2011
war eine positive Entwicklung; die Bedingungen für die Ausübung der Meinungs- und
Versammlungsfreiheit verschlechterten sich jedoch und waren gekennzeichnet von häufiger
Schikanierung und Einschüchterung unabhängiger Journalisten sowie von Behinderungen bei der
Organisation von Zusammenkünften. Außerdem weigerte sich Aserbaidschan, den Berichterstatter
für politische Gefangene der Parlamentarischen Versammlung, Strasser, einzuladen.
9238/12 mp,ms/ib 150
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207 – Drucksache 17/12922
Als Folgemaßnahme zur ersten Sitzung des Unterausschusses EU-Aserbaidschan für Justiz,
Freiheit, Sicherheit, Menschenrechte und Demokratie fand im Juni 2011 in Baku ein Seminar der
Zivilgesellschaft über die Arbeitsbedingungen für NRO statt. Die zweite Sitzung des Unter-
ausschusses fand im November 2011 in Brüssel statt. Fragen im Zusammenhang mit Menschen-
rechtsverstößen kommen bei den Treffen auf hoher Ebene zwischen der EU und Aserbaidschan zur
Sprache, so auch auf der Tagung des Kooperationsrates vom November 2011.
5.2.5 Georgien
2011 haben die EU und Georgien ihre Beziehungen im Rahmen der Östlichen Partnerschaft weiter
vertieft und ausgebaut. Die Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen zwischen der EU und
Georgien sind gut vorangekommen, und Georgiens Fortschritte ermöglichen die Aufnahme von
Verhandlungen über eine weitreichende und umfassende Freihandelszone. Die Arbeit der EU im
Bereich Menschenrechte wurde 2011 mit der von den Mitgliedstaaten ausgearbeiteten und
gebilligten Menschenrechtsstrategie für Georgien intensiviert.
Das vierte Treffen im Rahmen des Menschenrechtsdialogs EU-Georgien wurde im Juni 2011 in
Brüssel abgehalten. Der Dialog umfasste konstruktive Diskussionen und gezieltere Beiträge und
Zusagen von georgischer Seite als bei vorangegangenen Treffen.
2011 trug die EU weiterhin im Rahmen des neuen, umfassenden Programms zum Aufbau der
Institutionen zur Stärkung des Büros des Ombudsmanns bei. Das Büro des Ombudsmanns setzte
seine unabhängige Beobachtung von Verstößen gegen die Menschenrechte fort und richtete
konkrete Empfehlungen an die Behörden. Ein Beispiel dafür ist die umfassende Überarbeitung der
Strategie für die Gesundheitsversorgung im Strafvollzug im Anschluss an Berichte des Büros des
Ombudsmanns 2011. In jenem Jahr wurde auch zum ersten Mal ein georgischer Ombudsmann zum
Mitglied des VN-Ausschusses gegen Folter gewählt.
9238/12 mp,ms/ib 151
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 208 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Insgesamt gesehen hat Georgien die Umsetzung der politischen Reformen fortgesetzt. Es nahm
mehrere Änderungen zu zentralen Gesetzen in den Bereichen Politik, Justiz, Freiheit und Sicherheit
an. Georgien machte weiterhin Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung. Dennoch bestehen
weiterhin Fragen in Bezug auf den fairen Verlauf von Wahlen, u.a. bezüglich der ungleichen
Stimmgewichtung, Unklarheiten bei den Wahlkampfmechanismen, des gleichberechtigten Zugangs
zu Medien und der unzureichend geregelten Verwendung staatlicher Ressourcen für politische
Zwecke durch die regierende Partei.
Die Staatsführung Georgiens ist auch weiterhin gekennzeichnet durch eine dominante Exekutive,
eine schwache parlamentarische Kontrolle und ein unzureichend unabhängiges Justizwesen. Die
georgischen Strafverfolgungsbehörden wurden nach der gewaltsamen Auflösung von Protesten im
Mai 2011 in Bezug auf Leistung und Rechenschaftspflicht einer Überprüfung unterzogen. Die Fälle
von unverhältnismäßigem Einsatz von Gewalt durch die Strafverfolgungsbehörden wurden nicht
vor Gericht gebracht. Die Reform und weitere Liberalisierung des Bereichs Strafrechts wurde im
Einklang mit den zwischen der Regierung und der EU vereinbarten Plänen und Programmen
fortgesetzt, jedoch ist die Überfüllung der Gefängnisse nach wie vor ein Problem.
Georgien ist der Gewährleistung der Religionsfreiheit einen bedeutenden Schritt näher gekommen.
Bedenken bestehen nach wie vor in Bezug auf die Achtung der Arbeitnehmerrechte, insbesondere
die Nichteinhaltung gewisser Bestimmungen der internationalen Übereinkommen zu
Arbeitnehmerrechten durch Georgien. In zunehmendem Maße bestanden auch Bedenken in Bezug
auf die unzureichende Achtung der Eigentumsrechte.
Die EU hat sich über die EU-Beobachtungsmission (EUMM) und den neuen EU-Sonder-
beauftragten für den Südkaukasus und die Krise in Georgien aktiv an den Bemühungen zur
Konfliktbeilegung beteiligt. Im Bereich der Dienstleistungen zugunsten Binnenvertriebener sind
Fortschritte erzielt worden, wenn auch noch einige Bedenken in Bezug auf Ausweisungen bestehen
bleiben. Die EU führt weiterhin gemeinsam mit der OSZE und den VN den Vorsitz der Genfer
Gespräche.
9238/12 mp,ms/ib 152
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 209 – Drucksache 17/12922
5.2.6 Belarus
Nach der Verletzung der Wahlstandards während der Präsidentschaftswahlen 2010 und der
darauffolgenden Unterdrückung der Opposition und der Zivilgesellschaft hat sich die Lage in Bezug
auf die Achtung der Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit und die demokratischen Grundsätze in
Belarus im Laufe des Jahres 2011 erheblich verschlechtert.
Der Rat (Auswärtige Angelegenheiten) forderte am 31. Januar 2011 die unverzügliche Freilassung
und Rehabilitierung der im Anschluss an die Wahlen vom 19. Dezember 2010 aus politischen
Gründen inhaftierten Personen und forderte Belarus nachdrücklich auf, die Rechte der Inhaftierten
und ihrer Familien zu achten. Ferner forderte der Rat die belarussischen Behörden auf, die
Verfolgung von demokratischen Kräften, unabhängigen Medien und Vertretern der
Zivilgesellschaft sowie von Studenten einzustellen und jegliche Bestrafung oder Diskriminierung
von Personen – einschließlich der Führer der Oppositionsparteien –, die ihr Recht auf freie
Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit wahrnehmen, zu beenden.
Zudem beschloss der Rat am 31. Januar 2011 angesichts der jüngsten Ereignisse und
Entwicklungen, gegen die Personen, die für den Betrug bei den Präsidentschaftswahlen vom
19. Dezember 2010 und das anschließende gewaltsame Vorgehen gegen die demokratische
Opposition, die Zivilgesellschaft und Vertreter der unabhängigen Massenmedien verantwortlich
sind, Reisebeschränkungen zu verhängen und ihre Vermögenswerte einzufrieren. Auch führte er die
Reisebeschränkungen wieder ein, die seit dem 13. Oktober 2008 ausgesetzt waren, um Fortschritte
anzustoßen. Die restriktiven Maßnahmen wurden vom Rat am 21. März, 24. Mai, 20. Juni und
10. Oktober 2011 weiter verschärft.
9238/12 mp,ms/ib 153
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 210 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Am 17. Juni 2011 wurde auf der 17. Tagung des VN-Menschenrechtsrates eine Resolution zu den
Menschenrechten in Belarus angenommen, die von der EU eingebracht worden war.
Vor dem Hintergrund der politisch motivierten Verfahren insbesondere im April und Mai 2011
verurteilte der Rat am 20. Juni 2011 scharf, dass Vertreter der Zivilgesellschaft, der unabhängigen
Medien und der politischen Opposition, einschließlich der früheren Präsidentschaftskandidaten
Nekljajew, Rymaschewski, Sannikow, Statkewitsch und Uss, aus politischen Gründen inhaftiert,
vor Gericht gestellt und verurteilt worden waren, und wiederholte seine Forderung nach sofortiger
Freilassung und Rehabilitierung aller politischen Häftlinge. Zudem beklagte der Rat die ständige
Verschlechterung der Medienfreiheit in Belarus und appellierte an Belarus, die andauernde,
politisch motivierte Verfolgung und Schikanierung demokratischer Kräfte, unabhängiger Medien
sowie der Zivilgesellschaft und derjenigen, die sie verteidigen, einzustellen.
Der Sprecher der Hohen Vertreterin Ashton äußerte in einer Erklärung am 16. Juli 2011 Bedenken
angesichts der wiederholten brutalen Behandlung "stiller Demonstranten" in Belarus.
In einer von den Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten anlässlich des Gipfeltreffens
der Östlichen Partnerschaft am 30. September 2011 in Warschau angenommenen Erklärung brachte
die EU ihre tiefe Besorgnis über die Verschlechterung der Lage der Menschenrechte, der
Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in Belarus zum Ausdruck, beklagte die ständige
Verschlechterung der Medienfreiheit und forderte die sofortige Freilassung und Rehabilitierung
aller politischen Häftlinge, ein Ende der Unterdrückung der Zivilgesellschaft und der Medien sowie
die Aufnahme eines politischen Dialogs mit der Opposition.
Die Festnahme des bekannten Menschenrechtsverteidigers Ales Bjaljazki war Gegenstand einer
Erklärung des Sprechers der Hohen Vertreterin Ashton am 8. August 2011, und am 23. und
24. November 2011 gaben die Hohe Vertreterin Ashton und Kommissionsmitglied Füle zwei
gemeinsame Erklärungen zur strafrechtlichen Verfolgung von Ales Bjaljazki und seiner
Verurteilung ab.
9238/12 mp,ms/ib 154
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 211 – Drucksache 17/12922
In einer gemeinsamen Erklärung mit der US-Außenministerin Clinton erinnerte die Hohe
Vertreterin Ashton an den ersten Jahrestag des gewaltsamen Vorgehens im Anschluss an die
Präsidentschaftswahlen vom 19. Dezember 2010; sie gaben ihrer Besorgnis über die Lage Ausdruck
und erklärten, dass die Vereinigten Staaten und die EU bereit seien, Belarus bei der Erfüllung seiner
internationalen Verpflichtungen in Bezug auf die Achtung der grundlegenden Menschenrechte, der
Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Grundsätze zur Seite zu stehen.
Belarus ist das einzige Land in Europa, das nach wie vor die Todesstrafe anwendet. Am 22. Juli
2011 verurteilte die Hohe Vertreterin Ashton die Hinrichtung von Aleh Hryshkawtsow und Andrei
Burdyka aufs Schärfste und am 1. Dezember 2011 bedauerte sie, dass Dzmitry Kanavalaw und
Uladzislaw Kavalyow vom Hohen Gericht zum Tode verurteilt worden waren. Bei beiden Anlässen
forderte sie Belarus auf, sich dem weltweiten Moratorium für die Todesstrafe anzuschließen.
Auf der internationalen Geberkonferenz "Solidarität mit Belarus" am 2. Februar 2011 in Warschau
kündigte Kommissionsmitglied Füle an, dass die Kommission ihre Hilfe für die belarussische
Zivilgesellschaft vervierfachen und Opfern umgehende Unterstützung bieten werde, was eine
Erhöhung der für die belarussische Bevölkerung im Zeitraum 2011 bis 2013 zur Verfügung
stehenden EU-Mittel auf 17,3 Mio. EUR bedeutet.
5.2.7 Republik Moldau
Im April 2011 fand die zweite Gesprächsrunde im Rahmen des Menschenrechtsdialogs zwischen
der EU und der Republik Moldau statt, die im Oktober 2011 durch informelle Expertensitzungen
mit der Regierung der Republik Moldau und Vertretern der Zivilgesellschaft unter Teilnahme von
Vertretern der OSZE, des Europarats und des UNDP ergänzt wurden. Im Anschluss an den
Menschenrechtsdialog wurde im Juni 2011 ein Seminar der Experten für Informationsaustausch und
technische Unterstützung (TAIEX) über Nichtdiskriminierung organisiert.
9238/12 mp,ms/ib 155
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 212 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Obwohl sich weiterhin in Bezug auf die Wahl des Präsidenten der Republik keine Lösung
abzeichnete und die politische Lage dadurch unsicher war, machte die Republik Moldau weiterhin
nachhaltige Fortschritte bei der Einhaltung demokratischer Grundsätze und der Rechtsstaatlichkeit.
Im Juni 2011 fanden im Land Kommunalwahlen statt. Dabei bestätigte sich, dass sich das Umfeld
für die Wahlen verbessert hat (das Wahlgesetz wurde im März und April 2011 geändert) und einige
der Empfehlungen, die das OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte
(OSZE/BDIMR) im Anschluss an die beiden landesweiten Wahlen im Jahr 2010 abgegeben hatte,
berücksichtigt wurden. Mancherorts wirkte sich jedoch der Mangel an geeigneter Ausrüstung für
die Durchführung von Wahlen auf die Vertraulichkeit der Wahl aus, und generell gilt noch immer,
dass die Gesetze über die Wahlen und politischen Parteien im Hinblick auf die Finanzierung von
Parteien und Wahlkämpfen, Beschwerde- und Berufungsverfahren und Wählerregistrierung
verbessert werden müssen.
In Bezug auf die Meinungsfreiheit hält die Rechtsprechungspraxis nicht mit den jüngsten
gesetzlichen Verbesserungen Schritt; noch immer wird in Gerichtsurteilen auf das Bürgerliche
Gesetzbuch Bezug genommen anstatt auf das neue Gesetz zur Freiheit der Meinungsäußerung.
Daher kamen die Medien nicht in den Genuss des gesetzlich garantierten Schutzniveaus. Was die
Medienfreiheit betrifft, so ist die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Teleradio Moldova durch
interne Reformen zu einem modernen Rundfunkunternehmen geworden. Sie verlegte ihre
russischsprachigen Abendnachrichten auf einen ungünstigeren Sendeplatz, verlängerte aber
gleichzeitig die für diese Nachrichten vorgesehene Sendezeit.
Die geltenden gesetzlichen Bestimmungen garantieren die Versammlungs- und
Vereinigungsfreiheit. Verstöße gegen dieses Recht sind zu einer Ausnahme geworden. Auf Antrag
der Stadtverwaltung Chisinau verlegte das Berufungsgericht Chisinau die von der Vereinigung der
Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgenderpersonen organisierte "Parade für Gleichheit" vom
Zentrum der Hauptstadt an einen Ort, an dem sie keine Aufmerksamkeit erregen würde.
9238/12 mp,ms/ib 156
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 213 – Drucksache 17/12922
In Bezug auf den Schutz von Minderheiten sind einige Fortschritte erzielt worden. Die Regierung
setzte mit Hilfe von UNICEF und dem Europarat Vermittler für die Roma ein und nahm im
Juli 2011 einen Aktionsplan zur Eingliederung der Roma für den Zeitraum 2011-2015 an. Dieser
Plan wird derzeit überarbeitet.
Das Antidiskriminierungsgesetz muss noch vom Parlament angenommen werden. Diskriminierung
aus Gründen der sexuellen Ausrichtung kommt weiterhin vor.
Auch in Bezug auf die Integration von Menschen mit Behinderungen wurden nur begrenzt
Fortschritte erzielt. Nach Annahme des VN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit
Behinderungen billigte die Regierung eine Reihe von Konzepten für neue soziale Dienstleistungen
für Erwachsene mit leichter geistiger Behinderung.
Die Fortschritte in Bezug auf die Rechte des Kindes waren unterschiedlich. Die Zahl der in Heimen
untergebrachten Kinder nimmt ab, bleibt aber nach wie vor hoch (6.900 Kinder nach Angaben von
UNICEF). Obwohl 2010 umfassende Gesetzesänderungen vorgenommen wurden, sind Fragen wie
Kinderarbeit und Jugendstrafrecht noch nicht angemessen behandelt worden. Das Jugendstrafrecht
entspricht nicht den anerkannten internationalen Normen und die Gefährdung von Kindern durch
Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung ist noch immer ein erhebliches Problem.
Die Regierung hat die Umsetzung des nationalen Programms zur Gleichstellung der Geschlechter
(2010-2015) fortgesetzt. Das Arbeitsrecht wurde gemäß der Revidierten Europäischen Sozialcharta
geändert, um das Konzept der sexuellen Belästigung zu berücksichtigen. Auch wenn die Zahl der
weiblichen Bürgermeister nach den Kommunalwahlen leicht zugenommen hat, sind Frauen sowohl
in der nationalen Regierung als auch auf lokaler Führungsebene weiterhin unterrepräsentiert.
Darüber hinaus blieben die Mechanismen zur Vorbeugung gegen häusliche Gewalt trotz des
verbesserten rechtlichen Rahmens ineffizient, da zum einen die von den Gerichten erlassenen
Schutzanordnungen unzureichend durchgeführt wurden und es zum anderen an einem
Rehabilitationssystem für die Täter mangelt.
9238/12 mp,ms/ib 157
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 214 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Fortschritte wurden in Bezug auf die Religionsfreiheit erzielt. Das Gesetz über religiöse
Organisationen wurde vom Parlament angenommen. Im März 2011 nahm das Justizministerium
zum ersten Mal die Eintragung einer islamischen Glaubensgemeinschaft vor, nämlich der
Islamischen Liga der Republik Moldau. Mitglieder der Glaubensgemeinschaften können ihren
Glauben im Allgemeinen frei ausüben, ohne unzulässige Einmischung der Regierung fürchten zu
müssen. Jedoch schritten die Behörden nicht kontinuierlich ein, wenn Vertreter der vorherrschenden
moldauischen orthodoxen Kirche politischen Einfluss nahmen und wenn sie in einigen Fällen sogar
Hasspredigten hielten.
Die Republik Moldau befindet sich in einem eingefrorenen Konflikt mit seiner abtrünnigen Region
Transnistrien, die von einer De-facto-Regierung geleitet wird. Die Menschenrechtslage in
Transnistrien gibt weiterhin Anlass zu großer Sorge. Insbesondere bei der Funktionsweise des
Systems lokaler Gerichte, den Haftbedingungen, dem Recht auf freie Meinungsäußerung, der
Freiheit der Religion oder Weltanschauung und dem Recht auf Bildung sind Verbesserungen
erforderlich; vor allem Schulen, die die lateinische Schrift verwenden, müssen in der Region
ungehindert arbeiten können. Die jüngsten Veränderungen in der De-facto-Führung hat zu einer
veränderten Rhetorik im Zusammenhang mit den Menschenrechten geführt, und es ist zu hoffen,
dass die geplanten Reformen in den oben genannten Bereichen so bald wie möglich durchgeführt
werden.
5.2.8 Ukraine
Die Ukraine ist nach wie vor ein Land mit demokratischen Institutionen, einer engagierten freien
Presse und einer aktiven Zivilgesellschaft. Allerdings wirkten sich der starke Einfluss der
Regierung auf die Justiz, die politisch motivierte Verfolgung von Oppositionsführern und die
Abkehr von der Verfassung von 2006 beeinträchtigend auf die Vitalität des politischen Lebens aus.
Die Rechtsstaatlichkeit ist und bleibt schwach, was hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass
der Status und die Kapazitäten wichtiger Institutionen weiterentwickelt werden müssen.
9238/12 mp,ms/ib 158
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 215 – Drucksache 17/12922
Die Entwicklungen im Bereich Demokratie und Menschenrechte waren im Jahr 2011 Ausdruck
eines rückwärts gerichteten Trends mit Rückschritten für die Demokratie, die die bereits erreichten
beträchtlichen Fortschritte unterminierten. Mehrere ehemalige hochrangige Beamte und führende
Persönlichkeiten der Opposition, darunter die ehemalige Premierministerin Timoschenko, sahen
sich einem selektiven Vorgehen der Justiz ausgesetzt, das durch nicht transparente und fehlerhafte
Gerichtsverfahren gekennzeichnet war. Dies führte sowohl im Land selbst als auch im Ausland zu
schwerer Kritik. Auch die sehr langen Wartefristen für die Durchführung fachärztlicher Unter-
suchungen bei inhaftierten Personen stießen auf Bedenken. Internationale und ukrainische
Menschenrechtsorganisationen berichten weiterhin über eine steigende Zahl von Beschwerden über
Folter und Misshandlung in Straf- und Haftanstalten und über einen Mangel an medizinischer
Versorgung. Untersuchungshaft wird übermäßig eingesetzt, wodurch die Lage in den überfüllten
Haftanstalten noch verschärft wird. Die Umsetzung der Urteile ukrainischer Gerichte und des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist noch immer unzulänglich.
Die Regierung hat an der Vorbereitung der neuen Gesetze über Versammlungsfreiheit und NRO
gearbeitet. Berichten zufolge setzten die Strafverfolgungsbehörden weiterhin verschiedene Mittel
ein, um öffentliche Kundgebungen von Unzufriedenheit zu verhindern; gelegentlich versuchten sie
die Versammlungsfreiheit einzuschränken. Journalisten klagten über De-facto-Zensur und Druck
der Strafverfolgungsbehörden. Die Annahme umfassender Nichtdiskriminierungsgesetze steht noch
aus.
Am 16. Juni 2011 fand in Kiew ein Treffen von Ministern der EU und der Ukraine zum Thema
"Freiheit, Sicherheit und Recht" statt. Dabei wurde bekräftigt, dass die Ukraine die Wahrung der
Menschenrechte, der Grundfreiheiten, der demokratischen Werte und der Rechtsstaatlichkeit auf der
Grundlage einer unabhängigen und unparteiischen Justiz weiter stärken muss. Auf dem
Gipfeltreffen EU-Ukraine vom 19. Dezember 2011 erzielten die politischen Führer Einvernehmen
darüber, dass die Leistung der Ukraine, insbesondere in Bezug auf die Achtung der gemeinsamen
Werte und der Rechtsstaatlichkeit, ausschlaggebend dafür sein wird, wie schnell sich ihre politische
Assoziierung mit der EU und ihre wirtschaftliche Integration in die EU vollziehen wird, auch im
Zusammenhang mit dem Abschluss des Assoziierungsabkommens und seiner Umsetzung.
9238/12 mp,ms/ib 159
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 216 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.2.9 Union für den Mittelmeerraum
Die Union für den Mittelmeerraum wurde auf dem Gipfeltreffen am 13. Juli 2008 in Paris ins Leben
gerufen; dabei bekräftigten die Teilnehmer ihr Bekenntnis zur Stärkung der Demokratie und des
politischen Pluralismus durch den Ausbau der Teilhabe am politischen Leben und die Achtung aller
Menschenrechte und Grundfreiheiten. 2011 kam es mit dem Sturz der Regime in Ägypten,
Tunesien und Libyen und der andauernden Gewalt in Syrien zu großen Veränderungen im
südlichen Mittelmeerraum. Die Auswirkungen waren in Libanon, Marokko, Jordanien und Algerien
spürbar; dort wurde mit einem verstärkten Engagement für Reformen reagiert. Im Rahmen der
neuen Europäischen Nachbarschaftspolitik wurde die Union für den Mittelmeerraum als ein
wichtiger regionaler Rahmen anerkannt, der die bilateralen Beziehungen zwischen der EU und
ihren Partnern ergänzt; das Sekretariat der Union für den Mittelmeerraum wurde aufgefordert, als
Katalysator für die Förderung von Schlüsselvorhaben zu wirken; Partner, die sich für Demokratie,
einschließlich Menschenrechte, engagieren, sollen nach dem Grundsatz "mehr Hilfe für mehr
Engagement" stärker unterstützt werden.
Daher belohnen die von der Kommission angenommenen SPRING-Programme Partnerländer, die
sich ernsthaft für Reformen, einschließlich im Bereich der Menschenrechte, einsetzen. Parallel dazu
setzte das Europa-Mittelmeer-Netz für Menschenrechte, in dem 64 Menschenrechtsorganisationen
aus dem Europa-Mittelmeerraum vereint sind, seine Unterstützung der Reformprozesse in der
arabischen Welt fort.
5.2.10 Ägypten
Im Februar 2011 begrüßten der Präsident des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, der
Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, und die Hohe Vertreterin der
Union, Catherine Ashton, in einer gemeinsamen Erklärung den Beschluss von Präsident Mubarak,
von seinem Amt zurückzutreten. Die EU würdigte den Mut des ägyptischen Volkes und rief die
Armee auf, dafür zu sorgen, dass der demokratische Wandel sich friedlich vollzieht; sie sagte zu,
ihre Hilfe für Ägypten und das ägyptische Volk während in der Übergangszeit zu verstärken.
9238/12 mp,ms/ib 160
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 217 – Drucksache 17/12922
Seit Beginn des Volksaufstands in Ägypten im Januar 2011 hat sich die EU nachdrücklich gegen
jedwede ungerechtfertigte Einschränkung des Rechts auf friedliche Versammlung ausgesprochen.
Zum Beispiel zeigten sich die Hohe Vertreterin und der Rat (Auswärtige Angelegenheiten) in
Schlussfolgerungen vom Januar 2011 sehr besorgt über Berichte, wonach friedliche Demonstranten
von Bewaffneten angegriffen wurden, und machten den ägyptischen Behörden unmissverständlich
klar, dass unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen seien, um sicherzustellen, dass die Straf-
verfolgungsbehörden das Versammlungsrecht der Demonstranten schützen und alle jene freilassen,
die aufgrund ihrer friedlichen Meinungsäußerung verhaftet wurden. Sie forderten die Behörden
nachdrücklich auf, ihr Versprechen einzulösen und nicht mehr zuzulassen, dass Zivilpersonen vor
Militärgerichte gestellt werden.
Zu Beginn des Aufstands blockierte die ägyptische Regierung die Websites mehrerer sozialer
Netzwerke und die ägyptische Polizei inhaftierte Dutzende von Journalisten, die für lokale und
internationale Medien arbeiteten. Die EU rief die ägyptischen Behörden in einer Erklärung vom
Januar 2011 auf, alle Kommunikationsnetze unverzüglich wieder freizugeben.
Die EU begrüßte die per Referendum im März 2011 angenommenen Verfassungsänderungen und
unterstützte den Wahlprozess, der im November 2011 begann, indem sie Organisationen der
ägyptischen Zivilgesellschaft finanziell unterstützte, so dass sie über 1000 Wahlbeobachter
ausbilden, die Menschen für die Wahlen sensibilisieren und zum Kapazitätsaufbau der
Wahlkommission beitragen konnten. Am 30. März 2011 organisierte die EU ein Seminar zu dem
Thema "Herausforderungen für die Menschenrechte nach dem 25. Januar".
Die EU begrüßte die Ankündigung der Regierung, wonach der nationale Sicherheitsdienst unter
Aufsicht der Justiz stehen und nur als ziviler Nachrichtendienst arbeiten werde, und bot ihre Hilfe
bei der Reform des Sicherheitssektors an.
9238/12 mp,ms/ib 161
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 218 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Hohe Vertreterin, Catherine Ashton, traf sich anlässlich ihres dritten Besuchs in Kairo am
14. April 2011 mit Frauenvertreterinnen zu einem Gedankenaustausch. Die EU verurteilte alle
Formen der Gewalt gegen Frauen und andere schutzbedürftige Gruppen aufs Schärfste und brachte
diese Themen regelmäßig in Gesprächen mit den ägyptischen Behörden zur Sprache. Sie
unterstützte die Bemühungen der Behörden zur Förderung der Rechte der Frau ebenso wie
entsprechende Initiativen der Zivilgesellschaft.
Der Schutz von Personen, die Minderheiten angehören, und die Bekämpfung von Diskriminierung,
auch aus religiösen Gründen, stellte für die EU eine Priorität bei der Programmplanung ihrer
Zusammenarbeit mit Ägypten dar. Die EU hat hinsichtlich der Religionsfreiheit in Ägypten
wiederholt große Besorgnis geäußert; in den jüngsten Erklärungen (vom 1. Januar, vom 7. Mai und
vom 10. Oktober 2011) hat die Hohe Vertreterin die Angriffe auf unschuldige Kopten unein-
geschränkt verurteilt und die Interimsregierung aufgerufen, die Ordnung wiederherzustellen und die
für die Gewalt Verantwortlichen vor zivile Gerichte zu bringen.
Über ihre Delegation in Kairo und in regelmäßigen Kontakten mit dem ägyptischen Außen- und
dem Innenministerium sowie dem UNHCR verfolgt die EU die Situation von Migranten und
Flüchtlingen in Ägypten sehr aufmerksam. Die EU forderte die ägyptischen Behören nachdrücklich
auf, geeignete Maßnahmen gegen Menschenhandel zu ergreifen und den Schutz der Grundrechte
der Migranten und Flüchtlinge zu gewährleisten, die sich in ihrer Obhut befinden. Die EU begrüßte,
dass die Sinai-Halbinsel nach Aussage der Regierung eine strategische Priorität darstellt, der mehr
Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, und ist bereit, die ägyptischen Behörden in diesem
Unterfangen zu unterstützen.
9238/12 mp,ms/ib 162
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 219 – Drucksache 17/12922
Am 29. Dezember 2011 führten die ägyptischen Sicherheitskräfte und Staatsanwaltschaften Razzien
in den Büros mehrerer lokaler und internationaler zivilgesellschaftlicher Organisationen an
17 Orten im ganzen Land durch und beschlagnahmten Computer und Akten. Während dieser
Razzien wurden Verfahrensmängel festgestellt, wie das Fehlen von Durchsuchungsbeschlüssen
oder das Fehlen richterlicher Anordnungen zur Schließung der Büros. Der Sprecher der Hohen
Vertreterin rief die ägyptischen Behörden in einer Erklärung vom 30. Dezember 2011 dazu auf, die
Situation zu bereinigen und den zivilgesellschaftlichen Organisationen die Fortsetzung ihrer Arbeit
zur Unterstützung des Übergangs Ägyptens zu ermöglichen.
Der Rat (Auswärtige Angelegenheiten) begrüßte am 1. Dezember 2011 den gut organisierten und
friedlichen Start der Parlamentswahlen in Ägypten am 28. November 2011 und nahm zur Kenntnis,
dass der Oberste Rat der Streitkräfte die Durchführung von Präsidentschaftswahlen vor Ende Juni
2012 angekündigt hat. Der Rat betonte, dass ein rascher Übergang zu einer zivilen Regierung so
bald wie möglich erfolgen sollte.
5.2.11 Israel
Wie bereits in den vorangegangenen Jahren hat die EU bei den einschlägigen Treffen im Rahmen
des Assoziierungsabkommen mit Israel ihre großen Bedenken hinsichtlich der Menschenrechte zum
Ausdruck gebracht. Diese Treffen boten die Gelegenheit, folgende Themen zu erörtern: Achtung
der Menschenrechte in Bezug auf alle Bevölkerungsgruppen, Verwaltungshaft (u.a. unter Hinweis
auf Einzelfälle), Rechte von Angehörigen von Minderheiten, Menschenrechtsverteidiger sowie
internationales Völkerrecht und internationale Menschenrechtsnormen.
9238/12 mp,ms/ib 163
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 220 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die informelle europäisch-israelische Arbeitsgruppe für Menschenrechte ist am 13. September 2011
zum fünften Mal zusammengetreten. Sie hat sich eingehend mit einer Reihe von Fragen im
Zusammenhang mit der Lage in Israel befasst. Hierzu zählen die Rechtsstellung und die wirtschaft-
liche Lage von Minderheiten in Israel, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf die Ansiedlungs- und
Eigentumsrechte der Beduinen gelegt wurde. Was die arabische Minderheit im Allgemeinen
anbelangt, so forderte die EU eine Verbesserung der gegenwärtigen Rechtslage, damit den
verschiedenen Formen von Diskriminierung besser vorgebeugt wird; außerdem ermunterte sie
Israel, die abschließenden Bemerkungen der Menschenrechtskommission der VN von 2010 und des
Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau von 2011 in Bezug auf die
palästinensisch-arabische Gemeinschaft umzusetzen. Zudem wurden mehrere der Knesset
vorliegende Gesetzgebungsvorschläge zur Einschränkung der Vereinigungsfreiheit und der Arbeit
von NRO und der Zivilgesellschaft im Allgemeinen erörtert, beispielsweise das im Februar 2011
verabschiedete Gesetz über die ausländische Finanzierung von NRO oder das Boykottgesetz.
Umfangreich erörtert wurden auch die Haftbedingungen und die Lage festgenommener Personen in
Israel und Europa, wobei die EU ihre Bedenken hinsichtlich der Praxis der Verwaltungshaft
erneuerte und verschiedene Einzelfälle ansprach. Den Rechten des Kindes, insbesondere in Bezug
auf den Freiheitsentzug bei Kindern, wurde während der Beratungen besondere Aufmerksamkeit
geschenkt. Darüber hinaus wurden von der israelischen Seite unter "Fragen von gemeinsamem
Interesse" mehrere Punkte zur Sprache gebracht, vor allem die Rechte der Angehörigen von
Minderheiten in den EU Ländern, während Israel auf jüngere Entwicklungen bezüglich der Rechte
von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen hinwies, beispielsweise das
gesetzliche Verbot von Diskriminierungen gleichgeschlechtlicher Paare in verschiedenen Bereichen
sowie die Anerkennung von Ansprüchen auf Renten und Mutterschaftsurlaub durch den Obersten
Gerichtshof. Die Delegationen tauschten sich über Fragen des Antisemitismus und der Fremden-
feindlichkeit aus und verwiesen auf die Bedeutung der diesbezüglichen Seminare, die die EU und
Israel auf der Grundlage der Prioritäten des Aktionsplans jährlich veranstalteten. Ferner gab es
eingehende Beratungen über Aktivitäten im Rahmen internationaler Foren über Menschenrechte
(VN-Generalversammlung und Menschenrechtsrat), die Zusammenarbeit mit Mechanismen der VN
sowie die Ratifizierung und Anwendung der wichtigsten VN-Instrumente für Menschenrechte und
ihrer Fakultativprotokolle (insbesondere des Übereinkommens gegen Folter und des dazugehörigen
Fakultativprotokolls).
Gegenüber Israel wurden im Rahmen des europäisch-israelischen Unterausschusses für politischen
Dialog und Zusammenarbeit außerdem Menschenrechtsfragen in Bezug auf die besetzten
palästinensischen Gebiete zur Sprache gebracht.
9238/12 mp,ms/ib 164
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 221 – Drucksache 17/12922
5.2.12 Besetzte palästinensische Gebiete
Die EU führt im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) mit der Palästinensischen
Behörde einen regelmäßigen Dialog über Menschenrechtsfragen. Die dritte Sitzung des europäisch-
palästinensischen Unterausschusses für Menschenrechte, verantwortungsvolle Staatsführung und
Rechtsstaatlichkeit fand am 30./31. März 2011 in Bethlehem statt. Im Anschluss an die Sitzung des
Unterausschusses trat auf Initiative der Palästinensischen Behörde ein beratendes Forum mit der
Zivilgesellschaft zusammen. Die unabhängige Menschenrechtskommission, die Teil der
palästinensischen Delegation war, zog eine Bilanz der Menschenrechtslage in den besetzten
palästinensischen Gebieten und stellte dabei fest, dass die Besetzung und die interne politische
Spaltung der Palästinenser zu vielen Menschenrechtsverletzungen beigetragen hat.
Die EU brachte ihre Besorgnis über Menschenrechtsverletzungen zum Ausdruck, dazu gehörten
unter anderem willkürliche Inhaftierung, Nichtvollstreckung von Gerichtsurteilen sowie Verstöße
gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlung. Sie brachte ferner Vorwürfe der
Folter in Haftanstalten der Palästinensischen Behörde sowie unrechtmäßige Verhaftungen zur
Sprache. Die EU bekräftigte, dass sie die Todesstrafe grundsätzlich unter allen Umständen strikt
ablehnt. Sie sprach der Palästinensischen Behörde ihre Anerkennung für die Beibehaltung des De-
facto-Moratoriums der Todesstrafe aus und forderte die Palästinensische Behörde nachdrücklich
auf, die Todesstrafe als Bestrafung förmlich abzuschaffen, wenn ein neues Strafgesetzbuch
verabschiedet wird.
Die EU äußerte sich 2011 bei verschiedenen Gelegenheiten zur Menschenrechtslage in den
besetzten palästinensischen Gebieten, die sich weiter verschlechtert hat. Bei zahlreichen Anlässen
beklagte die EU die Siedlungsaktivitäten im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalems, und
machte erneut darauf aufmerksam, dass sie den Siedlungsbau und den Abbruch von Wohnhäusern
als Verstoß gegen das Völkerrecht betrachtet.
9238/12 mp,ms/ib 165
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 222 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2011 blieb die Lage der palästinensischen Menschenrechtsverteidiger in den besetzten
palästinensischen Gebieten kritisch. Das Verfahren gegen den Menschenrechtsverteidiger Bassem
Tamimi vor einem israelischen Gericht wurde fortgesetzt. Die Hohe Vertreterin, Catherine Ashton,
bedauerte in einer Erklärung ihres Sprechers vom 13. Dezember 2011 den Tod seines Neffen,
Mustafa Tamimi, der durch ein aus nächster Nähe abgefeuertes Tränengasprojektil ums Lebens
kam, während er an einer allwöchentlich stattfindenden Demonstration teilnahm.
Die EU verurteilte ferner, dass im Westjordanland Moscheen niedergebrannt werden und die von
Siedlern ausgehende Gewalt 2011 um 40 % zugenommen hat, was zu Verletzten und Toten sowie
Sachschaden auf palästinensischer Seite geführt hat.
Die EU steht im Rahmen der laufenden Konsultationen und des Dialogs in ständigem Kontakt mit
Menschenrechtsorganisationen und unterstützt Tätigkeiten mit Bezug zu Menschenrechten durch
das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR). Eine Liste aller
laufenden EU-finanzierten Projekte im Bereich der Menschenrechte befindet sich auf der Website
des Büros für technische Hilfe der Europäischen Union.
5.2.13 Jordanien
Die sechste Tagung des Unterausschusses für Menschenrechte, Staatsführung und Demokratie
zwischen Jordanien und der Europäischen Union fand im März 2011 in Brüssel statt. Es war das
erste Treffen, seit die EU mit Jordanien im Oktober 2010 eine Partnerschaft mit "fortgeschrittenem
Status" vereinbart hatte.
Im Rahmen des Menschenrechtsdialogs EU-Jordanien wurden die jordanischen Reformen
thematisiert, einschließlich der Reform der wahlrechtlichen Bestimmungen, der Versammlungs-
und Vereinigungsfreiheit, der Medienfreiheit, der Freiheit der Meinungsäußerung, der Freiheit der
Religion oder Weltanschauung, der Rechte der Frauen und des Themas Folter.
9238/12 mp,ms/ib 166
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 223 – Drucksache 17/12922
Ähnlich wie in anderen Ländern der Region gab es 2011 auch in Jordanien Demonstrationen, bei
denen politische und wirtschaftliche Reformen und das Ende der Korruption im Land gefordert
wurden. Als Reaktion auf die innenpolitischen Entwicklungen und die stärker werdenden
Forderungen nach Reformen setzte König Abdullah im März bzw. im April 2011 den Nationalen
Ausschuss für Dialog (National Dialogue Committee – NDC) und den Königlichen Ausschuss für
die Überarbeitung der Verfassung (Royal Committee on Constitutional Review – RCCR) ein.
Der NDC wurde damit beauftragt, konsensfähige Entwürfe für Gesetze zum Wahlrecht und zu den
politischen Parteien zu erarbeiten, während der RCCR sich mit der Überarbeitung der Verfassung
befassen sollte. Ende September 2011 billigte das Parlament 41 Verfassungsänderungen, die am
1. Oktober 2011 in Kraft traten. Diese Änderungen bilden den Rahmen der politischen Reformen in
Jordanien; dazu zählt die Einrichtung eines Verfassungsgerichts und einer unabhängigen
Kommission zur Beaufsichtigung und Leitung von Wahlen sowie das Verbot der Folter.
Die Konsolidierung der Institutionen, die Demokratie, verantwortungsvolle Staatsführung und
Rechtsstaatlichkeit gewährleisten, dürfte mit der Annahme von Durchführungsgesetzen durch das
Parlament erleichtert worden sein und echten politischen Pluralismus und die Stärkung der
politischen Parteien sicherstellen.
Im Mai 2011 trat das überarbeitete Gesetz über öffentliche Versammlungen in Kraft, das einige
positive Veränderungen in Bezug auf die Freiheit der Meinungsäußerung und die
Versammlungsfreiheit bewirkt. Die Organisatoren öffentlicher Versammlungen benötigen danach
nicht länger die Zustimmung des Innenministeriums. Sie müssen lediglich die Behörden 48 Stunden
vor dem Ereignis unterrichten.
Was die Pressefreiheit betrifft, so wurden die herkömmlichen Nachrichtendienste und die Online-
Nachrichtenportale von den Sicherheitsdiensten wiederholt ins Visier genommen, vor allem wenn
sie über Demonstrationen berichteten.
9238/12 mp,ms/ib 167
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 224 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Das weitverbreitete Auftreten von Korruption in der jordanischen Gesellschaft gibt nach wie vor
Anlass zu großer Sorge und ist eine zentrale Priorität aufeinanderfolgender Regierungen gewesen,
wobei jedoch kaum greifbare Ergebnisse erzielt wurden.
Jordanien wendet seit Mai 2006 ein De-facto-Moratorium bei der Anwendung der Todesstrafe an.
Jordanien muss weitere Anstrengungen unternehmen, um die Gewalt gegen Frauen zu beseitigen,
u.a. durch die Einführung von Maßnahmen, die auf eine bessere Integration von Frauen in den
Bereichen Politik, Wirtschaft, Bildung und Beschäftigung abzielen. Kinder jordanischer Frauen, die
mit Ausländern verheiratet sind, können noch immer nicht die jordanische Staatsangehörigkeit
erwerben und haben dadurch kein Recht auf Bildung und Gesundheitsversorgung durch das
staatliche System. Auch haben ihre ausländischen Männer nicht dieselben Bürgerrechte wie
jordanische Männer, die mit ausländischen Frauen verheiratet sind.
5.2.14 Libanon
Nach dem politischen Stillstand in der ersten Hälfte des Jahres 2011 erholten sich die Beziehungen
zwischen der EU und Libanon nach der Bildung einer neuen Regierung im Juli 2011. Auf der
Tagung des Assoziationsausschusses im Dezember 2011 wurde mit der Erarbeitung eines neuen
Aktionsplans im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik begonnen.
Die EU nahm aktiv an der Diskussion mit der neuen Regierung über die Wahlreform teil. Das
Innenministerium legte im Oktober 2011 einen Gesetzesentwurf vor. Die EU setzte sich dafür ein,
dass die Empfehlungen der 2009 durchgeführten Wahlbeobachtungsmission einbezogen werden.
Die EU hat 2 Mio. EUR zur Unterstützung der Wahlreform in Libanon im Vorfeld der Wahlen im
Jahr 2013 bereitgestellt.
Die EU ermutigte Libanon weiterhin zu Reformen des Justizsektors und zur Stärkung von dessen
Unabhängigkeit. Die EU legte Libanon wiederholt nahe, das De-facto-Moratorium der Todesstrafe
in deren vollständige Abschaffung umzuwandeln.
9238/12 mp,ms/ib 168
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 225 – Drucksache 17/12922
Die schlechte Lage in den libanesischen Gefängnissen gibt unverändert Anlass zur Sorge. Die Zahl
der Insassen, die auf ihr Verfahren warten oder ihre Freiheitsstrafe sogar bereits verbüßt haben, liegt
weiterhin bei über 50 %. Zivilgesellschaftliche Organisationen berichten nach wie vor über
willkürliche Verhaftungen, insbesondere von Flüchtlingen und Migranten.
Die EU appellierte erneut an Libanon, die Lage der palästinensischen Flüchtlinge zu verbessern,
insbesondere im Hinblick auf ihr Recht auf Arbeit und eine Sozialversicherung sowie ihr Recht,
Eigentum zu besitzen, zu erben und eintragen zu lassen. Verordnungen zur Durchführung der
Arbeitsrechtsänderungen von 2010 stehen noch aus.
Der Entwurf eines nationalen Aktionsplans für Menschenrechte wurde vom Parlament abschließend
überarbeitet und könnte demnächst angenommen werden.
Die EU intervenierte, um das Recht auf freie Meinungsäußerung von Menschenrechtsverteidigern
zu unterstützen, die wegen ihrer Berichte über die Anwendung von Folter angeklagt worden waren.
5.2.15 Syrien
Im Anschluss an den Aufstand in Syrien, der im Frühjahr 2011 begonnen hatte, und die Eskalation
der von der syrischen Regierung gegen Bürger ausgeübten Gewalt und die von ihr begangenen
Menschenrechtsverstöße hat der Rat (Auswärtige Angelegenheiten) im Mai 2011 beschlossen, die
bilateralen Programme zur Zusammenarbeit zwischen der EU und der syrischen Regierung
auszusetzen. Auch das Assoziierungsabkommen wurde von der EU eingefroren. Seitdem hat die
Kommission die Teilnahme syrischer Behörden an ihren regionalen Programmen ausgesetzt; die
Europäische Investitionsbank (EIB) hat Gleiches mit all ihren Kreditgeschäften und der technischen
Hilfe für Syrien getan.
9238/12 mp,ms/ib 169
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 226 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU hat Präsident Assad zum Rücktritt aufgefordert und hat in enger Zusammenarbeit mit der
internationalen Gemeinschaft Druck auf die syrische Regierung ausgeübt, damit sie alle Akte der
Gewalt einstellt. Die EU hat die Arabische Liga (LAS) in ihren Bemühungen um eine Lösung der
Krise unterstützt und nachdringlich an die Mitglieder des VN-Sicherheitsrates appelliert, dass sie
einer entschlossenen Reaktion der VN gegenüber Syrien zustimmen. Die restriktiven Maßnahmen
der EU gegen Syrien, einschließlich eines Waffenembargos, gelten seit Mai 2011; sie werden in
regelmäßigen Abständen durch neue Maßnahmen ergänzt. Ende 2011 hatte die EU gegen 86
Personen und 30 Einrichtungen, unter denen sich viele Angehörige des Militärs und der Sicherheits-
behörden befanden, die für Gewalt und Unterdrückung verantwortlich waren, Sanktionen verhängt.
Während des Aufstands hat die EU die anhaltende brutale Unterdrückung der syrischen
Bevölkerung durch das Regime sowie die massiven Menschenrechtsverletzungen – einschließlich
Tötungen, Massenverhaftungen und Folterungen von Zivilisten, friedlichen Demonstranten und
ihren Angehörigen –, die als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gewertet werden können,
wiederholt aufs Schärfste verurteilt. Die EU hat das syrische Regime nachdrücklich aufgefordert,
humanitären Helfern und Organisationen ungehinderten Zugang zu gewähren und Medien und
unabhängige Beobachter zuzulassen.
Die EU hat eng mit internationalen Partnern zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass die VN
auf die Krise in Syrien entschlossen reagieren. Dies hat dazu geführt, dass die VN-General-
versammlung und der VN-Menschenrechtsausschuss wichtige Resolutionen zu Syrien angenommen
haben. Der Menschenrechtsausschuss hat 2011 in Genf nicht weniger als drei Sondersitzungen zur
Menschenrechtslage in der Arabischen Republik Syrien einberufen, zwei von ihnen auf förmlichen
Antrag der EU.
Die EU zeigte sich ferner tief besorgt über die Ergebnisse des Berichts der unabhängigen Unter-
suchungskommission für Syrien, wonach in diesem Land Verbrechen gegen die Menschlichkeit und
andere schwere Menschenrechtsverletzungen begangen wurden. Die EU hat immer wieder erklärt,
dass die Täter der mutmaßlichen Verbrechen, wie die im Bericht genannten, nicht ungestraft
bleiben dürfen.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 227 – Drucksache 17/12922
5.2.16 Tunesien
Die tunesische Revolution ebnete den Weg für den Übergang des Landes zur Demokratie. Für den
Zeitraum 2011 bis 2013 hatte die EU 240 Mio. EUR aus dem Europäischen Nachbarschafts- und
Partnerschaftsinstrument (ENPI) für die bilaterale Zusammenarbeit mit Tunesien vorgesehen.
Dieser vorläufige Betrag wurde um 150 Mio. EUR aufgestockt. Allein im Jahr 2011 hat die EU ihre
Finanzhilfe von den ursprünglich geplanten 80 Mio. EUR auf etwa 160 Mio. EUR verdoppelt.
Diese Gelder zielten insbesondere auf eine Belebung der wirtschaftlichen Konjunktur, die
Zivilgesellschaft und den demokratischen Übergang ab.
Die Hohe Vertreterin, Catherine Ashton, und Kommissionsmitglied Štefan Füle bekräftigten im
Januar 2011 in einer gemeinsamen Erklärung die Solidarität der EU mit Tunesien und dem
tunesischen Volk; sie verurteilten die gewaltsame Unterdrückung der Demonstrationen und
appellierten an die tunesischen Behörden, verantwortungsvoll zu handeln, den Frieden zu wahren,
Zurückhaltung zu üben und Gewalt zu vermeiden. Der Aufstand führte dazu, dass Präsident Zine El
Abidine Ben Ali am 14. Januar 2011 offiziell zurücktrat.
Am 31. Januar 2011 erließ der Rat restriktive Maßnahmen gegen Tunesien wegen Verletzungen der
Menschenrechte. Im Februar 2011 fror die EU die Vermögenswerte von Herrn Ben Ali und anderen
Personen ein, gegen die wegen des Verdachts der Veruntreuung staatlicher Gelder in Tunesien
ermittelt wurde.
Die EU brachte ihre politische Unterstützung für den tunesischen Übergangsprozess durch eine
Reihe hochrangiger Besuche zum Ausdruck, die am 14. Februar 2011 mit dem Besuch der Hohen
Vertreterin der Union, Catherine Ashton, eingeleitet wurden; daran schlossen sich Besuche des
Präsidenten der Europäischen Kommission, Barroso, und der Kommissionsmitglieder Füle,
Malmström und De Gucht sowie des Präsidenten des Europäischen Parlaments, Buzek, an.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 228 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU rief die Übergangsregierung auf, einen schnellen und reibungslosen Übergang zur
Demokratie sicherzustellen. Sie erklärte sich bereit, bei der Vorbereitung und Organisation des
Wahlprozesses sofortige Hilfe zu leisten, und die demokratischen Reformen und die wirtschaftliche
Entwicklung durch ein umfassenderes, gemeinsam erarbeitetes Paket zu unterstützen.
Der Beschluss der Übergangsregierung, politische Gefangene freizulassen, freie Meinungs-
äußerungen zuzulassen und die Familienmitglieder des ehemaligen Präsidenten Ben Ali wegen
Korruption strafrechtlich zu verfolgen, wurde von der EU begrüßt.
