BT-Drucksache 17/12383

Wettbewerbsfähigkeit der Kultur- und Kreativwirtschaft weiter erhöhen - Initiative der Bundesregierung verstetigen und ausbauen

Vom 19. Februar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12383
17. Wahlperiode 19. 02. 2013

Antrag
der Abgeordneten Dagmar G. Wöhrl, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Dorothee
Bär, Dr. Reinhard Brandl, Gitta Connemann, Michael Frieser, Reinhard Grindel,
Michael Grosse-Brömer, Monika Grütters, Ansgar Heveling, Michael Kretschmer,
Dr. Günter Krings, Maria Michalk, Stefan Müller (Erlangen), Beatrix Philipp,
Christoph Poland, Johannes Selle, Erika Steinbach, Thomas Strobl (Heilbronn),
Marco Wanderwitz, Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und der Fraktion
der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Reiner Deutschmann, Burkhardt Müller-Sönksen,
Sebastian Blumenthal, Patrick Kurth (Kyffhäuser), Dr. Claudia Winterstein,
Helga Daub, Lars Lindemann, Rainer Brüderle und der Fraktion der FDP

Wettbewerbsfähigkeit der Kultur- und Kreativwirtschaft weiter erhöhen – Initiative
der Bundesregierung verstetigen und ausbauen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist ein Wirtschaftsbereich, der kulturell und
wirtschaftlich bedeutende Produkte und Dienstleistungen hervorbringt und
maßgeblich zur kulturellen Vielfalt und Bruttowertschöpfung in Deutschland
beiträgt. Dies wurde bereits eindrucksvoll durch den Abschlussbericht der
Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Kultur in Deutschland“ vom
11. Dezember 2007 verdeutlicht sowie auch im Antrag der Fraktionen CDU/
CSU, FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Kultur- und Kreativwirt-
schaft als Motor für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland und Europa
stärken“ (Beschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 16/6742) hervor-
gehoben, den der Deutschen Bundestag am 24. Oktober 2007 einstimmig be-
schlossen hat. Im Jahr 2011 hat dieser Bereich mit 62,7 Mrd. Euro zur Brutto-
wertschöpfung beigetragen. Die Umsätze der Kultur- und Kreativwirtschaft
lagen bei rd. 143 Mrd. Euro. 244 000 Unternehmen und knapp 1 Millionen Er-
werbstätige sind in diesem Wirtschaftszweig tätig. Die Quote der Selbständigen
ist mit 26 Prozent vergleichsweise hoch. In der Gesamtwirtschaft liegt die Quote
bei 11 Prozent.

Eigener Wirtschaftszweig mit elf vitalen Teilmärkten
Seit der Vorlage des Abschlussberichts der Enquete-Kommission „Kultur in
Deutschland“ sowie des fraktionsübergreifenden Antrags „Kultur- und Kreativ-
wirtschaft als Motor für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland und Eu-
ropa stärken“ des Deutschen Bundestages wurde ein wichtiger Fortschritt zur
Einordnung der verschiedenen Teilbereiche der Kultur- und Kreativwirtschaft in
Deutschland erzielt. Zur Kultur- und Kreativwirtschaft zählen elf Teilmärkte:
Architekturmarkt, Buchmarkt, Designwirtschaft, Filmwirtschaft, Kunstmarkt,

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Software-/Games-Industrie, Markt für darstellende Künste, Musikwirtschaft,
Pressemarkt, Rundfunkwirtschaft und Werbewirtschaft. Zugleich besteht ein
klares Einvernehmen hinsichtlich der Abgrenzung zu anderen Wirtschaftszwei-
gen sowie zu den Angeboten des zivilgesellschaftlichen Sektors und der öffent-
lichen Kulturförderung. Andererseits muss aber auch die enge Verwobenheit der
Kultur- und Kreativwirtschaft mit dem öffentlichen Kultursektor beachtet wer-
den.

Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung

Seit 2007 hat sich die Bundesregierung der Branche aktiv angenommen und die
Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft ins Leben gerufen. Die Initiative zielt
darauf ab, die positiven Zukunftsperspektiven der Kultur- und Kreativwirt-
schaft zu erschließen und die in diesen Branchen Erwerbstätigen bei ihrem
Markteintritt durch unternehmerische Qualifizierung dabei zu unterstützen, von
ihren Werken leben zu können. Das stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der
Branche, hilft, ihr Arbeitsplatzpotenzial besser zu entwickeln und auszuschöp-
fen, stärkt die kulturelle Vielfalt und schafft für viele Menschen Zugangsmög-
lichkeiten zu kulturellen Erzeugnissen.

Außerdem zielt die Bundesregierung in Anlehnung an die Arbeiten der En-
quete-Kommission „Kultur in Deutschland“ darauf ab, die Bedeutung der
Branche noch stärker als bisher in die Öffentlichkeit zu tragen und ihr wirt-
schafts- und beschäftigungspolitisch die gleiche Anerkennung zu geben wie sie
den etablierten Wirtschaftszweigen zu Teil wird. Sie zielt gleichermaßen darauf
ab, die gesellschaftliche Bedeutung der Kultur sowie den Eigenwert der Künste
zu beachten. Aus diesem Eigenwert ergeben sich Besonderheiten der betrieb-
lichen Abläufe und des Marketings. Nicht alle wirtschaftlichen Zielsetzungen
können uneingeschränkt auf die Kulturbranchen übertragen werden. Aus Sicht
des Deutschen Bundestages ist die bewusste Entscheidung zur ressortübergrei-
fenden Zusammenarbeit bei der Umsetzung der Initiative sehr zu begrüßen. Sie
gewährleistet, dass sich originäre Zuständigkeiten einzelner Ressorts im Sinne
einer gemeinsamen Sache verbinden. Auch die gemeinsame Koordinierung
durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und den Be-
auftragten für Kultur und Medien hat sich sehr bewährt, sie verbindet die kul-
tur- und die wirtschaftspolitische Perspektive auf die Kultur- und Kreativwirt-
schaft und dies entspricht dem Doppelcharakter kulturwirtschaftlicher Güter:
Sie sind Kultur- und Wirtschaftsgut zugleich.

Dialog mit der Kultur- und Kreativwirtschaft

Bei der Umsetzung der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft hat sich die
Bundesregierung maßgeblich an den Ergebnissen der Enquete-Kommission und
dem darauf aufbauenden interfraktionellen Antrag „Kultur- und Kreativwirt-
schaft als Motor für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland und Europa
stärken“ orientiert und eine Vielzahl der an sie gerichteten Empfehlungen auf-
gegriffen. Dabei hat sie insbesondere immer wieder die Wichtigkeit von Netz-
werken und Kooperationsprojekten von Kultur- und Kreativwirtschaftsunter-
nehmen untereinander sowie mit Unternehmen aus anderen Branchen betont.
Auch hat sie sich im Rahmen der durchgeführten Branchenhearings sowie zahl-
reicher themenspezifischer Veranstaltungen sehr intensiv mit den Stärken,
Schwächen und den Entwicklungspotenzialen des kultur- und kreativwirtschaft-
lichen Sektors und seiner Teilmärkte auseinandergesetzt. Gleichzeitig hat sie ei-
nen wichtigen Beitrag zur Intensivierung der Zusammenarbeit von Künstlern,
künstlerisch Kreativen und Kulturschaffenden sowie Verwertern mit politischen
Entscheidungsträgern und Behörden auf Bundesebene geleistet. Mit ihrem jähr-

lichen Monitoring-Bericht zu den wirtschaftlichen Kennzahlen trägt die Bun-
desregierung außerdem dazu bei, die Bedeutung der Kultur- und Kreativwirt-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12383

schaft als nicht zu unterschätzender Faktor für mehr Wirtschaftswachstum, In-
novation und Arbeitsplätze regelmäßig bekannter zu machen.

