BT-Drucksache 17/1255

Umsetzung des Zukunftsinvestitionsgesetzes und Perspektiven einer dauerhaften Sicherstellung der Investitionsfähigkeit der Kommunen

Vom 26. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1255
17. Wahlperiode 26. 03. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Dagmar Enkelmann, Ulla Lötzer, Dr. Axel
Troost und der Fraktion DIE LINKE.

Umsetzung des Zukunftsinvestitionsgesetzes und Perspektiven einer dauerhaften
Sicherstellung der Investitionsfähigkeit der Kommunen

Das Gesetz zur Umsetzung von Zukunftsinvestitionen der Kommunen und
Länder vom 2. März 2009 (ZuInvG) hat durch seine bisherige Umsetzung nach
Angaben des Deutschen Städtetages zu einer Erhöhung der kommunalen In-
vestitionen um 1,7 Prozent im Jahre 2009 geführt. Und es ist zu erwarten, dass
die Investitionen der Kommunen für das Jahr 2010 um 14,2 Prozent steigen wer-
den. Ohne das ZuInvG wären jedoch sowohl für das Jahr 2009 als auch für das
Jahr 2010 Rückgänge bei den kommunalen Investitionen zu erwarten gewesen.
Die regulären Investitionen außerhalb des Konjunkturpakets II nehmen sowohl
im Jahr 2009 wie auch im Jahr 2010 als Folge der kritischen Finanzlage deutlich
ab. In seiner Erklärung vom 4. März 2010 hat das Bundesministerium der Finan-
zen die Lage so eingeschätzt, dass mit den Mitteln aus dem Konjunkturpaket II
zwar einige finanzielle Engpässe vorübergehend überbrückt werden konnten,
das System insgesamt jedoch weiterhin fragil sei.

Vor dem Hintergrund des eingangs dargestellten einmaligen Effektes des
ZuInvG auf die Entwicklung der kommunalen Investitionen und dem Umstand,
dass der durch dieses Gesetz geregelte Förderungszeitraum mit dem Jahr 2011
endet, stellt sich die Frage, wie zukünftig eine hinreichende finanzielle Ausstat-
tung der Kommunen gewährleistet werden kann, damit diese die auch weiterhin
nötigen Investitionen tätigen können (immerhin rechnet das Deutsche Institut
für Urbanistik in seinem Bericht aus dem Jahr 2008 mit einem kommunalen
Investitionsbedarf in Höhe von 704 Mrd. Euro für den Zeitraum 2006 bis 2020,
was einem jährlichen Investitionsbedarf in Höhe von knapp 47 Mrd. Euro
entspricht). Gesetzgeberische Maßnahmen zu einer längerfristiger wirkenden
Verbesserung kommunaler Einnahmen, etwa eine (möglicherweise befristete)
Erhöhung des kommunalen Anteils an der Umsatzsteuer, waren von der letzten
Bundesregierung nach Aussage der damaligen Parlamentarischen Staatssekre-
tärin Nicolette Kressl vom 1. April 2009 nicht in Erwägung gezogen worden.
Ende Februar dieses Jahres hat das Bundeskabinett nun beschlossen, eine
Gemeindefinanzkommission einzusetzen. Zu deren Prüfaufträgen gehört ein
möglicher aufkommensneutraler Ersatz der Gewerbesteuer durch einen höheren

(kommunalen) Anteil an der Umsatzsteuer und einen kommunalen Zuschlag auf
die Einkommen- und Körperschaftsteuer mit eigenem Hebesatz.

Neben der Frage nach der Sicherstellung einer hinreichenden Investitionsfähig-
keit der Kommunen über den Förderungszeitraum des ZuInvG hinaus bestehen
unsererseits weiterhin Unklarheiten bezogen auf die gegenwärtige Praxis der
Umsetzung des ZuInvG. So hat der Parlamentarische Staatssekretär beim Bun-
desminister der Finanzen, Hartmut Koschyk, am 20. Januar 2010 in seiner

Drucksache 17/1255 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beantwortung der Frage des Abgeordneten Carsten Schneider (Erfurt) nach dem
zu erwartenden Schicksal des § 3a ZuInvG erklärt, die Bundesregierung unter-
stütze eine Änderung des § 3a ZuInvG. Nach derzeitigem Kenntnisstand sind
75 Prozent des Volumens von 13,3 Mrd. Euro (10 Mrd. Euro vom Bund und
3,3 Mrd. Euro von den Ländern) bewilligt oder in Auftrag gegeben. Ausgezahlt
wurden aus dem Bundesanteil bis jetzt 1,3 Mrd. Euro.