Die EU leistete sofortige Hilfe bei der Vorbereitung der Wahlen und entsandte eine Wahl-
beobachtermission unter der Leitung von Michael Gahler, die in ihrem Bericht erklärte, dass die
Wahlen im Allgemeinen gut durchgeführt wurden, von einem starken politischen Konsens getragen
waren, mit umfassender Meinungsfreiheit einhergingen und ihre Organisation transparent war.
Im Oktober 2011 hatten die Tunesier zum ersten Mal die Möglichkeit, ihre Vertreter frei und
demokratisch zu wählen. Die neu gewählte Verfassungsgebende Versammlung wird sich nunmehr
der zentralen Aufgabe widmen, eine neue Verfassung für das Land zu erarbeiten. Die EU erklärte,
dass sie das tunesische Volk weiterhin politisch und finanziell engagiert unterstützen werde. Jedoch
bedauerte die EU die gewalttätigen Ausbrüche im Anschluss an die Bekanntgabe der vorläufigen
Wahlergebnisse und forderte zu Ruhe und Zurückhaltung auf.
2011 wurden über das Stabilitätsinstrument 2 Mio. EUR für sieben Projekte mobilisiert, die darauf
abzielen, die tunesischen Behörden bei ihren Vorbereitungen für demokratische, internationalen
Standards entsprechende Wahlen, die Entwicklung einer unabhängigen Zivilgesellschaft zu
unterstützen und Bürgervereinigungen eine aktive Beteiligung an der Festlegung des
Reformprogramms für Tunesien zu ermöglichen.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 229 – Drucksache 17/12922
Darüber hinaus wurde im März 2011 ein Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen veröffentlicht,
für den im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte 2 Mio. EUR
bereitgestellt wurden. In den folgenden drei Bereichen wurden zehn Projekte finanziert: nationale
Wahlbeobachtung, Schulungsmaßnahmen für politische Parteien sowie Unterstützung der Freiheit
der Meinungsäußerung und Förderung der demokratischen Werte.
Im Juli 2011 wurde im Rahmen des thematischen Programms "Nichtstaatliche Akteure und lokale
Behörden" ein weiterer Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen lanciert, für den 2,5 Mio. EUR zur
Verfügung stehen. Schwerpunkt dieses Aufrufs war die Förderung lokaler Entwicklungsprojekte
mit besonderem Augenmerk auf der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Erzeugung von
Einkommen. Für sechs Projekte wurden finanzielle Mittel bereitgestellt.
Im September 2011 veranstaltete die EU die erste Sitzung der Task Force EU/Tunesien, die
eingerichtet wurde, um eine bessere Koordinierung der europäischen und internationalen
Unterstützung für den Übergang Tunesiens zu ermöglichen.
Um Tunesien bei der Bewältigung des beträchtlichen Zustroms von Flüchtlingen aus dem vom
Krieg gekennzeichneten Libyen zu helfen, ist ferner humanitäre Hilfe in beträchtlichem Umfang
geleistet worden. 2011 leitete die EU einen Dialog mit Tunesien über Migration, Mobilität und
Sicherheit ein.
Am 27. Dezember 2011 begrüßte die EU die Ernennung der neuen tunesischen Regierung und sagte
zu, den tunesischen Behörden und der Zivilgesellschaft auch weiterhin bei dem Übergang des
Landes zur Demokratie zur Seite zu stehen.
Die EU hat die Verhandlungen wiederaufgenommen, die darauf abzielen, durch die Gewährung
eines "fortgeschrittenen Status" eine privilegierte Partnerschaft zwischen der EU und Tunesien zu
schaffen.
9238/12 mp,ms/ib 173
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 230 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.2.17 Algerien
Die erste Sitzung des Unterausschusses EU-Algerien für politischen Dialog, Sicherheit und
Menschenrechte fand am 3. und 4. Oktober 2011 in Algier statt. Die sechste Tagung des
Assoziationsrates EU-Algerien wurde im Juni 2011 in Luxemburg abgehalten. Bei dieser
Gelegenheit wurden Themen im Zusammenhang mit Demokratisierung, Reformen und
Menschenrechten eingehend erörtert. Im Mai 2011 besuchte Kommissionsmitglied Füle zum
zweiten Mal Algerien. Während dieses Besuchs traf er mit verschiedenen Organisationen der
Zivilgesellschaft zusammen; mit den algerischen Behörden erörterte er u.a. die geplanten
politischen Reformen.
Auf der letzten Tagung des Assoziationsausschusses EU-Algerien, die im Dezember 2011 in
Brüssel stattfand, hat sich Algerien bereiterklärt, Sondierungsverhandlungen über die Ausarbeitung
eines Aktionsplans im Rahmen der neuen Europäischen Nachbarschaftspolitik aufzunehmen. Am
20. Dezember 2011 hat Algerien die EU offiziell zur Beobachtung der für Mai 2012 angesetzten
Parlamentswahlen eingeladen.
Am 29. April 2011 brachte die Hohe Vertreterin ihre Betroffenheit über die Ermordung von
Professor Ahmed Kerroumi, eines Menschenrechtsverteidigers und Mitglieds der Partei
"Demokratische und Soziale Bewegung", zum Ausdruck. Sie forderte, umgehend eine gründliche
Untersuchung einzuleiten und die für seine Ermordung Verantwortlichen zu ermitteln und vor
Gericht zu bringen. Sie bekräftigte das Engagement der EU für eine Partnerschaft mit Algerien und
ihren Einsatz zur Unterstützung von Menschenrechtsverteidigern und Organisationen der
Zivilgesellschaft.
9238/12 mp,ms/ib 174
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 231 – Drucksache 17/12922
Die algerischen Behörden haben Anfang 2011 den Ausnahmezustand aufgehoben und sich zu
politischen und sozioökonomischen Reformen verpflichtet. Die EU hat sich bereit erklärt, Algerien
hierbei zu unterstützen, aber darauf hingewiesen, dass bei der Durchführung dieser Reformen den
legitimen Wünschen des algerischen Volkes entsprochen werden müsse. Die Reformen wurden mit
den algerischen Behörden anlässlich der ersten Sitzung des Unterausschusses EU-Algerien für
politischen Dialog, Sicherheit und Menschenrechte sowie auf der zweiten Tagung des
Assoziationsausschusses EU-Algerien erörtert. Die EU hat den Standpunkt vertreten, dass die
Gesetzesreformen insbesondere in Bezug auf Vereinigungen und Medien nicht zu restriktiveren
Regelungen für die Ausübung der Vereinigungs- und der Meinungsfreiheit führen dürften. Die von
mehreren NRO durchgeführte Analyse des neuen Vereinigungsgesetzes gibt Anlass zu Besorgnis,
insbesondere hinsichtlich der Gründung und Auflösung von Vereinigungen, ihres Tätigkeits-
bereichs, ihrer Finanzierung und ihrer Zusammenarbeit mit internationalen NRO.
Die EU hat die Lage in Bezug auf die Religions- und Gewissensfreiheit aufmerksam beobachtet.
Was die Rechte der Frau betrifft, so begrüßte die EU das (dann im Januar 2012 angenommene)
Reformprojekt, mit dem eine Quote für Frauen in gewählten Versammlungen sichergestellt werden
soll. Es bleibt jedoch noch abzuwarten, ob seine Umsetzung eine wirkliche Gleichstellung der
Geschlechter ermöglichen wird. Die EU hat sich besorgt darüber geäußert, dass Algerien seine
Vorbehalte gegen das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau
noch nicht aufgehoben hat. Ferner hat die EU betont, dass es einer Reform des
Familiengesetzbuches bedarf.
Sowohl in Algier als auch in Brüssel fanden regelmäßig Treffen zwischen Mitarbeitern der EU und
Organisationen der Zivilgesellschaft statt. Die Delegation in Algier setzte sich aktiv dafür ein, die
Zivilgesellschaft über die Finanzierungsmöglichkeiten und -verfahren zu informieren.
Konsultationen mit nationalen und internationalen NRO fanden im Rahmen der Gruppe für die
Wirksamkeit der Hilfe für die Zivilgesellschaft und anlässlich der Feierlichkeiten zu internationalen
Tagen, wie dem internationalen Menschenrechtstag, statt.
9238/12 mp,ms/ib 175
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 232 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2011 wurden im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte und
des Programms für nichtstaatliche Akteure vierzehn zusätzliche Projekte finanziert. Diese Projekte
decken ein sehr breites Themenspektrum ab, darunter die lokale Entwicklung, Kapazitätsaufbau,
Rechte der Frau und Gesundheit.
Algerien stehen für den Zeitraum von 2011 bis 2013 Mittel in Höhe von insgesamt 172 Mio. EUR
zur Verfügung, die aus dem Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument finanziert
werden. 2011 stellte die Europäische Kommission 58 Mio. EUR für Algerien bereit. Diese Mittel
werden zur Unterstützung von Reformen in den Bereichen Verkehr, Kultur und kulturelles Erbe,
Jugend und Beschäftigung eingesetzt.
5.2.18 Marokko
Die EU und Marokko haben ihren Dialog über Menschenrechte insbesondere in der sechsten
Sitzung des Unterausschusses für Menschenrechte, Demokratisierung und Staatsführung fortgesetzt,
die am 20. Oktober 2011 in Brüssel stattfand.
9238/12 mp,ms/ib 176
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 233 – Drucksache 17/12922
Am 19. Juni 2011 haben die Hohe Vertreterin der Union, Catherine Ashton, und das für
Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik zuständige Kommissionsmitglied, Štefan Füle,
in einer gemeinsamen Erklärung die überarbeitete Verfassung begrüßt, über die am 1. Juli 2011 in
einem Referendum abgestimmt wurde. Die neue Verfassung enthält wichtige Neuerungen im
Bereich der Menschenrechte und der Grundfreiheiten; dazu zählen der Grundsatz des Primats des
Völkerrechts über das nationale Recht, die Anerkennung der Bürgerrechte von Frauen und ihre
Gleichstellung mit Männern, der neue institutionelle Rahmen für die Menschenrechte, die
Einsetzung eines Nationalen Menschenrechtsrates, einer interministeriellen Delegation für
Menschenrechte und eines Ombudsmanns. Die marokkanische Regierung hat beschlossen, die
Parlamentswahlen vorzuziehen und das Abgeordnetenhaus zu wählen. Die Wahlen fanden am
25. November 2011 statt. Mit Zustimmung der marokkanischen Regierung wurde vom
14. November bis zum 2. Dezember 2011 eine EU-Wahlexpertenmission entsandt. Die Mission
erstellte einen Bericht mit mehreren Empfehlungen für Verbesserungen des Wahlprozesses
(längerer Wahlkampf, Bekanntgabe des Ergebnisses in Prozent, Beteiligung von Frauen etc.). Die
EU begrüßte die Durchführung dieser Wahlen (in einer Erklärung vom 26. November 2011) und
sagte zu, die Bemühungen Marokkos um eine zügige Umsetzung einer ehrgeizigen Reformagenda
zu unterstützen.
Im Mai 2011 gab der Ministerrat seinen Beschluss bekannt, das Fakultativprotokoll zum Überein-
kommen gegen Folter zu ratifizieren. Die EU hat die marokkanische Regierung auch ermutigt, dem
ersten Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte
betreffend Beschwerdeverfahren beizutreten und das Internationale Übereinkommen zum Schutz
aller Personen vor dem Verschwindenlassen zu ratifizieren. Was die Versammlungs- und die
Vereinigungsfreiheit (die in der neuen Verfassung verankert sind) anbelangt, so gibt es noch
praktische Probleme bei der Umsetzung (Probleme bei der Registrierung ausländischer NRO,
Verweigerung der Ausstellung von Quittungen, Hindernisse für Demonstrationen). Es liegen
Meldungen über Fälle von Gewaltanwendung durch die Strafverfolgungsbehörden gegenüber
Demonstranten, insbesondere der "Bewegung 20. Februar", vor. In ihrem Dialog mit den
marokkanischen Behörden hat die EU darauf hingewiesen, wie wichtig die Gewährleistung der
Versammlungs- und der Vereinigungsfreiheit ist.
9238/12 mp,ms/ib 177
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 234 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Auch die Meinungsfreiheit und die Pressefreiheit wurden in die Verfassung aufgenommen, ebenso
wie das Recht auf Zugang zu Verwaltungsinformationen und das konkrete Mittel zu dessen
Regelung, nämlich die hohe Behörde für audiovisuelle Kommunikation. Zwar können Journalisten
im Allgemeinen ihre Kritik zum Ausdruck bringen, doch gibt es Meldungen über mehrere Fälle von
Repression und Einschüchterung von Medien und Journalisten, die sich kritisch zu heiklen Themen
geäußert haben. Die EU hat Marokko darin bestärkt, so bald wie möglich ein neues Pressegesetz zu
erlassen und dabei Freiheitsstrafen für Journalisten zu reformieren. Was die Rechte von Frauen und
schutzbedürftigen Personen betrifft, so hat die marokkanische Regierung eine Agenda für Gleich-
heit (2011-2013) angenommen. Die EU stellte 35 Mio. EUR für die Umsetzung der Agenda zur
Verfügung, insbesondere für Maßnahmen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit und die Stärkung
der Fähigkeit der Frauen, gleichberechtigt mit den Männern an der politischen Führung und der
Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten mitzuwirken. Marokko hat alle Vorbehalte gegenüber
dem Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau zurückgezogen,
aber einige Erklärungen aufrechterhalten, die parallel zur Harmonisierung seiner nationalen Gesetze
zurückgezogen werden müssen. Im Mai 2011 nahm der Ministerrat das Fakultativprotokoll zu dem
Übereinkommen an (das dem Ausschuss ermöglicht, Petitionen von Einzelpersonen entgegen-
zunehmen). Im Oktober 2011 verabschiedete der Ministerrat den Entwurf eines Gesetzes über die
Arbeitsbedingungen für Haushaltsangestellte (das auch das Verbot der Arbeit von Kindern unter
15 Jahren umfasst).
Die Zusammenarbeit zwischen der EU und Marokko in internationalen Organisationen,
insbesondere im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, wurde intensiviert. Im Zusammenhang
mit dem Arabischen Frühling nahm Marokko aktiv an der Kontaktgruppe der Vereinten Nationen
für die Lösung des Konflikts in Libyen teil und arbeitete mit der EU bei Menschenrechtsfragen in
Syrien zusammen.
9238/12 mp,ms/ib 178
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 235 – Drucksache 17/12922
5.2.19 Westsahara
Die EU hat die Problematik der Westsahara besonders in ihrem Dialog mit Marokko und Algerien
weiter aufmerksam verfolgt. Sie legt großen Wert auf eine Verbesserung der Menschenrechtslage in
der Westsahara, wo es nach wie vor Probleme hinsichtlich der Meinungs- und Versammlungs-
freiheit gibt. Sie unterstützt uneingeschränkt das Eintreten des VN-Generalsekretärs und seines
persönlichen Gesandten für die Westsahara-Frage, und sie hat die Parteien aufgerufen, die
Verhandlungen unter der Schirmherrschaft der VN fortzuführen, um eine gerechte, dauerhafte und
für alle Beteiligten akzeptable politische Lösung herbeizuführen. In seiner Resolution 1979 (2011)
hat der VN-Sicherheitsrat die Einrichtung eines Nationalen Rates für Menschenrechte in Marokko
und die für die Westsahara geplante Komponente sowie die Zusage Marokkos begrüßt, allen
Sonderverfahren des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen vorbehaltlosen und
uneingeschränkten Zugang zu gewähren.
5.2.20 Libyen
Als Reaktion auf die brutale Unterdrückung des libyschen Volkes durch das Gaddafi-Regime und
dessen Angriffe auf das eigene Volk hat die EU am 22. Februar 2011 beschlossen, die
Verhandlungen über das Rahmenabkommen EU-Libyen auszusetzen.
In der Folge wirkte die EU maßgeblich daran mit, dass die VN-Generalversammlung am 1. März
2011 den Beschluss fasste, Libyens Mitgliedschaftsrechte im Menschenrechtsrat auszusetzen.
9238/12 mp,ms/ib 179
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 236 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Am 11. März 2011 fand angesichts der Ereignisse in Libyen eine außerordentliche Tagung des
Europäischen Rates statt. Die Staats- und Regierungschefs forderten Oberst Gaddafi auf, die Macht
unverzüglich abzugeben, und erklärten, dass die EU den Nationalen Übergangsrat (NTC) als
legitimen Gesprächspartner betrachtet. In nachfolgenden Tagungen des Rates (Auswärtige
Angelegenheiten) und des Europäischen Rates forderte die EU das Regime immer wieder auf, die
Gewalt gegen das eigene Volk und die Menschenrechtsverletzungen einzustellen, und hob hervor,
dass sie die pro-demokratischen Kräfte unterstütze. Darüber hinaus gaben Kommissionspräsident
Barroso, der Präsident des Europäischen Rates Van Rompuy und die Hohe Vertreterin Catherine
Ashton Erklärungen zu einem breiten Themenspektrum ab, das von den Menschenrechten
(einschließlich des Schutzes von Zivilpersonen, der Verurteilung willkürlicher Festnahmen und
Inhaftierungen und außergerichtlicher Hinrichtungen sowie der Diskriminierung schutzbedürftiger
Personengruppen), über die Verwendung von Streumunition, den Status des NTC bis zur
allgemeinen Unterstützung der libyschen Zivilbevölkerung.
Als Reaktion auf die Krise setzte die EU die in den Resolutionen 1970 und 1973 des VN-Sicher-
heitsrates vorgesehenen Sanktionen zügig um und ergänzte sie durch eine Reihe zusätzlicher
eigenständiger restriktiver Maßnahmen. Diese dienten dem Schutz der Zivilbevölkerung und zielten
darauf ab, die Versorgung des Gaddafi-Regimes mit Waffen und Geld zu unterbinden, Reise-
beschränkungen gegen den Führungskreis, der die Gewaltanwendung angeordnet hatte, zu
verhängen und seine Vermögenswerte einzufrieren.
Die EU hat sich aktiv an den Bemühungen der internationalen Gemeinschaft um eine Lösung des
Konflikts beteiligt. Vertreter der EU haben an den Gipfeltreffen in Paris und London, an den
Sitzungen der Libyen-Kontaktgruppe und der Kairo-Gruppe, an dem Gipfeltreffen am 1. September
2011 in Paris sowie an dem Treffen der "Freunde Libyens" teilgenommen, das am Rande der VN-
Generalversammlung in New York stattfand, in der der NTC von der internationalen Gemeinschaft
als Libyens legitime Vertretung uneingeschränkt anerkannt wurde.
Am 22. Mai 2011 besuchte die Hohe Vertreterin Bengasi und nahm die offizielle Eröffnung des
technischen Büros der EU vor. Das EU-Büro war damit betraut, die Verbindung zu dem in Bengasi
ansässigen NTC zu halten und die EU-Hilfe vor Ort zu koordinieren. Nach der Befreiung von
Tripolis am 12. November 2011 stattete die Hohe Vertreterin der Stadt einen Besuch ab, um das
Büro der EU-Delegation in Libyen offiziell zu eröffnen und die führenden Vertreter des NTC in der
Hauptstadt zu treffen, wie sie es bei ihrem Besuch im Mai 2011 in Bengasi versprochen hatte.
9238/12 mp,ms/ib 180
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 237 – Drucksache 17/12922
Seit dem Beginn der Krise in Libyen hat die EU mehr als 158 Mio. EUR für humanitäre Hilfe
bereitgestellt, Bevölkerungsschutzteams entsandt und Mittel mobilisiert, um der Bevölkerung
sowohl in Libyen als auch an den Landesgrenzen zu helfen. Nach der Befreiung des Landes
kündigte die Hohe Vertreterin ein Paket mit 30 Mio. EUR Soforthilfe an, das u.a. die Bereiche
Achtung der Menschenrechte, Verhütung von Folter und Misshandlung und Stärkung der
Zivilgesellschaft einschließt.
Im Laufe des Jahres haben mehrere Mitglieder des Europäischen Parlaments Libyen besucht und
auf diese Weise die Herausforderungen, denen die Interimsregierung bei der Umsetzung des
demokratischen Übergangsprozesses gegenübersteht, stärker ins Bewusstsein der europäischen
Öffentlichkeit gerückt.
Die Hohe Vertreterin hat betont, dass die Rechte der Frau in der neuen Verfassung verankert
werden müssten, um die Teilhabe von Frauen sicherzustellen. Die EU ermöglichte es Frauen aus
zwölf verschiedenen libyschen Städten, den Wahlen in Tunesien beizuwohnen.
Am 21. Dezember 2011 gab der Rat der EU alle Guthaben und Vermögenswerte der Central Bank
of Libya (Libyschen Zentralbank) und der Libyan Arab Foreign Bank (Libysch-Arabischen
Auslandsbank) in der EU wieder frei, um die Erholung der libyschen Wirtschaft und die neue
libysche Regierung zu unterstützen.
9238/12 mp,ms/ib 181
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 238 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.3. Russland und Zentralasien
5.3.1 Russland
Die EU und Russland haben 2011 ihre regelmäßigen, zweimal jährlich stattfindenden Menschen-
rechtskonsultationen fortgeführt. Die 13. und die 14. Runde dieser Konsultationen fanden im Mai
und im November in Brüssel statt. Dabei kam es zu einem offenen Dialog über eine Reihe von
Menschenrechtsfragen, die sich in Russland, in der Europäischen Union und in internationalen
Gremien stellen. Konkret wurden die folgenden Themen behandelt: Freiheit der Meinungsäußerung,
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Lage der Menschenrechtsverteidiger, Rechtsstaatlichkeit,
Funktionsweise des Justizsystems, Wählerrechte, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und
Bekämpfung von Diskriminierung (einschließlich der Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen,
Transgender-Personen und Intersexuellen), die Rechte des Kindes, Zusammenarbeit bei
Menschenrechtsfragen in internationalen Gremien (VN, Europarat, OSZE) und der Nordkaukasus.
Außerdem hatten die EU und Russland Gelegenheit, Fragen zu konkreten Einzelfällen zu stellen.
Entsprechend ihrer Gewohnheit, bei ihren Menschenrechtsgesprächen mit Drittstaaten auch die
Zivilgesellschaft zu Wort kommen zu lassen, ist die EU vor jeder Konsultationsrunde mit Vertretern
russischer und internationaler NRO zusammengetroffen. Das Europäische Parlament wurde im
Rahmen spezieller Informationssitzungen vor und nach den Konsultationen auf dem Laufenden
gehalten.
Um die Konsultationen effizienter und stärker ergebnisorientiert zu gestalten, hat die EU gegenüber
Russland weiter darauf gedrängt, dass die Regelungen für die Menschenrechtskonsultationen
geändert werden, insbesondere dass neben dem Außenministerium weitere Ministerien und
Agenturen einbezogen werden, dass die Konsultationen abwechselnd in Russland und in der EU
abgehalten werden und dass Treffen mit russischen und internationalen NRO stattfinden. Diese
Frage wurde auf den beiden Gipfeltreffen EU-Russland im Juni in Nischni Nowgorod und im
Dezember in Brüssel behandelt und war Gegenstand eines Briefwechsels zwischen Präsident van
Rompuy und Präsident Medwedjew. Menschenrechtsfragen im Allgemeinen wurden weiterhin auf
allen Ebenen der Beziehungen zwischen der EU und Russland, auch auf höchster Ebene, zur
Sprache gebracht.
9238/12 mp,ms/ib 182
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 239 – Drucksache 17/12922
Die EU hat weiter Zweifel daran geäußert, dass Russland die Verpflichtungen, die es in den VN,
der OSZE und dem Europarat eingegangen ist, einhält. Da 2011 ein Wahljahr war, zählten die
Wählerrechte der russischen Bevölkerung – angefangen bei der Registrierung politischer Parteien
über den gerechten Zugang zu Ressourcen und Medien und die Versammlungsfreiheit in Bezug auf
Zusammenkünfte der Opposition bis hin zur Wahlbeobachtung – zu den zentralen Fragen, die mit
der Russischen Föderation erörtert wurden. Die Hohe Vertreterin Catherine Ashton hat sowohl vor,
als auch unmittelbar nach den Wahlen einige Erklärungen hierzu abgegeben.
Die schwierige Lage der Menschenrechtsverteidiger, eine Reihe gewalttätiger Angriffe auf
Journalisten und führende Aktivisten in der Russischen Föderation sowie Einschränkungen der
Freiheit der Meinungsäußerung und der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit bereiten der EU
nach wie vor große Sorge. Die Untersuchungen im Zusammenhang mit der Ermordung von
Menschenrechtsverteidigern wie Natalja Estemirowa oder dem in der Untersuchungshaft
eingetretenen Tod von Sergej Magnitski und Vera Trifonowa erbrachten keine Ergebnisse. Am
27. Dezember hat der Vorsitzende des Rates beim Präsidenten für die Entwicklung der
Zivilgesellschaft und Menschenrechte, Michail Fedotow, Präsident Medwedew Berichte über
Sergej Magnitski und Michail Chodorkowski übergeben. Inzwischen wurden die Ermittlungen im
Fall des verstorbenen Rechtsanwalts Sergej Magnitski zwei Jahre nach seinem Tod wieder
aufgenommen, wobei die Umstände, unter denen er in der Untersuchungshaft gestorben ist, noch
vollständig aufgeklärt werden müssen. Zudem hat das abschließende Urteil im zweiten
Gerichtsverfahren gegen Chodorkowski und Lebedew angesichts der Unregelmäßigkeiten viele
Zweifel an der Fairness des Verfahrens aufkommen lassen. Die Hohe Vertreterin Ashton hat eine
diesbezügliche Erklärung abgegeben.
9238/12 mp,ms/ib 183
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 240 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU ist nach wie vor besorgt über die Menschenrechtslage im Nordkaukasus, die sich 2011 nicht
verbessert hat; aus dieser Region wurden zahlreiche Fälle von Folter, Entführung und willkürlicher
Festnahme sowie Verletzungen der Rechte der Frau, einschließlich Ehrenmorden und häuslicher
Gewalt, gemeldet. Die Täter gehen noch immer weitgehend straffrei aus. In den benachbarten
Republiken, insbesondere in Inguschetien und Dagestan, hat sich die Lage weiter verschlechtert.
Die Zahl der durch Rassismus und ethnischen Hass motivierten Angriffe gibt nach wie vor Anlass
zur Sorge. Berichten zufolge gilt dies auch für die Lage von Staatenlosen in der Russischen
Föderation.
Zu den wichtigen positiven Entwicklungen, die von der EU begrüßt wurden, zählen einige
Modernisierungsbemühungen, insbesondere in Bezug auf Rechtsstaatlichkeit (Einleitung einer
Reihe von Reformen in den Bereichen Justiz, Strafverfolgung und Strafvollzug) und politischen
Pluralismus (Herabsetzung der Hürde für den Einzug in die Duma von 7 auf 5 Prozent, Änderungen
in Bezug auf die Registrierung von politischen Parteien und Maßnahmen betreffend das
Wahlgesetz).
5.3.2 Zentralasien (Region)
Die EU-Strategie für eine neue Partnerschaft mit Zentralasien bildet seit ihrer Annahme durch den
Europäischen Rat am 21./22. Juni 2007 den Rahmen für die Beziehungen der EU zu Zentralasien.
In der Strategie wird festgestellt, dass Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, verantwortungsvolle
Staatsführung und Demokratisierung die langfristige politische Stabilität und wirtschaftliche
Entwicklung Zentralasiens stützen.
Die EU hat Menschenrechtsfragen betreffend die einzelnen zentralasiatischen Staaten bei
verschiedenen politischen Kontakten und Besuchen auf hoher Ebene zur Sprache gebracht, u.a.
während des Ministertreffens EU-Zentralasien am 7. April 2011 in Taschkent (Usbekistan). Zu
Menschenrechtsfragen, die Anlass zu Besorgnis gaben, wurde eine Reihe von bilateralen
Demarchen in den Ländern der Region unternommen.
9238/12 mp,ms/ib 184
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 241 – Drucksache 17/12922
Ihrer Strategie entsprechend hat die EU strukturierte Menschenrechtsdialoge mit allen Ländern der
Region aufgenommen. In diesem Rahmen konnten alle besorgniserregenden Punkte, darunter auch
Einzelfälle, offen erörtert werden. Die Dialoge werden in enger Konsultation mit der lokalen und
internationalen Zivilgesellschaft vorbereitet. Beiträge der Zivilgesellschaft wurden auch über
Seminare eingeholt, die die EU mit vier zentralasiatischen Ländern veranstaltet hat12. Bei diesen
Seminaren wurden internationale Standards, bewährte europäische Vorgehensweisen sowie einzel-
staatliche Gesetze und ihre praktische Anwendung behandelt. Zudem bestand Gelegenheit zu einem
Meinungsaustausch zwischen europäischen und zentralasiatischen Vertretern der Zivilgesellschaft,
Akademikern und Staatsbediensteten. Dabei wurden abschließend ausführliche Empfehlungen
darüber ausgearbeitet, welche Gesetzesänderungen und praktischen Änderungen erforderlich sind,
um die uneingeschränkte Einhaltung der internationalen und nationalen Standards zu gewährleisten;
diese Empfehlungen wurden anschließend Vertretern der Behörden vorgelegt. Weitergeführt
wurden die Dialoge und Seminare durch Kontakte zwischen den nationalen Regierungen und den
EU-Delegationen sowie durch die Finanzierung von Projekten, u.a. im Rahmen des Europäischen
Instruments für Demokratie und Menschenrechte.
Überdies hat die EU mit den zentralasiatischen Staaten auf nationaler Ebene bilaterale
Kooperationsprogramme und -vorhaben mit direkter Bedeutung für die Menschenrechte entwickelt.
Die EU hat insbesondere die Reform der Justiz- und Strafvollzugssysteme sowie die Sensibili-
sierung für die Menschenrechte und den Kapazitätsaufbau unterstützt. Entsprechend der Strategie
wurden die Maßnahmen im Rahmen der regionalen Rechtsstaatlichkeitsinitiative für Zentralasien
auch 2011 fortgesetzt.
Einen Beitrag zur Verwirklichung der EU-Menschenrechtspolitik zu leisten, ist Teil des Mandats
des EU-Sonderbeauftragten für Zentralasien, Pierre Morel, der bei seinen Besuchen in der Region
und bei seinen bilateralen Kontakten immer wieder Menschenrechtsfragen angesprochen hat.
12 http://eeas.europa.eu/human_rights/dialogues/civil_society
9238/12 mp,ms/ib 185
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 242 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Im Wege des Dialogs und gemeinsamer Projekte hat die EU eng mit der OSZE, dem Europarat, den
VN und dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, insbesondere mit
seinem regionalen Büro in Bischkek, zusammengearbeitet.
5.3.3 Kasachstan
In Kasachstan kam es 2011 zu Unruhen infolge eines Arbeitskampfs in der Industrie, der im Mai in
Schanaosen seinen Anfang nahm. In mehreren Erdölverarbeitungsanlagen kam es zu Streiks, bei
denen die Beschäftigten Lohnerhöhungen, bessere Arbeitsbedingungen und die Aufhebung der
Beschränkungen für unabhängige Gewerkschaften forderten. Diese mündeten im Dezember 2011 in
gewaltsame Zusammenstöße zwischen der Polizei und Streikenden. Die Behörden setzten eine
Untersuchungskommission zur Ermittlung der Hintergründe dieser Gewalttaten ein. Die EU äußerte
ihre Erwartung, dass die Kommission transparent arbeiten würde und dass den mutmaßlichen
Verantwortlichen der Gewalttaten ein fairer Prozess gemacht würde.
Die Menschenrechtslage im weiteren Sinne bot weiterhin Anlass zur Sorge. Die EU hat beständig
an die Regierung Kasachstans appelliert, weitere politische Reformen durchzuführen, und zwar im
Hinblick auf die Versammlungsfreiheit, die Weltanschauungsfreiheit, die Rolle der Zivil-
gesellschaft und der nichtstaatlichen Organisationen, die Situation der politischen Opposition sowie
die Medien- und Meinungsfreiheit.
Seit dem Frühjahr 2011 waren in Kasachstan mehrere Bombenexplosionen und mutmaßliche
Terroranschläge zu verzeichnen, die mit religiösem Extremismus in Verbindung gebracht wurden.
Diese Zwischenfälle lösten eine neue offene Debatte über die Religionsfreiheit und über den
zunehmenden Trend zu religiösem Extremismus in Kasachstan aus.
Beratungen auf hoher Ebene zwischen der EU und Kasachstan wurden am Rande der Tagung des
Kooperationsrates im Juni 2011 abgehalten. Das vierte Treffen im Rahmen des
Menschenrechtsdialogs EU–Kasachstan fand am 30. November 2011 in Brüssel statt. Ein
Menschenrechtsseminar EU–Kasachstan mit der Zivilegesellschaft zum Thema "Für ein stärkeres
Zusammenwirken zwischen Staat und Zivilgesellschaft als Fortschrittsmotor" fand am 19./20.
Oktober 2011 in Almaty statt.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 243 – Drucksache 17/12922
5.3.4 Kirgisistan
Die Bildung einer Koalitionsregierung und die friedlichen Präsidentschaftswahlen vom Oktober
2011 waren der letzte Schritt beim Übergang von den provisorischen Institutionen, die nach der
Krise 2010 errichtet worden waren, zu durch demokratische Wahlen geschaffenen staatlichen
Behörden. Einige vom BDIMR/OSZE festgestellte Unzulänglichkeiten bei der Umsetzung von
Rechtsvorschriften zeigen aber, dass der Wahlprozess verbessert werden muss. Die EU hat die
Demokratisierung unterstützt und bestätigt, dass sie entschlossen ist, insbesondere im Bereich der
Rechtsstaatlichkeit und der sozioökonomischen Entwicklung, erhebliche Unterstützung für die
Reformen im Land zu leisten.
Im Rahmen des politischen Dialogs hat die EU weiter an die kirgisischen Behörden appelliert, die
politischen Reformen, vor allem im Hinblick auf Justiz und Rechtsstaatlichkeit, voranzutreiben.
Die EU hat die kirgisischen Behörden nachdrücklich aufgefordert, die Menschenrechtslage aller
Bürger rascher zu verbessern und insbesondere das Recht auf ein faires Verfahren und auf Zugang
zur Justiz sowie geeignete Verfahrensregeln zu gewährleisten und den Druck auf Richter und
Strafverteidiger zu verringern. Die EU hat ihre große Besorgnis über den Beschluss des Obersten
Gerichtshof Kirgisistans, die lebenslange Freiheitsstrafe für den Menschenrechtsverteidiger
Askarow aufrechtzuerhalten, zum Ausdruck gebracht und dazu aufgerufen, alle Möglichkeiten für
eine Überprüfung des Falls in Erwägung zu ziehen.
Eine wichtige Entwicklung ist die Reform des Strafgesetzbuchs; die EU hat die Abschaffung des
Tatbestands der Verleumdung in Kirgisistan als beispielhaft für die Region gewürdigt. Im
Dezember 2011 hat Kirgisistan den VN-Sonderberichterstatter über Folter zu einem Besuch des
Landes eingeladen.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 244 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Das dritte Treffen im Rahmen des Menschenrechtsdialogs EU-Kirgisistan fand am 28. Juni 2011 in
Bischkek statt. Neben Fragen, die für beide Seiten von Interesse sind oder beiden Seiten Sorge
bereiten und die in internationalen Gremien behandelt werden, hat die EU eine Reihe von konkreten
Bedenken hinsichtlich der Menschenrechtslage in Kirgisistan geäußert; diese betrafen insbesondere
die Justizreform (einschließlich Untersuchungshaft und Folter sowie des Rechts auf ein faires
Verfahren und auf Zugang zur Justiz), die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, die Rechte von
Gefangenen, Kinder und Frauen sowie den nationalen Rahmen für den Schutz der Menschenrechte.
Die EU hat Maßnahmen des Wiederaufbaus, der Aussöhnung und der Konfliktverhütung, die für
ein nachhaltiges Wachstum des Landes wichtig sind, weiter unterstützt. Da die neue Regierung
Interesse bekundet hat, mit der EU in einen Dialog über die Justizreform und die Bekämpfung der
Korruption einzutreten, wird derzeit ein vollwertiges Hilfsprogramm ausgearbeitet, in dem diese
Fragen behandelt und die Erfahrungen der EU dargelegt werden.
5.3.5 Tadschikistan
Die vierte und fünfte Runde des Menschenrechtsdialogs EU-Tadschikistan fanden am 2. Februar
2011 (für das Jahr 2010) und am 25. Oktober 2011 in Duschanbe statt. Der Dialog ermöglichte
einen Austausch über ein breites Spektrum von Fragen, die für beide Seiten von Interesse sind oder
beiden Seiten Sorge bereiten – so u.a. über die nationalen Menschenrechtsinstitutionen und die
Rechte von Frauen, Kindern und Migranten. Unterschiedliche Meinungen gab es in Bezug auf das
Wahlgesetz, die Zivilgesellschaft, die Religionsfreiheit und die Medienfreiheit. Zudem wurden
Möglichkeiten einer konkreten Zusammenarbeit im Bereich der Menschenrechte erörtert. Im
Rahmen der vierten Runde des Dialogs besuchte die EU-Delegation auch ein Gefängnis in
Duschanbe.
Am 26. und 27. Juli 2011 fand ein Seminar mit Vertretern der Zivilgesellschaft aus der EU und
Tadschikistan über die Rechte von Wanderarbeitskräften statt.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 245 – Drucksache 17/12922
Menschenrechtsfragen wurden auch auf der ersten Tagung des Kooperationsausschusses am
16. März 2011 in Duschanbe erörtert. Die hier behandelten Punkte betrafen insbesondere die
Empfehlungen des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR), die
Freiheit der Meinungsäußerung, die Medienfreiheit und die Religionsfreiheit.
5.3.6 Turkmenistan
Die EU hat die Menschenrechtslage in Turkmenistan weiter aufmerksam verfolgt und im Rahmen
ihres bilateralen Dialogs, einschließlich des Menschenrechtsdialogs EU-Turkmenistan, immer
wieder ihre anhaltende Besorgnis über verschiedene Probleme zum Ausdruck gebracht. Die vierte
Runde des Dialogs fand am 8. Juli 2011 in Brüssel statt. Die EU und Turkmenistan konzentrierten
sich dabei hauptsächlich auf die Justizreform, einschließlich der Haftbedingungen, sowie auf die
nationalen Institutionen zum Schutz der Menschenrechte, die Entwicklung der Zivilgesellschaft, die
Vereinigungsfreiheit, die Freiheit der Meinungsäußerung, die Freizügigkeit, die Rechte von
Angehörigen nationaler Minderheiten und die Zusammenarbeit in internationalen Gremien.
5.3.7 Usbekistan
Die EU hat weiter an die usbekische Regierung appelliert, die politischen Reformen voranzutreiben,
insbesondere im Hinblick auf die Versammlungsfreiheit, die Weltanschauungsfreiheit, die Rolle der
Zivilgesellschaft und der nichtstaatlichen Organisationen, die Medienfreiheit und die Rechte des
Kindes. Die EU begrüßte die Freilassung einer Reihe von Menschenrechtsverteidigern im Laufe des
Jahres 2011, zeigte sich aber weiter besorgt über die insgesamt hohe Zahl der inhaftierten
Menschenrechtsverteidiger, Aktivisten und Journalisten in Usbekistan und brachte diese Fragen,
darunter auch Einzelfälle, weiter gegenüber den usbekischen Behörden zur Sprache. Sie drängte
auch weiter auf einen breiteren Zugang der internationalen Gemeinschaft zu usbekischen
Strafvollzugsanstalten.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 246 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die fünfte Runde des Menschenrechtsdialogs EU-Usbekistan fand am 24. Juni 2011 in Taschkent
statt. Die EU und Usbekistan konzentrierten sich dabei hauptsächlich auf die Justizreform,
einschließlich der Haftbedingungen, die nationalen Institutionen zum Schutz der Menschenrechte,
die Entwicklung der Zivilgesellschaft, die Vereinigungsfreiheit, die Freiheit der Meinungsäußerung,
die Freizügigkeit und die Zusammenarbeit in internationalen Gremien. Darüber hinaus sprach die
EU folgende Fragen an: Zusammenarbeit mit dem Sonderberichterstatter über Folter sowie
Einladung einer IAO-Kommission, die die Fortschritte bei der Umsetzung der IAO-
Übereinkommen 138 und 182 gegen Kinderarbeit überprüfen soll.
Im Dezember 2011 verweigerte das Europäische Parlament wegen Bedenken im Hinblick auf
Kinderarbeit seine Zustimmung zur Aufnahme eines Textilprotokolls in das Partnerschafts- und
Kooperationsabkommen. Wahrscheinlich wartet das Europäische Parlament auf konkrete
Fortschritte in Bezug auf die Zwangsarbeit, wozu auch die Rückkehr internationaler Beobachter zur
Baumwollernte 2012 gehören würde, bevor es die Aufnahme des Protokolls erneut prüft. Die
Zusammenarbeit bei der Festlegung eines Programms zur Strafrechtsreform in Höhe von
10 Millionen EU wurde intensiviert, so dass dieses Anfang 2012 eingeleitet werden konnte.
Gemeinsam mit dem Europarat hat die EU die Rechtsstaatlichkeitsinitiative EU-Zentralasien weiter
umgesetzt. Für Usbekistan umfasste dies die folgenden Maßnahmen: Stärkung des
Verfassungsgerichts, des Obersten Gerichtshofs und des Amtes des Bürgerbeauftragten; Schulung
von Richtern und Vertretern der öffentlichen Verwaltung; Vorbereitung von Rechtsgutachten zu
Gesetzesentwürfen.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 247 – Drucksache 17/12922
5.4. Afrika
5.4.1 Afrikanische Union
Der 2008 eingeleitete Menschenrechtsdialog AU-EU war weiterhin ein wichtiges Forum für den
Austausch über die Bemühungen zur Förderung von Demokratie und Menschenrechten. Ein Treffen
fand 2011 in Dakar statt; in seinem Mittelpunkt standen unter anderem die Themen Zusammen-
arbeit von AU und EU beim Schutz von Menschenrechtsverteidigern, Menschenrechte und
demokratischer Wandel, Recht auf Entwicklung und Umsetzung der Resolution 1325 des VN-
Sicherheitsrates zu Frauen, Frieden und Sicherheit.
Das dritte Menschenrechtsseminar der Zivilgesellschaft von AU und EU fand am 21. und
22. November 2011 in Brüssel statt. Dabei wurden Empfehlungen zu den beiden folgenden
wichtigen Bereichen abgegeben: Menschenrechte und Wahlen sowie die Situation in Bezug auf das
Recht auf Wohnen und auf Zwangsräumungen. Diese Empfehlungen werden beim nächsten Treffen
im Rahmen des Menschenrechtsdialogs Afrika-EU als Beitrag unterbreitet.
Als Ausdruck ihrer gemeinsamen Bemühungen haben die EU und die AU am 12. Februar 2011 eine
Gemeinsame Erklärung zum Internationalen Tag gegen den Einsatz von Kindersoldaten
verabschiedet. Darin begrüßen sie die bisherigen Fortschritte, einschließlich der Annahme der
Resolution 1882 des VN-Sicherheitsrates, und bekräftigen, dass sie die Bekämpfung der Straf-
freiheit im Hinblick auf die Rekrutierung und den Einsatz von Kindersoldaten unterstützen und dass
die Personen, die diese Verbrechen begangen haben, vor Gericht gestellt werden müssen.
Entsprechend der im Mai 2010 vom Büro des Sonderbeauftragten des VN-Generalsekretärs für
Kinder und bewaffnete Konflikte eingeleiteten Kampagne rufen sie ferner alle Staaten auf, das
Fakultativprotokoll betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten bis 2012 zu
ratifizieren.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 248 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Im Rahmen der Plattform Afrika-EU für den Dialog über Staatsführung und Menschenrechte, die
am 12. November 2010 ins Leben gerufen worden war, wurde in zwei Arbeitsgruppensitzungen –
im Juni 2011 in Brüssel und im Dezember 2011 in Tunis – über die Bewirtschaftung von
natürlichen Ressourcen in Konflikt- und Postkonfliktsituationen bzw. über die Freiheit der
Meinungsäußerung einschließlich der Medienfreiheit als Mittel zur Förderung des demokratischen
Wandels diskutiert. Seit ihrer Einführung im November 2010 bietet die Plattform einen offenen,
umfassenden und informellen Raum für einen Dialog, der die Ausarbeitung von gemeinsamen
Governance-Programmen und -Empfehlungen für beide Kontinente ermöglicht hat. Ferner fand im
Rahmen der Partnerschaft Afrika-EU im September 2011 in Brüssel ein informelles Expertentreffen
zu demokratischer Staatsführung und Menschenrechten statt, bei dem weiter darüber beraten wurde,
wie die Unterstützung der EU für afrikanische Governance-Initiativen wie den Afrikanischen Peer-
Review-Mechanismus (APRM) und die Afrikanische Charta für Demokratie, Wahlen und
Staatsführung verbessert werden kann.
Neben dem Menschenrechtsdialog AU-EU bieten die politischen Dialoge nach Artikel 8 des
Cotonou-Abkommens die Möglichkeit, Menschenrechtsbelange direkt mit den Regierungen der
afrikanischen Partnerländer zu behandeln. Spezifische Menschenrechtsdialoge fanden 2010 mit
Nigeria und Südafrika statt.
5.4.2 Angola
Obwohl die Grundfreiheiten durch die Verfassung garantiert werden und Angola über eine
nationale Menschenrechtsinstitution verfügt, gibt es nach wie vor auf verschiedenen Ebenen
Defizite in Bezug auf den Schutz der Menschenrechte. Zu den jüngsten Problemen zählen
mutmaßliche Fälle von Gewalt und Missbrauch, die von Sicherheitskräften an illegalen Migranten
und Bergarbeitern in den diamantreichen Provinzen Lunda Norte et Lunda Sul begangen worden
sind. Zudem wurde berichtet, dass es bei kleineren Protestaktionen der Opposition und von
Jugendlichen zu übermäßiger Gewaltanwendung seitens der Polizei gekommen ist.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 249 – Drucksache 17/12922
Die Vertreter der EU-Delegation und der Mitgliedstaaten haben Lunda Norte und Lunda Sul
besucht und Gespräche mit den Behörden und Vertretern der Zivilgesellschaft geführt. Sie haben
die Situation in Abstimmung mit anderen internationalen Partnern beobacht und die Regierung
darauf hingewiesen, dass die Anschuldigungen ordnungsgemäß untersucht und dass die
Sicherheitskräfte zur Vorbeugung geschult und kontrolliert werden müssen. Zuvor hatten EU-
Botschafter die ölreiche nördliche Provinz Cabinda besucht, wo es vereinzelt zu kleineren
Aufständen und zu mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen kommt.
Die EU und ihre Mitgliedstaaten finanzieren Menschenrechtsprojekte und stellen Hilfe für lokale
und internationale Menschenrechtsorganisationen bereit. Angesichts des allgemeinen Rückgangs
der Geberunterstützung für Angola zählen die Finanzmittel der EU zu den wenigen Quellen, die
lokalen Menschenrechtsorganisationen zur Verfügung stehen.
Der politische Dialog nach Artikel 8 des Cotonou-Abkommens ruht weiterhin, jedoch werden große
Erwartungen in das Abkommen über das gemeinsame Vorgehen "Angola-EU Joint Way Forward
(JWF)" gesetzt. Dieses sieht einen weitreichenden politischen Dialog vor, auch über Frieden und
Sicherheit, Menschenrechte und verantwortungsvolle Staatsführung.
5.4.3 Burundi
Die EU hat die Menschenrechtslage in Burundi im Jahr 2011 wie bereits in den vorausgehenden
Jahren mit Sorge verfolgt. Im Verlauf des Jahres kam es zu zahlreichen außergerichtlichen
Hinrichtungen – nach Angaben der Vereinten Nationen waren es 62, nach Angaben von NRO sogar
noch mehr. Die Oppositionsführer im Ausland, die Zivilgesellschaft und die Medien haben zwar die
Lücke, die die Oppositionsparteien hinterlassen haben, weitgehend gefüllt, doch werden immer
mehr Journalisten und führende Vertreter der Zivilgesellschaft verhaftet und eingeschüchtert.
9238/12 mp,ms/ib 193
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 250 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Erst gegen Jahresende begann der politische Druck seitens der internatonalen Gemeinschaft eine
gewisse Wirkung zu zeigen und schien sich die Lage zu beruhigen. Die EU hat dazu beigetragen,
dass die internationalen Bemühungen um eine Wiederaufnahme des Dialogs zwischen der
Regierung und den vom Ausland aus operierenden Oppositionsparteien verstärkt wurden, um zu
erreichen, dass die Wahlen im Jahr 2015 ordnungsgemäß vorbereitet werden.
Die EU versuchte proaktiv, mit der Regierung einen Dialog nach Artikel 8 des Cotonou-
Abkommens zu führen, was ihr allerdings nicht gelang. Mehr Erfolg hatte sie 2011 mit ihrem
Dialog mit der Zivilgesellschaft, der fortgesetzt wurde und sich stärker auf das Thema politische
Führung konzentrierte.
Die EU stellte weiter EEF-Mittel für Projekte zur Dezentralisierung der Justiz und zur
Unterstützung der lokalen Verwaltung bereit, damit die großen Probleme im Zusammenhang mit
den Streitigkeiten um Land gelöst werden. Darüber hinaus veröffentlichte sie im Rahmen des
EIDHR und des Stabilitätsinstruments Aufrufe zur Einreichung von Vorschlägen.
5.4.4 Kamerun
Die EU hat ihr Engagement für Menschenrechte und Demokratisierung in Kamerun 2011 erheblich
verstärkt, sowohl was den politischen Dialog und Einsatz als auch was die finanzielle Unterstützung
betrifft. Dabei war sie vor allem in folgenden Bereichen aktiv:
Menschenrechtsverteidiger: Mit ihren Missionen in Kamerun hat die EU den Aufbau eines
nationalen Netzes für den Schutz von Menschenrechtsverteidigern (Réseau National pour la
Protection des Défenseurs des Droits de l'Homme au Cameroun = RENAPDDHO) unterstützt. Die
EU-Delegation half mit Beratung, politischer Unterstützung und Sachleistungen, und die
französische Botschaft stellte Finanzmittel bereit. RENAPDDHO wird tätig, sobald die
Menschenrechte konkret bedroht sind, und bereitet zudem derzeit einen ersten Bericht über die
Lage der Menschenrechtsverteidiger in Kamerun vor.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 251 – Drucksache 17/12922
Sensibilisierung für die Menschenrechte: Die EU hat 2011 Finanzhilfen für die Organisation eines
Festivals für Menschenrechtsfilme in Jaunde gewährt. Leider wurde das Festival in letzter Minute
von den Behörden verboten, da es angeblich die öffentliche Ordnung gefährden könne – eine
Entscheidung, die von den Missionschefs der EU ausdrücklich bedauert wurde.