Kompetenzzentrum des Bundes und Internetportal Kultur- und Kreativwirtschaft

Die Bundesregierung hat auch die Empfehlungen des Deutschen Bundestages
aufgegriffen, kultur- und kreativwirtschaftliche Kompetenzagenturen, die unter-
stützend und beratend tätig werden, einzurichten. So wurde im Herbst 2009 das
Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes beim Kompe-
tenzzentrum Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirt-
schaft e. V. (RKW) in Eschborn gegründet. Es trägt dazu bei, die Branche als
eigenständiges Wirtschaftsfeld in der Öffentlichkeit zu verankern, den Zugang
zu bestehenden Fördermaßnahmen zu verbessern, die Professionalisierung und
Weiterbildung fortzuentwickeln, Marktchancen zu optimieren und den Zugang
zu den internationalen Märkten zu erschließen. Das RKW wurde eingebunden,
weil es über Kompetenzen verfügt, die für Kultur- und Kreativwirtschaft nutzbar
gemacht werden können. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Themen Inno-
vation, Exportförderung und Vernetzung. In Ergänzung zum Kompetenzzen-
trum wurden außerdem acht Regionalbüros eingerichtet (Bayern, Berlin/Bran-
denburg, Bremen/Niedersachsen, Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-
Vorpommern, Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland, Nordrhein-Westfalen, Sachsen/
Sachsen-Anhalt/Thüringen, Baden-Württemberg). Sie bieten an mehr als 80 Or-
ten in Deutschland Hilfestellungen für Unternehmer, Selbständige und Freibe-
rufler der Branche. Das regionale Angebot des Kompetenzzentrums wird bun-
desweit aktiv angenommen – sowohl in kleineren Städten als auch in Ballungs-
räumen. Die regionalen Ansprechpartner haben bis Ende 2012 bereits rund
8 000 individuelle Orientierungsberatungen (Einzelberatungen) und außerdem
346 eigene Netzwerkveranstaltungen durchgeführt.

Außerdem hat die Bundesregierung im April 2010 ein neues Internetportal für
die Kultur- und Kreativwirtschaft (www.kultur-kreativ-wirtschaft.de) gestartet,
das den Weg zu bestehenden Service-, Beratungs- und Förderangeboten weist
und außerdem insbesondere auch praxisorientierte Hilfestellungen für junge
Gründerinnen und Gründer der Branche enthält.

Innovationspotenzial der Kultur- und Kreativwirtschaft

Die Bundesregierung hat ebenso die Empfehlung des Deutschen Bundestages
aufgegriffen, einen Wettbewerb „Kultur- und Kreativwirtschaft“ – insbeson-
dere mit der Fokussierung auf innovative Gründerinnen und Gründer der
Branche – durchzuführen. Mit dem im Jahr 2010 erstmalig durchgeführten
Wettbewerb „Kultur- und Kreativpiloten Deutschland“ sollen die Wachstums-
potenziale der Kultur- und Kreativwirtschaft noch besser aktiviert werden. Be-
reits am ersten Wettbewerb haben sich mehr als 750 Selbständige, Freiberufler
und Kleinunternehmer aus ganz Deutschland beteiligt. Die große Resonanz auf
den Wettbewerb zeigt, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland
über ein sehr großes Innovationspotenzial verfügt, das bisher noch nicht voll-
ständig ausgeschöpft wird. Mit der Ausrichtung des Wettbewerbs wurde zudem
der Notwendigkeit einer stärkeren öffentlichen Herausstellung der Bedeutung
dieses Wirtschaftssektors Rechnung getragen.

Um die Potenziale und die Leistungsfähigkeit der deutschen Kultur- und Kreativ-
wirtschaft auch im Ausland bekannter zu machen und neue Kooperationen zu
initiieren, hat sich Deutschland Ende 2011 mit dem Slogan „Brand New Ger-
many“ auf der Business of Design Week in Hongkong als Land des innovativen
Designs und der attraktiven Marken präsentiert.
Die regelmäßig vorgelegten Monitoring-Berichte zeigen, welchen großen Bei-
trag die Kultur- und Kreativwirtschaft zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit

Drucksache 17/12383 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

anderer Wirtschaftsbereiche leistet. Zu sehen ist aber auch, dass bestehende
Potenziale oft noch nicht hinreichend bekannt sind oder genutzt werden. Es ist
daher wichtig, auf eine noch stärkere Vernetzung der Kultur- und Kreativwirt-
schaft mit anderen Branchen hinzuwirken.

