BT-Drucksache 17/12169

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 17/11367 - Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 16. Mai 2012 zu den Anliegen der irischen Bevölkerung bezüglich des Vertrags von Lissabon

Vom 29. Januar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12169
17. Wahlperiode 29. 01. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union
(21. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 17/11367 –

Entwurf eines Gesetzes
zu dem Protokoll vom 16. Mai 2012
zu den Anliegen der irischen Bevölkerung
bezüglich des Vertrags von Lissabon

A. Problem

Der Europäische Rat beschloss am 19. Juni 2009, dass dem Vertrag von Lissa-
bon ein zusätzliches Protokoll angefügt werden solle (Protokoll zu den Anlie-
gen der irischen Bevölkerung bezüglich des Vertrags von Lissabon – VvL,
BGBl. 2008 II S. 1038, 1039). Das Protokoll stellt fest, dass die Bestimmungen
des Vertrags von Lissabon in den Bereichen Recht auf Leben, Familie und Bil-
dung, Steuerpolitik sowie der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungs-
politik (GSVP) im Einklang mit der irischen Verfassung stehen. Es hat klarstel-
lenden Charakter und ändert den VvL in seiner Substanz nicht. Das Protokoll,
das zum 30. Juni 2013 in Kraft treten soll, bedarf der Ratifizierung durch die
Mitgliedstaaten der EU.

Die irische Regierung leitete mit ihrem Schreiben vom 20. Juli 2011 an den Rat
das Vertragsänderungsverfahren gemäß Artikel 48 Absatz 2 des Vertrags über
die Europäische Union (EUV) ein. Darin unterbreitete sie einen Vorschlag zur
Änderung der Verträge, wonach den Gründungsverträgen der EU das Protokoll
beigefügt werden soll. Da der Vorschlag in seinem Umfang begrenzt war, er-
suchte der Europäische Rat am 25. Oktober 2011 das Europäische Parlament
(EP) um dessen Zustimmung, gemäß Artikel 48 Absatz 3 Unterabsatz 2 EUV
von der Einberufung eines Konvents abzusehen. Das EP entsprach dieser Bitte
am 18. April 2012. Daraufhin legte der Europäische Rat am 11. Mai 2012 das
Mandat für eine Regierungskonferenz zur Prüfung der Vertragsänderung fest,

welche für den 16. Mai 2012 auf Ebene der Ständigen Vertreter bei der Euro-
päischen Union einberufen wurde. Die Einigung über das Protokoll erfolgte
noch am selben Tag und wurde in der Folge von Vertretern aller Mitgliedstaa-
ten unterzeichnet.

Das Protokoll soll zum 30. Juni 2013 in Kraft treten. Mit dem vorgelegten Ver-
tragsgesetz werden die von deutscher Seite erforderlichen Voraussetzungen für
das Inkrafttreten des Protokolls geschaffen.

Drucksache 17/12169 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

B. Lösung

Unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Es entstehen keine unmittelbaren zusätzlichen Kosten.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12169

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/11367 unverändert anzunehmen.

Berlin, den 12. Dezember 2012

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Gunther Krichbaum
Vorsitzender

Alois Karl
Berichterstatter

Dr. Eva Högl
Berichterstatterin

Joachim Spatz
Berichterstatter

Andrej Hunko
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

mungen des VvL, die der Charta der Grundrechte der EU
Rechtsstatus verleihen, noch die Bestimmungen dieses

dass jeder Mitgliedstaat nach Maßgabe des VvL und
etwaiger innerstaatlicher Rechtsvorschriften über seine Teil-
Vertrags im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des
Rechts den Geltungsbereich und die Anwendbarkeit des
Schutzes des Rechts auf Leben, des Schutzes der Familie
und des Schutzes der Rechte in Bezug auf Bildung der Ver-

nahme an einer ständigen strukturierten Zusammenarbeit
oder seine Beteiligung an der Europäischen Verteidigungs-
agentur entscheidet. Absatz 9 stellt klar, dass der VvL nicht
die Schaffung einer europäischen Armee oder Einberufung
Drucksache 17/12169 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Alois Karl, Dr. Eva Högl, Joachim Spatz, Andrej Hunko
und Jerzy Montag

