BT-Drucksache 17/126

zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung -17/38 17/110- Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terroristische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Artikels 51 der Satzung der Vereinten Nationen und des Artikels 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolutionen 1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen

Vom 2. Dezember 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/126
17. Wahlperiode 02. 12. 2009

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Jan van Aken, Christine Buchholz, Sevim
Dag˘delen, Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge
Höger, Andrej Hunko, Harald Koch, Stefan Liebich, Niema Movassat, Thomas Nord,
Alexander Ulrich, Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE.

zu der Beratung des Antrags der Bundesregierung
– Drucksachen 17/38, 17/110 –

Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der
Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terroristische Angriffe gegen die
USA auf Grundlage des Artikels 51 der Satzung der Vereinten Nationen und des
Artikels 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolutionen 1368 (2001) und
1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Bis heute werden die terroristischen Anschläge in den USA im Jahre 2001 als
Blankovollmacht für die Anwendung militärischer Gewalt missbraucht. Dies
gilt insbesondere für die US-geführte Operation Enduring Freedom (OEF) in
Afghanistan und am Horn von Afrika sowie die Operation Active Endeavour
(OAE) im Mittelmeer. In der Folge kam es vor allem in Afghanistan zum Tod
vieler unschuldiger Menschen und einem – in der jüngeren Zeit – beispiellosen
Bruch internationalen Rechts: In den US-Militärgefängnissen Guantanamo und
Bagram werden elementarste Menschenrechte außer Kraft gesetzt, Menschen
werden durch gezielte Tötungen hingerichtet, und per Selbstermächtigung
haben sich die OEF-Staaten selbst mandatiert, die Seewege im Indischen Ozean
und im Roten Meer zu kontrollieren. Der OEF-Einsatz leistet dadurch einen
Beitrag zur weiteren Erosion der Sicherheit in den internationalen Beziehun-
gen.

Operation Enduring Freedom stellt eine neue Art von Militäroperation dar, die
den kooperierenden Streitkräften die größtmögliche Flexibilität bei der Aus-
wahl der Einsatzgebiete, der „militärischen Ziele“ und der Vorgehensweise

bietet und gleichzeitig eine demokratische parlamentarische Kontrolle er-
schwert. So werden Willkür und Missbrauch Tür und Tor geöffnet, wie z. B. die
Unterstützungsleistungen der Bundeswehr im Rahmen von OEF für den An-
griff der USA auf den Irak zeigten und auch die jetzigen Entscheidungen, das
OEF- Mandat für die Piratenjagd umzudeuten, zeigen.

Drucksache 17/126 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Die Bundesregierung kann ihre Unterstützung für den US-geführten Krieg ge-
gen den Terrorismus und Beteiligung an OEF und OAE nicht mehr glaub-
würdig begründen. Die USA können nicht belegen, dass es weiterhin notwen-
dig ist, die Bestimmungen des Artikels 51 der Charta der Vereinten Nationen
und des Artikels 5 des NATO-Vertrags in Anspruch zu nehmen. Die Widersprü-
che zwischen Zielsetzung und Realität, zwischen nationalen wie internationa-
len rechtlichen Grundlagen und tatsächlichen Handlungen sind immer schwie-
riger zu überdecken. Nach acht Jahren bleibt Operation Enduring Freedom den
Beweis schuldig, dass durch diesen Militäreinsatz der internationale Terroris-
mus erfolgreich bekämpft werden kann. Insbesondere in Afghanistan haben die
Einsätze der OEF-Truppen zu einer Verschlechterung der Sicherheitslage ge-
führt. Mit jedem Jahr wird deutlicher, dass Streitkräfte nicht das geeignete In-
strument sind, um gegen Terroristen und terroristische Netzwerke vorzugehen.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist nicht in der Lage – aufgrund des
Veto-Rechts der USA, Frankreichs und Großbritanniens – die Inanspruch-
nahme des Rechts auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 der Charta der Ver-
einten Nationen zu beenden. Der NATO-Rat ist nicht bereit, die Blankovoll-
macht für militärische Unterstützungsmaßnahmen nach Artikel 5 des NATO-
Vertrags aufzuheben, da dieser Zustand den NATO-Staaten ein breites militäri-
sches Handlungsfeld zur Durchsetzung ihrer geopolitischen Interessen bietet.
Aus diesem Grund kann die für den internationalen Frieden und die Sicherheit
notwendige Beendigung des inzwischen völkerrechtswidrigen Kriegs gegen
den Terrorismus nur durch Beendigung nationaler Unterstützungszusagen ein-
geleitet werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die deutsche Beteiligung an der Operation Enduring Freedom und an der Ope-
ration Active Endeavour unverzüglich zu beenden;

2. keine anderen Maßnahmen im Rahmen des 2001 beschlossenen Bündnisfalls
zu ergreifen;

3. im Nordatlantikrat darauf hinzuwirken, den dort am 4. Oktober 2001
beschlossenen Bündnisfall nach Artikel 5 des NATO-Vertrags für beendet zu
erklären;

4. innerhalb der NATO und innerhalb der Vereinten Nationen neue Mechanis-
men und Verfahren vorzuschlagen, die für die Zukunft einen Missbrauch des
Artikels 5 des NATO-Vertrags (Bündnisfall) und Artikel 51 der Satzung der
Vereinten Nationen (Selbstverteidigungsrecht der Staaten) ausschließen.

Berlin, den 2. Dezember 2009

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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