Justiz und Haftbedingungen: Die EU ist in diesem wichtigen Bereich nach wie vor der Hauptgeber.
Ihre Unterstützung hat insbesondere entscheidend dazu beigetragen, die Zahl der Menschen in
Untersuchungshaft zu verringern und die Gesundheitsfürsorge (einschließlich der HIV-Prävention),
sanitären Bedingungen und Rechtsberatung für Gefangene zu verbessern. Außerdem wurden im
Rahmen des politischen Dialogs – vor allem in prominenten Fällen – regelmäßig die aus der
(mangelhaften) Arbeit des Justizwesens resultierenden Probleme zur Sprache gebracht.
Rechte von Lesben, Homosexuellen, Bisexuellen und Transgender-Personen (LGBT): Dieses – in
Kamerun äußerst heikle – Thema wurde im Rahmen des politischen Dialogs mit den Behörden
regelmäßig angesprochen, wobei in erster Linie eine Entkriminalisierung angestrebt wurde. Zudem
hat die EU eine NRO, die sich für die Rechte von LGBT, vor allem von inhaftierten oder
strafrechtlich verfolgten LGBT, einsetzt, finanziell unterstützt. Dies hat eine Kontroverse mit den
Behörden ausgelöst, die der EU Einmischung und Förderung der Homosexualität vorwarfen und
verlangten, dass sie ihre Hilfe einstellt. Die EU hat auf diese Anschuldigungen mit aller
Entschiedenheit reagiert und sich geweigert, von dem Projekt abzusehen.
Zu den weiteren Fragen, die 2011 im Rahmen des laufenden politischen Dialogs zur Sprache
gebracht wurden, zählen die Abschaffung der Todesstrafe (derzeit gibt es lediglich ein De-facto-
Moratorium), Frauenrechte (insbesondere Gewalt gegen Frauen), Rechte des Kindes (vor allem
Ratifizierung der beiden Fakultativprotokolle zum VN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes
durch Kamerun) sowie Einschränkung politischer Rechte wie der Vereinigungs- und
Demonstrationsfreiheit. Darüber hinaus hat die EU Finanzhilfen für NRO gewährt, die sich für
indigene Bevölkerungsgruppen (insbesondere die Baka-Pygmäen) einsetzen.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 252 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.4.5 Tschad
Nach dem im Auftrag des OHCHR erstellten Bericht über die Lage der Menschenrechte in Tschad
betreibt das Land keine Politik, die vorsätzlich und systematisch die Menschenrechte verletzt.
Dennoch werde fortgesetzt gegen diese Rechte verstoßen. Tschad hat zwar die wichtigsten
internationalen Übereinkommen für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte ratifiziert,
doch lässt die konkrete Umsetzung dieser Übereinkommen nach wie vor sehr zu wünschen übrig.
Dies ist darauf zurückzuführen, dass es für die Problembereiche Menschenrechte und Justiz zu
wenig finanzielle und technische Mittel gibt. Überdies wird das Recht auf Entwicklung durch
häufige Hungersnöte und Epidemien insbesondere in der Sahelregion des Landes stark
eingeschränkt.
Die Probleme, die sich auf dem Gebiet der Menschenrechte stellen, sind daher recht vielfältig,
wobei die EU und ihre Mitgliedstaaten allerdings beschlossen haben, ihre Anstrengungen auf die
vier folgenden wichtigsten Herausforderungen zu konzentrieren:
a) Aufbau eines zuverlässigen, funktionierenden Justizwesens, um der immer noch weit
verbreiteten Straflosigkeit ein Ende zu setzen,
b) Achtung und Förderung der Rechte der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen,
wozu insbesondere Kinder, Frauen (vor allem in ländlichen Gebieten) und Menschen mit
Behinderungen zählen,
c) Unterstützung der Reform der internen Sicherheitskräfte mit dem Ziel, die
Rechtsstaatlichkeit im Lande zu fördern und Missbrauch zu verhindern,
d) Achtung der demokratischen Grundsätze und Förderung einer verantwortungsvollen
Staatsführung, die den Bürgern auf nationaler und lokaler Ebene eine Teilhabe am
politischen Leben ermöglicht.
Verantwortungsvolle Staatsführung zählt zu den Schwerpunktbereichen (70 Mio. EUR) des
10. Europäischen Entwicklungsfonds, wobei es darum geht, einen Beitrag zur Wiederherstellung
solider staatlicher Institutionen und Verfahren im Justizwesen, in der öffentlichen Verwaltung und
im Sicherheitssektor des Landes zu leisten.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 253 – Drucksache 17/12922
So stellt die EU im Rahmen ihres Programm zur Förderung des Justizwesens in Tschad
(PRAJUST), das 2009 angelaufen ist, Mittel für straf- und zivilrechtliche Verfahren und
einschlägige Berufe (Rechtsanwälte, Richter, Strafvollzugsbeamte usw.) bereit, um die
Rechtspflege im Lande dauerhaft zu verbessern. PRAJUST leistet zudem einen umfangreichen
Beitrag zum Regierungsprogramm für den Aufbau und die Wiederherstellung der Justiz-
einrichtungen in Tschad.
Die Reform des Sicherheitssektors ist ein wichtiges Anliegen, das die EU bereits mit ihrem
Programm für die Reform der internen Sicherheitskräfte (PAFSI) unterstützt.
Gemeinsam mit anderen bilateralen und multilateralen Parteien hat sie die Untersuchungs-
kommission eingesetzt, die die Vorfälle im Januar und Februar 2008 und das Verschwinden des
Oppositionspolitikers Ibni Oumar Mahamat Saleh aufklären soll.
Die EU hat sich zudem politisch und finanziell für die Durchführung des Prozesses gegen den
ehemaligen Präsidenten Habré engagiert, der allerdings noch nicht beginnen konnte, da das Gericht
noch nicht eingerichtet war.
Was die Wahlen betrifft, so hat die EU die Vorbereitung und Durchführung der Parlaments- und
Präsidentschaftswahlen in den Jahren 2010 und 2011 unterstützt. Sie hat eine Wahlbeobachtungs-
mission unter Leitung des ehemaligen für Entwicklung zuständigen Kommissionsmitglieds und
Europaabgeordneten Louis Michel entsandt.
Im Rahmen des Ende 2011 angelaufenen Programms zur Förderung der verantwortungsvollen
Verwaltung in Tschad (PAG) wurden wichtige Finanzbehörden und die Verwaltung der
Öleinnahmen unterstützt. Mit dem PAG werden die 2007 eingeleiteten Bemühungen um einen
Ausbau der Kapazitäten des Finanz- und Haushaltsministeriums fortgeführt. Ein Programm-
schwerpunkt ist die Unterstützung der Dezentralisierung, die erst vor Kurzem eingesetzt hat,
nachdem 2011 in den großen Städten des Landes Kommunalwahlen abgehalten worden waren.
9238/12 mp,ms/ib 197
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 254 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU hat sich im Rahmen ihres politischen Dialogs gemäß Artikel 8 des Cotonou-Abkommens
und ihrer Programme und Projekte weiter konsequent dafür eingesetzt, dass die zentralen Probleme
im Hinblick auf eine verantwortungsvolle Verwaltung (Justizwesen, Menschenrechte, Sicherheits-
kräfte, Transparenz der Wirtschaft und Dezentralisierung) in Angriff genommen werden.
Ferner hat sie mit Mitteln aus dem EU-Haushalt die Achtung der Rechte von Frauen, Kindern und
Menschen mit Behinderungen gefördert. Unterstützt wurden unter anderem Maßnahmen zur
Bekämpfung frauendiskriminierender Praktiken wie Genitalverstümmelung, Zwangsheirat und
Verheiratung von Minderjährigen und gegen Frauen gerichtete Gewalt.
5.4.6 Côte d'Ivoire
Das Jahr 2011 begann in Côte d'Ivoire mit einer schweren politischen Krise: Der abgewählte
Präsident Laurent Ggagbo weigerte sich, das Ergebnis der Ende November 2010 durchgeführten
Präsidentschaftswahlen, aus denen sein Gegner Alassane Ouattara als Sieger hervorgegangen war,
anzuerkennen. Im Zuge der von der unrechtmäßigen Regierung Gbagbos ausgeübten Unter-
drückung kam es zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen, die die Hohe Vertreterin Ashton und
ihr Sprecher in ihren Erklärungen angeprangert haben. Die EU ist sofort mit aller Entschiedenheit
dafür eingetreten, dass der Wille, den die Bürger von Côte d'Ivoire an der Wahlurne zum Ausdruck
gebracht haben, respektiert wird, und hat restriktive Maßnahmen gegen insgesamt 118 Personen
und 13 Wirtschaftsunternehmen verhängt (siehe die verschiedenen Beschlüsse des Europäischen
Rates bis Anfang April 2011). Diese Maßnahmen waren äußerst wirksam und haben das Gbagbo-
Regime entscheidend geschwächt.
Die EU war zudem verstärkt auf diplomatischer Ebene tätig und hat mit regionalen Einrichtungen
wie der ECOWAS und der Afrikanischen Union sowie mit den Vereinten Nationen Gespräche
geführt, um sie dazu zu bewegen, eine klare Position zu beziehen und sich als Vermittler für die
Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Ordnung einzusetzen. Hierfür hat sie auch
Informationen sowie technische und finanzielle Hilfe bereitgestellt. Gleichzeitig hat sie humanitäre
Hilfe für die von der Krise am härtesten betroffenen Menschen im Wert von 60 Mio. EUR geleistet
und 1 Mio. EUR aus dem Europäischen Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR)
bereitgestellt, mit denen unter anderem besondere Hilfsmaßnahmen für Frauen, die während der
Krise sexueller Gewalt ausgesetzt waren, finanziert wurden.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 255 – Drucksache 17/12922
Nachdem die Krise mit der Amtseinführung des rechtmäßigen Präsidenten Ouattara überwunden
war, konnte die Entwicklungszusammenarbeit wiederaufgenommen und ein mit 18 Mio. EUR
ausgestattetes Programm für das Justizwesen aufgelegt werden, das dem Staat helfen soll, eine
Reformstrategie für den Sektor festzulegen, den Zugang zur Justiz zu fördern, die Korruption im
Justizwesen zu bekämpfen und die Professionalität der Richter zu erhöhen. 2011 sind sieben
Gerichte in den nördlichen Landesteilen in Stand gesetzt und wieder in Betrieb genommen worden,
wodurch der Zugang zur Justiz in diesen Regionen verbessert wurde.
Die EU hat dem Justizministerium (über ein Darlehen aus dem Stabilitätsinstrument) gezielte
Unterstützung durch Sachverständige gewährt und auf diese Weise die laufenden Gerichts-
verfahren, insbesondere die vom Ministerium mit der Aufklärung der während der Krise
begangenen Verbrechen betraute Untersuchungskommission, sowie die Ausarbeitung eines
Gesetzes über den Zeugen- und Opferschutz und eines Gesetzentwurfs über die Anwendung des
Römischen Statuts (des IStGH) unterstützt.
Am Jahresende wurden Hilfen für die nationale Aussöhnung bewilligt, mit denen die Übergangs-
justiz, die Vermittlung bei den Streitigkeiten um Land im Westen des Landes und die Bemühungen
um mehr Professionalität und Verantwortungsbewusstsein in den Medien gefördert werden sollen.
Die EU hat ihre technische und finanzielle Unterstützung für den Wahlprozess, der die Krise
beenden sollte, fortgesetzt und 8 Mio. EUR für die Organisation der Parlamentswahlen im
Dezember 2011 bereitgestellt und die Wahlbeobachtung durch die Zivilgesellschaft finanziert.
Überdies hat sie im Oktober 2011 ihren Dialog mit den Menschenrechtsorganisationen intensiviert,
wobei es um die Ausarbeitung der Menschenrechtsstrategie des Landes ging.
5.4.7 Demokratische Republik Kongo
Die EU war 2011 stark an der Überwachung des Wahlprozesses im Zusammenhang mit den
Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der DR Kongo beteiligt. Die Hohe Vertreterin gab am
24. Januar nach der Überarbeitung der Verfassung eine Erklärung ab und rief zum Dialog zwischen
allen am Wahlprozess beteiligten Akteuren auf.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 256 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU unterstützte finanziell die Organisation der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen und
entsandte eine Wahlbeobachtungsmission, die vor Ort ihre Arbeit aufnahm.
Bei mehreren Anlässen äußerte die EU ihre Besorgnis wegen politisch motivierter
Menschenrechtsverletzungen, darunter Bedrohungen der Medienfreiheit und Verstöße gegen die
Meinung- und Demonstrationsfreiheit.
Am 7. September gab die EU eine Erklärung ab, in der sie an die Verantwortung aller politischen
Akteure der DR Kongo und der kongolesischen Nationalpolizei für die Gewährleistung freier,
transparenter, demokratischer und friedlicher Wahlen erinnerte. Am 8. November brachte die EU
ihre Bedenken ob der jüngsten Entwicklungen im Wahlkampf in der DR Kongo zum Ausdruck. Die
nationale Wahlkommission wurde auf die grundlegende Bedeutung hingewiesen, die der
Gewährleistung der Grundfreiheiten zukommt. Im November und Dezember gab die EU mehrere
Erklärungen zur Qualität des Wahlprozesses in der DR Kongo ab.
Ferner setzte sich die EU auch weiterhin zugunsten von Menschenrechtsverteidigern ein. Die EU
war in allen Phasen des Verfahrens gegen die Verdächtigen vertreten, die mutmaßlich für den Tod
des Menschenrechtsverteidigers Floribert Chebeya verantwortlich sind. Am 29. Juni gab die Hohe
Vertreterin eine Erklärung ab, in der sie das diesbezügliche Urteil des Militärgerichts zur Kenntnis
nahm und darauf hinwies, wie wichtig der Kampf gegen Straffreiheit ist; zugleich erinnerte sie an
die ablehnende Haltung der EU zur Todesstrafe. Die EU unternahm mehrere Demarchen zum
Schutz von Menschenrechtsverteidigern und aktualisierte ihren lokalen Aktionsplan zur Umsetzung
der EU-Leitlinien zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern. Darüber hinaus wurde auf lokaler
Ebene eine länderspezifische Menschenrechtsstrategie erarbeitet.
Die EU unterstützte auch weiterhin den Kampf gegen geschlechtsbezogene Gewalt in der
DR Kongo. Neben anderen finanziellen Zusagen wurde am 11. Juli ein mit 2,5 Mio. EUR
ausgestattetes Programm zur Unterstützung der Opfer sexueller Gewalt in den Provinzen Nord- und
Südkivu angekündigt.
9238/12 mp,ms/ib 200
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 257 – Drucksache 17/12922
Die EU verfolgte aufmerksam die Entwicklungen in der Gesetzgebung, insbesondere im Bereich
der Reform des Sicherheitssektors. Mehrere wichtige Projekte wurden im Rahmen des
Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) in der DR Kongo
verwirklicht.
In den internationalen Gremien unterstützte die EU weiter die Arbeit des Internationalen
Strafgerichtshofs in Bezug auf die anhängigen kongolesischen Rechtssachen. Im
VN-Menschenrechtsrat setzte sich die EU aktiv dafür ein, dass die Menschenrechtslage in der
DR Kongo behandelt wurde.
5.4.8 Eritrea
Die EU hat weiter ihre Besorgnis über die Verstöße Eritreas gegen seine Menschenrechts-
verpflichtungen zum Ausdruck gebracht. Im Rahmen des politischen Dialogs hat sie die Regierung
Eritreas zur bedingungslosen Freilassung aller politischen Gefangenen aufgerufen. Im September
2011 hat die Hohe Vertreterin Catherine Ashton eine Erklärung im Namen der Europäischen Union
zu politischen Gefangenen in Eritrea anlässlich des zehnten Jahrestags ihrer Inhaftierung
abgegeben. Darin appelliert die EU an die Regierung des Staates Eritrea, die G11-Gefangenen
bedingungslos freizulassen. Bei der G11 handelt es sich um eine Gruppe von elf hochrangigen
Regierungsbeamten, die seit 2001 willkürlich gefangen gehalten werden und deren Rechte
aberkannt worden sind, nachdem sie Präsident Isaias Afwerki offen kritisiert hatten.
Ebenso äußerte die EU ihre Besorgnis über das Schicksal der inhaftierten Journalisten und
Gefangenen aus Gewissensgründen, die aufgrund ihrer politischen und religiösen Überzeugungen
gefangen gehalten werden. Sie forderte die eritreischen Behörden unter anderem auf, Dawit Isaak –
einen Journalisten mit eritreisch-schwedischer Staatsangehörigkeit, der seit 2001 ohne jeden
Kontakt zur Außenwelt festgehalten wird – sowie alle anderen inhaftierten Journalisten
freizulassen. Die EU hat erneut gefordert, dass Eritrea Informationen über diese Gefangenen zur
Verfügung stellt und Zugang zu ihnen gewährt. Das Schicksal der Gefangenen wurde vom leitenden
Direktor des Fachbereichs Afrika, Nicholas Westcott, persönlich bei einem Treffen mit Präsident
Isaias zur Sprache gebracht.
9238/12 mp,ms/ib 201
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 258 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Auch die Freiheit der Weltanschauung bereitet nach wie vor Probleme. Die EU hat ihre Besorgnis
angesichts der Übergriffe gegen nicht staatlich anerkannte religiöse Gruppen in Eritrea zum
Ausdruck gebracht und wiederholt Zugang zu dem ehemaligen Patriarchen der Eritreisch-
Orthodoxen Kirche verlangt, der 2007 abgesetzt worden war.
Ferner hat die EU ihre Besorgnis über die Notlage der eritreischen Flüchtlinge am Horn von Afrika
geäußert. Sie hat ihre Bedenken sowohl gegenüber der eritreischen Regierung als auch gegenüber
anderen Regierungen, aus deren Ländern über Menschenhandel und Missbrauch berichtet wurde,
zur Sprache gebracht.
Sie hat weiter Maßnahmen zur Förderung der Menschenrechte unterstützt, und zwar insbesondere
Maßnahmen, die den Zugang zu Informationen über die Menschenrechte und die Rechte von
Frauen und Kindern betrafen.
5.4.9 Äthiopien
Ein ganzes Kapitel des neuen äthiopischen Entwicklungsplans für die kommenden fünf Jahre – des
Wachstums- und Umstrukturierungsplans – ist dem Kapazitätsaufbau in der öffentlichen
Verwaltung und der verantwortungsvollen Staatsführung (einschließlich Maßnahmen zur
Korruptionsbekämpfung) gewidmet. Dies zeigt, dass sich die Regierung bemüht, einen effizienten
öffentlichen Dienst auf die Beine zu stellen und ihre Staatsführung in demokratischer und
politischer Hinsicht als Rückgrat der nationalen Entwicklungsstrategie zu verbessern.
Die EU ist jedoch nach wie vor besorgt über die Lage der Menschenrechtsverteidiger und die
Anwendung des Gesetzes über die Zivilgesellschaft. Durch die 2011 herausgegebenen neuen
Richtlinien, mit denen einige Aspekte des Gesetzes über die Zivilgesellschaft weiter ausgeführt
werden, wird die Lage der betroffenen Organisationen voraussichtlich noch schwieriger werden.
Dennoch wurde ein dreiseitiger Dialog zwischen der Regierung Äthiopiens, den Gebern und der
Zivilgesellschaft aufgenommen. Die EU ist zuversichtlich, dass der Dialog Fortschritte im Hinblick
auf eine Verbesserung dieser Rechtsvorschriften ermöglichen wird. Ferner hat sie die Durchführung
der Projekte im Rahmen des Fonds der Zivilgesellschaft – auch in Bereichen, die die Menschen-
echte und die Staatsführung betreffen – erfolgreich fortgesetzt.
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ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 259 – Drucksache 17/12922
2011 kam es in Äthiopien zu den ersten Festnahmen und anschließenden Gerichtsverfahren im
Rahmen des 2009 erlassenen neuen Antiterrorgesetzes. Im Juni wurden zwei äthiopische
Journalisten verhaftet; es folgten mehrere andere Journalisten und Mitglieder der Opposition.
Die EU hat die Gerichtsverfahren beobachtet; Ende 2011 wurden zwei schwedische Journalisten zu
jeweils elf Jahren Haft verurteilt, während drei weitere Verfahren gegen insgesamt 36 Personen
noch laufen und von der EU beobachtet werden.
Von verschiedenen Seiten, insbesondere von Amnesty International, Human Rights Watch und
Reporter ohne Grenzen, wurde Kritik an den Verhaftungen und der Umsetzung des Antiterror-
gesetzes geäußert. Die VN haben Äthiopien nachdrücklich aufgefordert, die in dem Antiterrorgesetz
enthaltene weit gefasste Definition für Terrorismus zu überprüfen, die möglicherweise auch
negative Auswirkungen auf die Medien im Land sowie andere demokratische Rechte haben werde.
Die EU behandelt das Antiterrorgesetz im Rahmen ihres Dialogs mit Äthiopien.
Geber, darunter die EU, führten 2011 eine Erkundungsmission durch, um das Programm zur
Umsiedlung in neu errichtete Dörfer ("villagisation programme") zu bewerten, mit dem die
äthiopische Regierung den Zugang der ländlichen Bevölkerung zu grundlegenden Versorgungs-
leistungen verbessern will. Entgegen Behauptungen von Menschenrechtsorganisationen hat die
Mission keine Beweise für Zwangsumsiedlungen oder andere Menschenrechtsverletzungen
gefunden. Die Geber unterstützen das Programm nicht, sind aber besorgt über die Auswirkungen
seiner übereilten Umsetzung, die teilweise zu einem Mangel an grundlegenden Versorgungs-
leistungen und sogar zu Lebensmittelknappheit führt. Die EU hat 2011 einen Dialog mit der
Regierung Äthiopiens über dieses Problem aufgenommen.
Äthiopien hat mit der Ausarbeitung eines nationalen Aktionsplans für Menschenrechte begonnen,
der 2012 fertiggestellt werden soll und in den die Empfehlungen der allgemeinen regelmäßigen
Überprüfung sowie der VN-Vertragsorgane einfließen werden.
9238/12 mp,ms/ib 203
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 260 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.4.10 Gambia
Gambia ist es gelungen, die politische und makroökonomische Stabilität aufrecht zu erhalten,
wohingegen die Menschenrechtslage, insbesondere die Freiheit der Meinungsäußerung, weiterhin
Probleme bereitete. Dieses Bild bestätigte sich bei den Präsidentschaftswahlen im November, bei
denen Amtsinhaber Jammeh siegte. Die EU entsandte eine Wahlexpertenmission, deren
Einschätzung die Grundlage für den weiteren politischen Dialog bilden wird.
Die EU und Senegal führen einen strukturierten politischen Dialog nach Artikel 8 des Cotonou-
Abkommens, der einvernehmlich festgelegte Prioritäten, gemeinsame Programme und beiderseitige
Verpflichtungen beinhaltet. Jedes Jahr finden zwei Sitzungen statt. Die Staatsführung und die
Menschenrechte sind Kernelemente, die ständig auf der Tagesordnung stehen. Maßnahmen und
Fortschritte erfolgten hier jedoch langsamer als in anderen erörterten Bereichen.
Die EU unterstützte weiter die Zivilgesellschaft, wobei der Schwerpunkt der Arbeit auf den
Bereichen Staatsführung, Menschenrechte und Rechte der Frau lag.
5.4.11 Guinea
Allgemein war im Jahr 2011 in Guinea eine weitere Verbesserung in Bezug auf die Lage der
Menschenrechte und der Demokratie festzustellen. Die durch gewalttätige Übergriffe der Polizei
geprägte Sicherheitslage in Conakry und im Landesinnern stabilisierte sich. Es gab einige
Fortschritte bei der Bekämpfung der Straflosigkeit, insbesondere im Falle der Opfer vom
28. September 2009 (brutale Niederschlagung einer friedlichen Demonstration). Allerdings sind
mehrere Gewalttaten, die die Polizei im Jahr 2011 verübt hat, nach wie vor ungestraft, und zwei der
ranghöchsten mutmaßlichen Verantwortlichen für die Gewalttaten vom 28. September 2009
bekleiden weiterhin ein hohes öffentliches Amt, was für das Vorankommen der Ermittlungen kaum
von Vorteil ist. Die EU hält ihre Sanktionen (Einfrieren von Vermögenswerten, Visumverbot)
gegen fünf mutmaßliche Verantwortliche für diese Gewalttaten aufrecht.
9238/12 mp,ms/ib 204
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 261 – Drucksache 17/12922
Das Justizwesen ist nach wie vor unzulänglich, und die Haftbedingungen sind schlecht und erfüllen
die Menschenrechtsanforderungen nicht; allerdings wurde der Grundstein für eine Reform der
Justiz und des Strafvollzugs gelegt. Die EU hat bereits einige Maßnahmen zur Unterstützung der
Justiz ergriffen, und zwar durch technische Unterstützung des Justizministeriums und durch
Unterstützung der Opfer und der Zivilgesellschaft bei der Bekämpfung der Straflosigkeit in Bezug
auf die während des Massakers vom 28. September 2009 verübten Verbrechen. Die Reform der
Sicherheitskräfte wurde ebenfalls in Angriff genommen: Conakry wurde demilitarisiert und etwa
4000 Armeeangehörige mit mindestens 35 Dienstjahren (oder 15 % der Sicherheitskräfte) wurden
in den Ruhestand versetzt. Die politische Situation ist stabiler geworden, und nachdem mit der
Vereidigung eines demokratisch gewählten Präsidenten und der Einsetzung einer zivilen Regierung
die verfassungsmäßige Ordnung wiederhergestellt ist, hat die EU die Bedingungen für eine
Wiederaufnahme der Zusammenarbeit im Rahmen des 10. EEF gelockert und das Waffenembargo
zum Teil aufgehoben. Dennoch sind freie und transparente Parlamentswahlen weiterhin die
Vorbedingung für eine vollständige Normalisierung der Beziehungen zur EU.
5.4.12 Guinea-Bissau
Die Menschenrechtslage in Guinea-Bissau war auch 2011 besorgniserregend, besonders im
Hinblick auf die wirtschaftlichen und sozialen Rechte; Grund hierfür waren die ungelösten
Probleme der Armut und des Analphabetismus sowie der unzureichende Zugang zu einer sozialen
Grundversorgung. Diese Probleme sowie die weitverbreitete häusliche Gewalt hatten auch negative
Auswirkungen auf die Frauen- und Kinderrechte.
Im Juni 2011 verabschiedete die Nationalversammlung ein Gesetz zur Bekämpfung des
Menschenhandels und ein Gesetz zum Verbot von Genitalverstümmelungen bei Frauen. Im
Dezember 2011 ratifizierte Guinea-Bissau die Afrikanische Charta für Demokratie, Wahlen und
Staatsführung.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 262 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR)
veröffentlichte die Europäische Union im April 2011 erstmals einen Aufruf zur Einreichung von
Vorschlägen für Projekte zur Stärkung der Rechte von Kindern, Frauen und Gefangenen. Es wurden
vier Projekte für eine Finanzierung in Höhe von insgesamt 1 140 000 Euro ausgewählt.
Die Stabilität des Landes wurde durch Fälle von politisch motivierter Gewalt und Einschüchterung,
die im engen Zusammenhang mit der innenpolitischen Rolle des Militärs standen, immer wieder
gefährdet. Im Dezember 2011 führte die Niederschlagung eines angeblichen Putschversuchs zur
rechtswidrigen Tötung eines sich ergebenden Verdächtigen sowie zu einer Reihe von willkürlichen
Festnahmen und Inhaftierungen. Gegen Straflosigkeit und Korruption, die nach wie vor ein großes
Problem darstellen, wurde nur unzureichend vorgegangen.+
Die Bekämpfung der Straflosigkeit und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit standen im Mittelpunkt
des politischen Dialogs zwischen der Europäischen Union und Guinea-Bissau im Rahmen der
Konsultationen nach Artikel 96 des Cotonou-Abkommens. Die Vertreter der Regierung von
Guinea-Bissau unterbreiteten zufriedenstellende Vorschläge und Zusagen zur Durchführung
grundlegender Reformen, die das Land in einen demokratischen Rahmen einbinden und
stabilisieren sollen. Die Konsultationen wurden durch den Beschluss 2011/492/EU des Rates
abgeschlossen, und es wurden geeignete Maßnahmen für die Erfüllung der besagten
Verpflichtungen angenommen. Auch wenn Ende 2011 gewisse Fortschritte bei der Erfüllung
einiger Verpflichtungen festzustellen waren, so war keine der wichtigsten Verpflichtungen
vollständig umgesetzt worden.
5.4.13 Kenia
Die EU hat die Menschenrechtslage in Kenia während des gesamten Jahres 2011 aufmerksam
beobachtet.
9238/12 mp,ms/ib 206
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 263 – Drucksache 17/12922
Zu den wichtigsten Prioritäten der EU 2011 in Kenia zählte die Unterstützung der Umsetzung der
neuen Verfassung, nicht zuletzt im Hinblick auf den Schutz und die Förderung der Menschenrechte.
Anlass zu großer Besorgnis gab weiterhin die Straflosigkeit. Die EU brachte dieses Thema
regelmäßig gegenüber der Regierung Kenias und in der Öffentlichkeit zur Sprache. Zudem übte sie
während des ganzen Jahres 2011 politischen Druck auf die Regierung aus, damit diese Maßnahmen
gegen außergerichtliche Tötungen und Folter durch Sicherheitskräfte sowie gegen Korruption im
öffentlichen Sektor ergreift.
Die EU, die den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) mit aller Entschiedenheit unterstützt, hat
weiter an die Regierung Kenias sowie an die sechs Personen, die der IStGH wegen Verbrechen
während der Ausschreitungen nach den Wahlen 2007/2008 vorgeladen hatte, appelliert,
uneingeschränkt mit dem Gerichtshof zusammenzuarbeiten. Auch hat sie zur Schaffung eines
lokalen Mechanismus aufgerufen, um weitere Personen, die an den Gewalttaten nach den Wahlen
beteiligt waren, vor Gericht zu bringen.
Zudem hat sie einen kontinuierlichen und regelmäßigen Dialog mit den Organisationen der
Zivilgesellschaft geführt, unter anderem in Form von regelmäßigen Treffen mit Missionsleitern.
Durch ihre öffentlichen (Medien-)Erklärungen zu Menschenrechtsfragen (z.B. IStGH, Bekämpfung
der Straflosigkeit, außergerichtliche Tötungen) oder zum Internationalen Tag der Menschenrechte
hat die EU in dem Land eine gute Öffentlichkeitswirkung als Menschenrechtsakteur erzielt.
9238/12 mp,ms/ib 207
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 264 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.4.14 Liberia
Auch wenn keine systematische Missachtung oder Verweigerung der Menschenrechte durch
staatliche Akteure in Liberia nachgewiesen werden kann, gibt es bei der Förderung und dem Schutz
der Menschenrechte dennoch erhebliche Probleme, wie etwa die schwierigen Haftbedingungen,
einschließlich der Überbelegung, die langen Untersuchungshaftzeiten und die Verweigerung
ordnungsgemäßer Gerichtsverfahren. Sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt, einschließlich
Vergewaltigung, sowie Genitalverstümmelung bei Frauen und Missachtung der Rechte von
Kindern, einschließlich Kindesmissbrauch, sind in diesem Land weit verbreitet.
Liberia hält förmlich an der Todesstrafe für bestimme Straftaten fest, hat aber ein freiwilliges
Moratorium für die Vollstreckung der Todesstrafe eingeführt.
Im Rahmen ihrer Tätigkeiten zur Förderung der Menschenrechte nahm die EU eine "lokale EU-
Menschenrechtsstrategie" an und arbeitete vor Ort mit der Regierung und den zuständigen
Institutionen (einschließlich der nationalen Menschenrechtskommission) zusammen. Im November
wurde im Rahmen des EIDHR ein lokaler Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen
(Mittelausstattung: 600 000 EUR) veröffentlicht.
Die im Jahr 2011 abgehaltenen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen waren der zweite
Urnengang seit Kriegsende. Allerdings wurden die Stichwahlen durch einen Boykott der Opposition
und durch Straßenkämpfe zwischen Demonstranten und der Polizei beeinträchtigt. Die EU
unterstützte den Wahlzyklus (7 Mio. EUR) und entsandte eine Wahlexpertenmission.
9238/12 mp,ms/ib 208
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 265 – Drucksache 17/12922
5.4.15 Madagaskar
2011 gab es eine entscheidende Entwicklung in der madagassischen Krise. Infolge der anhaltenden
Anstrengungen der Vermittlertroika der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC)
unterzeichneten die wichtigsten politischen Akteure am 16. September 2011 einen "Fahrplan zur
Beendigung der Krise in Madagaskar". In dem Fahrplan sind die Verpflichtungen aufgeführt, die
die Unterzeichner eingegangen sind, um einen neutralen und auf Konsens beruhenden Übergangs-
prozess unter Einbeziehung aller beteiligten Parteien durchzuführen, der zu glaubwürdigen, freien
und transparenten Wahlen führen soll, die die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung in
Madagaskar ermöglichen.
Die EU, der SADC, die Afrikanische Union sowie die internationale Staatengemeinschaft
begrüßten dieses Ereignis und nahmen die im Anschluss hieran verzeichneten Fortschritte bei der
Umsetzung des Fahrplans (einvernehmliche Ernennung eines Premierministers, Bildung einer
Regierung der nationalen Einheit und eines Übergangsparlaments und Einsetzung der nationalen
Wahlkommission CENIT) zur Kenntnis.
Diese Entwicklungen haben die EU dazu veranlasst, am 5. Dezember 2011 einen neuen Beschluss
gemäß Artikel 96 des Cotonou-Abkommen anzunehmen, mit dem die Geltungsdauer des
Beschlusses von 2010 zwar verlängert wird, der aber insofern positiver ist, als er eine Unterstützung
des Übergangsprozess durch die EU und eine schrittweise Wiederaufnahme der Entwicklungs-
zusammenarbeit für den Fall in Aussicht stellt, dass greifbare Fortschritte bei der Umsetzung des
Fahrplans erzielt werden.
Allerdings ist die Umsetzung des Fahrplans für den Übergangsprozess nach wie vor mit Ungewiss-
heiten verbunden.
5.4.16 Malawi
Die Menschenrechtslage in Malawi hat sich 2011 weiter verschlechtert. Im Januar 2011 wurden
Änderungen des Strafgesetzbuches verabschiedet, die die Kontrolle der Regierung über die Medien
erweitern und die Rede- und Pressefreiheit gefährden. Die Regierung geriet unter Druck, als
Aktivisten sich gegen die unzulängliche wirtschaftliche und politische Führung mobilisierten. Im
Juli 2011 fanden Demonstrationen statt, bei der 20 Menschen getötet wurden, als Waffen gegen die
Demonstranten eingesetzt wurden. Die Hohe Vertreterin Ashton verurteilte in einer Erklärung die
Gewaltanwendung durch die malawischen Behörden und die Tatsache, dass sie Bürger an der
Ausübung ihres in der Verfassung verankerten Rechts auf Demonstrationsfreiheit gehindert haben.
Am 14. Oktober 2011 traf der leitende Direktor der Afrika-Abteilung des EAD, Nicholas Westcott,
9238/12 mp,ms/ib 209
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 266 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
den Außenminister von Malawi, P. Mutharika, zu einem Gespräch, in dessen Verlauf Westcott
erneut die Besorgnis der EU über die Entwicklung der Staatsführung in Malawi bekräftigte.
Die EU hat aus dem 10. EEF 30 Mio. EUR für ein Governance-Programm bereitgestellt, das die
demokratische Staatsführung dadurch verbessern soll, dass allen Menschen in Malawi der Zugang
zu einer hohen Ansprüchen genügenden Justiz garantiert wird, indem ein effizienteres und schneller
reagierendes Justizsystem geschaffen wird, sowohl in den formellen als auch den informellen
Systemen ein verstärkt auf Wiedergutmachung ausgerichteter und auf die Opfer eingehender Ansatz
verfolgt wird, die demokratische Rechenschaftspflicht und Aufsicht verbessert wird und dafür
gesorgt wird, dass alle Malawier die ihnen zustehenden Rechte und Leistungen kennen, verstehen
und in der Lage sind, diese einzufordern.
9238/12 mp,ms/ib 210
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 267 – Drucksache 17/12922
5.4.17 Mauretanien
In Mauretanien mündete der allen Seiten offenstehende politische Dialog zwischen der
Präsidentenmehrheit und Teilen der Opposition zu einer Einigung über ein Paket substanzieller
Verfassungsreformen. Erhebliche Fortschritte sind im Bereich der Medienfreiheit zu verzeichnen,
so dass Mauretanien in dieser Frage nun zu den führenden Ländern der Region zählt. Allerdings
sind noch immer Relikte von Sklaverei anzutreffen, deren Anprangerung durch
Menschenrechtsorganisationen regelmäßig zu Konfrontationen mit den Behörden führt. Häufig wird
von willkürlichen Verhaftungen berichtet. Wichtigstes Strukturproblem in Mauretanien ist die
Schwäche des Justizsystems. Die mauretanische Zivilgesellschaft hat nach wie vor wenig Einfluss
und ist schlecht koordiniert.
Die Menschenrechtsstrategie der EU für Mauretanien wird gegenwärtig überprüft. In Abstimmung
mit den Mitgliedstaaten veranstaltet die EU-Delegation regelmäßig Treffen von
Menschenrechtsverteidigern und unternimmt gelegentlich politische Demarchen gegenüber der
Regierung, um Menschenrechtsverletzungen anzuprangern. Auf operativer Ebene wurden 2011 in
Mauretanien zwei neue thematische Projekte – Gender und EIDHR – eingeleitet, um
Nichtregierungsorganisationen in Gleichstellungsfragen und bei der Bekämpfung der Sklaverei und
ihrer Nachwirkungen zu unterstützen. Diese Projekte sowie die fünf bereits bestehenden Projekte in
diesem Bereich sind mit 1,3 Mio. EUR ausgestattet. Die EU unterstützt auch – über ein spezifisches
Programm im Rahmen des 10. EEF – die Zivilgesellschaft beim Aufbau von Strukturen.
9238/12 mp,ms/ib 211
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 268 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.4.15 Niger
In den Jahren 2010 und 2011 förderte die EU den demokratischen Übergang in Niger, insbesondere
durch eine Unterstützung des Wahlprozesses. Hierzu stellte sie 18,5 Mio. EUR bereit (über 60 %
der Außenhilfe); mit diesen Mitteln wurden die Vorbereitung und die Durchführung des
Verfassungsreferendums (Oktober 2010) und verschiedener Wahlen (Kommunal-, Parlaments- und
Präsidentschaftswahlen) im ersten Quartal 2011 finanziert, so dass das Vertrauen der politischen
Akteure und der Öffentlichkeit in die Wahlen zugenommen hat.
Zudem wurde eine Wahlbeobachtungsmission für die Parlamentswahlen am 31. Januar 2011 und
für die beiden ersten Wahlgänge der Präsidentschaftswahlen am 31. Januar und 12. März 2011
eingesetzt. Leitender Beobachter war Herr Santiago Fisas Ayxela, Mitglied des Europäischen
Parlaments. An der Mission nahmen insgesamt 40 Beobachter aus 15 EU-Mitgliedstaaten, der
Schweiz und Kanada teil. Die Mission nahm ihre Tätigkeit am 4. Januar 2011 auf und blieb bis zur
offiziellen Verkündung der Ergebnisse der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen am 1. April
2011 im Lande. Die Beobachter wurden im ganzen Land eingesetzt, außer in der Region Agadez
aus Sicherheitsgründen.
5.4.19 Nigeria
Nigeria hielt im April 2011 gesamtstaatliche Präsidentschaftswahlen und Parlamentswahlen sowie
Gouverneurs- und Parlamentswahlen auf Ebene der Bundesstaaten ab. Eine EU-
Wahlbeobachtungsmission unter der Leitung des Mitglieds des Europäischen Parlaments, Peterle,
wurde entsandt. Die EU gelangte zu dem Schluss, dass diese Wahlen eine erhebliche Verbesserung
gegenüber vorangegangenen Wahlen darstellten und als die glaubwürdigsten Wahlen seit der
Rückkehr Nigerias zur Demokratie im Jahre 2009 betrachtet werden könnten. Dennoch wurde eine
Reihe von Unregelmäßigkeiten und Mängel beobachtet und gemeldet. Die Empfehlungen der EU-
Wahlbeobachtungsmission sind in die Schlussfolgerungen der Unabhängigen Nationalen
Wahlkommission Nigerias (INEC) eingeflossen. Nach den Wahlen kam es zu einem
Gewaltausbruch, den die EU in einer vor Ort abgegebenen Erklärung verurteilte.
9238/12 mp,ms/ib 212
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 269 – Drucksache 17/12922
Die Menschenrechte wurden im Rahmen des Prozesses des "Gemeinsamen Vorangehens" (Joint
Way Forward) auch weiterhin als Priorität betrachtet. Im März 2011 wurde das Gesetz über die
Kommission für Menschenrechte verabschiedet. Zum neuen Vorsitzenden dieser Kommission
wurde im Dezember 2011 ein Menschenrechtsaktivist ernannt. Im Juni 2011 wurde das Gesetz über
die Informationsfreiheit verabschiedet.
Die EU verfolgte weiterhin die Menschenrechtslage, einschließlich im Rahmen der vor Ort tätigen
EU-Arbeitsgruppe "Menschenrechte". Im Juli 2011 arbeiteten die Missionsleiter einen Bericht über
die Religions- und Weltanschauungsfreiheit aus. Mit Vertretern der Zivilgesellschaft wurden
mehrere Treffen organisiert, um den Gesetzesvorschlag zur Ehe zwischen Partnern desselben
Geschlechts zu erörtern.
Zudem wurde die Menschenrechtslage in Nigeria in Sitzungen mit dem Vorsitzenden des
Rechtsausschusses des Repräsentantenhauses und dem Vorsitzenden des Menschenrechts-
ausschusses des Senats erörtert. Eine ursprünglich für Dezember 2011 angesetzte Sitzung des
lokalen Dialogs über Menschenrechte wurde schließlich vertagt und fand im Februar 2012 statt.
2011 wurden acht Projekte durchgeführt, die durch das länderspezifische Förderprogramm (CBSS)
des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) unterstützt wurden.
Im Dezember 2011 erging ein neuer Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen für das EIDHR-
CBSS.
Die EU verurteilte in Erklärungen die Gewalt zwischen Volksgruppen sowie die terroristischen
Anschläge, so auch den Anschlag auf das VN-Hauptquartier im August 2011 und die Anschläge auf
Kirchen in der Weihnachtszeit.
9238/12 mp,ms/ib 213
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 270 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.4.20 Ruanda
Ergänzend zur unmittelbaren Unterstützung der Regierung gewährt die EU auch Hilfen für die
Zivilgesellschaft. 2011 wurde der Dialog mit der Zivilgesellschaft fortgesetzt, wobei die politische
Führung stärker in den Blick genommen wurde.
Die EU und Ruanda hielten regelmäßig Sitzungen zum Wahlprozess (Präsidentschafts-,
Kommunal- und Senatswahlen) und zur allgemeinen regelmäßigen Überprüfung ab; letztere ist ein
Instrument des strategischen und politischen Dialogs.
Zudem wurden in enger Zusammenarbeit zwischen der EU-Delegation, dem nationalen
Rechnungshof und Vertretern der Zivilgesellschaft im Rahmen des Finanzierungsabkommens
"Mitspracherecht und Verantwortlichkeit" zum 10. EEF vorbereitende Arbeiten für einen an
nichtstaatliche Akteure gerichteten Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen (Mittelausstattung:
2 Mio. EUR) durchgeführt.
Dieser Aufrufs dient spezifisch der Förderung von Sensibilisierungs- und
Überwachungsmaßnahmen in den Bereichen Justiz und Menschenrechte, entsprechend den
Empfehlungen der zuständigen Arbeitsgruppe und den freiwilligen Verpflichtungen Ruandas im
Rahmen der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung.
9238/12 mp,ms/ib 214
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 271 – Drucksache 17/12922
Insgesamt wurde die finanzielle Unterstützung Ruandas 2011 kontinuierlich erhöht, da im Rahmen
der beiden spezifischen Programme "Europäisches Instrument für Demokratie und
Menschenrechte" (EIDHR) und "Nichtstaatliche Akteure und lokale Behörden im
Entwicklungsprozess" neue Verträge unterzeichnet wurden. Zwischen dem zweiten Halbjahr 2010
und 2011 wurden insgesamt 13 neue Verträge über rund 6 Mio. EUR unterzeichnet. Diese Projekte
haben folgende Zielstellungen: Gewährleistung eines transparenteren Wahlprozesses durch
Wahlbeobachtung und Förderung der politischen Bildung; Unterstützung einer mit Studien über
ethnische Zugehörigkeit und sozialen Zusammenhalt befassten Reflexionsgruppe; Verstärkung der
nationalen Kampagne gegen Korruption; Hilfe für Opfer von Gewalt in den Grenzgebieten;
Beobachtung und anwaltschaftliche Arbeit in Bezug auf die unlängst verabschiedete Landreform;
Stärkung der Dezentralisierung und der lokalen Verwaltungsstrukturen.
Ende 2011 umfasste das Portfolio EU-Ruanda über 60 laufende Projekte, die über die
verschiedenen thematischen Programme zur Unterstützung der Zivilgesellschaft finanziert wurden.
5.4.21 Senegal
Senegal ist eine demokratisches und stabiles Land mit einer insgesamt positiven
Menschenrechtsbilanz. Dies wurde 2011 bestätigt.
Allerdings wurde nach den Demonstrationen vom 23. Juni 2011 im Vorfeld der Präsidentschafts-
wahlen (26. Februar 2012) eine Schikanierung der Opposition und der Zivilgesellschaft durch die
Polizei und Verwaltungsbehörden festgestellt. Zudem wurde die Verbreitung des 14. Jahresberichts
der Beobachtungsstelle zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern, den der Internationale Bund
der Ligen für die Menschenrechte (FIDH) veröffentlicht hat, von den Zollbehörden ohne Angabe
triftiger Gründe verzögert.
9238/12 mp,ms/ib 215
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 272 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Zudem gibt der anhaltende, unterschwellige Konflikt in der Region Casamance Anlass zur Sorge.
Auch 2011 kam es sporadisch zu Zusammenstößen mit zahlreichen Opfern – über 60 Tote, darunter
Zivilpersonen –, hauptsächlich als Folge des Banditentums; so soll Ende November eine Gruppe
von 10 Holzfällern von räuberischen Banden hingerichtet worden sein. Zu keinem Zeitpunkt haben
die Behörden Einzelheiten zu diesem Fall bekannt gegeben. Die Bemühungen, in Verhandlungen
eine dauerhafte Lösung des Konflikts herbeizuführen, sind bislang gescheitert.
Die EU und Senegal führen einen strukturierten politischen Dialog nach Artikel 8 des Cotonou-
Abkommens, der einvernehmlich festgelegte Prioritäten, gemeinsame Programme und beiderseitige
Verpflichtungen beinhaltet. Jedes Jahr finden zwei Sitzungen statt. Die Menschenrechte,
einschließlich der obengenannten Fragen, werden kontinuierlich thematisiert.
Die EU unterstützte auch weiterhin Demarchen der internationalen Gemeinschaft, die Senegal dazu
bewegen sollen, den wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter Anklage stehenden
(gegenwärtig in Senegal ansässigen) früheren Präsidenten von Tschad, Hissène Habre, entweder vor
ein senegalesisches Gericht zu stellen oder ihn auszuliefern. Belgien hat einen von der EU
unterstützten Auslieferungsantrag gestellt. Diese Angelegenheit steht stets auf der Tagesordnung
der oben genannten Sitzungen zum politischen Dialog nach Artikel 8 des Cotonou-Abkommens.
9238/12 mp,ms/ib 216
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 273 – Drucksache 17/12922
5.4.22 Somalia
2011 dauerte der Konflikt in Süd-/Zentralsomalia an und forderte viele Opfer in der Zivil-
bevölkerung, insbesondere in den von der radikal-islamistischen Bewegung Al Shabaab
kontrollierten Gebieten. Die EU förderte die Sicherheitslage durch ihre GSVP-Mission zur
Ausbildung der nationalen somalischen Sicherheitskräfte ("NSF") in Uganda ("EUTM Somalia")
sowie durch ihre umfassende Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Somalia
("AMISOM") im Rahmen der Friedensfazilität für Afrika. Im August 2011 gelang es den NSF- und
AMISOM-Kräften, die Kämpfer der Al Shabaab zum Rückzug aus der Hauptstadt Mogadischu zu
zwingen. NSF und AMISOM sicherten die Hauptstadt und schufen bessere Rahmenbedingungen
für die Achtung und Förderung der Menschenrechte und die Umsetzung von Kampala vom Mai
2011. Zudem beinhaltet die EUTM Ausbildungsmodule zu Menschenrechts- und Gleichstellungs-
fragen, die zu einer besseren Achtung der Rechte durch die Truppen geführt haben.
Im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte führte die EU
unterschiedliche Projekte durch, die der Förderung einer unabhängigen Medienlandschaft, der
Unterstützung der Menschenrechtskommission in der Region Somaliland, dem landesweiten
Aufbau von Konfliktverhütungskompetenzen bei Stammesältesten und geistigen Führern, der
Schaffung inländischer Wahlbeobachtungskapazitäten und der Eröffnung eine Dialogs zwischen der
Zivilgesellschaft und den somalischen Behörden dienten.
Landesweit wurden Polizeikräfte und Richter in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Bekämpfung
der Straflosigkeit geschult. Mit Unterstützung der EU wurden in der Region Somaliland drei
Staatsanwältinnen (von insgesamt 9) sowie Polizeibeamtinnen ernannt.
Im Rahmen des Demokratisierungsprozesses unterstützte die EU den Entwurf einer
Bundesverfassung, in deren Rahmen Audits zu Menschenrechts- und Gleichstellungsfragen
durchgeführt wurden. In den Regionen Somaliland und Puntland unterstützte die EU die Öffnung
des politischen Raums, sowie die Einsetzung der betreffenden Wahlkommissionen und deren
Kapazitätsaufbau.
9238/12 mp,ms/ib 217
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 274 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.4.23 Südafrika
Am 15. September 2011 fand im Krüger-Nationalpark (Südafrika) der vierte Gipfel EU-Südafrika
statt, in dessen Verlauf beide Seiten ihr Engagement für eine auf gemeinsamen Werten, darunter
Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, beruhende strategische Partnerschaft
bekräftigten, und auch ihre Entschlossenheit zum Ausdruck brachten, in internationalen Gremien in
Menschenrechtsfragen zusammenzuarbeiten.