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/11367 in seiner 211. Sitzung am 29. November 2012 be-
raten und an den Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union zur federführenden Beratung und an
den Auswärtigen Ausschuss und den Rechtsausschuss zur
Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In der Republik Irland lehnte am 12. Juni 2008 eine Mehrheit
von 53,4 Prozent der abgegebenen Stimmen in einem Refe-
rendum die Ratifikation des Vertrages von Lissabon (VvL)
ab. Nach einer Untersuchung über die Ursachen der Ableh-
nung unterrichtete der irische Premierminister sodann den
Europäischen Rat über die Anliegen der irischen Bevölke-
rung bezüglich des VvL in Zusammenhang mit der Steuer-
politik, Fragen der Familien- und Sozialpolitik und der Ethik
sowie der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungs-
politik. Der Europäische Rat verständigte sich darauf, den
geltend gemachten Anliegen Rechnung zu tragen und stellte
die Gewährung rechtlicher Garantien in Aussicht.

Am 19. Juni 2009 fasste der Europäische Rat einen Be-
schluss zu den Anliegen der irischen Bevölkerung bezüglich
des Vertrags von Lissabon und verabschiedete eine „Feier-
liche Erklärung zu den Rechten der Arbeitnehmer, zur
Sozialpolitik und zu anderen Angelegenheiten“. Außerdem
nahm er eine einseitige „Nationale Erklärung Irlands“ über
ihre Beteiligung an der Gemeinsamen Außen- und Sicher-
heitspolitik der EU und der irischen Tradition der militä-
rischen Neutralität zur Kenntnis. Vor allem aber vereinbarte
der Europäische Rat im Wege eines rechtsverbindlichen Be-
schlusses der Staats- und Regierungschefs ein zusätzliches
Protokoll zum VvL. In dem Beschluss erklärten die Staats-
und Regierungschefs, dass die rechtliche Garantie gegeben
wird, dass bestimmte Angelegenheiten, die der irischen Be-
völkerung Anlass zur Sorge geben, durch das Inkrafttreten
des VvL nicht berührt werden; dass der Inhalt mit dem VvL
voll und ganz vereinbar ist und keine erneute Ratifikation
des VvL erforderlich macht; dass er rechtlich bindend ist,
am Tag des Inkrafttretens des VvL wirksam wird und die
Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt des des nächsten Beitritts-
vertrags die Bestimmungen in ein Protokoll aufnehmen
werden. Mit dem Protokoll teilen die im Beschluss enthalte-
nen Klärungen den Status des Vertrages. Es dient der Klä-
rung, ändert jedoch weder den Inhalt noch die Anwendung
des VvL.

Das sog. irische Protokoll hält fest, dass weder die Bestim-

Umfang und die Ausübung der Zuständigkeiten der EU im
Bereich der Steuerpolitik erfolgt. Zudem enthält das Proto-
koll klarstellende Bestimmungen im Hinblick auf die
Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU und der Mit-
gliedstaaten, inklusive der traditionellen Neutralitätspolitik
Irlands.

Am 2. Oktober 2009 wurde in Irland ein zweites, Referen-
dum zum VvL abgehalten, bei dem dem VvL mehrheitlich
zugestimmt wurde. Nachdem Irland den VvL ratifizierte,
trat er am 1. Dezember 2009 in Kraft. Irland hat dem Rat
gemäß Artikel 48 Absatz 2 EUV einen Vorschlag zur Ände-
rung der Verträge unterbreitet mit dem Ziel, den Grün-
dungsverträgen der EU das irische Protokoll beizufügen.
Der Europäische Rat hat gemäß Artikel 48 Absatz 3 EUV
beschlossen, das Europäische Parlament (EP) und die Kom-
mission anzuhören und das EP mit Hinweis auf den Umfang
der geplanten Vertragsänderung gebeten, von der Einberu-
fung eines Konvents absehen zu können. Am 18. April 2012
hat das EP seine Zustimmung zum Verzicht auf die Einberu-
fung eines Konvents und eine befürwortende Stellung-
nahme im Hinblick auf einen Beschluss des Europarats zu-
gunsten einer Prüfung der zu den Verträgen vorgeschlage-
nen Änderungen abgegeben, die Kommission hat am 4. Mai
2012 ebenfalls eine befürwortende Stellungnahme abgege-
ben. Am 11. Mai 2012 erteilte der Rat das Mandat für eine
Regierungskonferenz zur Prüfung der Vertragsänderung, die
für den 16. Mai 2012 einberufen wurde und sich auf die vor-
zunehmenden Änderungen einigte.