In dem Bericht des Bundesrechnungshofes nach § 88 Absatz 2 der Bundeshaus-
haltsordnung vom 25. Februar 2010 (S. 16) wird in einer Bilanz erster Erhebun-
gen von 128 Vorhaben mit einem Volumen von 30 Mrd. Euro im Zeitraum
August bis September 2009 festgestellt, dass 9 Prozent der untersuchten Maß-
nahmen nicht den Vorgaben des ZuInvG entsprachen oder zumindest Grenzfälle
darstellten. Die Erhebungen wurden bei insgesamt 33 kreisangehörigen Städten
in den 13 Flächenländern vorgenommen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Plant die Bundesregierung nach Ende des Förderungszeitraums des ZuInvG
Ende 2011 weitere Maßnahmen, um die Investitionsfähigkeit der Kom-
munen zu steigern oder zumindest zu stabilisieren?

2. Wenn nein, wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die Kommu-
nen ihren Investitionsbedarf von jährlich knapp 47 Mrd. Euro bis zum Jahr
2020 aufbringen?

3. Wie steht die Bundesregierung zu dem Vorschlag, ein kommunales Investi-
tionsprogramm des Bundes aufzulegen?

4. Plant die Bundesregierung für die Investitionsförderung nach dem ZuInvG
das Kriterium der Zusätzlichkeit (§ 3a ZuInvG: hiernach müssen Projekte,
die gefördert werden sollen, in Bezug auf das Vorhaben und in Bezug auf
die Summe der Investitionsausgaben zusätzlich sein) zu lockern?

5. Wenn nein, welche Änderungsmöglichkeiten von § 3a ZuInvG unterstützt
die Bundesregierung, und wie werden diese Änderungen durch die Bundes-
regierung begründet?

6. Inwieweit würde sich bei den 8,7 Mrd. Euro bewilligter, aber noch nicht
ausgezahlter Investitionsförderung durch den Bund eine etwaige Verände-
rung von § 3a ZuInvG rechtlich auswirken?

Wäre für die Bewertung der Förderungsfähigkeit der Zeitpunkt der Bewil-
ligung oder der Zeitpunkt der Auszahlung maßgeblich?

7. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über Kommunen vor, die Förder-
mittel nicht abrufen, weil sie wegen der Unsicherheiten beim Kriterium der
Zusätzlichkeit Rückzahlungspflichten fürchten?

8. Gibt es seitens der Bundesregierung Erkenntnisse darüber, inwieweit von
Kommunen bereits geplante Investitionen entsprechend umgewidmet wur-
den, um Fördergelder nach dem ZuInvG zu erhalten?

9. Wenn ja, in welchem Umfang?

10. Ist der Bundesregierung bekannt, ob und inwieweit die Bundesländer dafür
Sorge tragen, dass auch finanzschwache Kommunen in die Lage versetzt
werden, Zugang zu Investitionshilfen nach dem ZuInvG zu erhalten?

11. Wenn ja, wie sind die entsprechenden Verfahren in den jeweiligen Bundes-
ländern ausgestaltet?

12. Wann ist mit einem Bericht des Bundesrechnungshofes gemäß § 6a ZuInvG
für den Zeitraum nach September 2009 zu rechnen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1255

13. Wurden bisher Rückforderungen gemäß § 7 Absatz 1 Satz 1 ZuInvG seitens
des Bundes geltend gemacht?

14. Hat die Bundesregierung Kenntnis von Rückforderungen der Länder ge-
genüber den Kommunen?

15. Wie sind die entsprechenden Verfahren zur Rückforderung in den einzelnen
Bundesländern ausgestaltet?

Berlin, den 26. März 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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