Im Februar 2011 fand der vierte informelle Menschenrechtsdialog zwischen der EU und Südafrika
statt; dieser baute auf den seit Dezember 2009 geführten Dialogen auf. Thematisiert wurde unter
anderem die Zusammenarbeit in multilateralen Foren, sowie den afrikanischen Kontinent und
Südafrika betreffende Fragen. Die EU und Südafrika haben vereinbart, ihren Dialog im Jahr 2012
zu formalisieren.
Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit zwischen Südafrika und der EU wurden die
Menschenrechte auch weiterhin durch unterschiedliche Programme gefördert, darunter das
Programm für den Zugang zur Justiz und die Förderung der Verfassungsrechte; darüber hinaus
wurde die Zivilgesellschaft über das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte
unterstützt.
Im Jahresverlauf verfolgte die EU weiterhin die Entwicklungen und brachte Südafrika gegenüber
Menschenrechtsaspekte zur Sprache, unter anderem die Registrierung und Zwangsrückführung von
Zuwanderern aus Simbabwe, die laufende Debatte über die Verabschiedung des Mediengesetzes
("Protection of State Information Bill") oder die Lage von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und
Transgender-Personen in Südafrika.
Im multilateralen Kontext war das Jahr 2011 vor allem geprägt durch die Verabschiedung der von
Südafrika eingebrachten "Resolution über Menschenrechte, sexuelle Orientierung und
Geschlechtsidentität" durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am 17. Juni 2011. In
dieser, von der EU nachdrücklich unterstützten und begrüßten Resolution wird erstmals die
weltweite Einstellung der Diskriminierung aus Gründen der sexuellen Orientierung gefordert und
als "Priorität" der Vereinten Nationen anerkannt.
9238/12 mp,ms/ib 218
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 275 – Drucksache 17/12922
5.4.24 Sudan
Die Glaubwürdigkeit der Volksabstimmung vom Januar 2011 und die Anerkennung ihres
Ergebnisses durch Khartum waren die vorrangigen politischen Prioritäten der EU für 2011.
Besondere Aufmerksamkeit wurde auch dem Zeitraum vor und nach der Unabhängigkeitserklärung
Südsudans vom 9. Juli 2011 gewidmet.
Diese beiden Meilensteine wurden unter friedlichen Rahmenbedingungen gesetzt; allerdings
verschlechterte sich die Lage in den Monaten nach der Unabhängigkeitserklärung Südsudans mit
dem Ausbruch von Gefechten zwischen den sudanesischen Streitkräften (SAF) und der
Sudanesischen Volksbefreiungsarmee SPLA-North in Süd-Kurdufan und im Bundesstaat Blauer Nil
erheblich. Der anhaltende Konflikt hat eine gravierende humanitäre Lage geschaffen, und in den
Konfliktgebieten wurden schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen festgestellt, so auch in
Darfur, obgleich im Juli 2011 in Doha das Friedensabkommen für Darfur unterzeichnet worden
war.
Im Berichtszeitraum hat sich die allgemeine Menschenrechtslage in Sudan nicht verbessert.
Willkürliche Verhaftungen sowie gezieltes Vorgehen gegen Personen aufgrund ihrer ethnischen
Zugehörigkeit wurden auch weiterhin in weiten Teilen des Lande verzeichnet. Für Oppositionelle,
Jugendgruppen, Menschenrechtsaktivisten und Journalisten bestand weiter ein großes Risiko,
wegen ihrer politischen Zugehörigkeit aufgrund einer völlig fehlenden Rechenschaftspflicht vom
Nationalen Sicherheitsdienst schikaniert, willkürlich verhaftet und misshandelt zu werden. Die
staatliche Zensur und Kontrolle der Regierung über die Medien, insbesondere Zeitungsverlage, war
nach wie vor umfassend.
Auch der künftige Status südsudanesischer Bürger, die im Norden (Sudan) wohnen, gab in
Ermangelung eines entsprechenden Abkommens zwischen dem Norden und dem Süden Anlass zu
Besorgnis. Eine weitere Herausforderung stellt die Überarbeitung der Verfassung dar, da Präsident
Bashir angekündigt hat, dass diese sich auf die Scharia stützen werde.
9238/12 mp,ms/ib 219
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 276 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Seit der mit der Unabhängigkeit Südsudans einhergegangenen Beendigung des Mandats der
UNMIS ist bei der Beobachtung der Menschenrechtslage ein Vakuum entstanden. Was Darfur
anbelangt, so ist die UNAMID weiterhin in der Lage, diese Beobachtungsfunktion über ihre
Menschenrechtsabteilung wahrzunehmen. Die Koordinierung der Anstrengungen der
internationalen Gemeinschaft im Bereich der Menschenrechte wurde ebenfalls durch die
Beendigung der UNMIS beeinträchtigt. Es gibt Pläne zur Wiederbelebung des "Internationalen
Partnerschaftsforums", eines Forums zur Koordinierung der Menschenrechtstätigkeiten, dessen
Vorsitz damals die UNMIS und die EU-Delegation in Khartum geführt haben.
Im Kontext der Schaffung eines ernsthaften Menschenrechtsdialogs mit den sudanesischen
Behörden muss auf die Einsetzung der Nationalen Menschenrechtskommission hingewiesen
werden. Die Auswahl und die Unabhängigkeit ihrer Mitglieder lassen allerdings Zweifel daran
aufkommen, ob diese Kommission eine konstruktive Rolle bei der Förderung und dem Schutz der
Menschenrechtsnormen wahrnehmen kann.
Es wurde eine dreijährige EU-Menschenrechtsstrategie für Sudan ausgearbeitet, die acht prioritäre
Bereiche beinhaltet. Näheres hierzu, so auch eine detaillierte Analyse der Menschenrechtslage in
Sudan, ist dem am 13. Dezember 2011 verbreiteten umfassenden Dokument zu entnehmen.
Im Mai 2011 nahm Sudan an der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung (Universal Periodic
Review – UPR) teil.
5.4.25 Südsudan
Südsudan wurde nach einem überwältigenden Votum für die Abspaltung während des
Referendums, das im Januar 2011 über die Selbstbestimmung abgehalten wurde, im Juli 2011
unabhängig.
Die im Entstehen begriffenen südsudanesischen Staatsstrukturen leider noch immer unter den
Folgen von Unterentwicklung und jahrzehntelangen Kriegen, und die Kapazitäten sind äußerst
beschränkt. Die im Entstehen begriffenen südsudanesischen Staatsstrukturen leider noch immer
unter den Folgen von Unterentwicklung und jahrzehntelangen Kriegen, und die Kapazitäten sind
äußerst beschränkt. Die Verstöße reichen von unrechtmäßigen Festnahmen bis hin zum Einsatz
ungerechtfertigter Gewalt bei Kampagnen zur Entwaffnung der Zivilbevölkerung.
9238/12 mp,ms/ib 220
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 277 – Drucksache 17/12922
Das Strafverfolgungs- und das Justizsystem in Südsudan sind infolge des Mangels an qualifiziertem
Personal und des Vertrauens auf das Gewohnheitsrecht schwach, was bei der Rechtspflege zu
Straffreiheit bei Verbrechen und schweren Menschenrechtsverletzungen führt. Zu diesen Verstößen
zählen willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, das Fehlen von Rechtsberatung und beistand,
lange Untersuchungshaftzeiten sowie schlechte Haftbedingungen.
Im Berichtszeitraum kosteten interethnische gewaltsame Konflikte zwischen Teilen der Land-
bevölkerung um Vieh und Ressourcen zahlreiche Menschenleben. Im selben Kontext waren
Entführungen von Frauen und Kindern an der Tagesordnung. Die Sicherheitskräfte waren oft nicht
in der Lage, Zivilisten zu schützen – nicht zuletzt wegen mangelnder Ausbildung und Ausrüstung.
Angehörige der Sudanesischen Volksbefreiungsarmee verübten Verstöße gegen Zivilisten, darunter
rechtswidrige Tötungen, Misshandlungen und Plünderungen.
Die Kämpfe zwischen der Volkbefreiungsarmee und bewaffneten Oppositionsgruppen forderten
zudem Hunderte von zivilen Todesopfern und führten zur Vertreibung Tausender Personen sowie
zur Zerstörung von Unterkünften und anderer Besitztümer der Zivilbevölkerung.
Die EU unterstützt die Bemühungen der Regierung um Verbesserung der Menschenrechtslage mit
technischer Hilfe – insbesondere für die Justiz – sowie im Rahmen der Menschenrechtskommission.
Über das EIDHR unterstützt werden beispielsweise Projekte im Zusammenhang mit den Rechten
der Frau, mit Menschen mit Behinderungen oder auch mit der Förderung des Pluralismus.
Die EU hat ferner mit der Regierung einen politischen Dialog über Menschenrechtsfragen aufge-
nommen. Die EU unterstützt des Weiteren die Schritte der Regierung, die den Beitritt zu Verträgen
und Übereinkommen im Bereich der Menschenrechte bzw. deren Ratifizierung zum Ziel haben.
Positiv ist anzumerken, dass der Wille der Regierung Südsudans begrüßt wird, mit dem
VN-Menschenrechtsrat zusammenzuarbeiten, um die Menschenrechtslage im Land anzugehen.
9238/12 mp,ms/ib 221
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 278 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.4.26 Togo
2011 hat sich Togo der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung unterzogen und hat zahlreiche
Empfehlungen angenommen; dieser Prozess wurde von der EU aktiv verfolgt. Die Kommission für
Gerechtigkeit, Wahrheit und Versöhnung (TJRC), die 2009 eingesetzt worden war, um die
zwischen 1958 und 2005 begangenen politischen Verbrechen zu untersuchen, setzte ihre Arbeit mit
erheblicher finanzieller Unterstützung der EU fort. Über 20 000 Erklärungen wurden abgegeben,
und landesweit wurden Anhörungen veranstaltet. Zudem unterstützte die EU eine Plattform
zivilgesellschaftlicher Organisationen, die in diesem Bereich tätig sind, um ein verstärktes
Engagement der Zivilgesellschaft und der Bürger für den Prozess der nationalen Versöhnung zu
fördern.
Von Menschenrechtsverteidigern wird weiterhin die Straflosigkeit und die unzureichende
Unabhängigkeit der Justiz als ein Hauptproblem neben mutmaßlichen Fällen von rechtswidriger
Haft und von Folter herausgestellt. Die Nationale Menschenrechtskommission wurde beauftragt,
diese Fälle zu untersuchen.
Diese Kommission sowie das Ministerium für Menschenrechte, die Menschenrechtskommission der
Nationalversammlung und die Hohe Behörde für audiovisuelle Medien und Kommunikation
wurden von der EU zwecks Aufbau ihrer Kapazitäten unterstützt. Zudem stellte die EU auch
weiterhin erhebliche finanzielle Mittel für das Nationale Programm zur Modernisierung des
Justizsystems bereit, so auch für die Aus- und Fortbildung, Gesetzesreformen und Infrastrukturen.
Häftlinge, Frauen und Kinder zählen zu den besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen. Die EU
unterstützte die Zivilgesellschaft dabei, die Achtung der Menschenrechte zu fördern, insbesondere
im Hinblick auf diese gefährdeten Bevölkerungsgruppen. Als äußerst erfolgreich erwies sich u.a.
ein von der EU finanziertes Projekt, welches Häftlinge bei der Wahrnehmung ihrer Rechte
unterstützt und ihre soziale Wiedereingliederung erleichtert. Zudem wurden im Rahmen des
thematischen Programms "Nichtstaatliche Akteure und lokale Behörden" fünf Projekte mit
Schwerpunkt lokale Entwicklung und Bürgerbeteiligung finanziert.
9238/12 mp,ms/ib 222
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 279 – Drucksache 17/12922
Im Rahmen eines EU-finanzierten Projekts zur Unterstützung des Wahlprozesses wurden neue
Tätigkeiten mit folgenden Zielstellungen ausgearbeitet: Förderung der politischen Bildung,
Veranstaltung von Schulungen für politische Parteien und die Zivilgesellschaft zu den Themen
Demokratie und Wahlen, Förderung der Beteiligung von Frauen am öffentlichen und politischen
Leben und Ausbau der Kapazitäten der Unabhängigen Nationalen Wahlkommission.
Im Februar 2011 unterzeichnete die EU ein Finanzierungsabkommen für ein mit 6 Mio. EUR
ausgestattetes Projekt zum Ausbau der Fähigkeiten der Zivilgesellschaft und zur Unterstützung
ihres Wirkens, insbesondere im Bereich der Versöhnung und der Menschenrechte. Ergänzend zu
diesen Maßnahmen hat die EU im Rahmen der politischen Dialoge auch weiterhin ihre Anliegen in
Bezug auf Menschenrechtsangelegenheiten zur Sprache gebracht.
5.4.27 Uganda
Das wichtigste politische Ereignis in Uganda waren 2011 die Parlaments- und Präsidentschafts-
wahlen, die im Februar stattfanden. In ihrer Erklärung zu den Wahlen begrüßte die Hohe Vertreterin
deren friedliche Durchführung. Die EU hatte eine Wahlbeobachtungsmission entsandt; im Mai legte
der leitende Beobachter seinen Bericht vor. Auf der Grundlage dieses Berichts hat die EU mit der
Regierung über die Umsetzung einiger der wichtigsten Empfehlungen beraten, insbesondere im
Hinblick auf die Zusammensetzung der Wahlkommission, die Finanzierung von Wahlkampagnen
und die Wählerregistrierung. Präsident Museveni hat mehrfach zugestimmt, Möglichkeiten für eine
Reform der Wahlkommission sowie weiterer Reformen zu prüfen. Die Regierung hat schriftliche
Informationen zu verschiedenen Beispielen für Wahlkommissionen erhalten.
Nach den Wahlen hat die EU ihre Bemühungen fortgesetzt, den politischen Spielraum möglichst
weit offen zu halten. Als die ugandischen Sicherheitskräfte mit exzessiver Gewalt gegen die
Proteste unter dem Motto "Zu Fuß zur Arbeit" vorgingen, gab die EU vor Ort eine Erklärung zum
Recht auf friedliche Demonstration ab, in der sie alle Seiten in Uganda aufforderte, politische
Konflikte auf friedlichem Wege zu lösen.
9238/12 mp,ms/ib 223
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 280 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Um eine weitere Einschränkung der politischen Freiheiten durch künftige Rechtsvorschriften zu
verhindern, setzte die EU wichtige Gesetzgebungsvorschläge auf die Tagesordnung des politischen
Dialogs. Als Änderungen in Betracht gezogen wurden, die in der Verfassung enthaltenen Artikel
zum Recht auf Kautionsstellung zu beschränken, erinnerte die EU die Regierung an das grund-
legende Prinzip der Unschuldsvermutung. Unter Hinweis auf das Recht auf freie Meinungs-
äußerung und Versammlungsfreiheit kritisierte die EU den Entwurf eines Gesetzes über die
Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, in dem Bestimmungen vorgesehen waren, die der
Polizei umfassende Befugnisse geben sollten, öffentliche Versammlungen zu verbieten. Über den
Entwurf wurde eingehend diskutiert; voraussichtlich wird er 2012 in einer geänderten Fassung
angenommen.
Die EU hat ferner die Frage der Abschaffung der Todesstrafe zur Sprache gebracht. Mit der
Begründung, sie werde nach wie vor von einem Großteil der Bevölkerung unterstützt, hält die
Regierung an der Todesstrafe fest, auch wenn sie selten verhängt wird und seit 2003 (zuletzt durch
ein Kriegsgericht) nicht mehr vollstreckt wurde.
Die EU erinnerte die Regierung an die Notwendigkeit, das VN-Übereinkommen gegen Folter in
innerstaatliches Recht umzusetzen. Die von einem Parlamentsabgeordneten eingebrachte, von der
Regierung unterstützte Gesetzesvorlage zur Folter ist derzeit im Parlament anhängig und soll 2012
angenommen werden. Die Ratifizierung des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen der VN
gegen Folter ist noch nicht erfolgt.
Die EU hat die Lage von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgenderpersonen in Uganda, die
diskriminiert, verfolgt und offen bedroht werden, weiterhin aufmerksam beobachtet. Im Dialog mit
der Regierung, nicht zuletzt dem Präsidenten, hat die EU bei jeder Gelegenheit ihre Besorgnis über
die Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgenderpersonen zum Ausdruck
gebracht. Darüber hinaus hat die EU Menschenrechtsorganisationen vor Ort unterstützt, indem sie
ihnen Schutz geboten und sich bemüht hat, im Land herrschende Vorurteile abzubauen. Der
drakonische Entwurf eines Gesetzes gegen Homosexualität wurde 2011 vom damaligen Parlament
zurückgestellt (jedoch 2012 erneut eingebracht).
9238/12 mp,ms/ib 224
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 281 – Drucksache 17/12922
Die EU war unter den Entwicklungspartnern in Uganda eine treibende Kraft für die Unterstützung
von Menschenrechtsverteidigern; im Februar 2011 wurde die diesbezügliche lokale
Umsetzungsstrategie angenommen.
Auf technischer Ebene schließlich beteiligt sich die EU an einem aus Mitteln mehrerer Geber (sechs
EU-Mitgliedstaaten, Norwegen, EU-Delegation) gespeisten Fond zur Verbesserung der
demokratischen Regierungsführung in Uganda; besonderes Augenmerk galt dabei dem
Demokratiezuwachs, dem Zugang zur Justiz und größerer Rechenschaftspflicht.
5.4.28 Simbabwe
Im Februar 2011 beschloss die EU, 35 Personen von der Liste für die Visumsperre und das
Einfrieren von Vermögenswerten zu streichen und die Gültigkeit folgender weiterer gegen
Simbabwe verhängter Maßnahmen zu verlängern: i) Visumsperre und Einfrieren von
Vermögenswerten gemäß einer Liste benannter Personen und Unternehmen; ii) Waffenembargo
und iii) weitere Maßnahmen im Rahmen von Artikel 96 des Cotonou-Abkommens.
Hierbei handelt es sich um mit großer Sorgfalt festgelegte gezielte Maßnahmen, die hautsächlich
die betreffenden Personen und nicht die Wirtschaft treffen sollen. Tatsächlich haben die EU und
ihre Mitgliedstaaten seit der Bildung der Regierung der nationalen Einheit nahezu 1 Milliarde USD
an Entwicklungshilfe bereitgestellt, um die Bedürfnisse der Bevölkerung Simbabwes zu decken,
auch in der Form von Leistungen im Bereich der ärztlichen Versorgung und der Bildung.
Bei der Annahme dieser Maßnahmen nahm die EU Kenntnis von den erheblichen Fortschritten, die
bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise und der Verbesserung der sozialen Grundversorgung
erzielt worden waren. Allerdings war die EU der Ansicht, dass die wirtschaftlichen und sozialen
Entwicklungen nicht mit gleichwertigen Fortschritten im politischen Bereich einhergegangen sind.
Die EU verwies auf die Notwendigkeit weiterer Reformen in Bezug auf die Achtung der Rechts-
staatlichkeit, der Menschenrechte und der Demokratie, die unerlässlich sind, um ein günstiges
Umfeld für glaubwürdige Wahlen zu schaffen. In diesem Zusammenhang bekundete die Hohe
Vertreterin ihre tiefe Besorgnis über den starken Anstieg der politischen Gewalt zu Jahresbeginn.
Die EU hat zudem ihre Bereitschaft bekräftigt, ihre Maßnahmen als Reaktion auf etwaige weiteren
Reformen anzupassen.
9238/12 mp,ms/ib 225
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 282 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Bildung der Regierung der nationalen Einheit (GNU) verlieh dem Ausbau der Beziehungen
zwischen der EU und Simbabwe neuen Schwung. Seither wurde der politische Dialog wieder
aufgenommen – mit dem gemeinsamen Ziel, die Beziehungen schrittweise zu normalisieren. Seit
2009 gab es mehrere Treffen auf hoher Ebene: im Juni 2009 (EU-Simbabwe Troika-Sitzung in
Brüssel unter der Leitung von Premierminister Tsvangirai), im September 2009 (Besuch der EU-
Troika in Harare) und im Juli 2010 (Ministertreffen in Brüssel, mit Gesprächen zwischen dem für
die Wiederaufnahme der Zusammenarbeit zuständigen Ministerteams von Simbabwe, der Hohen
Vertreterin Ashton und Kommissionsmitglied Piebalgs).
Die EU hat die Menschenrechtslage in Simbabwe auch nach der Amtsaufnahme der Regierung der
nationalen Einheit weiterhin aufmerksam beobachtet. 2011 legte die EU in enger Abstimmung mit
ihren Mitgliedstaaten eine EU-Menschenrechtsstrategie mit den Prioritäten für die Unterstützung
und die Zusammenarbeit mit den Organisationen der Zivilgesellschaft und den Institutionen im
Vorfeld der Wahlen fest.
Die EU finanziert eine große Bandbreite von Tätigkeiten in Simbabwe, die dazu beitragen sollen,
ein offenes politisches Umfeld, in dem die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit geachtet
werden, zu schaffen und aufrechtzuerhalten und das Land auf den Weg zu glaubwürdigen Wahlen
zu bringen. Die EU hat eine kurzfristige Strategie zur weiteren Förderung der in dem Umfassenden
Politischen Abkommen festgelegten Reformen, insbesondere des Verfassungs-, Wahl- und
Versöhnungsprozesses, sowie der Reform des Justizsystems festgelegt. Diese Strategie ist vorrangig
auf die Zivilgesellschaft ausgerichtet; seit 2009 wurden allein von der Europäischen Kommission
30 Mio. EUR zur Unterstützung ihrer Tätigkeiten bereitgestellt.
9238/12 mp,ms/ib 226
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 283 – Drucksache 17/12922
5.5. Naher und Mittlerer Osten und Arabische Halbinsel
Die Unruhen in der arabischen Welt haben auch die Golfstaaten erfasst, allerdings in geringerem
Maße. Die Regime der Golfregion waren bestrebt, die Revolutionsbewegungen einzudämmen und
zu entkräften, insbesondere durch die Bereitstellung umfassender "Finanzpakete" und das Eingehen
auf die sozialen Bedürfnisse, wobei sie politische Anliegen ignorierten und vereinzelt weitere
Einschränkungen der bereits sehr begrenzten bürgerlichen Freiheiten durchsetzten. Während der
Unruhen verwies die EU mit Nachdruck auf die Notwendigkeit innenpolitischer Reformen und
eines nationalen Dialogs und erklärte sich gleichzeitig bereit, diese Reformen zu unterstützen, wenn
sie darum gebeten wird.
Die EU und der Golf-Kooperationsrat (GCC) hatten im Rahmen der 21. Tagung des gemeinsamen
EU-GCC-Rates und der Ministertagung in Abu Dhabi vom 20. April 2011 Gelegenheit zu einem
Gedankenaustausch über Menschenrechtsfragen; dabei kamen sie überein, Möglichkeiten für eine
Zusammenarbeit in diesem Bereich auszuloten.
Besonders aufmerksam verfolgte die EU weiterhin die Entwicklungen, die sich auf die Zivil-
gesellschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten auswirken, insbesondere die Gerichtsverfahren
gegen mehrere Menschenrechtsverteidiger. Ebenso wie in Katar und Kuwait entwickelte die EU in
den Vereinigten Arabischen Emiraten eine lokale Menschenrechtsstrategie, die es ihr ermöglichte,
Prioritäten zu setzen, besorgniserregende Punkte zu identifizieren und Kooperationsbereiche auf
dem Gebiet der Menschenrechte zu bestimmen.
In Oman gab die Schließung der Zeitung Al-Zaman Anlass zur Sorge und veranlasste die EU, diese
Angelegenheit mit der Regierung von Oman zu behandeln, um weitere Einschränkungen der
Medienfreiheit zu verhindern.
9238/12 mp,ms/ib 227
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 284 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.5.1 Saudi-Arabien
Die EU brachte im Rahmen ihrer Beziehungen zu Saudi-Arabien auch weiterhin Menschen-
rechtsangelegenheiten zur Sprache, insbesondere im Hinblick auf die Todesstrafe, die Lage der
Frauen und die Pressefreiheit. Themenspezifische Erklärungen wurden zu den Frauenrechten,
beispielsweise zur politischen Mitwirkung und zur Gleichberechtigung (anlässlich der Protestaktion
der Autofahrerinnen) veröffentlicht. Im September 2011 begrüßte die EU die Tatsache, dass
saudische Frauen ab 2012 zu Mitgliedern des Shura-Konsultativrates ernannt werden können und
zudem bei den Kommunalwahlen 2015 wählen und sich zur Wahl stellen dürfen.
Was die Problematik der Todesstrafe anbelangt, so war 2011 eine Zunahme der Hinrichtungen zu
verzeichnen. Besonders bedenklich war, dass bei den meisten Hinrichtungen die internationalen
Mindeststandards missachtet wurden; so kann es zur Vollstreckung von Todesurteilen wegen
mutmaßlicher Drogenstraftaten oder Hexerei. Die EU unternahm Demarchen bei den zuständigen
Behörden und forderte erneut zumindest ein De-facto-Moratorium.
Ferner hat sie weitere Bereiche bestimmt, in denen Fortschritte erwartet werden. Besondere
Aufmerksamkeit gilt der Meinungsfreiheit. Die EU hat sich bei den saudischen Behörden für
einzelne Personen eingesetzt, denen Gerichtsverfahren bevorstanden, weil sie ihre Auffassungen im
Internet geäußert hatten. Andere Problembereiche sind unter anderem die Rechte des Kindes, die
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die Freiheit der Religion oder Weltanschauung.
Von besonderem Interesse ist auch die Lage der Wanderarbeiter im Land.
Die EU lässt Saudi-Arabien regelmäßig wissen, dass ein angemessener Schutz der Grundfreiheiten
einschließlich bei der Anwendung internationaler Übereinkommen erforderlich ist. Diese
Botschaften werden sowohl auf bilateraler Ebene als auch im Rahmen der Treffen zwischen der EU
und dem Golf-Kooperationsrat übermittelt.
9238/12 mp,ms/ib 228
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 285 – Drucksache 17/12922
5.5.2 Bahrain
Als sich in Bahrain im Februar 2011 Demonstranten versammelten, forderte die EU alle Parteien in
Bahrain dazu auf, auf Gewalt zu verzichten und einen Dialog aufzunehmen, um ihre unter-
schiedlichen Standpunkte auf friedliche und konstruktive Weise zu erörtern. Eine erste öffentliche
Erklärung wurde Mitte Februar abgegeben. Nach der Entsendung von Streitkräften durch den Golf-
Kooperationsrat am 15. März 2011 und dem gewaltsamen Vorgehen gegen Demonstranten
entsandte die Hohe Vertreterin Ashton einen Sonderbeauftragen zu Gesprächen mit einem breiten
Spektrum von Gesprächspartnern nach Manama. Die Hohe Vertreterin richtete die Botschaften der
EU auch direkt an den Außenminister Bahrains, den persönlichen Gesandten des Königs und an
König Hamad persönlich.
Durch einen stetigen Strom von Erklärungen im Laufe des Jahres 2011 sowie diplomatische
Kontakte mit den bahrainischen Behörden wurde die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die
Menschenrechtslage sowie auf die Notwendigkeit gelenkt, die Täter unteschiedslos aus allen
Gesellschaftsteilen zur Verantwortung zu ziehen, ein Datum für den Besuch durch die Hohe
Menschenrechtskommissarin der Vereinten Nationen festzulegen und eine echte Versöhnung in der
gesamten bahrainischen Gesellschaft zu fördern. Die Hohe Vertreterin sorgte dafür, dass die Lage
in Bahrain auf die Tagesordnung mehrerer EU-Außenministertagungen gesetzt wurde, woraufhin
Schlussfolgerungen erstellt wurden, in denen zur Achtung und zum Schutz der Menschenrechte
aufgerufen wurde. Die Staats- und Regierungschefs der EU brachten auf ihrer Tagung vom Juni
2011 ihre Besorgnis über das Vorgehen im Zusammenhang mit den Gerichtsverfahren gegen
Oppositionsmitglieder in Bahrain und deren Verurteilung zum Ausdruck und appellierten an
Bahrain, für die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu sorgen.
Der von der EU, der internationalen Gemeinschaft und zahlreichen zivilgesellschaftlichen
Organisationen ausgeübte Druck führte zu einigen Ergebnissen: im Juni 2011 wurde eine
unabhängige Untersuchungskommission zur Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen
eingesetzt und die Gerichtsverfahren und Urteile der Gerichte für Nationale Sicherheit wurden
nachgeprüft. Die EU nahm den Bericht der unabhängigen Untersuchungskommission mit
Zufriedenheit zur Kenntnis und erklärte sich erneut bereit, Bahrain bei der Umsetzung der darin
enthaltenen Empfehlungen zu unterstützen.
9238/12 mp,ms/ib 229
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 286 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.5.3 Iran
Die Verschlechterung der Menschenrechtslage in der Islamischen Republik Iran gab der EU auch
im Jahr 2011 Anlass zu großer Besorgnis. Die EU nutzte jeden verfügbaren Kanal, um den
iranischen Behörden ihre Bedenken kundzutun, leider jedoch ohne Erfolg. Die Europäische Union
gab zahlreiche Erklärungen auf allen Ebenen in Brüssel, Teheran und in internationalen
Organisationen ab, in denen Iran aufgefordert wurde, seinen internationalen Verpflichtungen
nachzukommen.
Die EU bedauerte vor allem, das im Jahr 2011 Tausende iranische Bürger zu Opfern einer staatlich
geförderten Repression wurden, darunter Oppositionsführer, Menschenrechtsverteidiger, Anwälte,
Blogger, Journalisten, Frauenrechtsaktivisten und Künstler sowie zahlreiche Angehörige von
Minderheiten, insbesondere Baha'i und Christen. Unzählige Personen wurden schikaniert oder
festgenommen, weil sie ihre legitimen Rechte wahrgenommen oder die Rechte ihre Mitbürger
verteidigt hatten. Angehörige von ethnischen Minderheiten, darunter Aserbaidschaner, Balutschen
und Araber, werden oft unterdrückt und unverhältnismäßig oft zum Tode verurteilt. Gegen
Aktivisten wurden sehr hohe Haftstrafen verhängt. Es kam zu körperlichen Züchtigungen. Häftlinge
berichteten, dass Folter und Misshandlungen weit verbreitet sind. Die Kontrolle über externe
Informationsquellen wie das Internet sowie internationale Rundfunk- und Fernsehsendungen nahm
zu. Iranische Journalisten, die mit ausländischen Medienorganisationen arbeiteten, wurden von
Sicherheitsbeamten bedroht oder schikaniert, und die EU verfolgte weiter mit Sorge die
Maßnahmen der iranischen Behörden zur Verhinderung einer freien Kommunikation und eines
freien Informationsflusses zwischen Bürgern in Iran.
9238/12 mp,ms/ib 230
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 287 – Drucksache 17/12922
Die weit verbreitete Anwendung der Todesstrafe in Iran, die 2011 ihren höchsten Stand seit einigen
Jahren erreichte, war für die EU besonderes besorgniserregend, zumal auch Minderjährige – teils
öffentlich – hingerichtet wurden. 2011 waren in Iran zwischen 277 und 436 Hinrichtungen zu
verzeichnen; allerdings gab es Meldungen über geheime Hinrichtungen, insbesondere in der
Haftanstalt Valikabad bei Mashhad, so dass die tatsächliche Zahl der im letzen Jahr in Iran
hingerichteten Personen erheblich höher sein könnte. Die EU forderte Iran weiterhin zur Einhaltung
der Mindeststandards auf, um letztlich ein Moratorium für die Anwendung der Todesstrafe zu
erreichen. Besonders besorgniserregend für die EU war die Tatsache, dass Hunderte von Personen
ohne faires Gerichtsverfahren oder für Vergehen zum Tode verurteilt worden waren, die nach
Auffassung der EU nicht die Todesstrafe nach sich ziehen sollte (beispielsweise Apostasie,
Ehebruch, Drogendelikte).
Zudem unterstützte die EU erneut die jährliche Resolution der VN-Generalversammlung zur
Menschenrechtslage in der Islamischen Republik Iran, die 2011 bei der Abstimmung im Dritten
Ausschuss mit 86 Stimmen verabschiedet wurde, was einen Rekord darstellt. Seit 2004 wird mit
dieser Resolution jährlich die tiefe Besorgnis der Generalversammlung über die sich
verschlechternde Menschenrechtslage zum Ausdruck gebracht.
Im März 2011 unterstützte die EU die Schaffung des Mandats eines Sonderberichterstatters für die
Menschenrechtslage in Iran durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen. Dr. Ahmed
Shaheed, der gegenwärtige Mandatsträger, hatte im Dezember 2011 Gelegenheit, der Gruppe
"Menschenrechte" des Rates der EU seine Einschätzung der Lage darzulegen. Allerdings war dem
Sonderberichtserstatter Ende 2011 noch stets keine Erlaubnis zur Einreise in Iran erteilt worden.
Die EU vertritt den Standpunkt, dass das Mandat nur dann ordnungsgemäß ausgeführt werden kann,
wenn dem Sonderbeauftragten Zugang zu Iran gewährt wird – ebenso wie der zahlreichen Trägern
thematischer Mandate die seit dem letzten Besuch im Rahmen eines Sonderverfahrens 2005 nicht
mehr in Iran einreisen durften.
9238/12 mp,ms/ib 231
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 288 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Im April und im Oktober 2011 verhängte die EU spezifische restriktive Maßnahmen gegen
61 Personen (darunter drei iranische Minister) entsprechend ihrer Verantwortung für schwere
Menschenrechtsverletzungen, die sie persönlich begangen oder angeordnet hatten. Die
Vermögenswerte dieser Personen wurden eingefroren, und sie dürfen nicht in die EU einreisen.
Zugleich stand die EU Iran weiterhin für Beratungen auf Arbeitsebene über Menschenrechtsfragen
zur Verfügung. Dieses Angebot der EU zur Aufnahme spezifischer Beratungen wurde den
iranischen Behörden im vergangenen Jahr wiederholt unterbreitet, allerdings ohne Ergebnis. Auch
2011 unterblieb der Menschenrechtsdialog EU-Iran, der seit Dezember 2006, als Iran die fünfte
Runde des Dialogs absagte, unterbrochen ist.
Die EU unterhielt weiterhin Verbindungen mit der iranischen Zivilgesellschaft in Iran und im Exil,
um den Schutz und die Förderung der Menschenrechte in Iran zu unterstützen. Dies wurde
insbesondere anhand einer Reihe von Projekten bewerkstelligt, die durch einschlägige
Instrumente – einschließlich des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte
(EIDHR) – finanziert wurden.
5.5.4 Irak
Die Menschenrechtslage blieb im ganzen Land labil, da sich Irak nur langsam von den schwierigen
Nachkriegsjahren erholt und im Bereich der Politik, der Sicherheit und der Entwicklung weiterhin
vor vielen Herausforderungen steht. Der politische Übergang hat nach den letzten allgemeinen
Wahlen an Dynamik verloren; Gewalt ist nach wie vor weit verbreitet und trifft viele irakische
Zivilpersonen, darunter Angehörige von Minderheiten und schutzbedürftigen Gruppen.
9238/12 mp,ms/ib 232
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 289 – Drucksache 17/12922
2011 stieg die Zahl der Todesurteile an, was Anlass zu großer Sorge gibt. Die EU hat Irak
wiederholt aufgefordert, Todesurteile nicht mehr zu vollstrecken und die internationalen
Mindeststandards anzuwenden, solange die Todesstrafe noch nicht abgeschafft ist (diesbezüglich
wurden Demarchen durchgeführt und Erklärungen abgegeben).
In ihrem Dialog mit Irak äußerte die EU weiterhin ihre Bedenken zu Menschenrechtsfragen. Die
EU-Delegation in Bagdad unterhielt regelmäßige Kontakte zu den staatlichen Stellen sowie zu
Vertretern der Zivilgesellschaft und von Minderheiten und führte zusammen mit den diplo-
matischen Vertretungen der EU-Staaten die Tätigkeiten der Arbeitsgruppe "Menschenrechte" fort.
Zudem unterstützte die EU weiterhin aktiv die Maßnahmen der Vereinten Nationen und deren
Bemühungen zur Erleichterung einer friedlichen Lösung für die Lage der im Camp Ashraf lebenden
Menschen. Die Hohe Vertreterin ermunterte all jene, die Einfluss auf die Lage nehmen können, dies
auf konstruktive Weise zu tun und dabei der Sicherheit der in dem Camp lebenden Menschen
höchste Priorität einzuräumen.
Verantwortungsvolle Staatsführung, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit standen weiterhin im
Mittelpunkt der EU-Hilfe für Irak. Die EU hat diese Bereiche durch Projekte unterstützt.
Verantwortungsvolle Staatsführung und Rechtsstaatlichkeit zählen zu den Prioritäten des allerersten
Länderstrategiepapiers EU-Irak (2011-2013). Im Rahmen ihrer integrierten Rechtsstaatlichkeits-
mission für Irak (EUJUST LEX) führte die EU zudem Anleitungs- und Schulungsmaßnahmen für
Polizei-, Gerichts- und Strafvollzugsbehörden durch, wobei die inländischen Tätigkeiten im Jahr
2011 erheblich ausgebaut wurden (Bagdad, Basra und Erbil).
Das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen, das als wesentliches Element eine Menschen-
rechtsklausel enthält und in dem der Rahmen für die Zusammenarbeit in Menschenrechtsfragen und
die Behandlung verschiedener Fragen einschließlich der Rechtsstaatlichkeit festgelegt ist, bildet die
neue Grundlage für die Beziehungen EU-Irak.
9238/12 mp,ms/ib 233
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 290 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.5.5 Jemen
Die jemenitische Revolution prägte das Lagebild im gesamten Jahresverlauf, beginnend mit der
ersten Protestkundgebung gegen Präsident Saleh am 15. Januar 2011, die von Frau Tawakkul
Karman angeführt wurde, die später im Jahr den Friedensnobelpreis erhalten sollte. Darüber hinaus
verschlechterte sich die Menschenrechtslage infolge von Anschlägen islamischer Fundamentalisten.
Aufgrund dieser beiden Aspekte war ein verstärktes Engagement der EU im Jahre 2011
unerlässlich. Während der Unruhen spielte die EU eine zentrale Rolle im politischen und
humanitären Bereich. Die EU übte einen stetigen Druck auf alle jemenitischen Parteien aus, um
einen friedliche Machtübergabe zu erleichtern, die nach dem Berichterstattungszeitraum zu Wahlen
geführt hat. In allen ihren Tätigkeiten verurteilte die EU die Anwendung von Gewalt gegen
Demonstranten und brachte ihre tiefe Besorgnis über die Gesundheit und Sicherheit der
jemenitischen Bevölkerung zum Ausdruck.
Es wurden 21 offizielle Erklärungen veröffentlicht. Außerdem bekräftigten die EU-Außenminister
in sechs Schlussfolgerungen, dass sie die Gewalt und die Menschenrechtsverletzungen verurteilen.
Gleichermaßen appellierten die Staats- und Regierungschefs auf ihrer Tagung im Juni 2011 mit
Nachdruck an alle Parteien, der Gewalt ein Ende zu bereiten, die Menschenrechte zu achten und
eine dauerhafte Waffenruhe einzuhalten. Die Hohe Vertreterin und ihre Dienststellen unterhielten
zudem regelmäßige Kontakte zu wichtigen Mitgliedern des Regimes und der Opposition. Das
Vorgehen der EU wurde eng mit den Golfstaaten, den Vereinigten Staaten und anderen
internationalen Akteuren abgestimmt.
9238/12 mp,ms/ib 234
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 291 – Drucksache 17/12922
Als Jemens politische, soziale und wirtschaftliche Instabilität eine bereits schwierige Lage
verschärfte, übte die internationale Gemeinschaft geschlossen und entschieden Druck aus, damit
umgehend ein geordneter Übergang und ein umfassender Reformprozess eingeleitet wird. Nachdem
die EU im Menschenrechtsrat tätig geworden war, sorgten die im VN-Sicherheitsrat vertretenen
EU-Mitgliedstaaten dafür, dass im Oktober 2011 eine Resolution verabschiedet wurde, die
letztendlich den Weg für die Unterzeichnung der Initiative des Golf-Kooperationsrats (GCC) und
deren Umsetzungsmechanismus (am 23. November 2011) und somit für den längst erwarteten
Übergang ebnete.
Unabhängig von ihrem Vorgehen im Zusammenhang mit den Unruhen brachte die EU in ihren
Kontakten mit den jemenitischen Behörden auch weiterhin Menschenrechtsaspekte zur Sprache,
insbesondere durch menschenrechtsbezogene Demarchen in Verbindung mit der Verhängung der
Todesstrafe für Jugendliche, dem Recht auf freie Meinungsäußerung und dem Internationalen
Strafgerichtshof.
Zudem trug die EU durch eine verstärkte finanzielle Unterstützung maßgeblich zur Befriedigung
der humanitären Bedürfnisse der Bevölkerung bei. Die ursprünglich für 2011 vorgesehene
Mittelzuweisung für humanitäre Zwecke wurde von 4 Mio. auf 25 Mio. EUR aufgestockt.
Insgesamt stellte die EU 2011 über 60 Mio. EUR für humanitäre Zwecke bereit. Nach Überzeugung
der EU sind jedoch weitere erhebliche Anstrengungen zur Verbesserung der humanitäre Lage der
Zivilbevölkerung unabdingbar: Drei Millionen Menschen benötigten sofortige Hilfe, und Jemen
hatte die weltweit zweithöchste Rate der chronischen Unterernährung bei Kindern.
5.6 Asien und Ozeanien
5.6.1 Afghanistan
Die Menschenrechtslage in Afghanistan hat sich 2011 kaum verbessert. Besonderen Anlass zur
Sorge gaben unter anderem die Rechte von Frauen und Kindern, die Todesstrafe, Folter und
Misshandlung, willkürliche Inhaftierung, Gefahren, denen Menschenrechtsverteidiger ausgesetzt
sind, Meinungsfreiheit, Übergangsjustiz, Straflosigkeit und durch den Konflikt verursachte zivile
Opfer.
9238/12 mp,ms/ib 235
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 292 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Das Justizsystem und die Regierungsführung im Allgemeinen weisen nach wie vor beträchtliche
Defizite auf; zudem befand sich das Parlament während eines beträchtlichen Teils des Jahres in
großem Aufruhr. Engpässe und ein fehlender politischer Wille, die Regierungsführung in
verschiedener Hinsicht zu reformieren, stehen Fortschritten bei den Menschenrechten direkt und
indirekt im Wege. Dem Bereich Regierungsführung, den sie als Schwerpunkt betrachtet, widmet die
EU einen Großteil ihrer Aufmerksamkeit und Mittel. 2011 hat die EU 20 Millionen Euro für das
Justizwesen und 40 Millionen Euro für die Reform der öffentlichen Verwaltung sowie weitere 140
Millionen Euro für die Polizeireform mit den Schwerpunkten Zivilpolizei und Professionalisierung
zur Verfügung gestellt.
Die Polizeimission der Europäischen Union (EUPOL) in Afghanistan arbeitet eng mit dem
Innenministerium und anderen Akteuren zusammen, um die Kenntnis und Anwendung
grundlegender Menschenrechtsstandards durch die afghanische Nationalpolizei zu verbessern.
Unlängst unterstützte sie die Einrichtung des unabhängigen Büros des Ombudsmanns für
Polizeiangelegenheiten.
Nach einem Bericht der Hilfsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) über Folter
und Misshandlung in einigen afghanischen Gefängnissen setzte die ISAF die Überstellung von
Gefangenen in acht Provinzen vorübergehend aus. Überfüllte Gefängnisse sind nach wie vor ein
großes Problem. Die Europäische Union unterstützt den Strafvollzug weiterhin durch Gehälter für
Gefängnispersonal, beobachtet die Lage in den Haftanstalten jedoch sehr aufmerksam, seit die
Zuständigkeit für die Gefängnisse entgegen internationaler Gepflogenheiten vom Justizministerium
auf das Innenministerium übertragen wurde.
Gewalt gegen Frauen und Mädchen, bestimmte traditionelle Praktiken und die Bestrafung
"moralischer Vergehen" geben nach wie vor Anlass zu großer Besorgnis. Mehrere Fälle von Gewalt
gegen Frauen fanden 2011 ein großes Medienecho. Nachdem die Aufmerksamkeit auf sie gerichtet
war, reagierten die afghanischen Behörden schnell, doch ist deutlich geworden, dass frühere
Appelle an die Behörden vor Ort keine angemessene Reaktion bewirkt hatten.
9238/12 mp,ms/ib 236
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 293 – Drucksache 17/12922
Im Einklang mit den einschlägigen Leitlinien der EU sind Frauen- und Gleichstellungsfragen ein
stetig wiederkehrendes Thema im Dialog der EU-Delegation mit der Regierung Afghanistans.
Daneben ist sie bestrebt, die Regierung zu einer angemessenen Umsetzung ihrer nationalen und
internationalen Menschenrechtsverpflichtungen zu bewegen und sie dabei zu unterstützen. Durch
Konsultationen und Gesprächsrunden unterhielt die Delegation regelmäßige Kontakte mit der
Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen, die sich für die Verteidigung der
Menschenrechte einsetzen. 2011 veranstaltete die EU-Delegation mindestens drei Konsultationen
zwischen hochrangigen EU-Beamten und Vertretern der Zivilgesellschaft. Im Mittelpunkt standen
unter anderem Fragen wie Diskriminierung, geschlechtsspezifische Gewalt einschließlich sexueller
Gewalt, Menschenhandel sowie Früh- und Zwangsehen.
Die EU ist nach wie vor einer der wichtigsten Geber in Afghanistan. Initiativen und Projekte der
Zivilgesellschaft erhielten finanzielle Unterstützung durch das Europäische Instrument für
Demokratie und Menschenrechte, das Programm "Nichtstaatliche Akteure und lokale Behörden im
Entwicklungsprozess" und das Stabilitätsinstrument. Ziel war es, eine auf breiter Basis stehende
und alle Seiten einschließende Zivilgesellschaft in Afghanistan, die sich politischer, wirtschaftlicher
und sozialer Fragen annimmt, zu fördern und zu stärken, um den Dialog sowie die
Rechenschaftspflicht und Transparenz staatlicher Stellen zu fördern.
2011 wurden mehrere neue Projekte eingeleitet und zwei Ausschreibungen durchgeführt, deren
Mittelausstattung sich auf insgesamt 3 Millionen Euro belief. Laufende Projekte widmeten sich
unter anderem speziellen Fragen wie der Übergangsjustiz, der Unterstützung von Gewaltopfern,
Initiativen im Bereich Frauen, Frieden und Sicherheit (UNSCR 1325), Menschenrechtsschulungen
für Journalisten sowie der verstärkten Beteiligung insbesondere von Frauen an lokalen
Verwaltungsstrukturen.
9238/12 mp,ms/ib 237
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 294 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Im Vorfeld der Konferenz in Bonn ermöglichte es ein von Deutschland und anderen Mitgliedstaaten
unterstützter, landesweiter Konsultationsprozess der afghanischen Zivilgesellschaft, ihre Vertreter
für die Konferenz und das ihr vorausgehende zivilgesellschaftliche Forum selbst auszuwählen.
5.6.2 Bangladesch
Die EU hat sich angesichts ihrer vorrangigen Ziele – Armutsbekämpfung und Unterstützung des
demokratischen Systems in Bangladesch – weiterhin für die Förderung und den Schutz der
Menschenrechte eingesetzt.
Sie hat eine Reihe von Entwicklungsprogrammen zur Unterstützung der demokratischen
Institutionen und Aufsichtsgremien eingeleitet. Auf ihre langfristigen Bemühungen in den
genannten Bereichen aufbauend, hat die EU Maßnahmen zur Stärkung der lokalen Verwaltung, zum
Kapazitätsaufbau bei der nationalen Wahlkommission Bangladeschs sowie zum Institutionenaufbau
in der Provinz Chittagong Hill Tracts (CHT) unterstützt.
Im Rahmen ihres regelmäßigen Dialogs mit den bangladeschischen Behörden hat die EU unter
anderem Fragen betreffend institutionelle Reformen, die Rolle unabhängiger Aufsichtsgremien, die
Situation in den Gefängnissen, die Todesstrafe, die Meinungsfreiheit, die Umsetzung des CHT-
Friedensabkommens sowie die Rechte von Frauen und Kindern zur Sprache gebracht. Mit
Besuchen hochrangiger EU-Politiker wie des für Entwicklung zuständigen Kommissionsmitglieds
Andris Piebalgs wurde den Botschaften der EU Nachdruck verliehen.
9238/12 mp,ms/ib 238
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 295 – Drucksache 17/12922
In dem Bestreben, die Umsetzung des CHT-Friedensabkommens voranzubringen, hat die EU ihren
Dialog mit allen betroffenen Seiten fortgesetzt. So haben Vertreter der EU die Provinz Chittagong
Hill Tracts besucht, um sich ein genaueres Bild von der Lage vor Ort zu verschaffen. Die Besuche
vor Ort wurden durch Kontakte mit einschlägigen Akteuren in Dhaka ergänzt.
Die humanitäre Lage der aus Myanmar/Birma stammenden Rohingya-Bevölkerung hat die EU
veranlasst, weitere diplomatische und humanitäre Schritte zu unternehmen. Die EU hofft auf eine
langfristige, von Bangladesch und Myanmar/Birma gemeinsam erarbeitete Lösung.
Im November veranstaltete die EU eine Konferenz zum Thema Menschenrechte und
menschenwürdige Arbeit, deren Ziel es war, die Sozialpartner und die Zivilgesellschaft
zusammenzubringen, um praktische Vorschläge für die wirksame Umsetzung der Agenda für
menschenwürdige Arbeit der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zu entwickeln und dabei
auf Herausforderungen wie existenzsichernde Löhne und die Verbesserung von
Beschäftigungsmöglichkeiten, die ungleiche Behandlung von Frauen und Männern bei der
Beschäftigung und Bezahlung, die Verbesserung der Sozialschutzsysteme, die Abschaffung von
Kinderarbeit, den Schutz von Risikogruppen und die Rechte der Gewerkschaften einzugehen.
5.6.3 Birma/Myanmar
Die EU begrüßte die Freilassung einer Reihe politischer Gefangener, die Zusage der Regierung,
Reformen durchzuführen, die Lockerung der Medienzensur und die Verabschiedung von
Rechtsvorschriften im Bereich des Arbeitsrechts, die in enger Zusammenarbeit mit der
Internationalen Arbeitsorganisation entwickelt worden waren.