Wie bereits im Antrag „Kulturtourismus in Deutschland stärken“ (Beschluss-
empfehlung auf Bundestagsdrucksache 17/2940) festgestellt, zählt dazu auch
eine noch stärkere Zusammenarbeit von Kultur und Tourismus – eine Zusam-
menarbeit, von der beide Seiten profitieren: Die kulturellen Angebote, aber auch
die Produkte und Werke der Kultur- und Kreativwirtschaft in den Städten und
Regionen in Deutschland tragen wesentlich dazu bei, Tourismus zu befördern
und die Standorte für den Tourismus attraktiv zu machen. Gleichzeitig können
sich die Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft bei steigendem Besucher-
interesse mit ihren Werken und Projekten einer größeren, womöglich neuen
Zielgruppe vorstellen. Die zunehmende Annäherung beider Bereiche, die seit
einigen Jahren zu beobachten ist, gilt es weiter zu vertiefen.

Wesentlicher Katalysator für weiteres Wachstum und Innovationen in der Kul-
tur- und Kreativwirtschaft sind insbesondere die neuen digitalen Technologien.
Gleichwohl muss berücksichtigt werden, dass nicht alle Innovationen der
Branche technologieorientiert sind. Es gibt daher eine Reihe von Förderpro-
grammen, die in Bezug auf den zugrunde liegenden Innovationsbegriff für eine
Inanspruchnahme der Förderung den speziellen Bedürfnissen einzelner Berei-
che der Kultur- und Kreativwirtschaft nur teilweise gerecht werden. In diesen
Programmen wird vor allem auf einen technisch-orientierten Innovationsbegriff
abgestellt. Soweit Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft innovative
Produkte und Dienstleistungen ohne Technologiebezug erstellen, ist daher eine
Förderung hier nur in Kooperation mit technologischen Entwicklungen anderer
Unternehmen möglich. Diese Problematik kann z. B. dadurch gelöst werden,
dass der Innovationsbegriff entsprechend verändert und weiter gefasst wird. Es
muss eine Debatte geführt werden, ob und wie der Innovationsbegriff um kultu-
relle und kreative Aspekte erweitert werden kann, um auch die Entwicklung
nichttechnischer Innovationen bei entsprechendem Marktversagen verstärkt
fördern zu können.

Finanzierung und Exportchancen

Trotz mittlerweile erreichter Fortschritte ist festzustellen, dass es nach wie vor
Förderprogramme gibt, die den speziellen Bedürfnissen der Kultur- und Kreativ-
wirtschaft nur teilweise gerecht werden. Dies gilt insbesondere für im Rahmen
der Programme erforderliche finanzielle Eigenbeteiligungen. Die Branchen der
Kultur- und Kreativwirtschaft sind durch einen hohen Anteil an Kleinst- und
Kleinunternehmen gekennzeichnet. 1 Im Durchschnitt verfügt ein Kultur- oder
Kreativunternehmen über rund drei sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. 2

Oft arbeiten die Unternehmen in experimenteller Form und entwickeln die Pro-
totypen der Kultur- und Kreativitätsproduktion. 3 So zeigt sich z. B. im Zusam-
menhang mit dem Programm „Gründercoaching Deutschland“ der KfW Ban-
kengruppe, dass es eine Reihe von Unternehmen und Gründerinnen und Grün-
dern der Branche gibt, die die geforderte finanzielle Eigenbeteiligung nicht dar-

1 Vgl. Söndermann, Michael im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie
(BMWi): „Monitoring zu ausgewählten wirtschaftlichen Eckdaten der Kultur und Kreativwirtschaft
2010“, Berlin 2012, S. 18. Kleinstunternehmen mit < 10 Personal, Umsatz von bis zu 2 Millionen Euro
oder einer Bilanzsumme von bis zu 2 Millionen Euro. Siehe ebd. S. 29.