Artikel 1 verweist auf die in der irischen Verfassung enthal-
tenen Bestimmungen zum Schutz des Rechts auf Leben,
zum Schutz der Familie und zur Bildung und stellt klar, dass
die Bestimmungen des VvL, die der Charta der Grundrechte
der EU Rechtsstatus verleihen, und die Bestimmungen im
Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts keinen
Einfluss auf Geltungs- und Anwendbarkeit der irischen Ver-
fassungsbestimmungen haben. Artikel 2 legt fest, dass der
Umfang und die Ausübung der Zuständigkeiten der EU im
Bereich der Steuerpolitik durch den VvL nicht geändert
werden, Artikel 3 nimmt Bezug auf die Grundsätze für das
auswärtige Handeln der EU und hält fest, dass die Gemein-
same Sicherheits- und Verteidigungspolitik weder die Sicher-
heits- und Verteidigungspolitik der einzelnen Mitgliedstaa-
ten noch ihre Verpflichtungen beeinträchtigt. Auch wird be-
stätigt, dass die irische Neutralität weder berührt noch be-
einträchtigt wird und es den Mitgliedstaaten obliegt, zu
entscheiden, welche Art von Hilfe oder Unterstützung an
einen von einem Terroranschlag oder bewaffneten Angriff
betroffenen Mitgliedstaat geleistet wird. Absatz 8 bestätigt,
fassung Irlands berühren und dass durch den VvL für kei-
nen Mitgliedstaat irgendeine Änderung in Bezug auf den

zu einem militärischen Verband vorsieht, Absatz 10 führt
aus, dass der VvL nicht das Recht Irlands oder eines ande-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/12169

ren Mitgliedstaats berührt, Art und Umfang seiner Verteidi-
gungs- und Sicherheitsausgaben zu bestimmen.

Gemäß Absatz 11 kann Irland wie jeder andere Mitglied-
staat einen Beschluss über die Teilnahme an Militäropera-
tionen fassen. Artikel 4 enthält das Ratifikationserfordernis
und die Bestimmung Italiens als Depositar. Das Protokoll
soll am 30. Juni 2013 in Kraft treten, sofern alle Ratifika-
tionsurkunden bis dahin hinterlegt worden sind, andernfalls
am ersten Tag des auf die Hinterlegung der letzten Ratifika-
tionsurkunde folgenden Monats. Artikel 5 listet die 23 Amts-
sprachen der EU auf, in denen der Text urschriftlich abge-
fasst ist.

Auf das Protokoll ist Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grund-
gesetzes anzuwenden, da es die politischen Beziehungen
des Bundes regelt und sich auf Gegenstände der Bundes-
gesetzgebung bezieht. Das Vertragsgesetz bedarf nach
Artikel 23 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) der
Zustimmung von Bundestag und Bundesrat (vgl. BVerfGE
123, 267). Artikel 2 entspricht dem Erfordernis des Arti-
kels 82 Absatz 2 Satz 1 (GG). Der Bundesrat hat in seiner
902. Sitzung am 2. November 2012 gemäß Artikel 76 Ab-
satz 2 (GG) beschlossen, gegen den Gesetzentwurf keine
Einwendungen zu erheben.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat die Vorlage auf Drucksache
17/11367 in seiner 70. Sitzung am 12. Dezember 2012
beraten und empfiehlt, den Gesetzentwurf mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
anzunehmen.

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage auf Drucksache
17/11367 in seiner 70. Sitzung am 12. Dezember 2012
beraten und empfiehlt, den Gesetzentwurf mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
anzunehmen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat die Vorlage auf Drucksache 17/11367 in seiner
79. Sitzung am 12. Dezember 2012 beraten und empfiehlt,
den Gesetzentwurf mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. anzunehmen.

Berlin, den 12. Dezember 2012

Alois Karl
Berichterstatter

Dr. Eva Högl
Berichterstatterin

Joachim Spatz
Berichterstatter

Andrej Hunko
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.