9238/12 mp,ms/ib 239
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 296 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Als Reaktion auf die ermutigenden Entwicklungen lockerte die EU im April die restriktiven
Maßnahmen, indem sie das Visumverbot für zivile Regierungsmitglieder und den Außenminister
aussetzte. Im Rahmen der Missionen des EU-Sondergesandten Piero Fassino und anderer
hochrangiger Kontakte rief die EU zu weiteren Reformen auf, insbesondere im Hinblick auf die
Rechtsstaatlichkeit, die Achtung der Menschenrechte in Gebieten mit ethnischen Konflikten sowie
die unverzügliche und bedingungslose Freilassung aller noch verbleibenden politischen
Gefangenen. Parallel dazu hat die EU angeboten, die Reformbemühungen zu unterstützen. Auf
Einladung der Regierung Myanmar/Birma fanden in diesem Zusammenhang erste Gespräche mit
der neu eingerichteten nationalen Menschenrechtskommission statt.
Die EU wirkte weiter als größter Geber von humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe an das Land,
um die tief verwurzelte strukturelle Armut zu lindern. EU-finanzierte Projekte betrafen die Bereiche
Wasserversorgung und Abwasserversorgung, Gesundheit, Ernährungssicherheit sowie die
Unterstützung entwurzelter Bevölkerungsgruppen. Darüber hinaus hat die EU proaktiv
Verbindungen zur Zivilgesellschaft aufgebaut und – sowohl auf bilateraler Ebene im Rahmen des
ASEM-Prozesses und der EU-ASEAN-Tagungen den Dialog mit der Regierung gesucht. Die
genannten Treffen boten die Gelegenheit, die Anliegen der EU zur Sprache zu bringen und der
Regierung nahezulegen, den Prozess des positiven Wandels weiterzuverfolgen.
Auf multilateraler Eben hat die EU auf der Frühjahrstagung des VN-Menschenrechtsrats bzw. auf
der Herbsttagung des Dritten Ausschusses der VN-Generalversammlung die Erneuerung des
Mandats des VN-Sonderberichterstatters für Myanmar sowie die Länderresolutionen unterstützt und
dabei die im Laufe des Jahres geleisteten Fortschritte anerkannt; sie hat
Menschenrechtsverletzungen und die Diskriminierung ethnischer Gruppen kritisiert und die
Behörden aufgefordert, weitere Schritte zur Reform des Landes zu unternehmen. Während der
regelmäßigen allgemeinen Überprüfung wurden Menschenrechtsfragen auch direkt gegenüber
Regierungsvertretern angesprochen.
9238/12 mp,ms/ib 240
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 297 – Drucksache 17/12922
5.6.4 Kambodscha
Im Sinne ihres Bestrebens, Gerechtigkeit und nationale Versöhnung zu fördern, hat die EU der
nationalen Komponente der Außerordentlichen Kammern bei den Gerichten Kambodschas (ECCC)
finanzielle Unterstützung zukommen lassen. 2011 sagte die EU einen zusätzlichen Beitrag für die
ECCC in Höhe von 1,3 Millionen EUR aus dem Europäischen Instrument für Demokratie und
Menschenrechte zu.
Wie zuvor unterstützte die EU auch 2011 zivilgesellschaftliche Organisationen bei der
Durchführung von Menschenrechtsprojekten. Finanzielle Zuwendungen der EU erhielten unter
anderem Projekte in folgenden Bereichen: Rechte der Frauen und Kinder, Landrechte, indigene
Bevölkerungsgruppen, Menschenrechte in Gefangenenlagern und Haftanstalten, Zugang zur Justiz,
Menschenrechtsaspekte der Migration, Menschenhandel und Meinungsfreiheit.
Als sich der Entwurf eines Gesetzes über nichtstaatliche Organisationen und Verbände in
Ausarbeitung befand, empfahl die EU der Regierung, die betroffenen Seiten eingehend zu dem
Entwurf zu konsultieren und ein Gesetz zu erlassen, das ein der Zivilgesellschaft zuträgliches
Umfeld gewährleistet.
In multilateralen Foren hat die EU im Herbst 2011 die Länderresolution der VN unterstützt, mit der
das Mandat des VN-Sonderberichterstatters über Kambodscha verlängert wurde, und die
Zusammenarbeit mit dem Amt der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für
Menschenrechte (OHCHR) ausgebaut. Die EU begrüßte ferner die Einwilligung in alle aus der
regelmäßigen allgemeinen Überprüfung der VN hervorgegangenen Empfehlungen.
5.6.5 China
Die EU war weiter besorgt über Menschenrechtsverletzungen in China im Jahr 2011.
9238/12 mp,ms/ib 241
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 298 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Im Rahmen des Menschenrechtsdialogs EU-China, der am 16. Juni 2011 in Beijing stattfand,
wurden die Rechte der Angehörigen von Minderheiten – insbesondere die Lage ethnischer Tibeter,
Uiguren und Mongolen – sowie von Christen und Anhängern nicht-theistischer Glaubensrichtungen
wie der Falun Gong-Bewegung eingehend erörtert. Gegenstand der Beratungen war auch das
Thema Rechtsstaatlichkeit; die EU zeigte sich besorgt über die zunehmende Praxis des
Verschwindenlassens von Personen und der illegalen Verhaftungen und bemühte sich um
Informationen zu Berichten über gefolterte Häftlinge. Die EU hob hervor, wie wichtig eine
unabhängige Gerichtsbarkeit ist, und dass Rechtsanwälte in der Lage sein müssen, ihren Beruf ohne
Schikanen frei auszuüben. Die EU hat ferner Beschränkungen der Meinungsfreiheit zur Sprache
gebracht und China erneut aufgefordert, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische
Rechte (IPBPR) zu ratifizieren und das System der "Umerziehung durch Arbeit" zu reformieren.
Der Dialog ging nicht mit einer Ortsbesichtigung einher, da keine Einigung über den zu
besuchenden Ort erzielt werden konnte. Am Rande des Dialogs übergab die EU eine Liste von
besorgniserregenden Einzelfällen. Die zweite Runde des Dialogs, die während des zweiten
Halbjahrs 2011 stattfinden sollte, wurde von China de facto abgesagt.
Ein Seminar für Juristen aus der EU und China fand am 6. und 7. September 2011 in Beijing statt.
Dabei ging es um "Menschenrechte und Drogenpolitik" sowie "Menschenrechte und Technologie".
Nachdem im Frühjahr 2011 in China eine Welle von willkürlichen Festnahmen und Fällen des
Verschwindenlassens zu verzeichnen war, die Rechtsanwälte, Schriftsteller, Journalisten,
Petitionsführer, Künstler und Blogger betraf, und die Arbeit ausländischer Journalisten neu
eingeführten Beschränkungen unterworfen wurde, gab die Hohe Vertreterin am 12. April 2011 eine
Erklärung ab, in der sie ihrer Beunruhigung über die genannten Entwicklungen Ausdruck verlieh.
In der Erklärung brachte sie ihre Besorgnis über die Festnahme Ai Weiweis zum Ausdruck, betonte,
dass willkürliche Festnahmen und das Verschwindenlassen von Personen aufhören müssen; sie
forderte die chinesischen Behörden nachdrücklich auf, die Aufenthaltsorte aller Verschwundenen
offen zu legen. Die Hohe Vertreterin forderte China auf sicherzustellen, dass die betreffenden
Personen im Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards behandelt werden, und alle
freizulassen, die aufgrund der Ausübung ihres Rechts auf Meinungsfreiheit festgenommen wurden.
Am 24. Juni 2011 begrüßte die Hohe Vertreterin die Freilassung von Ai Weiwei.
9238/12 mp,ms/ib 242
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 299 – Drucksache 17/12922
China hat die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit während des gesamten Jahres 2011 weiterhin
stark eingeschränkt, und chinesische Gerichte haben schwere Strafen verhängt. Die Hohe
Vertreterin verurteilte die im Dezember 2011 gegen die Menschenrechtsaktivisten Chen Wei and
Chen Xi verhängten Gefängnisstrafen von neun bzw. zehn Jahren und kritisierte die Verlängerung
der Haftstrafe des Menschenrechtsanwalts Gao Zhisheng um weitere drei Jahre. Die Hohe
Vertreterin forderte die unverzügliche Freilassung Gaos sowie Informationen über sein
Wohlergehen und seinen Aufenthaltsort.
Die EU war tief besorgt über die Politik der chinesischen Behörden in Tibet und Xinjiang. In einer
Dringlichkeitsdebatte im Europäischen Parlament, die am 27. Oktober stattfand, betonte die Hohe
Vertreterin die Besorgnis der EU über die zunehmenden rechtlichen Beschränkungen religiöser
Praktiken in Tibet, die Einschränkung von Möglichkeiten, die tibetische Sprache zu unterrichten,
die laufende, von offizieller Seite geführte Kampagne gegen tibetische Intellektuelle und
Persönlichkeiten aus dem Kulturleben, die harten Maßnahmen, die bei jedem Versuch eines
Tibeters, gegen die offizielle Politik zu protestieren, verhängt werden, sowie die Auswirkungen der
massiven Zwangsumsiedlung von Nomaden auf die tibetische Kultur. Die EU zeigte sich tief
besorgt über die Reihe von Selbstverbrennungen in den tibetischen Regionen und forderte die
chinesischen Behörden auf, allen Tibetern zu erlauben, ihre kulturellen und religiösen Rechte
ungehindert auszuüben, und friedlichen Protest nicht mit Gewalt zu beantworten. In einer am
10. März anberaumten Dringlichkeitsdebatte verlieh die Hohe Vertreterin ihrer Besorgnis über die
bauliche Neugestaltung der Stadt Kaschgar im Gebiet Xinjiang Ausdruck. Die EU zeigte sich
besorgt darüber, dass die Zerstörung einer Stadt, die jahrhundertelang als Fundament der
uigurischen Kultur galt, ihren Erhalt in den nächsten Jahren stark beeinträchtigen könnte, und
forderte China auf, im Hinblick auf die bauliche Neugestaltung sowohl die Anwohner vor Ort zu
konsultieren als auch mit der UNESCO zusammenzuarbeiten.
Auf der 17. Tagung des VN-Menschenrechtsrats gab die EU eine Erklärung ab, in der sie ihrer
tiefen Besorgnis über die Verschlechterung der Menschenrechtssituation in China Ausdruck verlieh.
9238/12 mp,ms/ib 243
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 300 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.6.6 Demokratische Volksrepublik Korea (DVRK)
Die EU war nach wie vor sehr besorgt über die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen in
der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK). Immer wieder bekundete sie ihre Besorgnis in
internationalen Gremien und forderte die Regierung in Pjöngjang nachdrücklich auf, die Situation
zu verbessern. Im März 2011 spielte die EU erneut eine wichtige Rolle bei der Annahme der
Resolution des VN-Menschenrechtsrats, mit der das Mandat des VN-Sonderberichterstatters über
die Menschenrechtslage in der DVRK um ein weiteres Jahr verlängert wurde. Am 19. Dezember
2011 nahm die VN-Generalversammlung mit 123 Ja-Stimmen eine auf Initiative der EU, Japans
und der Republik Korea eingebrachte Resolution zur Menschenrechtslage in der DVRK an. Durch
die ansässigen Botschafter der EU-Mitgliedstaaten in Pjöngjang sowie bei Zusammenkünften mit
Vertretern der DVRK in Brüssel und in anderen EU-Mitgliedstaaten wurden Menschenrechts-
anliegen auch im direkten Kontakt mit den Behörden der DVRK zur Sprache gebracht.
Bei dem regelmäßigen politischen Dialog zwischen der EU und der DVRK, der in der ersten
Dezemberwoche 2011 in Pjöngjang stattfand, forderte die EU die DVRK auf, alle Menschenrechte
und Grundfreiheiten uneingeschränkt zu achten und den Empfehlungen der einschlägigen VN-
Resolutionen nachzukommen. Die EU rief Pjöngjang auf, als vertrauensbildende Maßnahme in
vollem Umfang mit dem Menschenrechtsmechanismus der VN zusammenzuarbeiten und dem
Sonderberichterstatter dabei umfassenden, freien und ungehinderten Zugang zur DVRK zu
gewähren. Die EU hielt Pjöngjang ferner dazu an, in einen ernsthaften Menschenrechtsdialog mit
der EU und ihren Mitgliedstaaten einzutreten. Die EU bekräftigte ihre Bereitschaft, einen
bilateralen Menschenrechtsdialog mit der DVRK aufzunehmen und damit Sachverstand und
konstruktive Zusammenarbeit in spezifischen Menschenrechtsbereichen anzubieten. Die EU äußerte
ihre tiefe Besorgnis darüber, dass Bürger in der DVRK immer noch zum Tode verurteilt und
hingerichtet werden. Die EU appellierte eindringlich an Pjöngjang, den systematischen, weit
verbreiteten und schweren Verletzungen der zivilen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und
kulturellen Rechte unverzüglich ein Ende zu setzen, die eigenen Bürger zu schützen, das Problem
der Straflosigkeit anzugehen und dafür Sorge zu tragen, dass die Urheber von Menschenrechts-
verletzungen vor einem unabhängigen Gericht zur Verantwortung gezogen werden, den
umfassenden, sicheren und ungehinderten Zugang zu humanitärer Hilfe zu gewährleisten und den
humanitären Organisationen die unvoreingenommene Verteilung dieser Hilfe zu ermöglichen. Die
EU forderte die DVRK nachdrücklich auf, die Ursachen der Flüchtlingsproblematik anzugehen und
dafür zu sorgen, dass Flüchtlinge in Sicherheit und Würde in die DVRK zurückkehren können.
9238/12 mp,ms/ib 244
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 301 – Drucksache 17/12922
Im zweiten Halbjahr 2011 ließ die EU der DVRK 10 Millionen EUR für Nahrungsmittelsoforthilfe
zur Unterstützung gefährdeter Gruppen, insbesondere in den nördlichen und östlichen Provinzen,
zukommen. Im August 2011 stellte die EU weitere 200.000 EUR für Überschwemmungsopfer zur
Verfügung.
5.6.7 Fidschi
2011 hat sich die Menschenrechtslage nicht verbessert; das Militärregime von Commodore
Bainimarama hat seine Macht gefestigt. Besonders besorgniserregend waren Beschränkungen der
Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie Fälle willkürlicher Inhaftierung und die Medienzensur.
Als Reaktion auf den Putsch von 2006 und darauf, dass Fidschi in der Folgezeit gemeinsam
vereinbarte Verpflichtungen in Bezug auf demokratische Grundsätze, Menschenrechte und die
Rechtsstaatlichkeit nicht mehr eingehalten hatte, beschloss die EU 2007, ihre im Rahmen des
Cotonou-Abkommens und des Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit
gewährte Entwicklungshilfe bis auf wenige Ausnahmen auszusetzen. Der Beschluss, der
ursprünglich für zwei Jahre galt, ist seitdem mehrmals verlängert worden, zuletzt am 26. September
2011 um weitere zwölf Monate. Im Rahmen bilateraler Treffen und regelmäßiger politischer
Dialoge nach Artikel 8 des Cotonou-Abkommens, die im Laufe des Jahres 2011 in Suva
stattfanden, legte die EU der Regierung nahe, in einen ernsthaften Dialog einzutreten, die
Demokratie wiederherzustellen und die Notstandsverordnungen aufzuheben.
Nachdem im Februar mindestens zehn Politiker, Gewerkschaftsangehörige und Dissidenten von
Angehörigen der Streitkräfte ohne Haftbefehl festgenommen und brutal geschlagen worden waren,
bekundete die EU ihren Protest gegenüber dem Außenminister – zunächst am 15. März im Rahmen
des politischen Dialogs nach Artikel 8 und – zusammen mit den USA und anderen Partnern – erneut
am 21. März 2011.
9238/12 mp,ms/ib 245
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 302 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Das Regime untersagte die Jahrestagung der methodistischen Kirche, nachdem diese sich geweigert
hatte, drei Kirchenführer abzusetzen. Ferner erließ das Regime Dekrete, mit denen grundlegende
Kernarbeitsnormen stark eingeschränkt wurden; konkret betrafen sie die Beziehungen zwischen
Arbeitgebern und Arbeitnehmern ("Employment Relations Amendment Decree") sowie die
Beschäftigung in wichtigen Industriezweigen des Landes ("Essential National Industries
Employment Decree"). Gewerkschaftsführer wurden bei Zusammenkünften mit Gewerkschafts-
mitgliedern unter dem Vorwurf der unerlaubten Ansammlung festgenommen; einer von ihnen
wurde der Aufwiegelung beschuldigt. Mit der Umsetzung des Dekrets zur Entwicklung der
Medienindustrie ("Media Industry Development Decree") von 2010 wurde die Zensur verschärft.
Die 2009 eingeführten Notstandsverordnungen, die die Menschenrechte stark einschränken, wurden
2011 Monat für Monat verlängert; am 31. Dezember hat Commodore Bainimarama jedoch ihre
unmittelbar bevorstehende Aufhebung angekündigt.
5.6.8 Indien
Die Europäische Union hat die Menschenrechtslage in Indien gemäß ihrer Menschenrechtsleitlinien
weiterhin aufmerksam verfolgt und ist (insbesondere während des jährlich stattfindenden
Menschenrechtsdialogs) mit Vertretern der Zivilgesellschaft und mit Regierungsstellen wegen
behaupteter Verletzungen in Kontakt getreten; ferner hat sie im Bereich der Menschenrechte tätige
NRO und einzelne Menschenrechtsverteidiger unterstützt.
Im Bereich der Grundrechte war die Todesstrafe Gegenstand aufmerksamer Beobachtung und
hochrangiger diplomatischer Eingaben; so richtete die Hohe Vertreterin Ashton nach der
Ablehnung mehrerer Gnadengesuche durch den Präsidenten ein Schreiben an Innenminister
Chidambaram. Im Rahmen des Menschenrechtsdialogs, der im März stattfand, wurden im Gespräch
mit Regierungsvertretern erneut die Annahme einer Gesetzesvorlage zur Verhütung von Folter
sowie Bedenken über Rechtsvorschriften im Bereich Sicherheit thematisiert.
Insbesondere im Hinblick auf Menschenrechtsverteidiger hat sich die EU bei den indischen
Behörden weiterhin für eine Reihe vorrangiger Fälle eingesetzt (und die Verhandlungen zum Fall
Dr. Binayak Sen, der gegen Kaution entlassen wurde, weiter beobachtet).
9238/12 mp,ms/ib 246
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 303 – Drucksache 17/12922
Es fand ein Workshop zum Thema soziale Inklusion statt.
Bei ihrem alljährlichen Besuch in Jammu und Kaschmir hatten die EU-Missionsleiter die
Gelegenheit, sich persönlich mit Menschenrechtsfragen in der Region vertraut zu machen.
Nicht zuletzt leistete die EU finanzielle Unterstützung für mehrere Initiativen zu einer Reihe von
Menschenrechtsfragen, u. a. Frauen- und Kinderhandel, Vorbeugung von Folter, Rechte von
Randgruppen und sozial ausgegrenzten Gruppen, Arbeitnehmerrechte im informellen Sektor sowie
Zugang schutzbedürftiger Bevölkerungsgruppen zur Justiz.
5.6.9 Indonesien
Das umfassende Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA), das die EU und Indonesien
am 9. November 2009 unterzeichnet haben, hat zur Einrichtung eines strukturierten
Menschenrechtsdialogs geführt. Anlässlich der Unterzeichnung des PKA bezeichneten Indonesien
und die EU Menschenrechte und Demokratie als Prioritäten für eine verstärkte Zusammenarbeit bis
zur Ratifizierung des Abkommens.
Die zweite Runde des Menschenrechtsdialogs fand im März 2011 in Brüssel statt. Sie bot eine
wertvolle Gelegenheit, Anliegen wie Nichtdiskriminierung, die Rechte von Häftlingen und
Gefangenen, den Internationalen Strafgerichtshof, die Rechte von Frauen und das Recht auf
Bildung sowie die Zusammenarbeit in multilateralen Gremien zu erörtern. Ferner veranstaltete die
EU im Oktober 2011 ein auf die Zivilgesellschaft ausgerichtetes Seminar zur Religionsfreiheit mit
dem Titel “Human Rights and Faith in Focus”; dabei kam es zu einem lebhaften Austausch über die
Rolle der Religion bei der Förderung der Menschenrechte und den Abgleich der Freiheit der
Glaubensausübung mit anderen wesentlichen Menschenrechten, etwa der Meinungsfreiheit.
9238/12 mp,ms/ib 247
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 304 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU gab Erklärungen zur Ermordung von drei Mitgliedern der Ahmadi-Gemeinschaft und zu
den unangemessenen Strafen für die wegen der Anschläge vom Februar und Juli 2011 verurteilten
Personen ab.
Zwölf Menschenrechtsprojekte wurden 2011 über das Europäische Instrument für Demokratie und
Menschenrechte (EIDHR) gefördert; sie umfassten Problemfelder wie die durchgängige
Berücksichtigung der Menschenrechte bei der Entscheidungsfindung, politische Repräsentativität,
Folter, das Recht auf Bildung und das Recht auf Gesundheit sowie die wirksame Wahrnehmung der
Menschenrechte durch Frauen und Kinder. Die EU-Menschenrechtsleitlinien wurden ins
Indonesische (Bahasa Indonesia) übersetzt und werden jetzt umfassend verbreitet.
Im Rahmen regelmäßiger Missionen beobachtet die EU aufmerksam die Menschenrechtslage in
besonders problematischen Gebieten wie Aceh und Papua; ihre Sorge gilt hier spezifischen
Herausforderungen wie der Wahrheitsfindung und Aussöhnung sowie Fragen im Zusammenhang
mit der Sonderautonomie, die diesen Provinzen gewährt wurde.
Die EU-Missionen in Jakarta haben eine eigene Task Force für Menschenrechte eingerichtet, die
sich aus den politischen Referenten der EU-Delegation und der Botschaften der Mitgliedstaaten
zusammensetzt.
5.6.10 Japan
Die Ausarbeitung der Vorstudie zu einem Abkommen zwischen der EU und Japan über politische
und allgemeine Zusammenarbeit sowie die Kooperation in bestimmten Bereichen wurde im Laufe
des Jahres weiterverfolgt, wobei sich beide Seiten auf gemeinsame Grundwerte und Grundsätze
stützen konnten.
9238/12 mp,ms/ib 248
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 305 – Drucksache 17/12922
Im Einklang mit der "Agenda der Zusammenarbeit" hat die EU ihre langjährige Zusammenarbeit
mit Japan fortgesetzt. Konsultationen zu Menschenrechtsfragen fanden insbesondere zur
Erleichterung der Zusammenarbeit im Rahmen der VN-Generalversammlung, u.a. bei der
gemeinsam eingebrachten Resolution zu den Menschenrechten in der DVRK statt.
Die EU begrüßte sehr das De-facto-Moratorium für die Todesstrafe, das in Japan im gesamten Jahr
2011 eingehalten wurde, sehr und rief nachdrücklich dazu auf, es fortzusetzen.
5.6.11 Laos
Die EU und Laos hielten im Februar 2011 die dritte Runde des regelmäßig stattfindenden
Menschenrechtsdialogs im Rahmen der gemeinsamen Arbeitsgruppe "Staatsführung und
Menschenrechte" ab. Der Dialog bot die Möglichkeit, zahlreiche Menschenrechtsfragen zu erörtern;
dazu gehörten die Umsetzung der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung, die Meinungs-,
Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, die Religions- und Weltanschauungsfreiheit, die Lage
heimkehrender Hmong, der Menschenhandel, die Bedingungen in Haftanstalten und
Gefangenenlagern, Regierungsreformen und Landrechte. Dem Dialog ging ein Expertenseminar
über die Umsetzung der Empfehlungen der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung in Laos voraus.
Die EU berichtete von den Erfahrungen ihrer Mitgliedstaaten in diesem Bereich und internationalen
Organisationen; Vertreter der Zivilgesellschaft legten ihrerseits Vorschläge vor, wie die Umsetzung
der Empfehlungen in Laos verbessert werden könnte.
9238/12 mp,ms/ib 249
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 306 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Im Bereich der Menschenrechte wurden 2011 neun Projekte umgesetzt. Sechs von ihnen wurden
über das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte finanziert, eines über das
thematische Programm "Nichtstaatliche Akteure/Lokale Behörden" und zwei im Rahmen der
Projektvereinbarung zwischen der EU und dem Entwicklungsprogramm der VN (UNDP). Im
Mittelpunkt standen die Rechte des Kindes, Gleichstellungsfragen, Menschen mit Behinderungen,
benachteiligte Minderheiten sowie der Kapazitätsaufbau in den in der Entwicklung befindlichen
zivilgesellschaftlichen Organisationen des Landes.
Im Rahmen der gemeinsam mit dem UNDP organisierten Projekte wurde auch die National-
versammlung bei der Reform nationaler Rechtsvorschriften und deren Anpassung an internationale
Übereinkommen und Standards unterstützt. Im Rahmen eines internationalen Justizprojektes
wurden ferner mehrere Schulungen zur Umsetzung internationaler Menschenrechtskonventionen
durchgeführt, an denen Regierungsbeamte und Vertreter der Zivilgesellschaft vor Ort teilnahmen.
Die Empfehlungen der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung wurden veröffentlicht und an
verschiedene Regierungsstellen und internationale Einrichtungen verteilt.
5.6.12 Malaysia
Die EU und Malaysia haben im Jahr 2011 ihre Verhandlungen über ein Partnerschafts- und
Kooperationsabkommen fortgesetzt, in dem Bestimmungen zu den Menschenrechten vorgesehen
sind.
Die EU und Malaysia haben Beratungen über Menschenrechtsfragen vor Ort aufgenommen. Im
Februar 2011 fand das erste Zusammentreffen dieser Art statt, bei dem die Wahrnehmung der
Menschenrechte durch Frauen und Kinder im Mittelpunkt stand. Es handelte sich um den ersten
bilateralen Menschenrechtsdialog, den Malaysia je geführt hat.
9238/12 mp,ms/ib 250
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 307 – Drucksache 17/12922
Am 1. März 2011 veranstalteten die EU-Delegation, die Botschaft der Niederlande und das
"Institute of Advanced Islamic Studies" ein öffentliches Seminar zum Thema "Religion im
öffentlichen Raum – die EU und Malaysia", an dem mehr als 150 interessierte Bürger teilnahmen.
Am darauf folgenden Tag fand ein geschlossenes Seminar zum gleichen Thema statt.
Im März war Malaysia Gastgeber der parlamentarischen Konsultationen (Asien-Pazifik) zur
Universalität des Römischen Statuts des IStGH. Im Anschluss an die Veranstaltung beschloss die
Regierung, dem Römischen Statut beizutreten.
Die EU finanziert eine Reihe von Projekten im Rahmen des Europäischen Instruments für
Demokratie und Menschenrechte (EIDHR), die ein breites Spektrum von Themen umfassen,
darunter die Rechte des Kindes und der Frau, Nichtdiskriminierung, Medienfreiheit, indigene
Bevölkerungsgruppen, Menschenrechtserziehung und Menschen mit Behinderungen. Im Rahmen
der ersten Zwischenbilanz-Tagung im September 2011 tauschten sich die unterstützten NRO über
die wichtigsten Herausforderungen aus, denen sie bei der Umsetzung der Projekte begegnet waren,
und trugen dazu bei zu ermitteln, in welchen Bereichen weiterer Handlungsbedarf für die EU in
Malaysia besteht. EIDHR-Mittel dienten ferner dazu, einen Dokumentarfilm über die Todesstrafe in
Malaysia zu finanzieren.
9238/12 mp,ms/ib 251
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 308 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU setzte die Zusammenarbeit mit allen in Menschenrechtsfragen engagierten Gruppen fort
und lud einige von ihnen zu Sitzungen der EU-Arbeitsgruppe "Menschenrechte" ein. Die
wichtigsten Gesprächspartner sind die malaysische Anwaltsvereinigung ("Malaysian Bar") und die
nationale Menschenrechtskommission ("National Human Rights Commission"). Ein sichtbares
Ergebnis der Zusammenarbeit war eine öffentliche Veranstaltung zur Abschaffung der Todesstrafe
im Oktober 2011. Parallel zu dem öffentlichen Seminar, an dem rund 350 Personen teilnahmen,
fanden auf Wunsch des Justizministeriums ("Attorney General's Chamber") geschlossene
Fachkonsultationen statt. Beide Veranstaltungen, bei denen bekannte europäische Persönlichkeiten
Vorträge hielten, dienten als erster Schritt einer langfristig angelegten Kampagne zur Abschaffung
der Todesstrafe in Malaysia.
5.6.13 Nepal
Was die Lage der Menschenrechte in Nepal betrifft, so stellen deren Verletzungen, darunter
verschiedene Formen von Diskriminierung und weit verbreitete Straflosigkeit sowie eine
mangelhafte Rechtsstaatlichkeit entgegen der Verpflichtungen, die im Rahmen des Umfassenden
Friedensabkommens von 2006 eingegangen wurden, nach wie vor große Herausforderungen dar.
Auf politischer Ebene hat die EU gegenüber der Regierung weiterhin ihre Anliegen vertreten und
alle politischen Parteien beständig auf die Notwendigkeit verwiesen, dass Personen, die
Menschenrechtsverletzungen begangen haben, zur Rechenschaft gezogen werden und besonders
bedeutsame Fälle von während oder nach Konflikten begangenen Menschenrechtsverletzungen, die
ein Schlaglicht auf die anhaltende Straflosigkeit solcher Verbrechen werfen, angegangen werden
müssen. In einem Schreiben, das dem Premierminister, dem Vorsitzenden der verfassungsgebenden
Versammlung und den Vorsitzenden der politischen Parteien zugeleitet wurde, wurde Besorgnis
über die Mechanismen der Übergangsjustiz und eine vorgeschlagene Generalamnestie zum
Ausdruck gebracht.
Während der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung der Menschenrechte im Januar 2011 und dem
Follow-up im Juni 2011 hat die EU die Regierung nachdrücklich aufgefordert, ihren
Verpflichtungen nachzukommen und hat auf sie eingewirkt, mehrere Gesetzentwürfe zu
überarbeiten und anzunehmen, um die noch immer im Parlament verhandelten Mechanismen der
Übergangsjustiz einzurichten.
9238/12 mp,ms/ib 252
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 309 – Drucksache 17/12922
Vor Ort setzt die EU ihre koordinierte Beobachtung der Menschenrechtslage in Nepal stetig fort,
insbesondere in Bezug auf die prekäre Situation der Menschenrechtsverteidiger. Eine Mission der in
Kathmandu angesiedelten EU-Arbeitsgruppe für den Schutz von Menschenrechtsverteidigern reiste
im Mai 2011 in den Süden Nepals, um Informationen aus erster Hand über die Herausforderungen
zu sammeln, die sich den Menschenrechtsverteidigern dort stellen, und Unterstützung für ihre
Arbeit zu signalisieren. Als Vorsitzende der EU-Arbeitsgruppe für den Schutz und die
Unterstützung von Menschenrechtsverteidigern hat die EU-Delegation eine Sitzung der Gruppe
einberufen, um sich ein Bild von der Lage der Menschenrechtsverteidiger zu machen und über das
mögliche weitere Vorgehen zu beraten.
Die EU gewährt verschiedenen in- und ausländischen nichtstaatlichen Organisationen finanzielle
Unterstützung zur Umsetzung von Initiativen im Bereich Menschenrechte und Demokratie in
Nepal. Projekte wurden aus Mitteln des Europäischen Instruments für Demokratie und
Menschenrechte (EIDHR) und des Finanzierungsinstruments für die Entwicklungszusammenarbeit
(DCI) finanziert, so die thematischen Programme "Migration und Asyl" und "In die Menschen
investieren" (DCI-HUM). Die Problematik der von bewaffneten Konflikten betroffenen Kinder und
Familien in Nepal wird durch zwei neue, seit 2010 umgesetzte Projekte weiterverfolgt; dabei
handelt es sich um ein Projekt im Rahmen des weltweiten Aufrufs des EIDHR zur Einreichung von
Vorschlägen (von der EU bereitgestellte Finanzmittel: 360.000 EUR) und ein Projekt im Rahmen
des weltweiten DCI-HUM-Aufrufs (575.000 EUR). Ein weiteres im Rahmen des weltweiten DCI-
HUM-Aufrufs ausgewähltes und von der EU mit 857.000 EUR unterstütztes Projekt beschäftigt
sich mit dem Schutz und der Förderung einer kulturellen Vielfalt. Zusätzlich zu den sechs neuen
Projekten, die 2011 im Rahmen der länderspezifischen Förderprogramme des EIDHR ausgewählt
wurden (von der EU bereitgestellte Finanzmittel: 900.000 EUR) wurden zehn laufende Projekte
weitergeführt, bei denen der Schutz und die Förderung der Menschenrechte und die Konsolidierung
der Demokratie im Mittelpunkt stehen. Zwei neue Projekte, die 2011 eingeleitet wurden, tragen
ferner dazu bei, die Sicherheit von Wanderarbeiterinnen bei der Migration zu fördern.
9238/12 mp,ms/ib 253
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 310 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Bilaterale Programme im Bereich Bildung und zum Friedensprozess sind nach wie vor im Gange,
um den Zugang zur Bildung und ihre Qualität zu verbessern. Im Rahmen des Instruments für
Nahrungsmittelhilfe finanzierte Projekte sollen dazu beitragen, den dringenden Bedarf der
Menschen an Grundnahrungsmitteln zu decken.
Um die Prioritäten für den EIDHR-Aufruf 2012 festzulegen, haben die Delegationen
Konsultationen mit verschiedenen Gruppen abgehalten, die sich unter anderem für die Rechte von
Frauen, Kindern und Dalit einsetzen.
Im Jahr 2011 veranstaltete die EU-Delegation in Nepal einen Workshop zum internationalen Tag
der indigenen Bevölkerungen der Welt. Ferner nahm die Delegation bei verschiedenen Anlässen an
Programmen teil und brachte ihre Solidarität im Hinblick auf den Schutz und die Förderung der
Menschenrechte zum Ausdruck. Anlässlich des Tags der Menschenrechte am 10. Dezember 2011
wurde vor Ort eine gemeinsame Presseerklärung der EU und weiterer Partner veröffentlicht, in der
die Verantwortung der Regierung hervorgehoben wurde, sich verstärkt darum zu bemühen, die
grundlegenden Menschenrechte zu schützen und zu fördern und ihren Verpflichtungen im Rahmen
des Völkerrechts nachzukommen, um Frieden und Demokratie zu festigen.
5.6.14 Pakistan
Das Kooperationsabkommen der dritten Generation (2004) zwischen der EU und Pakistan umfasst
die mittlerweile obligatorische Menschenrechtsklausel.
Im Laufe des Jahres 2011 hat die EU eine neue strategische Partnerschaft mit Pakistan ausge-
handelt, den Maßnahmenplan EU-Pakistan. Im Rahmen des fünfjährigen Maßnahmenplans sind
häufigere Dialoge über Menschenrechtsfragen sowie die Ratifizierung und wirksame Umsetzung
internationaler Übereinkommen als Teil eines strategischen politischen Dialogs vorgesehen.
9238/12 mp,ms/ib 254
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 311 – Drucksache 17/12922
Anfang 2011 ereigneten sich zwei tragische Todesfälle hochrangiger Politiker, die in Islamabad
ermordet wurden. Der ehemalige Gouverneur der Provinz Punjab, Salman Taseer, und der
ehemalige Minister für Minderheiten, Shahbaz Bhatti, fielen Anschlägen extremistischer Gruppen
zum Opfer, weil sie sich für eine Reform der drakonischen Blasphemie-Gesetze eingesetzt hatten;
Anlass war das Todesurteil gegen eine der Blasphemie bezichtigten Christin. Die Attentate
veranlassten intolerante Teile der Bevölkerung, ihren Überzeugungen Luft zu machen, indem sie
die Ermordung Salman Taseers öffentlich begrüßten und feierten. Die Hohe Vertreterin verurteilte
beide Vorfälle scharf, betonte, dass die EU das von Intoleranz und Gewalt geprägte Klima, in dem
die Auseinandersetzung über die Blasphemie-Gesetze in Pakistan stattfindet, mit großer Sorge sähe,
und forderte die Regierung nachdrücklich auf, den Schutz aller zu gewährleisten, die zu dieser
Frage Stellung genommen haben. Die EU ließ den Fall Asia Bibis, der Christin, die 2010 wegen
Blasphemie zum Tode verurteilt worden war und derzeit in einem Gefängnis in Punjab einsitzt,
nicht aus den Augen und teilte den Behörden im Laufe des Jahres wiederholt ihre Besorgnis mit.
Am Vorabend des zweiten Gipfeltreffen EU-Pakistan vom 4. Juni 2010 unterzeichnete Pakistan den
Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) und das Übereinkommen
gegen Folter. Gleichzeitig legte Pakistan jedoch zahlreiche allgemeine Vorbehalte zu den
Menschenrechtsinstrumenten ein. Die EU verlieh daraufhin ihrer Besorgnis über die Art und die
Tragweite der weitreichenden Vorbehalte gegen die Verträge Ausdruck, die zu den umfassendsten
gehörten, die je von einer Vertragspartei erhoben wurden. Die Botschaft wurde im Laufe des Jahres
durch Missionen des Europäischen Parlaments verstärkt. Als Reaktion auf die anhaltende
Kampagne der EU zog Pakistan am 14. September 2011 16 seiner 19 Vorbehalte zurück.
Große Besorgnis erregte 2011 immer wieder die Sicherheit pakistanischer Journalisten, die
Menschenrechtsfragen thematisieren. Besonderen Anlass zur Sorge gab die Ermordung eines
bekannten Journalisten, der über sensible Fragen berichtet hatte, insbesondere über die Taliban-
Bewegung in Afghanistan and Pakistan. Als Reaktion auf die weitreichende Verunsicherung
veranstaltete die EU-Delegation am 15. Juli 2011 in Islamabad eine Podiumsdiskussion zum Thema
Sicherheit der Medien, an der zahlreiche Medienvertreter teilnahmen. Dabei wurden der Bedarf an
Schulungen und Schutz für die aus Konfliktgebieten berichtenden Journalisten, die Möglichkeiten
von investigativem Journalismus in Bedrohungslagen, sowie die Grenzen eines verantwortungs-
vollen Journalismus eingehend erörtert.
9238/12 mp,ms/ib 255
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 312 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU hat im Rahmen eines Programms zum Ausbau der Kapazitäten der Strafverfolgungs-
behörden mit Pakistan zusammengearbeitet; alle Schulungen, die an Polizeibeamte und
Staatanwälte gerichtet waren, umfassten Module zum Thema wirksamer Menschenrechtsschutz.
Die EU erarbeitet derzeit ein Programm zur Unterstützung demokratischer Institutionen, das eine
Menschenrechtskomponente enthält. Das allgemeine Ziel des Programms besteht darin, die
Konsolidierung demokratischer Prozesse in Pakistan zu fördern, indem seine demokratischen
Institutionen gestärkt werden. Insbesondere soll ein Beitrag dazu geleistet werden, die
pakistanischen parlamentarischen Versammlungen – in erster Linie auf der Ebene der Provinzen –
in die Lage zu versetzen, ihre Arbeit effizienter zu gestalten und bessere Ergebnisse zu erzielen. Die
Menschenrechtskomponente zielt darauf ab, die Förderung und den Schutz der Menschenrechte im
Land durch Unterstützung der Regierung und der nationalen Menschenrechtsinstitutionen zu
fördern, um ihre Kapazitäten im Umgang mit Menschenrechtsfragen und bei der Einhaltung
internationaler Menschenrechtsverpflichtungen zu verbessern.
5.6.15 Philippinen
Nach Abschluss der Verhandlungen über ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen, das klare
Bestimmungen zu den Menschenrechten enthält, haben die EU und die Philippinen erste
Beratungen über die mögliche Aufnahme eines Menschenrechtsdialogs geführt. Bis zur formellen
Einrichtung des Dialogs bringt die EU Menschenrechtsfragen weiterhin im Rahmen des regelmäßig
stattfindenden politischen Dialogs – zuletzt auf der Tagung hoher Beamter vom Dezember 2011 –
sowie bei Kontakten mit der Zivilgesellschaft und einschlägigen Verfassungsgremien zur Sprache.
Die EU hat den Mindanao-Friedensprozess durch direkte Beteiligung am internationalen
Beobachtungsteam ("International Monitoring Team", IMT) und die Leitung der Komponente
"Humanitäre Fragen, Rehabilitation und Entwicklung" weiterhin unterstützt. 2011 haben die
Friedensverhandlungen an Fahrt aufgenommen.
9238/12 mp,ms/ib 256
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 313 – Drucksache 17/12922
Die EU ließ den Philippinen weiterhin technische Unterstützung zukommen, um die Frage der
außergerichtlichen Hinrichtungen und des Verschwindenlassens anzugehen. Mit dem EU-
Philippinen-Programm zur Unterstützung der Justiz (EPJUST) wurde die philippinische
Gesellschaft (Regierungsstellen, einschlägige Verfassungsgremien, Zivilgesellschaft) dabei
unterstützt, außergerichtlichen Hinrichtungen und dem Verschwindenlassen von Aktivisten,
Journalisten, Gewerkschaftsmitgliedern und Bauernvertretern ein Ende zu setzen und die
Verantwortlichen zu überführen und vor Gericht zu bringen. Nach dem Auslauf des EPJUST-
Programm Ende Juli 2011, wird die EU ihre Unterstützung im Rahmen eines neues Programms mit
dem Titel "Justice for All" fortsetzen, das einerseits darauf abzielt, die Möglichkeiten Einzelner zu
verbessern, ihre Rechte einzufordern, und andererseits darauf, die Effizienz der für die Rechtspflege
Verantwortlichen zu steigern; Schwerpunkte bilden die Probleme außergerichtlicher Hinrichtungen
und des Verschwindenlassens. Ferner hat die EU zahlreiche Projekte im Rahmen des Europäischen
Instruments für Demokratie und Menschenrechte fortgeführt, unter anderem zu den Rechten der
Frauen, indigenen Bevölkerungsgruppen, der Verhütung der Folter, den Rechten des Kindes,
Menschenrechtsverteidigern, Gewerkschaften und den Rechten von Arbeitnehmern.
Die EU begrüßte die Ratifizierung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs
durch die Philippinen im August 2011. Die Hohe Vertreterin gab eine Erklärung ab, in der sie den
Philippinen zu dieser Entscheidung gratulierte.
5.6.16 Sri Lanka
Die Menschenrechtslage in Sri Lanka war 2011 weiterhin Gegenstand internationaler
Aufmerksamkeit. Trotz einiger Fortschritte in Bereichen wie den sprachlichen Rechten und der
Bekämpfung des Menschenhandels hat die Regierung es versäumt, eine Politik auf den Weg zu
bringen und Maßnahmen zu ergreifen, mit denen eine Reihe schwerwiegender
Menschenrechtsprobleme hätte angegangen werden können. Zu den größten Sorgen zählen Fälle
des Verschwindenlassens, außergerichtliche Hinrichtungen, die weit verbreitete Praxis der Folter,
rechtswidrige langjährige Inhaftierungen, rechtliche Hindernisse, die faire und ordnungsgemäß
durchgeführte Prozesse behindern, sowie ein alarmierend hohes Niveau der Straflosigkeit.
9238/12 mp,ms/ib 257
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 314 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Nach Entzug der Begünstigung durch das Allgemeine Präferenzsystem (APS+) im Jahr 2010 kam
der Austausch über Menschenrechtsfragen zwischen der EU und den Behörden Sri Lankas 2011
vorübergehend zum Erliegen.
Doch auch ohne förmliche Absprachen mit der Regierung Sri Lankas im Bereich Menschenrechte
hat die EU-Delegation in Sri Lanka in enger Zusammenarbeit mit den Botschaften der
Mitgliedstaaten ihre kontinuierliche Beobachtung von Menschenrechtsverletzungen vor Ort
fortgesetzt, nicht zuletzt in den ehemaligen Konfliktgebieten im Norden und Osten. Bedrohte
Menschenrechtsverteidiger und Journalisten erhielten weiterhin Unterstützung der EU. Die
Diplomaten der EU und der Mitgliedstaaten haben ihr Vorgehen und ihr Engagement koordiniert,
etwa wenn es darum ging, Menschenrechtsanliegen gegenüber den Behörden des Landes zur
Sprache zu bringen, Gerichtsverhandlungen gegen Menschenrechtsverteidiger zu besuchen, denen
illegale Handlungen vorgeworfen wurden, oder die Untersuchung von Fällen verschwundener
Personen zu beobachten. Um sich kontinuierlich ein Bild von der Lage vor Ort zu verschaffen und
Verbindungen zu den Akteuren vor Ort aufrechtzuerhalten, fanden regelmäßige Treffen zu
bestimmten Themen und ein Jahrestreffen mit Menschenrechtsverteidigern und Mitgliedern der
Zivilgesellschaft statt. Ferner hat die EU den Schutz der Menschenrechte gegenüber dem
Botschafter Sri Lankas bei der EU zur Sprache gebracht. Darüber hinaus bekundete die EU auch in
multilateralen Gremien, insbesondere im Menschenrechtsrat, weiterhin ihre Besorgnis über
vergangene und gegenwärtige Menschenrechtsverletzungen in Sri Lanka; gleichzeitig legte sie der
Regierung Sri Lankas nahe, in diesen Fragen mit den VN zusammenzuarbeiten.
Die EU-Hilfe wurde aus Mitteln gewährt, die zur Unterstützung nichtstaatlicher Akteure sowie im
Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) zur
Verfügung standen.
9238/12 mp,ms/ib 258
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 315 – Drucksache 17/12922
5.6.17 Thailand
Im Hinblick auf die Parlamentswahlen im Juli 2011 setzte die EU in Thailand eine Wahlexperten-
mission ein, die aus zwei in Bangkok ansässigen Wahlexperten bestand. Ihr Auftrag bestand darin,
die Wahlen anhand internationaler Standards für demokratische Wahlen zu analysieren, den EU-
Organen regelmäßig Bericht zu erstatten und Empfehlungen für mögliche Verbesserungen des
Wahlprozesses abzugeben. Die Wahlexpertenmission verzeichnete eine gute Zusammenarbeit mit
den thailändischen Behörden und ließ dem Außenminister, dem Vorsitzenden der Wahlkommission
und dem Leiter der Kommission für Wahrheit und Versöhnung ihren Abschlussbericht zukommen.
Die EU hat die Entwicklung der Meinungsfreiheit in Thailand weiterhin aufmerksam verfolgt.
Regelmäßig fanden Treffen der EU mit verschiedenen Vertretern der Zivilgesellschaft und
Menschenrechtsverteidigern statt, die ihrer Besorgnis über den schrumpfenden Spielraum bei der
Meinungsfreiheit, die Politisierung dieser Frage, den beträchtlichen Anstieg von Fällen der
Majestätsbeleidigung sowie die unnachgiebige Anwendung von Gesetzen und die Länge der
verhängten Strafen in jüngst verhandelten Fällen zum Ausdruck brachten. Die EU beobachtete
mehrere Gerichtsverhandlungen gegen prominente Menschenrechtsverteidiger, unter ihnen
Chiranuch Premchaiporn und Somyot Pruksakasemsuk. Als Amphon Tangnoppakuls im November
2011 zu einer 20jährigen Haftstrafe verurteilt wurde, gab die EU eine Erklärung der EU-
Missionschefs vor Ort ab, in der sie die thailändischen Behörden nachdrücklich aufforderte, dafür
zu sorgen, Rechtsstaatlichkeit walten zu lassen – diskriminierungsfrei, mit Augenmaß und im
Einklang mit der Aufrechterhaltung der grundlegenden Menschenrechte einschließlich der
Meinungsfreiheit.
9238/12 mp,ms/ib 259
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 316 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU hat eine Reihe von Projekten im Bereich der Menschenrechte finanziert, u.a. in Bezug auf
die Rechtsstaatlichkeit und den Zugang zur Justiz, der Versöhnungsprozess im äußersten Süden
Thailands und die Rechte von Flüchtlingen. Zudem hat die EU ihre Besuche vor Ort in den
südlichsten sowie in nordöstlichen und anderen Gebieten des Landes fortgesetzt. Ferner hat die EU
die erste allgemeine regelmäßige Überprüfung Thailands, die im Oktober 2011 in Genf stattfand,
aufmerksam verfolgt und der Regierung nahegelegt, möglichst viele der aus der Überprüfung
hervorgegangenen Empfehlungen anzunehmen und umzusetzen. In diesem Zusammenhang hat die
EU die im Rahmen der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung gegebene Zusage Thailands
begrüßt, eine ständige Einladung auf die Sonderverfahren der VN auszuweiten; außerdem würde sie
einen offiziellen Besuch des VN-Sonderberichterstatters für das Recht auf Meinungsfreiheit in
Thailand sehr begrüßen.
5.6.18 Timor-Leste
Timor-Leste macht angesichts der beträchtlichen Herausforderungen, die sich dem jungen und noch
wenig gefestigten Land stellen, stetige Fortschritte bei der Stärkung der Demokratie und der
Menschenrechte. Im März 2011 hat die Europäische Union ein mit 39 Million EUR ausgestattetes
Programm eingeleitet, das Timor-Leste auf seinem Weg zu einer stabilen Demokratie und
nachhaltigen Entwicklung unterstützen soll, insbesondere im Hinblick auf eine demokratische
Regierungsführung, die Entwicklung der ländlichen Gebiete und die Rolle der Zivilgesellschaft.
Was letztere betrifft, so lautet das Ziel, die Kapazitäten der Netzwerke und Dachorganisationen
auszubauen, einen alle Seiten einschließenden Dialog und die Zusammenarbeit zwischen lokalen
und zentralen Regierungsstellen sowie nichtstaatlichen Akteuren zu fördern und die Beteiligung
letzterer auf einer dezentralisierten Ebene durch geeignete Maßnahmen im Bereich der politischen
Bildung und der Jugendbeschäftigung zu verbessern. Unterstützung dieser Art ist wichtig, weil
Timor-Leste nicht über die Kapazitäten verfügt, Menschenrechtsverletzungen angemessen
nachzugehen. Eine entscheidende Frage ist die Rechenschaftspflicht in Bezug auf Menschenrechts-
verletzungen in der Vergangenheit (während der indonesischen Besatzung von 1947 bis 1999 und
im Zuge der Gewaltausbrüche nach dem Referendum über die Unabhängigkeit 1999). Die EU hat
die Erstellung von zwei Berichten über die genannten Ereignisse unterstützt. Beide Berichte sind im
Parlament noch nicht erörtert worden.
9238/12 mp,ms/ib 260
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 317 – Drucksache 17/12922
Bei der ersten allgemeinen Überprüfung Timor-Lestes durch den VN-Menschenrechtsrat, die im
Oktober 2011 unter aktiver Beteiligung zahlreicher EU-Mitgliedstaaten stattfand, standen
Empfehlungen zum Vorgehen bei Gewalt gegen Frauen und Kinder, zur Aufarbeitung vergangener
Gewalt und Gewährleistung von Entschädigungen für Konfliktopfer sowie zur Stärkung der Justiz
im Mittelpunkt.