2 Vgl. Söndermann, Michael im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie
(BMWi): „Monitoring zu ausgewählten wirtschaftlichen Eckdaten der Kultur und Kreativwirtschaft
2010“, Berlin 2012, S. 18.

3 Vgl. Söndermann, Michael im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie

(BMWi): „Monitoring zu ausgewählten wirtschaftlichen Eckdaten der Kultur und Kreativwirtschaft
2010“, Berlin 2012, S. 14.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12383

stellen können. Hierbei handelt es sich allerdings um ein Problem, das nicht
allein auf die Kultur- und Kreativwirtschaft beschränkt ist. Es ist vielmehr ein
strukturelles Problem, dass auch andere Branchen – vor allem im Dienstleis-
tungsbereich – betrifft.

Es ist sehr zu begrüßen, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft einen wichtigen
Schwerpunkt der im Jahr 2010 gestarteten Außenwirtschaftsoffensive bildet.
Auch wenn internationale Messeauftritte erste Erfolge hinsichtlich des inter-
nationalen Bekanntheitsgrades der Leistungsfähigkeit der deutschen Kultur-
und Kreativwirtschaft zeitigen, so zeigt sich jedoch, dass die Umsätze der
Branche im Auslandsgeschäft noch Steigerungspotenzial haben. Einer der
Gründe dafür mag sein, dass die Potenziale der inländischen Kultur- und
Kreativwirtschaft im Ausland noch nicht hinreichend bekannt sind. Aus Sicht
des Deutschen Bundestages sollte daher in Zukunft ein vorrangiges Ziel der
Bundesregierung sein, die Potenziale der Kultur- und Kreativwirtschaft im
Ausland noch bekannter zu machen und so die Exportchancen kultureller und
kreativer Produkte und Dienstleistungen aus Deutschland zu steigern.

Dabei geht es nicht nur um die Förderung von Messeauftritten im Rahmen
der Außenwirtschaftsförderung der Bundesregierung. Wichtig ist ein flexibles
Instrumentarium für individuelle Förderleistungen wie zum Beispiel Auftritts-
förderungen.

Förderung des deutschen Handwerks

Wichtiger Teil des Mittelstandes und elementarer Teil der Kultur- und Kreativ-
wirtschaft sind große Bereiche des deutschen Handwerks. Es ist seit Jahrhun-
derten Träger von Innovationen, Bewahrer von Kunstfertigkeiten und Hort des
Spezialwissens. Studien aus den letzten beiden Jahren zeigen auf, dass es in
Deutschland rund 55 000 Handwerksunternehmen mit kulturellen und kreativen
Aktivitäten gibt (zum Vergleich: 35 000 Handwerksunternehmen in Deutsch-
land zählen zum Lebensmittelgewerbe, 59 000 zum Kfz-Gewerbe).

Auf europäischer Ebene und auch international geht man dazu über, Teile des
Handwerks als einen selbstverständlichen Teil der Kultur- und Kreativwirt-
schaft einzubeziehen. Die Europäische Kommission hat u. a. ein neues statis-
tisches Rahmenwerk für Kultur erstellen lassen, in dem erstmals der Bereich
des „Arts and Crafts“ als eigenständiger Teil des europäischen Kultursektors
definitionsgemäß aufgenommen wurde.

Es ist wichtig, diesen Entwicklungen und Erkenntnissen Rechnung zu tragen
und auch die Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft in diese Richtung weiter-
zuentwickeln, damit man den Bedürfnissen gerade des Handwerks im Kreativ-
bereich entgegenkommen kann.