5.6.19 Vietnam
2011 ermutigte die EU Vietnam durch ihren regelmäßig stattfindenden Menschenrechtsdialog,
öffentliche Erklärungen, diplomatische Demarchen und technische Unterstützung weiterhin, sich zu
einer offeneren Gesellschaft zu entwickeln die, auf Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der
Menschenrechte beruht.
Insbesondere forderte die EU die Regierung Vietnams nachdrücklich auf, Beschränkungen der
Meinungs- und Medienfreiheit aufzuheben, die nach Artikel 19 des von Vietnam unterzeichneten
Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) zu gewähren ist.
Ferner hat die EU technische Unterstützung im Rahmen des "Justice Partnership Project" geleistet,
das darauf abzielt, das Justizwesen zu modernisieren und professioneller zu gestalten.
Die EU setzte die Durchführung von Projekten zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte,
unter anderem der Rechte des Kindes, der Rechte der Arbeitnehmer und der Rechte von Menschen
mit Behinderungen, und zur Nichtdiskriminierung fort.
Die EU und Vietnam vereinbarten, die Modalitäten ihres regelmäßig stattfindenden
Menschenrechtsdialogs zu ändern und von einem vor Ort geführten Dialog unter Leitung der EU-
Missionschefs in Hanoi zu einem mit den Reagierungen geführten erweiterten Dialog unter der
Leitung von Menschenrechtsexperten überzugehen. (NB: Die erste Runde des neuen, erweiterten
Menschenrechtsdialogs fand am 12. Januar 2012 in Hanoi statt.)
9238/12 mp,ms/ib 261
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 318 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.7. Die amerikanischen Kontinente
5.7.1 Kanada
Im Einklang mit der 2004 vereinbarten Partnerschaftsagenda EU-Kanada hat die EU ihre
langjährige Zusammenarbeit mit Kanada fortgesetzt. Zusätzlich zu ihren regelmäßigen Kontakten
im Laufe des Jahres hielten die EU und Kanada am 17. März in Genf bilaterale
Menschenrechtskonsultationen ab. Sie boten Gelegenheit, die Prioritäten bei der Verteidigung der
Menschenrechte auf internationaler Ebene zu überprüfen.
Auf der VN-Generalversammlung unterstützte die EU aktiv die von Kanada eingebrachte
Resolution zur Lage der Menschenrechte in Iran. Unterstützung seitens der EU erhielt auch die von
Kanada geförderte Initiative bei den VN, einen internationalen Mädchentag einzurichten (11.
Oktober).
5.7.2 Vereinigte Staaten von Amerika
Da sich der EAD im Jahr 2011 noch im Aufbau befand, haben in diesem Zeitraum keine bilateralen
Menschenrechtskonsultationen mit den Vereinigten Staaten von Amerika stattgefunden. Allerdings
standen die US-Regierung und die EU-Delegation in Washington D.C., die Zentralen des EAD und
des US-Außenministeriums und die jeweiligen Vertretungen bei den Vereinten Nationen in New
York und Genf in regelmäßigem Austausch. Die EU hat im Rahmen des Menschenrechtsdialogs in
Washington an verschiedenen vom US-Außenministerium organisierten multilateralen Treffen
teilgenommen und die Kontakte zu Interessenvertretern, insbesondere NRO und Reflexions-
gruppen, vertieft, wobei es um Themen wie Menschenrechte in den Ländern des Arabischen
Frühlings, Religionsfreiheit, Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-Personen,
Freiheit des Internets und Menschenrechtsverteidiger ging. Zudem konnten – wie schon in früheren
Jahren – dank der dynamischen Partnerschaft zwischen der EU und den Vereinigten Staaten in
multilateralen Foren wie dem Menschenrechtsrat und dem Dritten Ausschuss der VN-General-
versammlung mehrere Ergebnisse erzielt werden (siehe obigen Abschnitt). Ergänzt wurde diese
Zusammenarbeit durch einen Dialog über Terrorismusbekämpfung und Völkerrecht mit dem
Rechtsberater des US-Außenministeriums Harold Koh.
9238/12 mp,ms/ib 262
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 319 – Drucksache 17/12922
Eines der wichtigsten Anliegen seitens der EU ist nach wie vor die Todesstrafe. 2011 wurden
43 Menschen hingerichtet, was nur einem leichten Rückgang gegenüber den 46 Fällen im Jahr 2010
entspricht. Die Zahl der Todesurteile ist allerdings von 104 im Jahr 2010 auf 78 im Jahr 2011
gesunken und lag damit erstmals seit der Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1976 unter 100.
Von den 43 Hinrichtungen hat die EU in sechs Fällen im Einklang mit ihren diesbezüglichen
Leitlinien interveniert. Diese Intervention erfolgte teils über den Botschafter der EU-Delegation
und/oder mittels Erklärungen der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik,
und auch die EU-Delegation bei der OSZE gab zahlreiche Erklärungen zu diesen sechs Personen
ab, darunter Troy Davis in Georgia und Humberto Leal in Florida.
Darüber hinaus hat das EU-Exportverbot für medizinische Präparate, die auch für Hinrichtungen
verwendet werden können, mehrere Hinrichtungen in Ohio, Kentucky, Arizona und einigen anderen
Staaten verzögert, zumal der Ankauf ausländischer Substanzen für Hinrichtungen in verschiedenen
Fällen von Staats- und Bundesgerichten für illegal erklärt worden ist. Mehrere Staaten mussten ihre
diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen ändern, um den aus drei Substanzen bestehenden
"Todesspritzen-Cocktail" auf in den Vereinigten Staaten erhältliche Alternativen umzustellen. Auch
diverse Berufungsfälle müssen seither noch gerichtlich überprüft werden.
Eine Gallup-Umfrage hat 2011 gezeigt, dass nur 61 % der Amerikaner – der niedrigste von Gallup
seit 1972 registrierte Wert – die Todesstrafe befürworten. Auf Ebene der Bundesstaaten scheinen
die Dinge etwas in Bewegung zu kommen; so haben mehrere Staaten in den vergangenen Jahren die
Todesstrafe abgeschafft, darunter Illinois im März 2011, und der Gouverneur von Oregon, John
Kitzhaber, hat im November 2011 eine bevorstehende Hinrichtung gestoppt und erklärt, er werde
während seiner Amtszeit keine weiteren Todesurteile mehr unterzeichnen.
2011 ließ die EU sechs zivilgesellschaftlichen Organisationen finanzielle Unterstützung aus Mitteln
des EIDHR zukommen, unter anderem der American Bar Association, die sich öffentlich für die
Abschaffung der Todesstrafe in den USA eingesetzt hat. Parallel dazu hat die EU auch ihren
eigenen Einsatz gegen die Todesstrafe fortgesetzt. Insbesondere gibt der Leiter der EU-Delegation
in Washington im Einklang mit den in den EU-Leitlinien zur Todesstrafe (2008) festgelegten
Kriterien bei Bedarf immer wieder einschlägige Erklärungen ab.
9238/12 mp,ms/ib 263
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 320 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Auf die Aufforderung der EU hin, die Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs im Avena-
Verfahren, das sogenannte "Avena-Urteil", umzusetzen, hat die US-Regierung bekräftigt, dass sie
beabsichtigt, die erforderlichen Rechtsvorschriften zu erlassen, sobald der Kongress zum Handeln
bewegt werden kann. Allerdings ist der legislative Prozess bislang leider nicht vorangekommen.
Anfang 2011 hat die Diskussion über die Schließung des Gefangenenlagers in Guantánamo Bay mit
der Verfügung Präsident Obamas vom März 2011 eine neue Wendung genommen; dieser hat zum
einen eine regelmäßige Überprüfung bei längeren Internierungen eingeführt und zum anderen die
Wiederzulassung der Militärtribunale angeordnet. Zwar hat die Regierung nochmals erklärt, sie
wolle das Gefangenenlager schließen, doch haben diese Schritte deutlich gemacht, dass dies in
naher Zukunft nicht der Fall sein wird. Die EU hat die Entwicklungen verfolgt und immer wieder
die Schließung der Einrichtung gefordert.
Noch weiter verlangsamt wurde der Prozess durch die Annahme der Vorlage zur Landes-
verteidigung für 2012 ("2012 National Defense Authorization Act") durch den Kongress im
Dezember 2011. Diese Vorlage enthält nicht nur Bestimmungen aus früheren Gesetzen, die eine
Schließung von Guantánamo schwierig machen, sondern sie kodifiziert auch die 2001 erteilte
Ermächtigung zur Anwendung militärischer Gewalt (Authorization for Use of Military Force Act –
AUMF) sowie das obligatorische Militärgewahrsam und die (potenziell) unbegrenzte Internierung
von unter Terrorismusverdacht stehenden Ausländern, ohne dass diese vor ein Gericht gestellt
werden müssen (dies betrifft Personen, die bei Kriegshandlungen festgenommen werden und die
unter dem Verdacht stehen, Mitglieder von Al Qaida zu sein oder Verbindung zu dieser
Organisation zu haben oder an der Planung oder Durchführung von Anschlägen auf die Vereinigten
Staaten oder ihre Bündnispartner beteilt gewesen zu sein). Die EU hat mit der US-Regierung über
diese Punkte verhandelt.
9238/12 mp,ms/ib 264
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 321 – Drucksache 17/12922
5.7.3 Argentinien
Seit dem Ende des Militärregimes im Jahr 1983 ist im Hinblick auf die Achtung der Menschen-
rechte eine bemerkenswerte Verbesserung zu verzeichnen. Argentinien hat die meisten Menschen-
rechtsinstrumente der Region und der VN sowie das Römische Statut des Internationalen
Strafgerichtshofs ratifiziert.
Allerdings gibt es nach wie vor Probleme, insbesondere was die Bedingungen in den Gefängnissen,
die häusliche Gewalt gegen Frauen und die Rechte der Angehörigen von Minderheiten betrifft.
Menschenrechtsfragen spielen bei den bilateralen Kontakten zwischen der EU und Argentinien eine
wichtige Rolle; so wurde 2008 eine Gemeinsame Erklärung der EU und Argentiniens zu den
Menschenrechten abgegeben. Der nächste Menschenrechtsdialog der EU mit Argentinien wurde für
April 2012 anberaumt.
Soziale Gerechtigkeit, Rechte der Angehörigen von Minderheiten und die Menschenrechte
indigener Bevölkerungsgruppen waren die Schlüsselthemen und Hauptinterventionsbereiche der
Zusammenarbeit der EU und Argentiniens auf dem Gebiet der Menschenrechte. Die Arbeit
orientierte sich 2011 an den für Argentinien festgelegten Prioritäten, und zwar unter anderem
Unterstützung gefährdeter Gruppen, die unter Diskriminierung und Armut leiden, Frauenrechte und
Menschenhandel, Haftbedingungen und Garantien sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Überdies wurden 2011 seitens der EU zwei Demarchen unternommen, um die einschlägigen
argentinischen Behörden über die Prioritäten der EU für die Tagung des Menschenrechtsrats der
Vereinten Nationen zu unterrichten.
9238/12 mp,ms/ib 265
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 322 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.7.4 Bolivien
2011 wird als das Jahr des TIPNIS-Konflikts in die Geschichte Boliviens eingehen. Der Konflikt
um den Bau einer Straße durch ein als Nationalpark ausgewiesenes Indigenenschutzgebiet
(TIPNIS – Territorio Indigena Parque Natural Isiboro Sécure) rief heftige Proteste seitens der
indigenen Bevölkerungsgruppen hervor, wobei sich zeigte, wie schwierig es ist, die nationale
wirtschaftliche Entwicklung mit der Achtung der Rechte der indigenen Bevölkerungsgruppen zu
vereinbaren. Im Jahr 2011 wurden in Bolivien Richterwahlen durchgeführt, d.h. es wurden die
Richter der höchsten Justizbehörden, unter anderem des Verfassungsgerichts und des obersten
Gerichtshofs, gewählt. Die Regierung warb für diese Wahlen und bezeichnete sie als bahn-
brechenden Schritt zur Demokratisierung des Justizwesens und zur Stärkung seiner Unabhängigkeit
sowie zur Verbesserung des Zugangs zur Justiz. Es wurden jedoch in bisher unbekanntem Ausmaß
ungültige und leere Stimmzettel abgegeben, was auf eine durch den TIPNIS-Konflikt beeinflusste
Protestwahl schließen lässt. Die EU ist ein wichtiger Akteur, wenn es um den Schutz und die
Förderung der Menschenrechte geht, und sie nutzt mehrere Instrumente zur Verwirklichung dieser
Ziele, unter anderem die Entwicklungszusammenarbeit, das Stabilitätsinstrument und den
politischen Dialog.
9238/12 mp,ms/ib 266
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 323 – Drucksache 17/12922
5.7.5 Brasilien
Der Dialog und die enge Zusammenarbeit mit Brasilien im Bereich der Menschenrechte wurden
auch 2011 fortgesetzt. Gemäß dem Gemeinsamen Aktionsplan haben die EU und Brasilien einen
"institutionellen" Rahmen für regelmäßige bilaterale Konsultationen zu Menschenrechtsfragen
entwickelt. Im Mai 2011 fand in Brasilia die zweite Tagung des Menschenrechtsdialogs EU-
Brasilien statt, an der Vertreter von acht brasilianischen Fachministerien teilnahmen; im
Mittelpunkt der Tagung standen indigene Bevölkerungsgruppen, Menschenrechtsverteidiger und
Migrationsfragen. 2011 wurden über die Fazilität für sektorale Dialoge (Sectoral Dialogues Facility
Fund) – aus DCI-Mitteln für das Land – zwei kleine Projekte finanziert, zum einen ein Projekt zur
Unterstützung des nationalen Programms für den Schutz von Menschenrechtsverteidigern und zum
anderen ein Projekt zur Bekämpfung des Menschenhandels mit dem Schwerpunkt Frauen und
Kinder. Im Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR)
wurde ein Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen mit einer Mittelausstattung von insgesamt
1,8 Mio. EUR durchgeführt. Damit werden Initiativen der Zivilgesellschaft zur Bekämpfung der
Gewalt gegen Frauen, Kinder, gefährdete Bevölkerungsgruppen und Menschenrechtsverteidiger
finanziert. Auf dem fünften Gipfel EU-Brasilien am 4. Oktober 2011 in Brüssel verpflichteten sich
die EU und Brasilien, ihre Zusammenarbeit im Bereich der Menschenrechte in den multilateralen
Gremien auszubauen und zu diesem Zweck insbesondere gemeinsame Initiativen im
Menschenrechtsrat und Initiativen für eine dreiseitige Kooperation mit interessierten
Entwicklungsländern zu entwickeln.
9238/12 mp,ms/ib 267
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 324 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.7.6 Chile
Das umfassende Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Chile untermauert die sehr guten
bilateralen Beziehungen. Chile und die EU haben 2011 weiter zusammengearbeitet, um die
Förderung der Menschenrechte auf nationaler Ebene, im biregionalen Kontext und in inter-
nationalen Foren zu fördern. Im Mittelpunkt ihres zweiten Menschenrechtsdialogs im Januar in
Santiago standen die Rechte von indigenen Bevölkerungsgruppen, Frauen und Migranten sowie die
Zusammenarbeit bei der Überprüfung des Menschenrechtsrats der VN. Im Oktober nahmen
Vertreter der Zivilgesellschaft der EU und Chiles an zwei Menschenrechtsseminaren in Santiago
teil: Das eine befasste sich mit den Menschenrechten und der sozialen Verantwortung von
Unternehmen, das andere mit institutionellen Modellen für den Schutz der Menschenrechte; derzeit
bereitet Chile die Einrichtung eines Menschenrechtssekretariats im Justizministerium vor. Im
Rahmen ihrer externen Hilfe unterstützt die EU weiterhin die Umsetzung des IAO-Überein-
kommens 169 (Rechte von eingeborenen und in Stämmen lebenden Völkern) in Chile und die
Bewahrung der Erinnerung an die Militärdiktatur von 1973-1990.
5.7.7 Kolumbien
Auch 2011 hat die kolumbianische Regierung die von Präsident Santos bei seinem Amtsantritt im
August 2010 angekündigten ehrgeizigen Initiativen zur Heilung der Wunden, die Kolumbiens
interner Konflikt gerissen hat, und zur Verbesserung der Menschenrechtslage weiter umgesetzt.
Kernstück dieser Initiativen ist das Gesetz über die Entschädigung der Opfer des Konflikts und die
Rückgabe von illegal angeeignetem Land, nach dem vier Millionen Opfer entschädigt werden
sollen. Weitere wichtige Maßnahmen sind ein im Parlament eingebrachter Vorschlag für eine
Justizreform, mit der unter anderem die Straflosigkeit verringert, das System der Regierung zum
Schutz von gefährdeten Personen reformiert und der diskreditierte Geheimdienst DAS
(Departamento Administrativo de Seguridad) aufgelöst werden soll.
9238/12 mp,ms/ib 268
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 325 – Drucksache 17/12922
Die Regierung Santos ist weiter auf die Menschenrechtsverteidiger, die Gewerkschaften und die
Zivilgesellschaft im Allgemeinen zugegangen und hat den Dialog mit der Zivilgesellschaft und der
internationalen Gemeinschaft vorangetrieben; Höhepunkt wird die nationale
Menschenrechtskonferenz im Dezember 2012 sein, auf der ein nationaler Aktionsplan für
Menschenrechte angenommen und ein nationales Menschenrechtszentrum eingerichtet werden
sollen. Trotz der Bemühungen seitens der Regierung kam es nach wie vor zu Drohungen und
Angriffen gegen Menschenrechtsverteidiger, Gewerkschafter, Landaktivisten sowie führende
politische und gesellschaftliche Persönlichkeiten, nicht zuletzt weil einige der von Santos
angestoßenen Reformen bei bestimmten Kreisen, die mit illegalen bewaffneten Gruppen in
Verbindung stehen, auf entschiedenen Widerstand stoßen, wobei diese Gruppen mit zunehmender
Gewalt reagieren.
Die EU hat die Menschenrechtslage in Kolumbien aufmerksam verfolgt und steht mit den
kolumbianischen Behörden auf verschiedenen Ebenen weiterhin regelmäßig in Kontakt. Dass die
Regierung bereit ist, ohne Tabu und in völliger Transparenz über Menschenrechtsfragen zu
sprechen, hat sie auf der fünften Tagung des lokalen Dialogs über Menschenrechte EU-Kolumbien
im Juni 2011 unter Beweis gestellt, an dem sich die einschlägigen Stellen voll und ganz beteiligt
haben. Zu den erörterten Themen gehörten die Bekämpfung der Straflosigkeit und das neue Gesetz
über die Opferentschädigung. Die EU hat ferner eine Reihe von Einzelfällen zur Sprache gebracht,
unter anderem die erwähnten Angriffe und Drohungen gegen Menschenrechtsverteidiger.
Zusätzlich zu ihrem Dialog mit der Regierung unterhielt sie weiterhin enge Kontakte mit der
Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidigern und konsultierte diese unter anderem im Rahmen
eines von der EU finanzierten Seminars über die Zivilgesellschaft im Dezember 2011 in Bogotá.
Die EU hat außerdem Außenhilfeprogramme zur Förderung der Menschenrechte umgesetzt, mit
denen der Aufbau von Kapazitäten zur Bekämpfung der Straflosigkeit, die Hilfe für
Binnenvertriebene, Maßnahmen zur Verhütung von Vertreibungen sowie die Hilfe für Opfer von
Konflikten unterstützt werden. Sie hat überdies ein erstes Pilotprogramm zur Unterstützung des
Gesetzes über die Opferentschädigung erarbeitet.
9238/12 mp,ms/ib 269
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 326 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.7.8 Ecuador
2011 verschärfte sich die Konfrontation zwischen der Regierung und den privaten Medien, die als
Verteidiger der Interessen der traditionellen wirtschaftlichen und politischen Eliten gelten, welche
die "Revolución Ciudadana" ablehnen. Einige Gerichtsverfahren gegen Zeitungen und Journalisten
könnten sich negativ auf die Meinungsfreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz in Ecuador
auswirken.
Das über das Stabilitätsinstrument finanzierte Projekt an der Nordgrenze Ecuadors zu Kolumbien
lief 2011 noch.
Mit dem Projekt werden im Wesentlichen die nachstehende Ziele verfolgt: Ausbau der Kapazitäten
der Institutionen und der Zivilgesellschaft zur Bewältigung von Sicherheitskrisen; Verbesserung des
Schutzes der grundlegenden Menschenrechte stark gefährdeter Bevölkerungsgruppen; Förderung
des Dialogprozesses zwischen der Bevölkerung und den öffentlichen Behörden auf beiden Seiten
der Grenze, einschließlich sozialer und wirtschaftlicher friedensbildender Maßnahmen und
Förderung einer Friedenskultur.
Im November 2011 erging ein Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen für das länderspezifische
Förderprogramm des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte
(EIDHR-CBSS) für Ecuador mit dem Ziel, die Koordinierung und Verbindungen zwischen den
verschiedenen Akteuren zu fördern, die sich für die Förderung der Menschenrechte und die
Anwendung der in der Verfassung verankerten Garantien, insbesondere für den Aufbau eines fairen
und effizienten Justizsystems und die Entwicklung eines integrierten Systems für die Sicherheit und
Krisenprävention, einsetzen.
9238/12 mp,ms/ib 270
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 327 – Drucksache 17/12922
5.7.9 El Salvador
Im Juni besuchten die EU-Delegation in El Salvador und Vertreter der Botschaften dreier EU-
Staaten die Räumlichkeiten eines kleinen, von einer Gemeinde betriebenen Radiosenders, bei dem
mehrere Morddrohungen eingegangen waren. Die Mitarbeiter des Radiosenders erklärten, dass sie
bedroht würden, weil sie sich öffentlich gegen Bergbauprojekte in der Provinz Cabañas gewandt
und den Wahlbetrug in diesem Gebiet angeprangert hätten. Im Anschluss an die
Erkundungsmission fand ein Treffen mit dem Minister für Justiz und Sicherheit statt; er wurde
ersucht, die Drohungen zu untersuchen und den Mitarbeitern des Radiosenders weiterhin Schutz zu
bieten.
Mit der salvadorianischen Regierung und der kommunalen Wahlbehörde wurde eine Vereinbarung
über die Finanzierung einer Reform unterzeichnet, die – beginnend mit den Präsidentschaftswahlen
2014 – die Distanz zwischen den Wählern und den Wahlzentren verringern und somit die
demokratische Teilhabe fördern soll. Bei dem Projekt handelt es sich um eine Maßnahme im
Anschluss an die Empfehlungen, die die Wahlbeobachtungsmission der EU nach den Wahlen 2009
abgegeben hat.
5.7.10 Guatemala
Die EU hat die Menschenrechtslage in Guatemala, insbesondere die vermehrten Angriffe auf
Menschenrechtsverteidiger und die gewaltsame Vertreibung indigener Gemeinschaften von ihrem
Land, aufmerksam verfolgt. Im Juni richteten die EU-Delegation und die Botschaften der
Mitgliedstaaten die Jahrestagung der Menschenrechtsverteidiger aus, um das Engagement der EU
für den Schutz der Menschenrechtsverteidiger zu bekräftigen und die Umsetzung der
diesbezüglichen Richtlinien der EU zu erörtern. Im September und November 2011 nahmen die
EU-Mitgliedstaaten an der Beobachtung beider Runden der Präsidentschaftswahlen teil.
9238/12 mp,ms/ib 271
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 328 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU-Delegation hat die Übergangsjustiz unterstützt, indem sie den wichtigsten Verhandlungen
über den Völkermord und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die von fünf ehemaligen
Armeeangehörigen während des bewaffneten Konflikts begangen worden sind, als internationale
Beobachterin beiwohnte. Der Prozess (der erste seiner Art in Lateinamerika) wurde im Rahmen
eines von der EU finanzierten Projekts unterstützt, das Opfern Rechtshilfe bietet. Dieser Fall und
das Urteil über das "Dos Erres"-Massaker (Verurteilung von drei Armeemitgliedern und einem
Mitglied der paramilitärischen Truppen) sind wichtige Schritte zur Stärkung des Justizwesens in
Guatemala und zur Förderung des Prozesses der nationalen Aussöhnung.
Die EU hat ein Projekt gegen die Todesstrafe unterstützt, das maßgeblich dazu beigetragen hat, dass
der oberste Gerichthof 13 Todesurteile in Gefängnisstrafen umgewandelt hat. Ende 2011 befand
sich nur noch eine Person im Todestrakt in Erwartung einer Überprüfung des Urteils.
Schließlich hat die EU das gesamte Jahr 2011 hindurch das Mandat der Internationalen
Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) unterstützt und damit die wichtige
Rolle der CICIG bei der Zerschlagung von im Untergrund tätigen Gruppen und bei der Förderung
von Gesetzesreformen im Bereich Justiz und Sicherheit untermauert.
5.7.11 Honduras
Nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen haben auch 2011 über Verletzungen
der Menschenrechte, insbesondere der Menschenrechte von Journalisten, Lesben, Schwulen,
Bisexuellen und Transgenderpersonen, Frauen, Menschenrechtsverteidigern sowie Bauern,
berichtet.
9238/12 mp,ms/ib 272
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 329 – Drucksache 17/12922
Die Menschenrechte bestimmten nach wie vor die politische Tagesordnung der bilateralen
Beziehungen und standen im Mittelpunkt der Beratungen mit der Regierung von Honduras während
des Dialogs auf hoher Ebene im Juni 2011 in Brüssel. Die EU verfolgt die Menschenrechtslage in
Honduras aufmerksam und hat gemeinsam mit den Leitern ihrer dortigen Mission in einer lokalen
Erklärung vor Ort öffentlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die Lage aufs Schärfste verurteilt und
wegen der Morde, Angriffe und Drohungen gegen Journalisten und Medien in Honduras äußerst
besorgt ist und dass sie hofft, dass diese Verbrechen und Drohungen nicht ungestraft bleiben.
Die EU hat auch 2011 die Arbeit der Kommission für Wahrheit und Versöhnung und deren Follow-
up-Mechanismus (Unidad de segiumiento a las recomendaciones de la Comisión Verdad y
Reconciliación - USICVR) sowie das nationale System zum Schutz und zur Förderung der
Menschenrechte im Rahmen eines über das Stabilitätsinstrument finanzierten Programms
unterstützt. Zusätzlich zu ihrer kontinuierlichen Förderung der Zivilgesellschaft von Honduras im
Rahmen des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) hat sie 2011
ein weiteres Projekt zur Unterstützung des neuen Ministeriums für Justiz und Menschenrechte
bewilligt, das darauf abzielt, die Staatsführung und die Menschenrechtslage in Honduras durch
Konsolidierung der Rechtsstaatlichkeit, Stärkung der Regierungsinstitutionen und Schaffung eines
Rechtsrahmens in diesem Bereich zu verbessern. Die EU wird der Regierung von Honduras bei der
Planung und Durchführung einer nationalen Menschenrechtspolitik und eines entsprechenden
Aktionsplans sowie bei der Umsetzung der Empfehlungen internationaler Organisationen zu
Menschenrechtsfragen (insbesondere derjenigen, die die Regierung von Honduras bei der
allgemeinen regelmäßigen Überprüfung 2010 akzeptiert hat) behilflich sein.
Im Zusammenhang mit Landstreitigkeiten kommt es nach wie vor zu gewalttätigen
Ausschreitungen; besonders besorgniserregend ist die Lage in Bajo Aguan.
9238/12 mp,ms/ib 273
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 330 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.7.12 Mexiko
Die EU hat 2011 mit Mexiko einen konstruktiven Dialog über die Menschenrechte geführt, bei dem
sowohl interne als auch multilaterale Fragen behandelt wurden.
Im März trafen beide Seiten in Brüssel zu ihrem jährlichen Dialog auf hoher Ebene über bilaterale
Menschenrechtsfragen zusammen. Die EU äußerte ihre Sorge über die schwierige Menschen-
rechtslage in Mexiko, insbesondere mit Blick auf die zunehmende Gewalt und die Bekämpfung der
organisierten Kriminalität. Mexiko berichtete über seine Fortschritte bei der Reform des Strafjustiz-
systems und der Militärjustiz sowie bei der Schaffung von Mechanismen zum Schutz von
Menschenrechtsverteidigern und Journalisten.
Menschenrechtsfragen wurden auch auf der 11. Tagung des Gemischten Ausschusses EU-Mexiko
erörtert. Mexiko informierte über die wichtigsten Entwicklungen in jüngster Zeit, etwa über die
Verfassungsreform, mit der internationale Menschenrechtsstandards in das mexikanische Justiz-
system übernommen werden, und über die Entscheidung des obersten Gerichtshofs, der Militär-
gerichtsbarkeit alle Fälle von Menschenrechtsverletzungen zu entziehen. Mexiko und die EU kamen
überein, ihre Zusammenarbeit im Bereich der Menschenrechte fortzusetzen und insbesondere die
Umsetzung der verabschiedeten Reformen zu unterstützen.
Die EU-Delegation und die Botschaften der Mitgliedstaaten in Mexiko haben 2011 unablässig
darauf gedrungen, dass die Menschenrechtsleitlinien der EU umgesetzt werden, insbesondere was
den Schutz von Menschenrechtsverteidigern anbelangt. Sie gaben zwei Erklärungen vor Ort zu
wichtigen Themen ab und führten in den Staaten Baja California, Chihuahua, Coahuila, Guerrero,
Nuevo Leon, Oaxaca und Tabasco Erkundungsmissionen durch.
9238/12 mp,ms/ib 274
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 331 – Drucksache 17/12922
Überdies besuchten fünf Mitglieder des Europäischen Parlaments (Unterausschuss Menschenrechte)
Mexiko (Mexiko-Stadt und Oaxaca), um sich einen Überblick über die dortige Menschenrechtslage
zu verschaffen. Im Rahmen der Mission fanden Treffen mit den mexikanischen Behörden, NRO,
Menschenrechtsverteidigern, der nationalen Menschenrechtskommission und dem Kongress statt.
Die wichtigsten Themen waren Straflosigkeit, die Lage von Menschenrechtverteidigern und
Journalisten, der Einsatz des Militärs bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und die
Justizreform.
Die EU und Mexiko haben sich 2011 in multilateralen Menschenrechtsfragen eng abgestimmt. Sie
hielten – vor allem in Genf – regelmäßige Konsultationen ab. Im Menschenrechtsrat und auf der
Generalversammlung der Vereinten Nationen haben sie in fast allen Menschenrechtsfragen ähnliche
Standpunkte vertreten.
5.7.13 Nicaragua
Die Wahlen waren 2011 das bestimmende Thema der Menschenrechts- und Demokratieagenda der
EU für Nicaragua. Zu den allgemeinen Wahlen vom 6. November 2011 wurde eine vollständige
EU-Wahlbeobachtungsmission entsandt. Aus ihrem Abschlussbericht geht hervor, dass sich die
demokratischen Standards weiter verschlechtert haben und die wichtigsten Kriterien für
demokratische Wahlen bei weitem nicht erfüllt wurden, insbesondere was die unparteiische und
transparente Durchführung des Prozesses durch die Wahlbehörde betrifft. Empfehlungen an die
Behörden zur Verbesserung des gesamten Wahlprozesses werden für die EU in ihrem künftigen
Dialog mit Nicaragua Vorrang haben.
9238/12 mp,ms/ib 275
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 332 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.7.14 Paraguay
2011 war ein wichtiges Jahr für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte in Paraguay. Im
ersten Halbjahr wurde dort zum ersten Mal die allgemeine regelmäßige Überprüfung durch den
VN-Menschenrechtsrat durchgeführt. Die Regierung hat das vor Kurzem ins Leben gerufene
Menschenrechtsnetz der Exekutive, das 22 Institutionen und Ministerien umfasst, weiter gestärkt.
Die Exekutive hat im Dezember der Öffentlichkeit einen Vorschlag für einen nationalen
Menschenrechtsplan vorgestellt. Die EU hat diese interessante Entwicklung aufmerksam verfolgt
und über das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) vier Projekte
mit mehr als 900 000 EUR kofinanziert. Diese Projekte betreffen folgende Handlungsbereiche:
(1) Schutz der Rechte gefährdeter und ausgegrenzter Kinder, (2) besserer Zugang zur Justiz für
legale paraguayische Arbeitskräfte, (3) Förderung und Schutz der Rechte indigener Arbeitnehmer in
der Chaco-Region und (4) Unterstützung von lokalen Menschenrechtsnetzen bei der Verbesserung
ihres Dialogs mit der Regierung.
Die letzte Maßnahme diente auch dem Institutionenaufbau, da sie unter anderem die Schulung von
Mitarbeitern des Menschenrechtsnetzwerks der Exekutive in Menschenrechtsfragen umfasste. Ende
2011 wurde im Rahmen des EIDHR ein neuer Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen mit einer
Mittelausstattung von 600 000 EUR eingeleitet. Aus EIDHR-Mitteln wurde auch das Projekt "Atlas
der Folter" gefördert, das einen erheblichen Beitrag zur Unterstützung von Maßnahmen gegen
Folter und Misshandlung leistet, indem es sowohl die Regierung als auch zivilgesellschaftliche
Organisationen bei der Umsetzung der Empfehlungen des Sonderberichterstatters der VN über
Folter unterstützt, wobei es vor allem um die Schaffung eines nationalen Mechanismus zur
Folterprävention geht. Des Weiteren hat die EU im Rahmen des Programms "MIEUX Migration
EU Xpertise" zwei Maßnahmen (eines für den Mercosur und ein weiteres mit Schwerpunkt
Paraguay) finanziert, die (neben anderen Themen) Migrantenrechte betreffen. Schließlich wurde im
Rahmen des von der EU kofinanzierten Projekts "MEVES" das erste virtuelle Museum zur
Wahrung des historischen Gedächtnisses in Paraguay eingerichtet, das der Öffentlichkeit den
Bericht der Kommission für Wahrheit und Gerechtigkeit über die Stroessner-Diktatur zugänglich
machen soll (http://www. meves.org.py/).
9238/12 mp,ms/ib 276
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 333 – Drucksache 17/12922
5.7.15. Suriname
Im Mai 2011 wurde die Republik Suriname der regelmäßigen allgemeinen Überprüfung der VN
unterzogen. Im Rahmen des interaktiven Dialogs wurden dem Land 91 Empfehlungen
ausgesprochen, von denen einig akzeptiert, andere aber zurückgestellt wurden, da sie einer
eingehenderen Prüfung auf nationaler Ebene bedurften. Das Land akzeptierte die Empfehlung zur
Umsetzung der Empfehlung der Menschenrechtskommission, die Verantwortlichen der
außergerichtlichen Hinrichtungen vom Dezember 1982 und des Massakers in Moiwana von 1986
strafrechtlich zu verfolgen und gegebenenfalls zu verurteilen.
Die von der vorherigen Regierung 2007 eingeleiteten Gerichtsverfahren gegen den heutigen (seit
August 2010 amtierenden) Präsidenten Desiré Bouterse und 24 weitere Personen wegen der
Ermordung politischer Gegner vor 30 Jahren (der sogenannte Fall der Morde vom Dezember 1982)
wurden 2011 in ihrem gewohnt langsamen Rhythmus fortgesetzt.
5.7.16 Peru
In Peru wurden 2011 allgemeine Wahlen abgehalten. Die Wahlbeobachtungsmission der EU, die
für die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen entsendet wurde, kam zu dem Schluss, dass der
Prozess transparent war und die Wahlen in einem friedlichen und geordneten Umfeld stattfanden.
Sie betonte außerdem die Unparteilichkeit und die Professionalität der Wahlbehörden. Die EU hat
im Rahmen des bilateralen politischen Dialogs mit Peru die sozialen Konflikte und die Konsultation
der indigenen Bevölkerungsgruppen angesprochen. Zusätzlich zu dem Dialog mit der Regierung
unterhielt die EU weiterhin enge Kontakte mit der Zivilgesellschaft und
Menschenrechtsverteidigern. Mit ihrer Außenhilfe hat die EU die Bekämpfung der Armut und der
sozialen Ausgrenzung sowie die Förderung der Menschenrechte, insbesondere der am stärksten
gefährdeten Gruppen (Frauen, Kinder und indigene Bevölkerungsgruppen), unterstützt. Um einen
Beitrag zur Umsetzung der Empfehlungen der Kommission für Wahrheit und Versöhnung zu
leisten, hat die EU das Projekt "Platz der Erinnerung" kofinanziert, mit dem an die politisch
motivierten Gewalttaten der 1980er und 1990er Jahre erinnert werden soll.
9238/12 mp,ms/ib 277
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 334 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.7.17 Uruguay
Uruguay setzt sich sowohl im Inland als auch auf internationaler Ebene uneingeschränkt für den
Schutz der Menschenrechte ein; so führt das Land seit Juni 2011 den Vorsitz im VN-
Menschenrechtsrat. Dennoch sind noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Uruguay hat ein
gravierendes Problem im Strafvollzug, eine Kombination aus überfüllten Haftanstalten – Ende 2011
gab es etwa 9570 Gefängnisinsassen – und erbärmlichen Haftbedingungen. Im Anschluss an den
offiziellen Besuch, den der VN-Sonderberichterstatter für Folter dem Land im Jahr 2009 abgestattet
hatte, hat Uruguay um internationale Hilfe nachgesucht, um dieses Problems Herr zu werden. Im
Oktober 2011 hat die EU mit der Staatsführung des Landes und anderen Gebern den offiziellen
Startschuss für ein Projekt gegeben, mit dem die Reform der Strafgerichtsbarkeit und des
Strafvollzugssystems in Uruguay unterstützt wird, um die Lebensqualität und die
Wiedereingliederung der Häftlinge in Gesellschaft und Arbeitsmarkt zu verbessern. Andere
Problembereiche, die die EU aufmerksam beobachtet und in denen sie über EIDHR-Projekte
Unterstützung leistet, sind häusliche Gewalt, Drogenhandel, Sicherheit der Bürger und
Menschenrechte.
5.7.18 Venezuela
Bei den Beziehungen zwischen der EU und Venezuela gibt es noch Entwicklungspotenzial; der
Zugang gestaltet sich in mancher Hinsicht schwierig, und die Häufigkeit der Kontakte zu den
verantwortlichen Stellen lässt zu wünschen übrig. Die Ratsgruppe hat im Jahr 2011 einer Initiative
des EAD zugestimmt, durch die die Beziehungen vertieft werden sollen. Die EU versucht in diesem
Zusammenhang regelmäßig, bei ihren Kontakten zur venezolanischen Regierung
Menschenrechtsfragen zur Sprache zu bringen.
Über das EIDHR finanziert die EU unter anderem Projekte zur Förderung der Beobachtung und
Berichterstattung im Bereich der Menschenrechte, der Pressefreiheit, der Kinderrechte und der
Rechte von Menschen mit HIV/Aids. Ferner unterstützt sie über das UNHCR Maßnahmen zur
Verbesserung des Verfahrens zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft. Dieses Projekt hat bereits
zu Fortschritten geführt. Besorgt ist die EU angesichts neuerer Rechtsvorschriften, die die
Vereinigungsfreiheit einschränken, was dazu führen könnte, dass im Rahmen der internationalen
Zusammenarbeit weniger Mittel fließen, mit denen Organisationen der venezolanischen
Zivilgesellschaft unterstützt werden.
9238/12 mp,ms/ib 278
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 335 – Drucksache 17/12922
5.7.19 Kuba
Der im Juli 2010 durch Vermittlung der katholischen Kirche und Spaniens eingeleitete Prozess der
Freilassung politischer Häftlinge ist im März 2011 abgeschlossen worden. 126 politische
Gefangene, darunter sämtliche Gefangene aus Gewissensgründen, die im Jahr 2003 inhaftiert
worden waren, kamen frei. Bedauerlicherweise wurden jedoch viele von ihnen gezwungen, das
Land zu verlassen und sich gegen ihren Willen im Ausland niederzulassen. Zwar stellt diese
Freilassung von Gefangenen insgesamt eine positive Entwicklung dar, doch ist die EU nach wie vor
besorgt angesichts der sich periodisch wiederholenden plötzliche Zunahme vorübergehender
Festnahmen und der andauernden Schikanierung von Menschenrechtsverteidigern sowie generell in
Anbetracht der bestehenden Einschränkungen der Meinungs-, Vereinigungs- und
Versammlungsfreiheit in dem Land. Die kubanische Staatsführung ist mehrfach darüber in Kenntnis
gesetzt worden.
Anderseits kann Kuba eine positive Bilanz vorweisen, was grundlegende wirtschaftliche, soziale
und kulturelle Rechte – einschließlich des Zugangs zu Bildung und Gesundheitsversorgung – sowie
die Bekämpfung von Diskriminierung aus Gründen der Rassenzugehörigkeit, des Geschlechts oder
der sexuellen Orientierung anbelangt. Kuba hat zudem 5 der 9 wesentlichen
Menschenrechtsübereinkommen der VN ratifiziert. Ferner hat Kuba den Internationalen Pakt über
bürgerliche und politische Rechte und den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und
kulturelle Rechte unterzeichnet, bislang allerdings nicht ratifiziert.
Am 23. Februar 2011 fand in Brüssel eine Tagung des politischen Dialogs EU–Kuba statt, auf der
die Menschenrechtssituation in Kuba eingehend erörtert wurde. Wie bei anderen Ländern auch
stehen die Menschenrechte weiterhin im Mittelpunkt des politischen Dialogs zwischen der EU und
Kuba. Die vom Rat (Auswärtige Angelegenheiten) am 25. Oktober 2010 begonnenen Überlegungen
über eine Weiterentwicklung der Beziehungen zu Kuba wurden derweil fortgesetzt. Auch vor
diesem Hintergrund kommt der künftigen Entwicklung bezüglich der Menschenrechte in dem Land
weiterhin herausragende Bedeutung bei.
9238/12 mp,ms/ib 279
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 336 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5.7.20 Dominikanische Republik
Im Bereich der Menschenrechte waren im Jahr 2011 Fortschritte zu verzeichnen, doch gibt es nach
wie vor Probleme. Die Verfassung von 2010 sieht zwar viele demokratische Verbesserungen vor,
von denen manche (Ombudsmann, Volksbegehren) noch umgesetzt werden müssen, sie enthält
jedoch auch einige stark umstrittene Bestimmungen, insbesondere über Migration und
Nationalitätenrechte. Zudem verbietet die neue Verfassung die Abtreibung unter allen Umständen –
dies in einem Land, in dem frühe Schwangerschaften, Vergewaltigungen und geschlechts-
spezifische Gewalt an der Tagesordnung sind.
Die Dominikanische Republik hat die meisten der einschlägigen internationalen Menschenrechts-
konventionen unterzeichnet, und ihre Gesetze sind im Allgemeinen (mit einigen Ausnahmen)
fortschrittlich. In der Praxis gibt es jedoch nach wie vor eine Reihe gravierender Probleme, was
geschlechtsspezifische Gewalt, reproduktive Rechte, polizeiliche Gewalt (außergerichtliche
Hinrichtungen) und Diskriminierung haitianischer Migranten und ihrer Nachkommen betrifft. Zwar
ist die Zivilgesellschaft von sehr unterschiedlicher Qualität, doch ist die Aufklärungsarbeit der
Organisationen, die im Rahmen der Zusammenarbeit mit der EU kontinuierlich unterstützt werden,
durchaus erwähnenswert. Die diesbezüglichen Maßnahmen der Union orientieren sich an der im
Jahr 2011 angenommenen EU-Menschenrechtsstrategie.
9238/12 mp,ms/ib 280
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 337 – Drucksache 17/12922
5.7.21 Haiti
Die EU hat die Stärkung der Menschenrechte in Haiti durch Finanzierung von drei neuen Projekten
im Rahmen des EIDHR-CBSS-Programms zum Schutz von Frauen- und Kinderrechten weiter
unterstützt. Fortgesetzt hat sie im Jahr 2011 auch ihre Unterstützung des Wahlprozesses, indem sie
im Rahmen des Stabilitätsinstruments die Wahlbeobachtungsmission der OAS und die Entsendung
von sechs EU-Wahlexperten finanziert hat. Die EU war den zuständigen Mitgliedstaaten dabei
behilflich, die erste regelmäßige Überprüfung für Haiti im Rahmen der Tagung des VN-
Menschenrechtsrats im Oktober 2011 in Genf vorzubereiten. Darüber hinaus wurde eine
Menschenrechtsstrategie der EU für Haiti ausgearbeitet, die von den einschlägigen Ratsgruppen
bereits im Hinblick auf ihre Annahme erörtert worden ist. Mit Blick auf die Stärkung der
Demokratie in Haiti ist durch das Stabilitätsinstrument ein vom "Club de Madrid" durchgeführtes
hochkarätiges Beratungsprojekt mit dem Ziel finanziert worden, eine kooperativere Haltung der
demokratischen Institutionen Haitis zu fördern und gemeinsame gesetzgeberische Ziele zu
ermitteln.
5.7.22 Jamaika
Im Zusammenhang mit Themen, die die Menschenrechte berühren, haben weiterhin regelmäßige
Kontakte zwischen der EU und der Regierung Jamaikas stattgefunden, unter anderem spezielle
Treffen zu den Maßnahmen im Anschluss an die regelmäßige VN-Überprüfung im Jahr 2011.
Ferner fanden Zusammenkünfte mit Menschenrechtsverteidigern statt, unter anderem mit NRO, die
sich für allgemeine Menschenrechtsfragen und den Zugang zur Justiz einsetzen, wie auch mit
denjenigen, die die Minderheitengruppen der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender-
Personen unterstützen.
Die Schwerpunkte der EU, die im 2011 angenommenen Länderstrategiepapier für Jamaika zu
Menschenrechtsfragen aufgeführt sind, entsprechen den Prioritäten, die in der regelmäßigen VN-
Überprüfung und im Bericht des VN-Menschenrechtsrats genannt werden. Hierzu zählen
mutmaßliche außergerichtliche Hinrichtungen, Übergriffe durch Staatsbedienstete, die Verhängung
der Todesstrafe, der Umgang mit den Minderheitengruppen der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und
Transgender-Personen, die Haftbedingungen sowie die Stellung und Behandlung von Frauen und
Kindern in der jamaikanischen Gesellschaft.
9238/12 mp,ms/ib 281
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 338 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Mit den Budgethilfeprogrammen der EU werden Einrichtungen zur Überwachung der
Sicherheitsdienste sowie Schulungen zur Menschenrechtsthematik und die Gesetzgebung in Bezug
auf zentrale Menschenrechtsbelange gefördert. Darüber hinaus unterstützt das EIDHR-Programm
NRO, die Menschenrechtsfragen stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und Opfern von
Menschenrechtsverletzungen zu helfen.
6. TÄTIGKEIT DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS IM BEREICH DER MENSCHENRECHTE
Die weltweite Förderung der Menschenrechte und der demokratischen Grundsätze ist nach wie vor
ein wichtiger Teil der Arbeit des Europäischen Parlaments. Diese vorrangige Aufgabe gestaltet sich
äußerst vielfältig. So hat das Parlament 2011 im Plenum Menschenrechtsverletzungen debattiert
und mehrere Entschließungen verabschiedet, auch die Ausschüsse haben in ihren Berichten
regelmäßig Menschenrechtsfragen angesprochen. Interparlamentarische Delegationen haben neue
Leitlinien verabschiedet, damit Menschenrechtsfragen bei den Treffen mit ihren Gesprächspartnern
zur Sprache gebracht werden. Der Präsident des Europäischen Parlaments, Jerzy Buzek, hat
Menschenrechtsthemen als festen Bestandteil seiner Arbeit betrachtet. Edward McMillan-Scott
nahm weiter das Amt des für die Menschenrechte zuständigen Parlamentsvizepräsident wahr. Im
Laufe des Jahres hat sich Präsident Buzek in mehr als 150 Erklärungen und Reden zu
Menschenrechtsfragen geäußert. In seiner Erklärung vom 23. November 2011 zur Eröffnung der
Konferenz des Sacharow-Netzes heißt es: "Wir im Europäischen Parlament sind davon überzeugt,
dass die Grundfreiheiten sich nicht nur auf das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit
beschränken, sondern gleichermaßen die freie Meinungsäußerung, die Pressefreiheit, die
Religionsfreiheit und die Gedankenfreiheit meinen. Ohne diese Freiheiten gibt es nur
Unterdrückung und die Herrschaft einiger weniger."
9238/12 mp,ms/ib 282
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 339 – Drucksache 17/12922
Das Europäische Parlament ist im Übrigen bemüht, das Thema Menschenrechte in seiner Arbeit –
im Einklang mit den Verträgen, in denen die universellen Menschenrechte und die Demokratie zu
Grundwerten der Union und zu Kernprinzipien und -zielen ihres auswärtigen Handelns erklärt
werden – durchgängig zu berücksichtigen. Menschenrechtsfragen werden im Ausschuss für
auswärtige Angelegenheiten (AFET) behandelt, wenn sich dieser mit parlamentarischen Berichten
oder internationalen Übereinkünften unterschiedlicher Art, einschließlich Menschenrechtsklauseln,
befasst. Für Markt- und Handelsabkommen, einschließlich Menschenrechtsklauseln, ist der
Ausschuss für internationalen Handel (INTA) zuständig.
Der Ausschuss für Entwicklung (DEVE) und der Ausschuss für die Rechte der Frau und die
Gleichstellung der Geschlechter (FEMM) befassen sich im Rahmen ihrer jeweiligen
Zuständigkeiten ebenfalls regelmäßig mit den Menschenrechtsaspekten der EU-Außenbeziehungen.
Die Vorsitzenden des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und des Entwicklungs-
ausschusses stehen gemeinsam der Koordinierungsgruppe Wahlen vor, die die Wahlbeobachtungs-
maßnahmen des Parlaments koordiniert.
Zentraler Akteur, was die Grundrechte innerhalb der Europäischen Union angeht, ist der Ausschuss
für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE), der über weitreichende Zuständigkeiten
hinsichtlich der externen Aspekte der internen Politikbereiche der EU verfügt, beispielsweise in den
Bereichen der Einwanderungs- und Asylpolitik. Für rechtliche und verfassungsrechtliche Fragen
sind der Ausschuss für konstitutionelle Fragen (AFCO) und der Ausschuss für Recht (JURI)
zuständig, etwa für den Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention, der sich auch
auf die Außenbeziehungen der EU auswirken wird.
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ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 340 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Im Jahr 2011 haben Mitglieder des Europäischen Parlaments die Arbeit von Kommission, Rat und
EAD im Bereich der Menschenrechte im Plenum sowie im Rahmen von Ausschüssen, Delegationen
und Arbeitsgruppen geprüft. Die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
hat auf Plenartagungen zu Fragen der GASP Stellung genommen, unter anderem zur Förderung von
Menschenrechten und Demokratie. Vertreter von EAD und Kommission haben regelmäßig an den
Sitzungen des Unterausschusses Menschenrechte (DROI) teilgenommen. Auch der neue ständige
Vorsitzende der Ratsgruppe "Menschenrechte" (COHOM), Engelbert Theuermann, war an
Diskussionen im Unterausschuss Menschenrechte beteiligt, dessen Vorsitzende wiederum zu
Sitzungen der Ratsgruppe eingeladen worden ist.
Mit großer Aufmerksamkeit hat das Parlament auch die Maßnahmen verfolgt, die im Rahmen des
Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR) – eines der zentralen
Instrumente der EU zur Förderung der von ihr vertretenen Werte – weltweit ergriffen worden sind.
Im Jahr 2011 hat das Parlament bei seiner Prüfung des Jahresaktionsprogramms des EIDHR für
2011 wiederholt den Wunsch geäußert, stärker in die Festlegung der Prioritäten einbezogen zu
werden. Eine Arbeitsgruppe "EIDHR" unter Leitung der Vorsitzenden des Unterausschusses hat
ihre Arbeit im Jahr 2011 fortgesetzt und in Treffen mit den Kommissionsdienststellen die
Jahresaktionspläne zur Umsetzung des Instruments erörtert.
Im Rahmen der Arbeit des Europäischen Parlaments hat sich speziell der dem Ausschuss für
Auswärtige Angelegenheiten zugeordnete Unterausschuss Menschenrechte unter Vorsitz von
Heidi Hautala und ab September 2011 unter Vorsitz von Barbara Lochbihler mit den
Menschenrechten in der Welt befasst. Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon hat der
Unterausschuss seine engen Arbeitsbeziehungen zum Europäischen Auswärtigen Dienst, zu anderen
Einrichtungen der EU und zu mit der Menschenrechtsthematik befassten NRO weiter verstärkt.
In Vor- und Nachbesprechungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit verfolgt der Unterausschuss
Menschenrechte auch die vom EAD mit Drittländern geführten Menschenrechtsdialoge und -
konsultationen.
9238/12 mp,ms/ib 284
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 341 – Drucksache 17/12922
Im Rahmen der breit angelegten Beobachtung der VN-Menschenrechtsaktivitäten kam es zu
Treffen mit VN-Sonderbeauftragten und -Beratern, die an Sitzungen des Menschenrechts-
Unterausschusses und des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten teilgenommen haben, etwa
mit dem Sonderberichterstatter für Iran und dem Sonderbeauftragten des VN-Generalsekretärs für
die Verhütung von Völkermord. Die Unterstützung von Menschenrechten und Demokratie zählte
auch zum Themenkatalog der Delegation, die unter gemeinsamer Leitung von AFET und DROI zur
Generalversammlung der Vereinten Nationen entsandt worden ist.
Der Unterausschuss Menschenrechte hat ferner eigenständig verschiedene Reisen von Delegationen
organisiert oder daran teilgenommen. Im Rahmen seines Jahresprogramms hat der Unterausschuss
erneut eine Delegation zur Frühjahrstagung des VN-Menschenrechtsrates entsandt. Vor diesem
Besuch hatte das Parlament eine Entschließung zum Menschenrechtsrat und der im Jahr 2011
durchgeführten Überprüfung angenommen.
Der Europarat war bei vielen Menschenrechtsfragen ein wichtiger Partner. Die Zusammenarbeit
fand auf Ausschussebene und mit Mitgliedern der Parlamentarischen Versammlung statt. Auch
führte der Unterausschuss für Menschenrechte eine Diskussion mit Thomas Hammarberg, dem
Menschenrechtskommissar des Europarats. Der Beitritt der EU zur Europäischen
Menschenrechtskonvention, der im gemeinsamen Interesse von Parlament und Europarat liegt, war
im Jahr 2011 eines der Anliegen im Bereich der Menschenrechte, für das sich das Europäische
Parlament besonders eingesetzt hat. Der Unterausschuss führte auch einen Gedankenaustausch mit
Dick Marty, dem Berichterstatter des Ausschusses für Recht und Menschenrechte in der
Parlamentarischen Versammlung des Europarats.
Im November fand ein (von AFET und DROI organisierter) Gedankenaustausch mit OSZE-
Generalsekretär Lamberto Zannier statt, bei dem hervorgehoben wurde, wie wichtig die
Menschenrechtsverpflichtungen im Rahmen der Menschlichen Dimension der OSZE sind.
9238/12 mp,ms/ib 285
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 342 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
In einer Reihe von im Laufe des Jahres 2011 verabschiedeten Initiativberichten hat das
Europäische Parlament verschiedene Möglichkeiten zum Schutz und zur Unterstützung von
Menschenrechten und Demokratie ausgelotet. Auf der Grundlage eines Initiativberichts hat das
Parlament am 7. Juli 2011 eine Entschließung zu den außenpolitischen Maßnahmen der EU zur
Förderung der Demokratisierung angenommen. In dem Bericht wird die Ansicht vertreten, dass
die Rolle der EU als "sanfter Macht" (soft power) auf globaler Ebene nur zum Tragen kommt, wenn
in ihrer Politik gegenüber Drittländern dem Schutz der Menschenrechte tatsächlich Priorität
eingeräumt wird, und es werden mögliche Lösungen für einen kohärenteren Ansatz zur
Unterstützung der Demokratie im Rahmen der außenpolitischen Maßnahmen der EU auf der Basis
gezielter Strategien vorgeschlagen. Ferner begrüßte das Parlament darin die Entscheidung der
Kommission und der Hohen Vertreterin, sich für die Einrichtung eines Europäischen Fonds für
Demokratie – das ein flexibles Instrument zur Unterstützung des demokratischen Wandels in nicht
demokratischen Ländern oder in Ländern im Übergang sei – einzusetzen.
Das Europäische Parlament hat den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) stets mit Nachdruck
unterstützt. Im November 2011 hat das Parlament eine Entschließung über die Unterstützung der
EU für den Internationalen Strafgerichtshof angenommen. Darin wird die Notwendigkeit betont,
den Gerichtshof durch politisches und diplomatisches Handeln stärker zu unterstützen. Ferner
begrüßt das Parlament darin den überarbeiteten EU-Aktionsplan und fordert gemeinsam mit der
Kommission, dem EAD und den Mitgliedstaaten den Ratsvorsitz auf, der Umsetzung des
Aktionsplans Vorrang einzuräumen.
Das Jahr 2011 stand im Zeichen der historischen Entwicklungen in Nordafrika, im Nahen Osten
und in den Golfstaaten. Das Europäische Parlament hat die Ereignisse des Arabischen Frühlings –
speziell mit Blick auf Menschenrechte und Demokratie – aufmerksam verfolgt. Es hat in diesem
Kontext Anhörungen, Reisen von Delegationen sowie eine Wahlbeobachtungsmission in Tunesien
durchgeführt. In engem Zusammenhang damit hat das Europäische Parlament die Überprüfung der
Europäischen Nachbarschaftspolitik unter die Lupe genommen. Im April sind im Parlament als
Beitrag zu dieser Überprüfung zwei separate Entschließungen angenommen worden, eine zur
südlichen und eine weitere zur östlichen Dimension.
9238/12 mp,ms/ib 286
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 343 – Drucksache 17/12922
In einer am 14. Dezember 2011 angenommenen Entschließung über die Überprüfung der
Europäischen Nachbarschaftspolitik hat sich das Europäische Parlament entschieden für den von
der Kommission und der Hohen Vertreterin vorgestellten neuen Ansatz ausgesprochen, der auf dem
Grundsatz "mehr für mehr" beruht und sich auf klar festgelegte Kriterien und auf messbare und
regelmäßig kontrollierte Benchmarks für jedes einzelne Partnerland stützt.
Im Zusammenhang mit der Beobachtung der Verhandlungen über internationale
Übereinkünfte hat das Parlament Empfehlungen zu den Verhandlungen über das EU-
Rahmenabkommen mit Libyen und zu den Assoziierungsabkommen der EU mit der Republik
Moldau, der Ukraine und Georgien verabschiedet.
Es hat ferner eine Entschließung zur sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität
angenommen, in der es seine Besorgnis angesichts der zahlreichen Menschenrechtsverletzungen
und der weitverbreiteten Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und
Geschlechtsidentität, sowohl in Europa als auch in Drittstaaten, bekräftigt.
Anknüpfend an seinen Bericht zum Jahr 2010 hat das Parlament der Rolle der
Menschenrechtsverteidiger weiterhin große Aufmerksamkeit gewidmet. Der Unterausschuss
Menschenrechte hat sich in verschiedenen Erklärungen und Schreiben erfolgreich um die
Freilassung des prominenten syrischen Menschenrechtsanwalts Haytham Al-Maleh aus dem
Gefängnis bemüht. Das Europäische Parlament steht nach wie vor mit der birmanischen Trägerin
des Sacharow-Preises und pro-demokratischen Oppositionsführerin Aun San Suu Kyi in Kontakt,
von der es im Jahr 2011 zwei Videobotschaften erhalten hat. Das Parlament hat auf die Fälle von
Sergej Magnitskij (Russland), Ales Bjaljazki (Belarus) and David Kato (Uganda) aufmerksam
gemacht, die deutlich in Erinnerung rufen, welchen Risiken couragierte Menschenrechtsverteidiger
nach wie vor ausgesetzt sind.
Die Arbeit am Jahresbericht des Europäischen Parlaments zur Menschenrechtslage in der
Welt und zur Menschenrechtspolitik der EU, in dem die Rolle der verschiedenen Akteure der
Europäischen Union und die einzelnen EU-Politikbereiche im Bereich der Menschenrechte unter
die Lupe genommen werden, hat im Jahr 2011 unter dem parlamentarischen Berichterstatter
Richard Howitt begonnen.
9238/12 mp,ms/ib 287
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 344 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit wurde im Jahr 2011 fünf Aktivisten des "Arabischen
Frühlings" in Anerkennung ihres Beitrags zu den historischen Veränderungen in der arabischen
Welt verliehen: Asmaa Mahfouz (Ägypten), Ahmed al-Zubair Ahmed al-Sanusi (Libyen), Razan
Zaitouneh (Syrien), Ali Farzat (Syrien) und (posthum) Mohamed Bouazizi (Tunesien).
Mit diesem vom Europäischen Parlament seit 1988 jährlich verliehenen Preis werden
Persönlichkeiten ausgezeichnet, die sich für freie Meinungsäußerung, Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit und Toleranz eingesetzt haben.
Im Laufe des Jahre wurde im Übrigen das Sacharow-Netz weiterentwickelt, über das Sacharow-
Preisträger ihre Erfahrungen als Menschenrechtsverteidiger und empfehlenswerte Vorgehensweisen
austauschen können. Die meisten der früheren Preisträger haben im November 2011 an der
hochrangigen Menschenrechtskonferenz des Sacharow-Netzes unter der Schirmherrschaft des EP-
Präsidenten teilgenommen. Die Menschenrechtskonferenz und die öffentliche Debatte, die im Jahr
2011 im Rahmen des Sacharow-Netzes zur Rolle der Frauen beim Übergang zur Demokratie
geführt worden ist, war an Menschen gerichtet, die sich weltweit im Kampf für die Menschenrechte
engagieren. Anwesend waren die Sacharow-Preisträger Hauwa Ibrahim, Wei Jing Sheng, Salih
Mahmoud Osman, Aljaksandr Milinkewitsch, "Reporter ohne Grenzen", Schanna Litwina
(Journalistenverband von Belarus), Taslima Nasrin, Salima Ghezali, Leyla Zana, die "Damen in
Weiß" (Damas de blanco) und Oslobodjenje. Aun San Suu Kyi wandte sich in einer Videobotschaft
an die Konferenz. Die ehemaligen Sacharow-Preisträger bewerteten den Preis, der dazu beiträgt,
ihrem Kampf auf der Weltbühne Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit zu verleihen, äußerst positiv.
Das Europäische Parlament hat ferner – wie gewohnt – monatliche Dringlichkeitsdebatten über
akute Fälle von Verstößen gegen die Menschenrechte sowie gegen demokratische und rechts-
staatliche Prinzipien abgehalten. Im Jahr 2011 hat das Parlament insgesamt 53 Menschen-
rechtsentschließungen angenommen (siehe Anhang 1).
9238/12 mp,ms/ib 288
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 345 – Drucksache 17/12922
Im April 2011 hat die Konferenz der Delegationsvorsitze neue Leitlinien für die EP-Delegationen
festgelegt, in denen es um die Integration von Menschenrechtsbelangen bei Reisen und
Zusammenkünften von Parlamentsdelegationen und in multilateralen Versammlungen geht. Gemäß
den besonderen Leitlinien für Tätigkeiten der Mitglieder des Europäischen Parlaments im Bereich
Menschenrechte und Demokratie bei Reisen in Drittländer sind sämtliche Parlamentsdelegationen
gehalten, Fragen, die die Menschenrechte betreffen, bei ihren Kontakten zu offiziellen Stellen zur
Sprache zu bringen und sich mit Menschenrechtsverteidigern zu treffen.
Zu den weiteren Delegationen des Europäischen Parlaments, an denen der Unterausschuss
Menschenrechte im Jahr 2011 beteiligt war, zählen unter anderem eine Ad-hoc-Delegation
"Tunesien" (mit dem AFET) und die ständige "Maghreb"-Delegation des Parlaments. Eine
Delegation des Unterausschusses Menschenrechte unternahm eine an Eindrücken äußerst reiche und
viel beachtete Reise nach Honduras und Mexiko. Die Vorsitzende des Unterausschusses nahm auch
an dem Besuch der AFET-Delegation in Zentralasien im Zusammenhang mit den Verhandlungen
über das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen EU-Turkmenistan teil.
2011 hat der Unterausschuss Menschenrechte Anhörungen (einige davon in Zusammenarbeit mit
anderen Ausschüssen oder Delegationen) zu folgenden Themen veranstaltet:
• Recht auf Wasser und Sanitärversorgung
• Diskriminierung wegen der Kastenzugehörigkeit in Südasien
• Unterstützung der Demokratie
• Minderheiten und nicht repräsentierte Personengruppen
• Pressefreiheit einschließlich des Schutzes von Journalisten in bewaffneten Konflikten
• Internationaler Tag zur Unterstützung von Folteropfern
• Unterstützung der EU für den IStGH: Herausforderungen und Lösungen
• Menschenrechtslage in Südostasien mit Schwerpunkt auf Indonesien
9238/12 mp,ms/ib 289
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 346 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
• Situation in Bezug auf die Menschenrechte der Turkomanen in Irak
• Menschenrechte in China, speziell die Lage der Menschenrechtsaktivisten
• Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Transgender-Personen und Intersex-Personen in der
Welt
• Lage der Menschenrechte in Russland und im Nordkaukasus
• Menschenrechte in der Türkei im Hinblick auf den Fortschrittsbericht der Kommission
• Rechte von Lesben, Schwulen, Transgender-Personen und Intersex-Personen sowie Roma in
den westlichen Balkanländern
• Menschenrechte in China und Rolle der Europäischen Union
• Vorgehen im Anschluss an den Bericht über Menschenrechtsverteidiger.
Darüber hinaus hatten die Abgeordneten verschiedentlich Gelegenheit, die Situationen in einzelnen
Ländern bzw. diverse Querschnittsprioritäten mit dem EAD, externen Experten, Botschaftern und
Vertretern internationaler Organisationen sowie nationaler, regionaler und internationaler NRO zu
erörtern.
Ergänzt wird die Menschenrechtsarbeit des Unterausschusses durch die politische Abteilung für
Außenbeziehungen des Parlaments, die Informationsvermerke und anderes Hintergrundmaterial
bereitstellt oder externe Studien in Auftrag gibt. Im Unterausschuss Menschenrechte sind im Jahr
2011 für das außenpolitische Handeln im Bereich Menschenrechte relevante Studien zu folgenden
Themen erstellt und präsentiert worden:
• Die Europäische Union und die Überprüfung des VN-Menschenrechtsrats
• Die Menschenrechtspolitik der EU gegenüber Russland
• Workshop Folter und geheime Inhaftierungen: die Perspektive der VN und die Rolle der EU
• Auswirkungen der Migrationspolitik auf die Menschenrechte in den Ländern der
Europäischen Nachbarschaftspolitik
• Menschenrechte in den Ländern der Östlichen Partnerschaft
• Menschenrechtsstandards für die externen Politikbereiche der EU
• Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen Ombudsleuten in den Ländern der Östlichen
Partnerschaft.
9238/12 mp,ms/ib 290
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 347 – Drucksache 17/12922
Die ständigen Parlamentsdelegationen unterhalten laufende Beziehungen zu bestimmten Ländern
oder regionalen Organisationen. Die Besuche der Delegationen bieten eine hervorragende
Gelegenheit, mit Abgeordneten, Regierungsbeamten und der Zivilgesellschaft in Drittländern direkt
ins Gespräch zu kommen. An den Sitzungen der Delegationen in Brüssel und Straßburg nehmen
regelmäßig Botschafter der betreffenden Länder, EAD, NRO und andere Gesprächspartner teil,
wobei regelmäßig auch Menschenrechtsfragen zur Sprache gebracht werden (zum Beispiel im Falle
Irans oder Chinas). Die Vorsitzenden der Delegationen verfassen oft (üblicherweise an den
Botschafter des betreffenden Landes gerichtete) Schreiben zu konkreten Menschenrechtsverstößen
und geben diesbezügliche Erklärungen ab.
Darüber hinaus setzt sich das Europäische Parlament im Rahmen seiner interparlamentarischen
Zusammenarbeit und der paritätischen parlamentarischen Versammlungen mit Parlamenten
weltweit ins Benehmen. In diesen Versammlungen kommen EP-Abgeordnete und Parlamentarier
aus Drittländern zusammen, um gemeinsame Herausforderungen, unter anderem in den Bereichen
Menschenrechte und Demokratie, zu erörtern. Beispiele hierfür sind die Paritätische Parlamenta-
rische Versammlung der Union für den Mittelmeerraum, die Parlamentarische Versammlung
Europa-Lateinamerika und die Paritätische Parlamentarische Versammlung AKP-EU. Im Jahr 2011
ist die Parlamentarische Versammlung EURONEST einschließlich eines speziellen Ausschusses für
politische Angelegenheiten, Menschenrechte und Demokratie und eines Ausschusses für soziale
Angelegenheiten, Bildung, Kultur und Zivilgesellschaft gebildet worden, die den parlamentarischen
Arm der EU-Initiative zur Östlichen Partnerschaft verkörpert.
In der Parlamentarischen Versammlung der Union für den Mittelmeerraum kommen Parlamentarier
und EP-Abgeordnete aus der EU und den Mittelmeerländern zusammen, die der Partnerschaft
Europa-Mittelmeer angehören, darunter Algerien, die besetzten palästinensischen Gebiete, Ägypten,
Jordanien, Israel, Libanon, Marokko, Syrien, Tunesien und die Türkei. Die siebte Tagung der
Parlamentarischen Versammlung der Union für den Mittelmeerraum hat am 3./4. März 2011 in
Rom stattgefunden; bei dieser Gelegenheit wurden die politischen Ereignisse in den südlichen
Mittelmeerländern erörtert. Für Menschenrechtsfragen ist der von dieser Versammlung gebildete
Ausschuss für politische Angelegenheiten, Menschenrechte und Sicherheit zuständig.
9238/12 mp,ms/ib 291
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 348 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die fünfte ordentliche Plenartagung der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika hat
am 18./19. Mai 2011 in Montevideo, Uruguay, stattgefunden. Im Rahmen dieser Versammlung ist
der Ausschuss für politische Angelegenheiten, Sicherheit und Menschenrechte das speziell für
Menschenrechtsfragen zuständige Gremium.
Der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU gehören Abgeordnete des Euro-
päischen Parlaments und die gewählten Vertreter der Staaten Afrikas, der Karibik und des
Pazifischen Raums ("AKP-Länder"), die das Cotonou-Abkommen unterzeichnet haben, an. Ein
wesentlicher Teil der Arbeit der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung betrifft die
Förderung der Menschenrechte und der Demokratie sowie der gemeinsamen humanitären Werte; im
Rahmen der VN-Konferenzen sind in diesem Zusammenhang gemeinsame Verpflichtungs-
erklärungen abgegeben worden. In Bezug auf die Menschenrechte hat die Paritätische
Parlamentarische Versammlung auf ihrer 21. Tagung in Budapest (16.-18. Mai 2011) eine
Entschließung zu den Herausforderungen für die Zukunft der Demokratie und die Achtung der
verfassungsmäßigen Ordnung in den AKP-Staaten und der EU angenommen.
Die Parlamentarische Versammlung EURONEST ist am 3. Mai 2011 in Brüssel zu ihrer
konstituierenden Sitzung zusammengetreten. Eröffnet wurde diese durch den Präsidenten des
Europäischen Parlaments, Jerzy Buzek, der darauf hinwies, dass die demokratischen Reform-
prozesse der östlichen Partnerländer gestärkt werden müssen. Die erste ordentliche Tagung fand am
14./15. September 2011 in Straßburg im Anschluss an eine Sitzung der vier Ausschüsse der
Versammlung statt, zu denen auch ein Ausschuss für politische Angelegenheiten, Menschenrechte
und Demokratie zählt.
Daneben haben im Laufe des Jahres 2011 zahlreiche interparlamentarische Treffen stattgefunden,
bei denen die Menschenrechtskomponente eine wichtige Rolle gespielt hat. Am 11. Oktober 2011
hat der Unterausschuss Menschenrechte zusammen mit dem Entwicklungsausschuss eine inter-
parlamentarische Ausschusssitzung mit den nationalen Parlamenten zum Thema "Menschenrechts-
konditionalität in der Entwicklungspolitik" organisiert. Dies war das erste interparlamentarische
Treffen nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, das ausschließlich der Verknüpfung von
Menschenrechten und Entwicklung gewidmet war. Im Wesentlichen ging es in den Diskussionen
zwischen den Mitgliedern des Europäischen Parlaments und ihren nationalen Amtskollegen um die
Frage, ob die Menschenrechtskonditionalität ein Hindernis für die Armutsreduzierung ist und wie
wirksam sie in einer Konstellation mit mehreren Gebern sein kann.
9238/12 mp,ms/ib 292
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 349 – Drucksache 17/12922
In der Wahlbeobachtung spiegelt sich die Entschlossenheit des Europäischen Parlaments wider, die
Entwicklung und Festigung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten zu
unterstützen. EP-Abgeordnete nehmen an Wahlbeobachtungsmissionen der Europäischen Union
oder an internationalen Wahlbeobachtungsmissionen teil. Im letztgenannten Fall erfolgt die
Teilnahme der Parlamentsdelegation im Rahmen dieser Mission; dabei koordiniert die Delegation
ihre Arbeit mit dem OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte sowie den
Parlamentarischen Versammlungen der OSZE, des Europarats und der NATO.
Die EP-Koordinierungsgruppe Wahlen ist für die Gesamtorganisation der Wahlbeobachtungs-
maßnahmen des Europäischen Parlaments verantwortlich. Im Jahr 2011 ist die Koordinierungs-
gruppe erstmals in ihrer neuen Funktion als Beraterin der Hohen Vertreterin und Vizepräsidentin
Catherine Ashton bei der Festlegung und Planung von EU-Wahlbeobachtungsmissionen tätig
geworden. Des Weiteren hat sie eine wichtige Rolle bei der Ernennung von Mitgliedern des
Europäischen Parlaments zu EU-Chefbeobachtern dieser Missionen gespielt.
Im Jahr 2011 hat das Europäische Parlament an folgenden Wahlbeobachtungsmissionen
teilgenommen:
9238/12 mp,ms/ib 293
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 350 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Kosovo Parlamentswahlen (zweiter Wahlgang in drei
Gemeinden)
9.1.2011
Sudan Referendum Südsudan 9.-17.1.2011
Tschad Parlamentswahlen 13.2.2011
Uganda Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 18.2.2011
Nigeria Präsidentschaftswahlen 16.4.2011
Peru Präsidentschaftswahlen 5.6.2011
Sambia Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 20.9.2011
Tunesien Wahlen zur verfassunggebenden
Versammlung
23.10.2011
Kirgisistan Präsidentschaftswahlen 30.10.2011
Nicaragua Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 6.11.2011
Demokratische Republik Kongo Präsidentschaftswahlen 28.11.2011
Daneben hat das Europäische Parlament angesichts der Bedeutung der Kommunalwahlen in
Albanien im Mai 2011 ausnahmsweise beschlossen, um diesen Termin herum eine
Ad-hoc-Delegation in das Land zu entsenden, um den Wahlprozess zu beobachten.
9238/12 mp,ms/ib 294
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 351 – Drucksache 17/12922
Die Parlamente sind wesentliche Elemente einer funktionierenden Demokratie, und eine
Demokratie bietet die bestmögliche Gewähr dafür, dass die Menschenrechte geachtet und aktiv
verfochten werden. Innerhalb des Europäischen Parlaments unterstützt das Büro zur Förderung
der parlamentarischen Demokratie (Office for Promotion of Parliamentary Democracy - OPPD)
neue und aufstrebende Demokratien bei der parlamentarischen Entwicklung. Die Unterstützung
kommt parlamentarischen Einrichtungen in Drittländern und ihren Mitgliedern und Mitarbeitern
zugute. Das Angebot des Büros umfasst den Aufbau institutioneller Kapazitäten, maßgeschneiderte
unterstützende Maßnahmen, Unterstützung von Gleich zu Gleich und Erfahrungsaustausch sowie
die Weiterverfolgung von Wahlbeobachtungsmissionen, um den Demokratisierungsprozess über
den gesamten Wahlzyklus hinweg zu unterstützen.
Im Jahr 2011 hat das OPPD den Besuch einer großen Gruppe politischer Aktivisten aus Ägypten
beim Europäischen Parlament organisiert, welche ein breites Spektrum politischer Parteien,
Gruppierungen und Präsidentschaftskandidaten repräsentierten. Partner des Stipendienprogramms
"Demokratie" des OPPD sind die parlamentarische Versammlung des MERCOSUR und das
zentralamerikanische Parlament PARLACEN sowie die Parlamente Chiles (Abgeordnetenkammer),
Armeniens, Ghanas, Mauretaniens und Togos. Das OPPD hat das Parlamentarische Forum der
Gemeinschaft der Demokratien in beratender Funktion aktiv unterstützt, ein Treffen in Brüssel
organisiert und an Sitzungen des Forums in Tiflis, Vilnius und Washington teilgenommen. Im Jahr
2011 hat das Büro ferner zusammen mit dem Nationalen Demokratischen Institut für Internationale
Angelegenheiten (NDI) eine hochrangige Tagung des Transatlantischen Dialogs zum Thema
"Stärkung der Zusammenarbeit zur Förderung der Demokratie" veranstaltet.
Die Task Force für EU-Menschenrechtspolitik, der Mitarbeiter verschiedener Dienste des
Europäischen Parlaments angehören, ist im Laufe des Jahres regelmäßig mit dem Ziel
zusammengetreten, mehr Synergien und Kohärenz zwischen den Arbeiten der einzelnen
Ausschüsse und Verwaltungseinheiten des Parlaments im Bereich der Menschenrechte zu erreichen.
9238/12 mp,ms/ib 295
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 352 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Da sich das Europäische Parlament im Bereich der Menschenrechte und der Demokratieförderung
noch stärker engagieren muss und will, ist innerhalb der Generaldirektion Externe Politikbereiche
eine neue Direktion Demokratieunterstützung eingerichtet worden, die ihre Arbeit im Jahr 2012
aufnehmen soll.
7 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
AA Association Agreement
AFCO Constitutional Affairs Committee
AFET Committee on Foreign Affairs
AMISOM African Union Mission in Somalia
APRM African Peer Review Mechanism
ASEAN Association of Southeast Asian Nations
ASEM Asia-Europe Meeting
ATP Anti-Terrorism Proclamation
AU African Union
BICI Independent Commission of Inquiry
BiH Bosnia and Herzegovina
CAT Convention against Torture
CBSS Country-Based Support Schemes under the EIDHR
CEDAW Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women
CEDEAO
CEDEF convention internationale sur l’élimination de toutes les formes de
discrimination à l’égard des femmes
CENIT national Electoral Commission
9238/12 mp,ms/ib 296
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 353 – Drucksache 17/12922
CEPOL
CFSP Common Foreign Security Policy
CHT Chittagong Hill Tracts
CICIG International Commission Against Impunity in Guatemala
CoE Council of Europe
COHOM Council Human Rights Working Group
COREPER
CPT Committee for the Prevention of Torture
CRPD UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities
CSDP Common Security and Defence Policy
CSO Civil Society Organisation
CSR Corporate Social Responsibility
CSW Commission on the Status of Women
CVJR Truth, Justice and Reconciliation Commission
DAS Departamento Administrativo de Seguridad
DCFTA Deep and Comprehensive Free Trade Area
DCI Development Cooperation Instrument
DCI Dialogues Facility Fund
DDPA Durban Declaration and Programme of Action
DEVE Committee on Development
DPRK Democratic People’s Republic of Korea
DRC Democratic Republic of Congo
DROI Human Rights Subcommittee of the European Parliament
EA Electoral assistance
EaP Eastern Partnership
EASO European Asylum Support Office
EC European Commission
9238/12 mp,ms/ib 297
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 354 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
ECCC Extraordinary Chambers in the Courts of Cambodia
ECCC Extraordinary Chambers in the Court of Cambodia
ECG Election Coordination Group
ECG Election Coordination Group
ECHR European Convention on Human Rights
ECRI European Commission against Racism and Intolerance
EDF European Development Fund
EED European Endowment for Democracy
EEM Election expert missions
EIB European Investment Bank
EIDHR European Initiative for Democracy and Human Rights
EMB electoral management bodies
EMRIP Expert Mechanism on the Rights of Indigenous Peoples
ENI European Neighbourhood Instrument
ENP European Neighbourhood Policy
ENPI European Neighbourhood and Partnership Instrument
EOM Election observation missions
EP European Parliament
EPJUST EU-Philippines Justice Support Programme
EU MS EU Member States
EUD EU Delegation
EUJUST LEX Integrated Rule of Law Mission for Iraq
EUMM EU Monitoring Mission
EUPM EU Police Mission
EUPOL European Union Police Mission in Afghanistan
9238/12 mp,ms/ib 298
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 355 – Drucksache 17/12922
EUPOL COPPS European Union Police Mission for the Palestinian Territories
EURA EU Readmission Agreement
EUREMA EU Relocation from Malta
EURODAC system for comparing fingerprints of asylum seekers and some categories of
illegal immigrants
EUROJUST European Union's Judicial Cooperation Unit
EUROPOL law enforcement agency of the European Union
EUSR EU Special Representative
EUTM European Union military mission to contribute to the training of security forces
FAC Foreign Affairs Council
FED Fonds européen de développement
FEMM Women's Rights and Gender Equality Committee
FfGE Financing for Gender Equality
FICs Forum Island Countries
FIDH Fédération internationale des ligues des droits de l'Homme
FoE freedom of expression
FoRB freedom of thought, conscience and religion or belief
FRONTEX EU Agency promoting, coordinating and developing European border
management
FYROM Former Yugoslav Republic of Macedonia
GAMM Global Approach to Migration and Mobility
GCC Gulf Cooperation Council
GCTF Global Counter-Terrorism Forum
9238/12 mp,ms/ib 299
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 356 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
GNU Government of National Unity
GoE Government of Ethiopia
GRULAC UN Group of Latin America and Caribbean Countries
GSP EU's Generalised System of Preferences
HIV Human immunodeficiency virus
HOMs EU Heads of Missions
HR High Representative
HR VP High Representative Vice-President
HRC UN Human Rights Council
HRDO Human Rights Defender's Office
HRDs Human Rights Defenders
ICC International Criminal Court
ICCPR International Covenant on Civil and Political Rights
ICERD International Convention on the Elimination of All Forms of Racial
Discrimination
ICHR Independent Commission for Human Rights
ICT information and communication technology
ICTY International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia
IDPs Internally Displaced Persons
IHL international humanitarian law
ILO International Labour Organisation
9238/12 mp,ms/ib 300
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 357 – Drucksache 17/12922
IMT International Monitoring Team
INEC Independent National Electoral Committee
INGO International nongovernmental organisation
INTA Committee on International Trade
IPA Instrument for Pre-Accession Assistance
ISAF International Security Assistance Force
ITC-ILO International Training Centre of the ILO
JA Council Joint Actions
JURI Legal Affairs Committee
JWF Angola-EU Joint Way Forward
LAS League of Arab States
LGBT Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender
LGBTI Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender and Intersex
LIBE Committee on Civil Liberties, Justice and Home Affairs
MDG Millennium Development Goals
MENA Middle East and North Africa
MEP Member of the European Parliament
MERCOSUR Common Market of the South
MFF Multiannual Financial Framework
NDC National Dialogue Committee
NDI National Democratic Institute for International Affair
9238/12 mp,ms/ib 301
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 358 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
NGO Nongovernmental organisation
NSA Non-State Actors
NSF Somali National Security Forces
NSS National Security Service
NTC National Transitional Council
OAS Organisation of American States
ODIHR Office for Democratic Institutions and Human Rights
OECD Organisation for Economic Cooperation and Development
OFA Ohrid Framework Agreement
OHCHR United Nations High Commissioner for Human Rights
OIC Organisation of Islamic Cooperation
OMCT Organisation Mondiale Contre la Torture
OPCAT Optional Protocol to the Convention against Torture
OPPD Office for the Promotion of Parliamentary Democracy
oPt Occupied Palestinian Territory
OSCE Organisation for Security and Cooperation in Europe
OSCE Organisation for Security and Cooperation in Europe
OSCE PA Parliamentary Assemblies of the Organisation for Security and Co-operation in
Europe
9238/12 mp,ms/ib 302
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 359 – Drucksache 17/12922
PA Palestinian Authority
PACE Parliamentary Assembly of the Council of Europe
PARLACEN Parlamento Centroamericano
PCA Partnership and Cooperation Agreement
PCA Partnership and Cooperation Agreement
PCNA Post-Crisis Needs Assessment
PDO Public Defenders Office
PMSC private military and security companies
PSWG Peace Support Working Group
RCCR Royal Committee on Constitutional Review
RTG Royal Thai Government
SAA Stabilisation and Association Agreement
SADC Southern African Development Community
SAF Sudan Armed Forces
SAP Stabilisation and Association Process
SPLA Sudan People's Liberation Army
SPRING Support to Partnership, Reform and Inclusive Growth Programme
SPT UN Subcommittee on Prevention of Torture
SRT Special Rapporteur on Torture
TAIEX Technical Assistance and Information Exchange Instrument
TDCA Trade Cooperation and Development Agreements
TIPNIS Territorio Indigena Parque Natural Isiboro Sécure
US United States of America
UAE United Arab Emirates
UfM Union for the Mediterranean
UN United Nations
UNAMA United Nations Assistance Mission in Afghanistan
9238/12 mp,ms/ib 303
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 360 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
UNAMID United Nations-African Union Mission in Darfur
UNCAT United Nations Convention against Torture
UNDP United Nations Development Programme
UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation
UNGA United Nations General Assembly
UNGP United Nations Guiding Principle
UNHCR UN Refugee Agency
UNICEF United Nations Children's Fund
UNMIS United Nations Missions in Sudan
UNSCR United Nations Security Council Resolution
UPR Universal Periodic Review
USA United States of America
USICVR Unidad de segiumiento a las recomendaciones de la Comisión Verdad y
Reconciliación
WCAR World Conference against Racism, Racial Discrimination, Xenophobia and
Related Intolerance
9238/12 mp,ms/ib 304
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 361 – Drucksache 17/12922
ANHANG 1 - ZUSAGEN ANLÄSSLICH DER 31. INTERNATIONALEN ROTKREUZ- UND
ROTHALBMONDKONFERENZ (GENF, 28. NOVEMBER - 1. DEZEMBER 2011)
For the years 2012-2015, we, the European Union and its Member States (Austria, Belgium,
Bulgaria, Cyprus, Czech Republic, Denmark, Estonia, Finland, France, Germany, Greece,
Hungary, Ireland, Italy, Latvia, Lithuania, Luxembourg, Malta, Netherlands, Poland,
Portugal, Romania, Slovakia, Slovenia, Spain, Sweden, United Kingdom), hereby pledge:
1. Missing persons
The EU and its Member States are concerned by the enforced disappearance of persons during armed
conflicts and by the profound humanitarian consequences borne by families of missing persons in these
circumstances.
The EU Member States therefore pledge:
– to consider ratifying the 2006 Convention for the Protection of All Persons from Enforced
Disappearance;
– to consider adopting other measures aiming at avoiding enforced disappearances, such as those
included in the model law suggested by the ICRC;
– to support mechanisms to investigate effectively and resolve the cases of missing persons in
several regions of the world;
– to encourage processes acknowledging the rights and needs of families of missing persons and aiming
at adjusting national legislation and programmes to meet these needs.
9238/12 mp,ms/ib 305
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 362 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2. International Criminal Court
The EU and its Member States consider that those who have committed serious crimes of concern to the
international community, including war crimes, crimes against humanity or the crime of genocide should
be brought to justice.
In line with their efforts to fight impunity, the EU and its Member States pledge:
– to continue to promote the universality and preserve the integrity of the Rome Statute;
– to include the fight against impunity for the most serious crimes of international concern as one of the
shared values of the EU and its partners through the insertion of provisions concerning the ICC and
international justice into EU agreements with third parties;
– to continue their support to the Court, civil society and to third States interested in receiving
assistance in order to become party to the Rome Statute or to implement it;
3. International Humanitarian Law Instruments
The EU and its Member States are convinced that national implementation and enforcement of international
humanitarian law and other relevant legal instruments which have an impact on international humanitarian
law are of great importance and fall under States' responsibilities.
In line with the EU Guidelines on promoting compliance with International Humanitarian Law, the EU
Member States pledge:
9238/12 mp,ms/ib 306
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 363 – Drucksache 17/12922
– to work towards further participation in the principal international humanitarian law
instruments and other relevant legal instruments which have an impact on international
humanitarian law by considering ratification of the following instruments to which they are
not yet all party, namely:
Additional Protocol III to the Geneva Conventions;
The Hague Convention for the Protection of Cultural Property in the Event of Armed
Conflict and its First and Second Protocols;
The Optional Protocol to the UN Convention on the Rights of the Child on the involvement
of children in armed conflict;
The Ottawa Convention on the Prohibition of the Use, Stockpiling, Production and Transfer
of Anti-Personnel Mines;
Protocol II, as amended on 3 May 1996, and Protocol V to the 1980 Convention on
Prohibitions or Restrictions on the Use of Certain Conventional Weapons which May Be Deemed to
Be Excessively Injurious or to Have Indiscriminate Effects;
The Convention on the prohibition of military use of environmental modification
techniques.
In order to improve implementation of international humanitarian law at the national level the EU
and its Member States pledge:
– to support States in their efforts to adopt relevant national legislation pertinent to their
international humanitarian law obligations;
– to support the existing international humanitarian law mechanisms and to envisage, if deemed
relevant, making use of the services of the International Humanitarian Fact-Finding
Commission constituted under Article 90 of Additional Protocol I.
9238/12 mp,ms/ib 307
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 364 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
4. Promotion and dissemination of international humanitarian law
The EU and its Member States underline that proper training in, and dissemination of, international
humanitarian law is required to ensure better compliance with international humanitarian law in
time of armed conflict.
In line with the EU Guidelines on promoting compliance with International Humanitarian Law and
the 2007 European Consensus on Humanitarian Aid, the EU and its Member States pledge:
– to pursue their efforts in promoting dissemination and training in international humanitarian
law in third countries, including in peacetime, in particular to national authorities, armed non-
state actors and humanitarian actors.
The EU Member States pledge:
– to continue their efforts in promoting dissemination and training in international humanitarian
law inside the EU, in particular to military and civilian personnel, involved in crisis
management operations.
5. Fundamental Procedural and other Guarantees
The EU and its Member States reaffirm their determination to respect fundamental procedural
guarantees for all persons detained in relation to an armed conflict as enshrined in the applicable
rules of international humanitarian law and/or international human rights law.
The EU and its Member States therefore pledge to promote respect of fundamental procedural
guarantees through a wide range of measures including:
– Training for staff participating in EU military and civilian crisis management operations in
fundamental procedural guarantees.
9238/12 mp,ms/ib 308
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 365 – Drucksache 17/12922
– Endeavouring to ensure implementation of those standards by third parties involved in EU
operations.
– Supporting dissemination and training sessions on implementation of fundamental procedural
guarantees.
– Recalling the importance of respecting fundamental procedural guarantees in dialogue with
other States.
6. Anti-Personnel Landmines, Cluster Munitions, Improvised Explosive Devices and
Explosive Remnants of War
The EU and its Member States are concerned by the threats posed by anti-personnel landmines,
cluster munitions, improvised explosive devices and explosive remnants of war.
The EU Member States therefore pledge:
– to advocate as appropriate in support of international instruments seeking to address
humanitarian hazards of explosive remnants of war, cluster munitions, improvised explosive
devices and antipersonnel landmines;
– to encourage as appropriate States Parties to the Anti-Personnel Mine Ban Convention and
the Convention on Cluster Munitions to make timely reports in accordance with the relevant
provisions of these treaties.
9238/12 mp,ms/ib 309
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 366 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Joint pledge by EU Member States and National Red Cross Societies
1 Strengthening international humanitarian law through the adoption of an effective Arms
Trade Treaty
The European Union Member States and their National Red Cross Societies, noting the utility of the
2008 EU Common Position defining common rules governing the control of exports of military
technology and equipment and related EU instruments, are concerned that the widespread
availability of weapons facilitates violations of international humanitarian law, and hampers the
provision of assistance to victims of armed conflict, and are convinced of the relevance of
promoting and further strengthening the regulatory framework governing transfers of conventional
arms.
In line with the updated EU Guidelines on promoting compliance with International Humanitarian
Law and the relevant Council Conclusions, the European Union Member States, with support from
their respective National Red Cross Societies, therefore pledge:
– to engage in an exchange of information, to the extent considered appropriate and pertinent by
the European Union Member States, on the negotiation in 2012 of a strong and robust Arms
Trade Treaty with the highest possible legally binding standards which would prevent
conventional weapons from being used to violate international humanitarian law.
9238/12 mp,ms/ib 310
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 367 – Drucksache 17/12922
ANHANG 2 - MENSCHENRECHTSENTSCHLIEßUNGEN 2011
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122 – Dringlichkeitsdebatten/
Entschließungen
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2 – Entschließungen zu
Erklärungen
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 48 – Initiativverfahren
1. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Januar 2011 zu Pakistan –
insbesondere zum Mord an Gouverneur Salman Taseer
2011/2522(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
2. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Januar 2011 zu Iran – der Fall von
Nasrin Sotoudeh
2011/2524(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
3. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. Januar 2011 zur Lage in Haiti ein
Jahr nach dem Erdbeben: humanitäre Hilfe und Wiederaufbau
2010/3018(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
4. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Januar 2011 zur Lage der Christen
im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit
2011/2521(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
9238/12 mp,ms/ib 311
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 368 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Januar 2011 zu Brasilien –
Auslieferung von Cesare Battisti
2011/2523(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
6. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 20. Januar 2011 zur Lage in Belarus
2011/2514(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
7. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Februar 2011 zu Jemen:
Strafverfolgung von minderjährigen Straftätern, insbesondere der Fall Mohammed Taher
Thabet Samoum
2011/2572(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
8. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Februar 2011 zu den
Grenzkonflikten zwischen Thailand und Kambodscha
2011/2571(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
9. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Februar 2011 zum Mord an David
Kato in Uganda
2011/2573(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
10. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Februar 2011 zur
Rechtsstaatlichkeit in Russland
2011/2515(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
9238/12 mp,ms/ib 312
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 369 – Drucksache 17/12922
11. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Februar 2011 zur Lage in Ägypten
2011/2555(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
12. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2011 zu den Prioritäten der
16. Tagung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen und der Überprüfung im
Jahre 2011
2011/2570(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
13. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2011 zu Pakistan,
insbesondere zu dem Mord an Shahbaz Bhatti
2011/2612(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
14. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2011 zu den südlichen
Nachbarländern der EU, insbesondere Libyen
2011/2616(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
15. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2011 zu der Lage und dem
Kulturerbe in Kaschgar (Uigurisches Autonomes Gebiet Xinjiang, VR China)
2011/2614(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
16. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2011 zur Vorgehensweise der
EU gegenüber dem Iran
2010/2050(INI)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 48
9238/12 mp,ms/ib 313
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 370 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
17. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2011 zu Belarus (insbesondere
zu den Fällen Ales Michalewitsch und Natallja Radsina)
2011/2613(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
18. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zu Simbabwe
2011/2658(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
19. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zum Verbot der Wahl der
tibetischen Exil-Regierung in Nepal
2011/2657(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
20. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zur Lage in Syrien,
Bahrain und Jemen
2011/2645(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
21. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zur Lage in Côte d’Ivoire
2011/2656(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
22. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zum Fall Ai Weiwei
2011/2664(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
23. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Mai 2011 zur Lage in Sri Lanka
2011/2684(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
9238/12 mp,ms/ib 314
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 371 – Drucksache 17/12922
24. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Mai 2011 zu Belarus
2011/2686(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
25. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Mai 2011 zu Aserbaidschan
2011/2685(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
26. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juni 2011 zur Ukraine und zu den
Fällen Julija Tymoschenko und anderer Mitglieder der ehemaligen Regierung
2011/2714(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
27. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juni 2011 zum Thema "Sudan und
Südsudan – die Lage nach dem Referendum von 2011"
2011/2717(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
28. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juni 2011 zum Gipfeltreffen EU-
Russland
2011/2716(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
29. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juni 2011 zur Lage in Madagaskar
2011/2712(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
30. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 9. Juni 2011 zu Guantánamo:
unmittelbar bevorstehende Entscheidung über ein Todesurteil
2011/2713(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
9238/12 mp,ms/ib 315
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 372 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
31. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2011 zur Situation in Syrien,
Jemen und Bahrain im Zusammenhang mit der Lage in der arabischen Welt und in
Nordafrika
2011/2756(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
32. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2011 zu den Vorbereitungen auf
die Wahlen zur russischen Staatsduma im Dezember 2011
2011/2752(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
33. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2011 zu Indonesien,
einschließlich Übergriffe auf Minderheiten
2011/2748(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
34. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2011 zu Indien, insbesondere der
Todesstrafe für Davinder Pal Singh
2011/2749(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
35. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Juli 2011 zu der Demokratischen
Republik Kongo und den Massenvergewaltigungen in der Provinz Süd-Kivu
2011/2747(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
36. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. September 2011 zum Sudan – Lage
in Süd-Kurdufan und Ausbruch von Kämpfen im Bundesstaat Blauer Nil
2011/2806(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
9238/12 mp,ms/ib 316
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 373 – Drucksache 17/12922
37. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. September 2011 zu der Lage in
Syrien
2011/2812(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
38. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. September 2011 zu der Lage in
Libyen
2011/2811(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
39. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. September 2011 zu Eritrea: der Fall
Dawit Isaak
2011/2807(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
40. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. September 2011 zu der Hungersnot
in Ostafrika
2011/2814(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
41. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. September 2011 zu Belarus:
Festnahme des Menschenrechtsverteidigers Ales Bjaljazki
2011/2805(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
42. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 29. September 2011 zur Lage in
Palästina
2011/2828(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
43. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 28. September 2011 zu
Menschenrechten, sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität im Rahmen der
Vereinten Nationen
2011/2821(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
9238/12 mp,ms/ib 317
ANLAGE DG C DE
Drucksache 17/12922 – 374 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
44. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 27. Oktober 2011 zu Tibet, insbesondere
den Selbstverbrennungen von Nonnen und Mönchen
2011/2874(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
45. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 27. Oktober 2011 zur Lage in Ägypten
und Syrien, insbesondere in Bezug auf die christlichen Gemeinschaften
2011/2881(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
46. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 27. Oktober 2011 zu Bahrain
2011/2875(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
47. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. November 2011 zu Ägypten,
insbesondere dem Fall des Bloggers Alaa Abdel Fattah
2011/2909(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
48. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. November 2011 zu aktuellen Fällen
von Menschenrechtsverletzungen im Iran
2011/2908(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
49. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. November 2011 über die
Unterstützung der Europäischen Union für den IStGH: Bewältigung der
Herausforderungen und Überwindung der Schwierigkeiten
2011/2109(INI)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 48
9238/12 mp,ms/ib 318
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 375 – Drucksache 17/12922
50. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2011 zu Tunesien: der
Fall Zakaria Bouguira
2011/2947(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
51. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2011 zu der Lage der
Frauen in Afghanistan und Pakistan
2011/2946(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
52. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2011 zu Aserbaidschan
und insbesondere zum Fall von Rafig Tagi
2011/2945(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 122
53. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2011 zu der Lage in
Syrien
2011/2880(RSP)
Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments, Artikel 110 Absatz 2
________________________
9238/12 mp,ms/ib 319
ANLAGE DG C DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 377 – Drucksache 17/12922
RAT DER
EUROPÄISCHEN UNION
Brüssel, den 19. Juni 2012 (22.06)
(OR. en)
11417/12
LIMITE
COHOM 149
PESC 741
COSDP 500
FREMP 95
INF 107
JAI 440
RELEX 542
I/A-PUNKT-VERMERK
des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees
für den AStV/Rat
Betr.: Menschenrechte und Demokratie: Strategischer Rahmen und Aktionsplan der EU
Die Hohe Vertreterin und die Europäische Kommission haben am 12. Dezember 2011 eine
gemeinsame Mitteilung mit dem Titel "Menschenrechte und Demokratie im Mittelpunkt des
auswärtigen Handelns der EU – Ein wirksamerer Ansatz" vorgelegt (s. Dok. 18635/11).
Die Gruppe "Menschenrechte" hat am 4. Juni 2012 Einvernehmen über den Entwurf eines
Strategischen Rahmens der EU für Menschenrechte und Demokratie sowie den Entwurf eines EU-
Aktionsplans für Menschenrechte und Demokratie erzielt.
Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee hat die genannten Entwürfe am 8. Juni 2012
gebilligt.
Anlage 3
11417/12 aka/GT/ib 1
DG C 1 LIMITE DE
Drucksache 17/12922 – 378 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Der Ausschuss der Ständigen Vertreter wird daher ersucht, dem Rat zu empfehlen, dass er auf einer
seiner nächsten Tagungen als A-Punkt der Tagesordnung ein Paket annimmt, das aus den folgenden
drei Texten besteht:
• den Schlussfolgerungen des Rates zum Thema Menschenrechte und Demokratie (ANLAGE I);
• dem Strategischen Rahmen der EU für Menschenrechte und Demokratie (ANLAGE II) und
• dem EU-Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie (ANLAGE III).