Kulturelle Bildung als Voraussetzung für eine erfolgreiche Kultur- und
Kreativwirtschaft

Kulturelle Bildung ist nicht nur ein gesellschaftlicher Wert, sondern auch
wesentliche Grundlage für einen wirtschaftlichen Erfolg. Damit ist sie auch
wesentliche Grundlage für die Kultur- und Kreativwirtschaft. In ihrem Ab-
schlussbericht stellt die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ fest,
dass der Wert der kulturellen Bildung inzwischen allgemeine Anerkennung
finde. Weiter wird festgestellt: „Musisch-kulturelle Bildung weckt schöpfe-
rische Fähigkeiten und Kräfte des Menschen im intellektuellen und emotionalen
Bereich und stellt Wechselbeziehungen zwischen diesen Fähigkeiten und Kräf-
ten her.“ Ohne diese durch kulturelle Bildung geschöpfte Kreativität entfiele die
wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Kultur- und Kreativwirtschaft in

Deutschland. Damit verlöre die Wirtschaft Deutschlands, das ein rohstoffarmes
Land ist, eine der Kernressourcen ihres Erfolges. Die deutsche Wirtschaft kann

Drucksache 17/12383 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

sich im internationalen Wettbewerb nur behaupten, wenn es gelingt, Ideen und
Konzepte hervorzubringen, die – sei es durch technischen Vorsprung oder durch
überzeugendes Design – Produkte und Geschäftslösungen ermöglichen, die weit
vor den Produkten der Wettbewerber liegen und die Menschen zugleich anspre-
chen. Hier stellt die kulturelle Bildung die Quelle dar, aus dem diese Ideen
generiert werden. Je vielfältiger und intensiver die kulturelle Ausbildung dabei
erfolgt, desto größer ist das schöpferische Potenzial des einzelnen Kreativen.

Die rechtliche Zuständigkeit für die kulturelle Bildung liegt fast ausschließlich
bei den Bundesländern, sei es im schulischen Bereich oder in Form der Förde-
rung von z. B. Museen, Bibliotheken, Theatern oder Opernhäusern. Der Bund
kann kulturelle Bildung nur in Form projektbezogener Initiativen oder aber in
den bundeseigenen Einrichtungen fördern.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt:

1. dass die Bundesregierung den wirtschaftlichen und kulturellen Wert von
Kreativität stärker in die Öffentlichkeit getragen hat;

2. dass die Bundesregierung die Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft in der
17. Wahlperiode deutlich ausgebaut hat;

3. dass die Bundesregierung im Herbst 2009 das Kompetenzzentrum Kultur-
und Kreativwirtschaft des Bundes beim RKW in Eschborn und anschließend
acht Regionalbüros eingerichtet hat;

4. dass die Bundesregierung das Internetportal der Initiative Kultur- und
Kreativwirtschaft zu einem Service- und Beratungsportal ausgebaut hat;

5. dass die Bundesregierung den Wettbewerb „Kultur- und Kreativpiloten in
Deutschland“ ins Leben gerufen hat;

6. dass die Kultur- und Kreativwirtschaft in die Außenwirtschaftsoffensive des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie eingebunden ist;

7. die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung zur weiteren Stabilisierung
der Künstlersozialversicherung.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung im Rahmen der zur
Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf,

1. die Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft weiter auszubauen und den
Haushaltstitel auf dem derzeitigen hohen Niveau zu verstetigen;

2. den begonnenen öffentlichen Diskurs zur wirtschaftlichen, gesellschaftspoli-
tischen und kulturellen Bedeutung der Branche zu verstetigen und weiter zu
intensivieren;

3. zu überprüfen, ob langfristig angesichts der rasanten Entwicklung und Be-
deutung neuer digitaler Kommunikationsforen und -formen eine Fortentwick-
lung der Abgrenzung und der Definition der Teilbranchen angebracht ist;

4. das Monitoring zu den wirtschaftlichen Kennzahlen fortzusetzen und weiter
zu vertiefen;