_____________________
11417/12 aka/GT/ib 2
DG C 1 LIMITE DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 379 – Drucksache 17/12922
ANLAGE I
ENTWURF
Schlussfolgerungen des Rates zum Thema "Menschenrechte und Demokratie"
1. Der Rat betont die Entschlossenheit der EU, Menschenrechte und Demokratie überall auf der
Welt zu fördern, und nimmt heute einen Strategischen Rahmen der EU für Menschenrechte und
Demokratie an, der als Richtschnur für das Engagement der EU in den nächsten Jahren dienen soll.
Zugleich nimmt der Rat einen Aktionsplan für Menschenrechte und Demokratie zur Umsetzung des
Strategischen Rahmens an.
2. Der Rat hebt hervor, dass ein EU-Sonderbeauftragter (EUSR) für Menschenrechte eine
wichtige Rolle dabei spielen kann, die Menschenrechtspolitik der EU wirksamer und sichtbarer zu
machen, und sieht der baldigen Ernennung dieses Sonderbeauftragten erwartungsvoll entgegen.
3. Der Rat ist entschlossen, eng mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen
Kommission sowie – im Geiste echter Partnerschaft – der Zivilgesellschaft zusammenzuarbeiten.
4. Die EU ist entschlossen, im Bereich der Menschenrechte und der Demokratie mit ihren
Partnern, multilateralen Foren und internationalen Organisationen zusammenzuarbeiten.
11417/12 aka/GT/ib 3
ANLAGE I DG C 1 LIMITE DE
Drucksache 17/12922 – 380 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
ANLAGE II
Strategischer Rahmen der EU für Menschenrechte und Demokratie
Die Menschenrechte in der EU-Politik
Die Europäische Union gründet auf dem gemeinsamen Willen, Frieden und Stabilität zu fördern
und eine Welt zu schaffen, die auf der Achtung der Menschenrechte, Demokratie und Rechts-
staatlichkeit beruht. Diese Grundsätze sind bestimmend für alle Aspekte der Innen- und Außen-
politik der Europäischen Union.
Menschenrechte sind universell geltende Rechtsnormen. Demokratie ist ein universelles Anliegen.
Überall in der Welt wünschen sich Frauen und Männer ein Leben in Freiheit, Würde und Sicherheit,
in offenen und demokratischen Gesellschaften, die die Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit
hochhalten. Dauerhafter Friede, nachhaltige Entwicklung und anhaltender Wohlstand sind nur
möglich, wenn sie sich auf die Achtung der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
gründen.
Die Achtung der Menschenrechte und Demokratie ist indes keine Selbstverständlichkeit. Ihr
universeller Charakter wird unter Hinweis auf kulturelle Unterschiede in Frage gestellt. Die
modernen Informations- und Kommunikationstechnologien erleichtern zwar den freien Austausch
von Informationen unter den Menschen, haben aber auch das Unterdrückungspotenzial autoritärer
Staaten enorm verstärkt.
Die EU ist sich dieser Herausforderungen bewusst und will sich verstärkt dafür einsetzen, dass die
Menschenrechte tatsächlich allen Menschen zuteil werden. Die EU wird weiterhin ihre volles
Gewicht in die Schale werfen, um die Verfechter von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten in
der ganzen Welt zu unterstützen.
11417/12 aka 4
ANLAGE II DG C 1 LIMITE DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 381 – Drucksache 17/12922
Förderung der Universalität der Menschenrechte
Die EU bekräftigt, dass sie es als ihre Pflicht ansieht, sämtliche Menschenrechte, gleichviel ob es
sich um bürgerliche und politische oder um wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte handelt,
zu fördern und zu schützen. Die EU ruft alle Staaten auf, die Bestimmungen der Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte umzusetzen und die maßgeblichen internationalen Verträge auf dem
Gebiet der Menschenrechte, einschließlich der Übereinkommen über Kernarbeitsnormen, sowie
regionale Menschenrechtsinstrumente anzuwenden. Die EU wird jeden Versuch anprangern, die
Achtung der Universalität der Menschenrechte zu untergraben.
Die Gemeinsame Mitteilung der Europäischen Kommission und der Hohen Vertreterin der EU für
Außen- und Sicherheitspolitik "Menschenrechte und Demokratie im Mittelpunkt des auswärtigen
Handelns der EU — Ein wirksamerer Ansatz", in der die bisherigen Auswirkungen der EU-Politik
eingeschätzt und weitere Aktionsbereiche vorgeschlagen werden, ist ein willkommener Beitrag zur
Entwicklung einer Menschenrechtsstrategie, mit der die EU die entsprechenden Ziele mittels ihres
auswärtigen Handelns fördern kann.
Kohärentere Ziele
Artikel 21 des Vertrags über die Europäische Union bestätigt, dass die EU entschlossen ist, die
Menschenrechte und die Demokratie auf allen Gebieten ihres auswärtigen Handelns zu fördern. Das
Inkrafttreten der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Ausblick darauf, dass die
EU durch ihren Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention die Zuständigkeit des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte anerkennen wird, sind ein Beleg dafür, dass sich die
EU den Menschenrechten in jeder Hinsicht verpflichtet fühlt. Innerhalb ihrer eigenen Grenzen
wollen die EU und ihre Mitgliedstaaten in vorbildlicher Weise für die Achtung der Menschenrechte
sorgen. Außerhalb ihrer Grenzen liegt es in der gemeinsamen Verantwortung der EU und ihrer
Mitgliedstaaten, Menschenrechte und Demokratie zu fördern und ihre Stimme dafür zu erheben.
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ANLAGE II DG C 1 LIMITE DE
Drucksache 17/12922 – 382 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die EU ist bestrebt, Verletzungen der Menschenrechte überall in der Welt zu verhindern und dafür
zu sorgen, dass die Opfer von Menschenrechtsverletzungen Zugang zur Justiz und zu Rechtsmitteln
erhalten und dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Zu diesem Zweck wird
die EU vermehrte Anstrengungen unternehmen, um die Menschenrechte, die Demokratie und die
Rechtsstaatlichkeit durch ihr auswärtiges Handeln in jeder Hinsicht zu fördern. Sie wird ihre
Fähigkeit und ihre Mechanismen auf dem Gebiet der Frühwarnung und Prävention von Krisen, die
Menschenrechtsverletzungen nach sich ziehen könnten, verstärken. Sie wird ihre Zusammenarbeit
mit Partnerländern, internationalen Organisationen und der Zivilgesellschaft vertiefen und neue
Partnerschaften aufbauen, um sich an veränderte Gegebenheiten anzupassen. Die EU wird die
Arbeit mit ihren Partnern weltweit verstärken, um die Demokratie zu unterstützen, vor allem die
Entwicklung unverfälschter und glaubwürdiger Wahlprozesse sowie repräsentativer und
transparenter demokratischer Institutionen, die im Dienste des Bürgers stehen.
Menschenrechte in allen Bereichen der EU-Außenpolitik
Die EU wird die Menschenrechte in allen Bereichen ihres auswärtigen Handelns ohne Ausnahme
fördern. Insbesondere wird sie die Förderung der Menschenrechte in folgende Bereiche integrieren:
Handel, Investitionen, Technologie und Telekommunikation, Internet, Energie, Umwelt, gesell-
schaftliche Verantwortung von Unternehmen und Entwicklungspolitik sowie Gemeinsame
Sicherheits- und Verteidigungspolitik, externe Dimensionen der Beschäftigungs- und Sozialpolitik
und Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, einschließlich Terrorismusbekämpfung. Im
Bereich der Entwicklungszusammenarbeit wird ein menschenrechtsbasierter Ansatz angewandt, um
sicherzustellen, dass die EU sich verstärkt darum bemüht, Partnerländern bei der Umsetzung ihrer
internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Hilfe zu leisten.
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ANLAGE II DG C 1 LIMITE DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 383 – Drucksache 17/12922
Umsetzung der Prioritäten der EU auf dem Gebiet der Menschenrechte
Die EU fördert weiterhin die freie Meinungsäußerung, die Meinungsfreiheit, die Versammlungs-
freiheit und die Vereinigungsfreiheit, sei es online oder offline; Demokratie kann ohne diese Rechte
nicht existieren. Sie wird die Freiheit der Religion oder Weltanschauung fördern und Diskrimi-
nierung in all ihren Formen bekämpfen, indem sie gegen Diskriminierungen aufgrund der Rasse,
der ethnischen Zugehörigkeit, des Alters, des Geschlechts oder der sexuellen Ausrichtung vorgeht
und für die Rechte von Kindern, Personen, die Minderheiten angehören, indigenen Völkern,
Flüchtlingen, Migranten und Personen mit Behinderungen eintritt. Die EU wird sich weiterhin für
die Rechte und die Ermächtigung von Frauen in allen Kontexten engagieren, indem sie gegen
diskriminierende Gesetze, geschlechtsspezifische Gewalt und Ausgrenzung vorgeht. Sie wird sich
intensiver der Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte widmen; sie wird
vermehrt Anstrengungen unternehmen, um einen universellen und nichtdiskriminierenden Zugang
zu Basisdiensten sicherzustellen, wobei sie ihr Augenmerk besonders auf arme und schutz-
bedürftige Bevölkerungsgruppen richten wird. Die EU wird zur Umsetzung der VN-Leitprinzipien
für Wirtschaft und Menschenrechte aufrufen und beitragen.
Todesstrafe und Folter stellen die schwerwiegendsten Verletzungen der Menschenrechte und der
Menschenwürde dar. Ermutigt durch den zunehmenden Trend zur weltweiten Abschaffung der
Todesstrafe wird die EU ihre schon seit langem geführte Kampagne gegen die Todesstrafe weiter
fortsetzen. Sie wird weiterhin energisch gegen Folter und grausame, unmenschliche oder
erniedrigende Behandlung zu Felde ziehen.
Eine faire und unparteiische Rechtspflege ist von grundlegender Bedeutung für die Wahrung der
Menschenrechte. Die EU wird sich verstärkt für das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren und
Gleichbehandlung vor dem Gesetz einsetzen. Sie wird weiterhin für die Einhaltung des humanitären
Völkerrechts und zugleich mit Nachdruck gegen Straflosigkeit bei schweren Verbrechen von
Belang für die internationale Gemeinschaft – einschließlich sexueller Gewalt im Zusammenhang
mit bewaffneten Konflikten – eintreten, nicht zuletzt durch ihre Unterstützung des Internationalen
Strafgerichtshofs.
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ANLAGE II DG C 1 LIMITE DE
Drucksache 17/12922 – 384 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Mutige Menschen, die sich weltweit für die Achtung Menschenrechte einsetzen, werden dadurch
nicht selten zur Zielscheibe von Unterdrückung und Nötigung; die EU wird Menschenrechts-
verteidigern noch mehr politische und finanzielle Unterstützung gewähren und sich verstärkt gegen
Repressalien jeglicher Art einsetzen. Eine dynamische und unabhängige Zivilgesellschaft ist für
eine funktionierende Demokratie und die Umsetzung der Menschenrechte von grundlegender
Bedeutung; eine gute Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft ist daher Eckpfeiler einer erfolg-
reichen Menschenrechtspolitik. Die EU legt großen Wert auf ihren regelmäßigen Dialog mit der
Zivilgesellschaft sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU und ist äußerst besorgt über die
Versuche einiger Länder, die Unabhängigkeit der Zivilgesellschaft zu beschränken. Als führende
Unterstützerin der Zivilgesellschaft wird sie Menschenrechtsverteidigern im Rahmen des Euro-
päischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte weiterhin Hilfe zukommen lassen, die
entsprechenden Finanzierungsverfahren flexibler gestalten und den Zugang zu ihnen erleichtern.
Bilaterale Zusammenarbeit mit Partnern
Die EU wird die Menschenrechte in den Mittelpunkt ihrer Beziehungen zu sämtlichen Drittländern
einschließlich ihrer strategischen Partner stellen. Die Politik der EU im Bereich der Menschenrechte
ist fest in universellen Normen verankert, wird jedoch sorgfältig auf die Gegebenheiten eines jeden
Landes abgestimmt, nicht zuletzt durch die Entwicklung von Länderstrategien für Menschenrechte.
Die EU wird sich stets um konstruktive Kontakte zu Drittländern bemühen; vor diesem Hintergrund
wird die EU ihre Menschenrechtsdialoge und Konsultationen mit den Partnerländern in dem
Bestreben fortsetzen, Ergebnisse zu erzielen. Die EU wird Menschenrechtsfragen in allen
geeigneten Formen des bilateralen politischen Dialogs, auch auf höchster Ebene, energisch zur
Sprache bringen. Darüber hinaus wird sie mit ihren Partnerländern zusammenarbeiten, um zu
ermitteln, in welchen Bereichen auf bestimmte Regionen ausgerichtete Finanzierungsinstrumente
der EU genutzt werden können, um Projekte – etwa im Bereich der Menschenrechtsbildung und -
ausbildung – zu unterstützen, die den Menschenrechten Geltung verschaffen.
Geht es jedoch um Menschenrechtsverletzungen, wird die EU alle ihr zur Verfügung stehenden
Instrumente einschließlich Sanktionen und Ächtung nutzen. So wird sie verstärkt versuchen, die in
politischen Rahmenabkommen mit Drittländern enthaltene Menschenrechtsklausel optimal zu
nutzen. Die EU hat ferner zugesagt, in den Ländern der Europäischen Nachbarschaftspolitik
umfassende Maßnahmen zur politischen Reform unter lokaler Führung, bei denen Demokratie und
Menschenrechte im Mittelpunkt stehen, zu unterstützen, nicht zuletzt durch die Politik des "je mehr,
desto mehr". Die Menschenrechte bleiben ein Kernanliegen der EU-Erweiterungspolitik.
11417/12 aka 8
ANLAGE II DG C 1 LIMITE DE
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 385 – Drucksache 17/12922
Zusammenarbeit in multilateralen Institutionen
Die EU engagiert sich weiterhin für ein starkes multilaterales Menschenrechtssystem, das
ermöglicht, die Umsetzung von Menschenrechtsnormen unparteiisch zu beobachten und alle
Staaten zur Rechenschaft zu ziehen. Die EU wird sich konsequent jeglichem Versuch widersetzen,
die universelle Geltung der Menschenrechte in Frage zu stellen, und wird im Rahmen der
Generalversammlung der Vereinten Nation, des VN-Menschenrechtsrats und der Internationalen
Arbeitsorganisation auch künftig ihre Stimme gegen Menschenrechtsverletzungen erheben. Die
Unabhängigkeit und Wirksamkeit des Amts des Hohen Kommissars der VN für Menschenrechte
sowie der Vertragsüberwachungsgremien und VN-Sonderverfahren sind von entscheidender
Bedeutung. Die EU unterstreicht, dass dem VN-Menschenrechtsrat eine führende Rolle zukommt,
wenn es darum geht, drängende Fälle von Menschenrechtsverletzungen zur Sprache zu bringen; sie
wird mit aller Entschiedenheit dazu beitragen, dass der Rat wirksam vorgehen kann, und ist bereit,
mit Ländern aller Regionen gemeinsam darauf hinzuarbeiten. Die EU ruft alle Mitglieder des
Menschenrechtsrats auf, höchste Menschenrechtsstandards zu wahren und den Zusagen nachzu-
kommen, die sie vor der Wahl getroffen haben. Die EU und ihre Mitgliedstaaten begrüßen die
Einführung der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung und sind entschlossen, die daraus
hervorgegangenen, angenommenen Empfehlungen ebenso wie die Empfehlungen der Vertrags-
überwachungsgremien und der VN-Sonderverfahren im Rahmen ihrer bilateralen Beziehungen zu
sämtlichen Drittländern anzusprechen; ihrerseits verpflichten sich die Mitgliedstaaten, für die
Umsetzung entsprechender Empfehlungen innerhalb der eigenen Landesgrenzen zu sorgen. Bei den
bevorstehenden allgemeinen regelmäßigen Überprüfungen wird die EU aufmerksam beobachten,
inwieweit Drittländer den daraus hervorgegangenen, von ihnen angenommenen Empfehlungen
nachkommen, und wird versuchen, sie dabei zu unterstützen.
Die EU wird sich weiterhin für die wertvolle Arbeit des Europarats und der OSZE zugunsten der
Menschenrechte einsetzen. Im Hinblick auf die Konsolidierung regionaler Menschenrechts-
mechanismen wird sie mit regionalen und anderen Organisationen wie der Afrikanischen Union,
dem Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN), der Südasiatischen Vereinigung für regionale
Zusammenarbeit (SAARC), der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), der Arabischen Liga,
der Organisation für Islamische Zusammenarbeit und dem Forum der pazifischen Inseln (PIF)
partnerschaftlich zusammenarbeiten.
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ANLAGE II DG C 1 LIMITE DE
Drucksache 17/12922 – 386 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Zusammenarbeit innerhalb der EU
Sein demokratisches Mandat verleiht dem Europäischen Parlament eine besondere Autorität und
Kompetenz im Bereich der Menschenrechte. So spielt das Parlament bereits eine führende Rolle bei
der Förderung der Menschenrechte, insbesondere durch seine Resolutionen. Unbeschadet ihrer
unterschiedlichen Aufgaben im Institutionengefüge ist es wichtig, dass sich das Europäische
Parlament, der Rat, die Mitgliedstaaten, die Europäische Kommission und der EAD um eine immer
engere Zusammenarbeit bemühen, um ihr gemeinsames Ziel zu verwirklichen und der Achtung der
Menschenrechte größere Geltung zu verschaffen.
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11417/12 aka 10
ANLAGE II DG C 1 LIMITE DE
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ahlperiode
– 387 –
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T/ib 11
LIMITE DE
ANLAGE III
IE
tie dient, ist flexibel genug, um auf
erk für das auswärtige Handeln der EU
egte Positionen sowie unterschiedliche
reter, die Kommission, der Rat und die
. Der EU-Sonderbeauftragte für
onsplan gilt für den Zeitraum bis zum
tenländer und potenzielle
n Verträgen erlassen. Der Aktionsplan
mäß der Erklärung Nr.13 zu den
11417/12 aka/G
ANLAGE III DG C 1
EU-AKTIONSPLAN FÜR MENSCHENRECHTE UND DEMOKRAT
Dieser Aktionsplan, der der Umsetzung des Strategischen Rahmens der EU für Menschenrechte und Demokra
etwaige neue Herausforderungen reagieren zu können. Der Aktionsplan stützt sich auf das bestehende Regelw
im Bereich Menschenrechte und Demokratie1, vor allem auf EU-Leitlinien, Instrumentarien und andere festgel
Finanzinstrumente, insbesondere das Europäische Instrument für Demokratie und Menschenrechte.
Verantwortlich für die Durchführung der aufgeführten Maßnahmen sind der vom EAD unterstützte Hohe Vert
Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten gemäß dem Vertrag über die Europäische Union2
Menschenrechte leistet entsprechend seinem Mandat einen Beitrag zur Umsetzung des Aktionsplans. Der Akti
31. Dezember 2014.
1 Unbeschadet der im Rahmen der Erweiterungspolitik der EU festgelegten Vereinbarungen über Kandida
Kandidatenländern.
2 Beschlüsse über spezifische Maßnahmen zur Umsetzung dieses Aktionsplans werden im Einklang mit de
berührt nicht die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten und wird ge
Verträgen ausgelegt.
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T/ib 12
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Termi-
nierung
Verantwort-
lichkeit
fortlaufend Kommission
fortlaufend EAD
Kommission
Mitgliedstaaten
fortlaufend Kommission
fortlaufend EAD
Kommission
jährlich EAD
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ANLAGE III DG C 1
Ergebnis Aktion
I. Menschenrechte und
Demokratie in allen
Politikfeldern der EU
1. Einbeziehung der
Menschenrechte in
Folgenabschätzungen
Einbeziehung der Menschenrechte in Folgenabschätzungen zu Gesetz-
gebungsvorschlägen und Vorschlägen ohne Gesetzescharakter, zu
Durchführungsmaßnahmen und Handelsabkommen mit erheblichen
wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Auswirkungen, oder Festlegung
künftiger Politiken
2. Echte Partnerschaft mit der
Zivilgesellschaft, einschließlich
auf vor Ort
a) Leiter von EU-Delegationen, Missionschefs von EU-Mitgliedstaaten,
Leiter ziviler Missionen und Befehlshaber von Operationen arbeiten eng mit
den im jeweiligen Entsendestaat tätigen Menschenrechts-NROs zusammen
b) Gewährleistung einer wirksamen Unterstützung zivilgesellschaftlicher
Organisationen, einschließlich über die Fazilität zur Förderung der
Zivilgesellschaft, das EIDHR und andere einschlägige Programme und
Instrumente
c) Konsolidierung der Konsultationen mit der Zivilgesellschaft, insbesondere
über politische Initiativen und Dialoge zu Menschenrechten; vollpartner-
schaftliche Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft beim jährlichen EU-
NRO-Forum
3. Regelmäßige Bewertung der
Umsetzung
Berichterstattung über den Erfolg der EU bei der Erfüllung der Ziele ihrer
Menschenrechtsstrategie im Jahresbericht über Menschenrechte und
Demokratie in der Welt
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fortlaufend EAD
Kommission
Mitgliedstaaten
fortlaufend EAD
Kommission
Mitgliedstaaten
fortlaufend EAD
Kommission
Ende 2013 EAD
Kommission
fortlaufend EAD
Mitgliedstaaten
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ANLAGE III DG C 1
II. Förderung der Universalität
der Menschenrechte
4. Beitritt aller Staaten a) Intensivere Förderung der Ratifizierung und wirksamen Umsetzung
grundlegender internationaler Menschenrechtsverträge, einschließlich
regionaler Menschenrechtsinstrumente
b) Ermutigung von Drittstaaten zur uneingeschränkten Zusammenarbeit mit
den VN-Sonderberichterstattern und unabhängigen Menschenrechtsexperten,
einschließlich durch ständige Einladungen und den Empfang solcher
Experten
5. Menschenrechts- und
Demokratiekultur beim
auswärtigen Handeln der EU
a) Schulungen zum Thema Menschenrechte und Demokratie für das gesamte
Personal: EAD, Kommission, EU-Delegationen, GSVP-Missionen und -
Operationen
b) Fertigstellung des Netzes von Kontaktstellen zu Menschenrechten und
Demokratie bei den EU-Delegationen und GSVP-Missionen und -
Operationen
c) Ausweitung der Praxis, über Menschenrechts-Arbeitsgruppen, die sich vor
Ort aus Personal der EU-Delegationen und der Botschaften der Mitglied-
staaten bilden, Menschenrechtsfragen anzugehen
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Ende 2012 EAD
EU-Delegationen
Anfang 2013 Rat
EAD
Kommission
Anfang
2014
EAD
Kommission
Ende 2012 Rat
EAD
Kommission
Mitgliedstaaten
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ANLAGE III DG C 1
III. Verfolgung kohärenter
Politikziele
6. Wirksame Unterstützung der
Demokratie
a) Annahme von Demokratieberichten und Aktionsplänen zur ersten
Generation von Pilotländern, die in den Schlussfolgerungen des Rates vom
Dezember 2010 bestimmt wurden
b) Festlegung der zweiten Generation von Pilotländern unter Nutzung der
Erfahrungen mit der ersten Generation; hierbei ist auf eine geografische
Ausgewogenheit zwischen den verschiedenen Regionen zu achten
c) Erstellung – auf der Grundlage der Ergebnisse des Pilotländer-Projekts
– gemeinsamer umfassender Pläne und Programme der EU zur Unter-
stützung der Demokratie in Drittländern, in denen die EU die Demokratie
aktiv unterstützt
d) Systematisierung der Anschlussnutzung der EU-Wahlbeobachtungs-
missionen und ihrer Berichte zur Unterstützung des gesamten Wahl-
zyklus, und Gewährleistung einer wirksamen Umsetzung ihrer
Empfehlungen; dies gilt auch für die Berichte anderer
Wahlbeobachtungsstellen (z.B. BDIMR/OSZE)
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Ende 2012 Rat
EAD
Anfang
2013
Mitgliedstaaten
fortlaufend Rat
jährlich EAD
Mitgliedstaaten
fortlaufend EAD
Kommission
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ANLAGE III DG C 1
7. Eine ständige Kapazität für
Menschenrechtsfragen und
Demokratie im Rat der EU
a) Einrichtung einer "Brüsseler Formation" der Gruppe "Menschenrechte"
b) Weiterentwicklung der Vereinbarungen über eine Lastenverteilung zur
optimalen Nutzung der Fähigkeiten und des Know-how der Mitglied-
staaten zur Umsetzung der EU-Menschenrechtspolitik
8. Gewährleistung einer
umfassenderen Politikkohärenz
a) Ausbau der Zusammenarbeit zwischen den Gruppen "Grundrechte,
Bürgerrechte und Freizügigkeit" und "Menscherechte" des Rates, um
Fragen bei der Kohärenz und Konsistenz der EU-internen und -externen
Menschenrechtspolitik anzugehen
b) Veranstaltung eines periodischen Gedankenaustauschs zwischen
Mitgliedstaaten über bewährte Vorgehensweisen bei der Umsetzung der
Menschenrechtsverträge
c) Sicherstellen, dass die Grundsatzdokumente der EU geeignete Bezug-
nahmen auf die einschlägigen Menschenrechtsinstrumente der VN und
des Europarates sowie auf die EU-Charta der Grundrechte enthalten
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LIMITE DE
Mitte 2013 Mitgliedstaaten/
Kommission
fortlaufend EAD
Kommission
2013 Kommission
EAD
Mitgliedstaaten
2013 Kommission
EAD
fortlaufend Kommission
EAD
Mitgliedstaaten
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ANLAGE III DG C 1
9. Achtung der
wirtschaftlichen, sozialen und
kulturellen Rechte
a) Mitgestaltung der Agenda für wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Rechte unter besonderer Fokussierung auf den VN-Menschenrechtsrat
und in enger Zusammenarbeit mit den VN-Sonderberichterstattern, der
mit den jeweiligen Rechten befasst sind
b) Thematisierung bestimmter Fragen betreffend wirtschaftliche, soziale
und kulturelle Rechte in den Dialogen mit den Drittstaaten
IV. Menschenrechte in allen
Bereichen der EU-Außenpolitik
10. Streben nach einem
rechtebasierten Ansatz in der
Entwicklungszusammenarbeit
a) Schaffung eines Instrumentariums zur Ausarbeitung eines rechte-
basierten Ansatzes in der Entwicklungszusammenarbeit zwecks
Integration der Menschenrechtsgrundsätze in die operative Entwicklungs-
arbeit der EU, unter Einbeziehung von Vereinbarungen sowohl in den
Hauptstädten als auch vor Ort zur Synchronisierung der Menschenrechte
und der Tätigkeiten im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit
b) Einbeziehung der Einschätzung der Menschenrechtslage als über-
geordneter Faktor bei der Festlegung der Modalitäten für die EU-Länder-
hilfe, insbesondere im Hinblick auf Budgethilfen
c) Einbeziehung von Menschenrechtsfragen in die EU-Anwaltschaft für
das Weltentwicklungsprogramm und andere globale Fragen, insbesondere
der Prozess im Anschluss an die Milleniums-Entwicklungsziele
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ahlperiode
– 393 –
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T/ib 17
LIMITE DE
2014 EAD
Kommission
Rat
fortlaufend EAD
Kommission (für
die APS+-
Begünstigten)
2013 EAD
Kommission
Rat
2013 Kommission
Rat
2013 EAD
Mitgliedstaaten
fortlaufend Mitgliedstaaten
EAD
Kommission
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ANLAGE III DG C 1
11. Ausgestaltung des Handels
in einer den Menschenrechten
förderlichen Weise
a) Ausarbeitung von Methodologien zur besseren Einschätzung der
Menschenrechtslage in Drittländern im Kontext der Vorbereitung oder
des Abschlusses von Handels- und/oder Investitionsabkommen
b) Verstärkung des Menschenrechtsdialogs (oder des politischen Dialogs)
mit FHA-Partnerländern zwecks Förderung des Schutzes und der
Förderung der Menschenrechte (einschließlich der Kernarbeitsnormen)
und Anwendung des verstärkten APS+-Überwachungsmechanismus
c) Sicherstellen, dass die Investitionspolitik der EU den Grundsätzen und
Zielen des auswärtigen Handelns der Union, einschließlich im Menschen-
rechtsbereich, Rechnung trägt
d) Überprüfung der Verordnung 1236/2005 betreffend den Handel mit
bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zu Folter
verwendet werden können, um eine verbesserte Umsetzung sicher-
zustellen
e) Sicherstellen, dass bei der gegenwärtigen Überprüfung des Gemein-
samen Standpunkts 2008/944/GASP betreffend Waffenexporte die
Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht berücksichtigt werden
f) Darauf hinarbeiten, dass solide Menschenrechtskriterien in einen
internationalen Vertrag über den Waffenhandel aufgenommen werden
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LIMITE DE
fortlaufend EAD
Ende 2014 Rat
2013 EAD
EU-
Sonderbeauftragte
GSVP-Missionen
Kommission
Mitte 2013 EAD
Rat
Kommission
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ANLAGE III DG C 1
12. Einbeziehung der
Menschenrechte in
Konfliktprävention und
Krisenmanagement
a) Aufnahme der Menschenrechtsverletzungen als einer der Indikatoren der
Frühwarn-Matrix bei der Ausarbeitung des Frühwarnsystems der EU
b) Systematische Einbeziehung der Menschenrechte, des Schutzes von
Kindern, der Geschlechtergleichstellung – und ggf. des humanitären
Völkerrechts – in die Mandate von EU-Missionen und Operationen und in
ihre Benchmarks, ihre Planung und ihre Evaluierung
c) Operationalisierung des umfassenden Ansatz der EU für die Umsetzung
der Resolutionen 1325 und 1820 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen
betreffend Frauen, Frieden und Sicherheit, insbesondere durch
Gewährleistung einer gleichberechtigt Teilhabe von Frauen an der Erhaltung
von Frieden und Sicherheit sowie am Wiederaufbau nach Konflikten
d) Ausarbeitung eines Mechanismus zur Regelung der Verantwortlichkeit im
Falle von Verstößen gegen den Verhaltenskodex durch Personal der
Operationen oder Missionen
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undestag – 17. W
ahlperiode
– 395 –
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T/ib 19
LIMITE DE
2014 EAD
EU-Koordinator
für die
Terrorismusbekäm
pfung
Kommission
Mitgliedstaaten
fortlaufend EAD
EU-Koordinator
für die
Terrorismusbekäm
pfung
Kommission
2012 Kommission
Koordinator für die
Bekämpfung des
Menschenhandels
EAD
fortlaufend Mitgliedstaaten
EAD
fortlaufend Kommission
EAD
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ANLAGE III DG C 1
13. Verankerung der
Menschenrechte in Tätigkeiten
zur Terrorismusbekämpfung
a) Ausarbeitung operativer Leitlinien zur Gewährleistung der Berück-
sichtigung der Menschenrechte, und ggf. des humanitären Völkerrechts, bei
der Planung und Durchführung von Projekten zur Unterstützung der
Terrorismusbekämpfung mit Drittstaaten, insbesondere was die Erfüllung der
Anforderungen an ordnungsgemäße Gerichtsverfahren anbelangt
(Unschuldsvermutung, faires Verfahren, Rechte der Verteidigung)
b) Sicherstellen, dass Menschenrechtsfragen in allen Dialogen mit Dritt-
staaten über die Terrorismusbekämpfung zur Sprache gebracht werden
14. Gewährleisten, dass sich die
auswärtige Dimension der
Arbeiten betreffend den Raum
der "Freiheit, der Sicherheit und
des Rechts" (FSR) auf die
Menschenrechte stützt
a) Aufstellung einer Liste der vorrangigen Länder und Regionen für künftige
Partnerschaften bei der Bekämpfung des Menschenhandels
b) Gewährleistung einer geeigneten Aus- und Fortbildung des diplomatischen
und konsularischen Personals zwecks Aufdeckung und Bearbeitung
mutmaßlicher Fälle von Menschenhandel
c) Berücksichtigung von Menschenrechtsfragen, einschließlich der
Wahrnehmung der Menschenrechte durch Frauen, in den SFR-
Unterausschüssen mit Drittstaaten
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2014 Kommission
EAD
fortlaufend EAD
Mitgliedstaaten
Kommission
Ende 2012 EAD
Mitgliedstaaten
2013-2014 EAD
Mitgliedstaaten
Juni 2013 EAD
Mitgliedstaaten
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ANLAGE III DG C 1
d) Ausarbeitung eines gemeinsamen Rahmens Kommission/EAD, in dem
Fragen im Zusammenhang mit der Staatenlosigkeit und der willkürlichen
Festnahme von Migranten gegenüber Drittstaaten zur Sprache gebracht
werden, entsprechend der Mitteilung zum Gesamtansatz für Migration und
Mobilität
15. Höherer Stellenwert der
Menschenrechte in der
auswärtigen Dimension der
Beschäftigungs- und Sozialpolitik
Förderung der weltweiten Ratifizierung und Umsetzung der vier IAO-
Kernarbeitsnormen: Verbot der Kinderarbeit, Verbot der Zwangsarbeit,
Verbot der Diskriminierung, sowie Vereinigungsfreiheit und Recht auf
Kollektivverhandlungen
V. Umsetzung der EU-
Prioritäten im Bereich der
Menschenrechte
16. Abschaffung der Todesstrafe a) Aktiver Beitrag zur Lobbyarbeit für die Resolution 67 der VN-
Generalversammlung über das Todesstrafe-Moratorium, um die
Unterstützung der Resolution durch die Staaten zu fördern, wobei
gleichzeitig auch der Inhalt der Initiative weiter ausgebaut werden sollte
b) Durchführung gezielter Kampagnen gegen die Todesstrafe und
intensiveres Engagement gegenüber Staaten, die an der Todesstrafe
festhalten
c) Beitrag der EU zum Weltkongresses gegen die Todesstrafe
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LIMITE DE
fortlaufend EAD
Mitgliedstaaten
fortlaufend Mitgliedstaaten
EAD
fortlaufend Mitgliedstaaten
Kommission
Mitte -2013 EAD
Mitgliedstaaten
Kommission
fortlaufend
EAD
Mitgliedstaaten
Kommission
Ende 2012 EAD
Mitgliedstaaten
Kommission
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ANLAGE III DG C 1
17. Abschaffung der Folter und
anderer grausamer,
unmenschlicher oder
erniedrigender Behandlung oder
Strafe
a) Aktive und ständige Unterstützung und Durchführung der Maßnahmen der
VN und des Europarates zur Abschaffung der Folter, einschließlich Unter-
stützung des VN-Sonderberichterstatters über Folter, des Freiwilligen Fonds
der VN für Opfer der Folter, des OHCHR, des UNCAT, des Unteraus-
schusses zur Verhinderung von Folter (SPT) und des Europäischen Über-
einkommens zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder
erniedrigender Behandlung oder Strafe
b) Förderung der Ratifizierung und der wirksamen Umsetzung des Über-
einkommens gegen Folter (CAT) und dessen Fakultativprotokoll (OPCAT)
c) Einbeziehung der Folterpräventionsmaßnahmen in alle FSR-Tätigkeiten,
einschließlich der Tätigkeiten zum Zwecke der Strafverfolgung
18. Wirksame Unterstützung von
Menschenrechtsverteidigern
a) Ausarbeitung und Umsetzung einer freiwilligen Initiative zur
Erleichterung der vorläufigen Aufnahme gefährdeter
Menschenrechtsverteidiger
b) Förderung eines besseren Zugangs von Menschenrechtsverteidigern zu
VN- und regionalen Menschenrechtsschutzmechanismen und Befassung mit
dem Problem der Vergeltungsmaßnahmen gegen Aktivisten, die sich an diese
Mechanismen wenden
c) Veröffentlichung der Kontaktdaten der Ansprechpartner für Menschen-
rechtsfragen bei allen EU-Missionen sowie der EU-Verbindungsbeamten für
Menschenrechtsverteidiger auf den Websites des EAD und der EU-
Delegationen
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LIMITE DE
2013 EAD
Kommission
Ende 2014 EAD
Kommission
2013 EAD
Kommission
fortlaufend Kommission
Mitgliedstaaten
Ende 2013 EAD
Ende 2014 EAD
Mitgliedstaaten
Ende 2014 EAD
Mitgliedstaaten
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ANLAGE III DG C 1
19. Förderung und Schutz der
Rechte des Kindes
a) Durchführung einer gezielten Kampagne über die Rechte des Kindes mit
Schwerpunkt Gewalt gegen Kinder
b) Weitere Anstrengungen zur Verwirklichung der überarbeiteten Strategie
zur Umsetzung der Leitlinien der EU zum Thema Kinder und bewaffnete
Konflikte, insbesondere weitere Unterstützung der Arbeit des Sonder-
beauftragten des VN-Generalsekretärs zu den von bewaffneten Konflikten
betroffenen Kindern und der Arbeit des UNICEF-Hilfwerks
c) Gewährleistung eines Beitrags der EU zur Weltkonferenz gegen Kinder-
arbeit
d) Förderung der Aufstellung eines aktuellen Verzeichnisses der schädlichen
Arten von Arbeit (C182, Artikel 4)
20. Schutz der Rechte von
Frauen und Schutz vor
geschlechtsspezifischer Gewalt
a) Durchführung einer gezielten Kampagne über die politische und
wirtschaftliche Teilhabe von Frauen mit Schwerpunkt Schwellenländer
b) Unterstützung einschlägiger Initiativen gegen schädliche traditionelle
Praktiken, insbesondere Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen
c) Förderung der Prävention von Früh- und Zwangsehen, von denen Kinder
betroffen sind
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fortlaufend Mitgliedstaaten
Kommission
EAD
fortlaufend EAD
Kommission
Mitgliedstaaten
Ende 2014 Mitgliedstaaten
EAD
Kommission
fortlaufend EAD
Kommission
fortlaufend EAD
Kommission
fortlaufend EAD
Mitgliedstaaten
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ANLAGE III DG C 1
d) Umsetzung der neun Einzelziele des EU-Aktionsplans für die
Gleichstellung der Geschlechter und die Machtgleichstellung der Frauen in
der Entwicklungszusammenarbeit 2010-2015
e) Unterstützung von Initiativen, einschließlich der Zivilgesellschaft, gegen
geschlechtsspezifische Gewalt und Frauenmord
21. Einhaltung des
humanitären Völkerrechts
a) Weitere Erfüllung der Verpflichtungen, die die EU auf der 31. inter-
nationalen Konferenz des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds
eingegangen ist
b) Weitere Unterstützung der Aufklärung von Krieg führenden Parteien,
einschließlich bewaffneter nichtstaatlicher Akteure, über das humanitäre
Völkerrecht, um die Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu fördern
und den Zugang für humanitäre Hilfe sicherzustellen
c) Systematischere Nutzung des politischen Dialogs und von Demarchen-
kampagnen, um Drittstaaten zur Ratifizierung der grundlegenden
Instrumente des humanitären Völkerrechts und zur Erfüllung der daraus
erwachsenden Verpflichtungen zu bewegen
d) Förderung des Beitritts von Drittstaaten zum Montreux-Dokument über
private Militär- und Sicherheitsfirmen
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LIMITE DE
Mitte 2013 Rat
2013 Mitgliedstaaten
EAD
Ende 2012 Rat
fortlaufend EAD
Mitgliedstaaten
fortlaufend EAD
Mitgliedstaaten
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ANLAGE III DG C 1
22. Ausübung der
Menschenrechte durch Lesben,
Schwule, Bisexuelle und
Transgender-Personen
a) Ausarbeitung öffentlicher EU-Leitlinien auf der Grundlage des Maß-
nahmenkatalogs zur Förderung und zum Schutz der Ausübung aller
Menschenrechte durch Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-
Personen (LGBT)
b) Ausarbeitung einer EU-Strategie für die Zusammenarbeit mit Dritt-
staaten hinsichtlich der Menschenrechte von LGTB-Personen, auch
innerhalb der VN und des Europarats; Eintreten für OSZE-Verpflich-
tungen im Bereich der Menschenrechte von LGTB-Personen, auch durch
die Planung einer öffentlichen Veranstaltung im OSZE-Rahmen
23. Religions- und
Weltanschauungsfreiheit
a) Ausarbeitung öffentlicher EU-Leitlinien zur Religions- und
Weltanschauungsfreiheit auf der Grundlage bestehender Instrumente und
Dokumente, wobei diese Leitlinien auf die wesentliche Grundsätze
hinweisen und eindeutig festgelegte Prioritäten und Instrumente zur
Förderung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit weltweit enthalten
sollten
b) Einbringung von EU-Initiativen auf VN-Ebene über die Religions- und
Weltanschauungsfreiheit, so auch von Resolutionen in der General-
versammlung und im Menschenrechtsrat
c) Förderung von Initiativen auf Ebene der OSZE und des Europarates;
Beitrag zur besseren Erfüllung der Verpflichtungen im Bereich der
Religions- und Weltanschauungsfreiheit
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e Ende 2013
Rat
er
2013 EAD
Kommission
Mitgliedstaaten
d
fortlaufend EAD
Kommission
us 2014
Rat
Mitgliedstaaten
Kommission
ei
e
2013 Kommission
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ANLAGE III DG C 1
24. Meinungsfreiheit online und
offline
a) Entwicklung neuer öffentlicher Leitsätze für die Meinungsfreiheit onlin
und offline, einschließlich des Schutzes von Bloggern und Journalisten
b) Entwicklung von Maßnahmen und Instrumenten zur Ausweitung des
Zugangs zum Internet und zur Stärkung seiner Offenheit und Robustheit,
um willkürlicher Zensur oder massiver Überwachung bei der Nutzung von
IKT entgegenzuwirken; Befähigung der Beteiligten, IKT zur Förderung d
Menschenrechte zu nutzen, wobei dem Schutz der Privatsphäre und
personenbezogener Daten Rechnung zu tragen ist
c) Gewährleistung der Berücksichtigung von Menschenrechtsaspekten un
entsprechender Folgenabschätzungen bei der Ausarbeitung von Strategien
und Programmen im Zusammenhang mit Cybersicherheit, Bekämpfung
von Cyberkriminalität, Verwaltung des Internets und sonstigen
einschlägigen EU-Maßnahmen
d) Aufnahme von Menschenrechtsverletzungen in die Liste der Gründe, a
denen die Mitgliedstaaten nicht gelistete Güter Ausfuhrbeschränkungen
unterwerfen können
25. Umsetzung der
VN-Leitprinzipien für
Unternehmen und
Menschenrechte
a) Einbeziehung in die Mitteilung der Kommission über die soziale
Verantwortung der Unternehmen, insbesondere durch die Erarbeitung und
Bekanntmachung von Orientierungshilfen in Menschenrechtsfragen für dr
Branchen (IKT, Erdöl und Erdgas sowie Arbeitsvermittlungsdienste) sowi
für kleine und mittlere Unternehmen
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LIMITE DE
Ende 2012 Kommission
2013 Mitgliedstaaten
2014 EAD
fortlaufend EU-Missionsleiter
EU-Delegationen
fortlaufend Mitgliedstaaten
EAD
Kommission
fortlaufend EAD
Mitgliedstaaten
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ANLAGE III DG C 1
b) Veröffentlichung eines Berichts über die Prioritäten der EU für die
effektive Umsetzung der VN-Leitprinzipien
c) Erarbeitung nationaler Pläne für die Umsetzung der VN-Leitprinzipien
durch die EU-Mitgliedstaaten
26. Verwaltung und Justiz a) Durchführung einer Kampagne zur Justiz mit dem Recht auf ein faires
Verfahren als Schwerpunkt
b) Kontinuierliche Beobachtung wichtiger menschenrechtsbezogener
Gerichtsverfahren, insbesondere Verfahren gegen
Menschenrechtsverteidiger
27. Reaktion auf Verstöße:
Gewährleitung der Ahndung
a) Umsetzung des aktualisierten Beschlusses über den IStGH
(2011/168/GASP) vom 21. März 2011 und des damit verbundenen
Aktionsplans, unter anderem durch die Förderung der Ratifizierung und
Anwendung des Römischen Statuts
b) Angesichts der primären Pflicht der einzelnen Staaten, schwere
internationale Verbrechen zu untersuchen, Förderung und Unterstützung
des Ausbaus der Kapazitäten der nationalen Justizsysteme für die
Untersuchung und strafrechtliche Verfolgung solcher Verbrechen
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ahlperiode
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LIMITE DE
2014 EAD
Kommission
Mitgliedstaaten
2014 EAD
Kommission
Mitgliedstaaten
2013-2014 EAD
Kommission
Mitgliedstaaten
fortlaufend Kommission
EAD
2012 Kommission
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ANLAGE III DG C 1
c) Erarbeitung einer Strategie für die Unrechtsaufarbeitung, um Gesell-
schaften beim Umgang mit in der Vergangenheit verübten Verstößen und
beim Kampf gegen die Straffreiheit zu unterstützen (Wahrheits- und
Versöhnungskommissionen, Wiedergutmachung, Strafjustiz, Verbindung
zum IStGH), wobei anzuerkennen ist, dass eine solche Strategie Raum für
ein individuelles Herangehen an spezielle Gegebenheiten lassen muss
28. Förderung der Wahrung
der Rechte der Angehörigen
von Minderheiten
Überprüfung der bewährten Praxis und Gewährleistung des Einsatzes der
vorhandenen EU-Instrumente zur Unterstützung von Bemühungen, die
Rechte der Angehörigen von Minderheiten zu schützen und zu fördern,
insbesondere im Rahmen des Dialogs mit Drittstaaten
29. Wirksamere Politik in
Bezug auf indigene Völker
Überprüfung und Weiterentwicklung der EU-Politik im Zusammenhang
mit der VN-Erklärung über die Rechte der indigenen Völker im Hinblick
auf die Weltkonferenz über indigene Völker im Jahr 2014
30. Wahrnehmung der
Menschenrechte durch
Menschen mit Behinderungen
a) Förderung der Rechte von Menschen mit Behinderungen, auch im
Kontext der Entwicklungsprogramme, im Rahmen der Europäischen
Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010–2020 sowie
Umsetzung des VN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit
Behinderungen
b) Anpassung des Leitfadens über Behinderung und Entwicklung an das
VN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
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ahlperiode
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LIMITE DE
2012-2013 EAD
Kommission
Mitgliedstaaten
fortlaufend EAD
Kommission
Mitgliedstaaten
fortlaufend EAD
Kommission
Mitgliedstaaten
jährlich EU-Delegationen,
EU-Missionsleiter
fortlaufend EAD
Kommission
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ANLAGE III DG C 1
VI. Bilaterale Zusammenarbeit
mit Partnern
31. Einfluss vor Ort durch
maßgeschneiderte
Herangehensweisen
a) Fortsetzung der Erarbeitung lokaler Menschenrechtsstrategien für Dritt-
länder und Abschluss der laufenden ersten Runde. Bewertung der gemachten
Erfahrungen, auch im Hinblick auf den geografischen Anwendungsbereich,
und Ermittlung bewährter Praktiken als Grundlage für die zweite Runde
b) Berücksichtigung der länderspezifischen Menschenrechtsstrategien in den
Menschenrechtsdialogen und politischen Dialogen auf allen Ebenen, in der
Politikgestaltung und bei der Planung und Leistung von Finanzhilfe für
Drittländer, auch in den Länderstrategiepapieren
c) Durchgehende Berücksichtigung der länderspezifischen
Menschenrechtsstrategien durch EAD, Kommission und Mitgliedstaaten
d) Umfassendes Follow-up zu den länderspezifischen
Menschenrechtsstrategien in Form von jährlichen Sachstandsberichten und
Überprüfungen
e) Systematisches Follow-up zu den ENP-Fortschrittsberichten, auch im
Hinblick auf Menschenrechte und Demokratie, zur Gewährleistung einer
einheitlichen Anwendung des Grundsatzes "mehr für mehr" in der gesamten
ENP-Region
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ahlperiode
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LIMITE DE
2014 EAD
Kommission
h
2013 EAD
Kommission
fortlaufend EAD
Kommission
Mitgliedstaaten
2013 EAD
Mitgliedstaaten
Kommission
2014 EAD
Mitgliedstaaten
Kommission
er jährlich EAD
Mitgliedstaaten
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ANLAGE III DG C 1
32. Einfluss durch Dialog a) Festlegung von Prioritäten, Zielen und Fortschrittsindikatoren für die
Menschenrechtsdialoge und -konsultationen der EU zur Erleichterung der
Überprüfung
b) Durchführung einer Überprüfung im Hinblick auf bewährte Praktiken bei
der Anwendung der Artikel 8 und 96 des Cotonou-Abkommens, einschließlic
der Frage des Follow-ups
c) Umfassende Nutzung der Empfehlungen, die im Rahmen der allgemeinen
regelmäßigen Überprüfungen und Sonderverfahren sowie von den Gremien
zur Überwachung der Übereinkommen ausgesprochen wurden, bei Kontakten
zu Drittstaaten
33. Wirksame Nutzung und
Zusammenspiel der Instrumente
der EU-Außenpolitik
a) Weiterentwicklung der Arbeitsmethoden zur Gewährleistung des
bestmöglichen Wechselspiels zwischen Dialog, gezielter Unterstützung,
Anreizen und restriktiven Maßnahmen
b) Erarbeitung von Kriterien für die Anwendung der Menschenrechtsklausel
VII. Arbeit im Rahmen
multilateraler Institutionen
34. Voranbringen eines
effektiven Multilateralismus
Erarbeitung und Annahme eines jährlichen Konzepts für die Festlegung d
im Rahmen der VN – und ggf. der ILO – zu vertretenden Prioritäten bei
allen menschenrechtsbezogenen Tagungen in Genf und New York, im
Einklang mit den für das Handeln auf VN-Ebene festgelegten mittel-
fristigen Prioritäten
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undestag – 17. W
ahlperiode
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LIMITE DE
chen
s
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2013 Mitgliedstaaten
EAD
ung
g
fortlaufend EAD
Mitgliedstaaten
11417/12 aka
ANLAGE III DG C 1
35. Effektive Lastenverteilung
im Rahmen der VN
Stärkung des bestehenden Systems der Lastenverteilung zur bestmögli
Nutzung der Kapazitäten und der Expertise der Mitgliedstaaten zweck
Stärkung der Eigenverantwortung und der Verantwortlichkeit aller
EU-Partner bei der Gestaltung und Umsetzung der EU-Menschenrecht
politik
36. Verstärkte regionale
Mechanismen für
Menschenrechte
Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Europarat und OSZE; Intensivier
des Dialogs mit anderen regionalen Organisationen sowie Unterstützun
für bzw. Zusammenarbeit mit neuen regionalen Organisationen und
Mechanismen zur Förderung universeller Menschenrechtsnormen
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