5. den Innovationsbeitrag der Kultur- und Kreativwirtschaft weiter zu unter-
suchen und eine Erweiterung des bestehenden Innovationsbegriffs um nicht-
technologische Elemente zu prüfen;

6. die Zusammenarbeit und Vernetzung der Kultur- und Kreativwirtschaft mit
anderen Wirtschaftsbereichen wie z. B. der Tourismusbranche oder der digi-
talen Wirtschaft weiter zu verbessern;

7. den Austausch zwischen der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft und der
Gründerförderung weiter zu stärken, insbesondere mit Blick auf Gründun-

gen im Bereich der neuen Medien;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/12383

8. die wirtschaftlichen Potenziale der deutschen Kultur- und Kreativwirt-
schaft im Ausland noch besser bekannt zu machen und das Instrumenta-
rium der Außenwirtschaftsförderung noch stärker am Export kultureller
und kreativer Produkte und Dienstleistungen auszurichten und bei der
außenwirtschaftlichen Darstellung auch einen Fokus auf das kultur- und
kreativwirtschaftlich tätige Handwerk zu legen;

9. die deutsche Kultur- und Kreativwirtschaft dabei zu unterstützen, im inter-
nationalen Wettbewerb mit anderen Kulturanbietern zu bestehen;

10. die erfolgreiche Arbeit des Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirt-
schaft des Bundes einschließlich der acht Regionalbüros zu stärken und die
Zusammenarbeit mit den Fachverbänden auszubauen, um die bisherige
Politik des Bundes in diesem Bereich in Kooperation mit den Ländern und
den Städten erfolgreich fortentwickeln und das Informations- und Bera-
tungsangebot erweitern und verstetigen zu können;

11. innovative Förderformate für junge Kreative, wie z. B. den Wettbewerb
„Kultur- und Kreativpiloten Deutschland“, fortzuführen und auszubauen;

12. angesichts des großen Anteils von in der Kultur- und Kreativwirtschaft be-
schäftigten Frauen zu prüfen, inwieweit die existierenden Angebote wie
z. B. das BMWi-Existenzgründerinnen-Portal und die bundesweite gründe-
rinnenagentur für unternehmerisch aktive Frauen aller Branchen für die
Kultur- und Kreativwirtschaft geeignet sind;

13. die Überprüfung und etwaige Anpassung von Förderprogrammen für den
Mittelstand sowie die Klein- und Kleinstbetriebe im Interesse eines ver-
besserten Zugangs für Selbständige und Unternehmen der Kultur- und
Kreativwirtschaft fortzusetzen;

14. zu prüfen, wie weitere Erleichterungen für Selbständige und Unternehmen
der Kultur- und Kreativwirtschaft beim Zugang zu Finanzierungsmöglich-
keiten erreicht werden können;

15. die Rolle und Bedeutung des Handwerks als Teil der Kultur- und Kreativ-
wirtschaft besser zu kommunizieren;

16. die öffentliche Debatte zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Kul-
tur- und Kreativschaffende mit dem Ziel weiter voranzutreiben, den best-
möglichen Nutzen für alle Akteure zu erzielen;

17. noch stärker das Thema Ausbildung und Qualifizierung im Bereich der
Kultur- und Kreativwirtschaft in den Vordergrund zu rücken;

18. sich bei den Bundesländern dafür einzusetzen, dass die frühkindliche kul-
turelle Bildung, aber auch die schulische und außerschulische kulturelle
Bildung gestärkt, schwerpunktmäßig gefördert sowie möglichst flächen-
deckend ermöglicht wird und niedrigschwellig zugänglich ist. Die Bundes-
regierung setzt hier mit dem Programm „Kultur macht stark – Bündnisse
für Bildung“, das außerschulische Angebote der kulturellen Bildung mit
30 Mio. Euro im Jahr fördert, bereits ein wichtiges Zeichen;

19. den Fortbestand und die Stabilität der Künstlersozialversicherung durch
geeignete Maßnahmen sicherzustellen.

Berlin, den 19. Februar 2013

Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und Fraktion
Rainer Brüderle und Fraktion

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