BT-Drucksache 17/12155

Stadtumbau und differenzierte Entwicklung von Großwohnsiedlungen

Vom 22. Januar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12155
17. Wahlperiode 22. 01. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Dr. Kirsten Tackmann, Herbert Behrens,
Steffen Bockhahn, Roland Claus, Sabine Leidig, Jens Petermann, Ingrid
Remmers, Kersten Steinke, Sabine Stüber, Alexander Süßmair und der
Fraktion DIE LINKE.

Stadtumbau und differenzierte Entwicklung von Großwohnsiedlungen

Die Großwohnsiedlungen, Wohngebiete die in der Zeit von 1950 bis 1990 mit
einer Größe von mindestens 2 500 Wohneinheiten errichtet wurden, bilden für
die Wohnungsversorgung in Deutschland ein zentrales Segment. Der Groß-
siedlungsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 1994 prognostizierte eine
unterschiedliche Entwicklung dieser Siedlungen.

Insbesondere in den ostdeutschen Großwohnsiedlungen sind seit Mitte der
90er-Jahre sehr differenzierte Entwicklungen festzustellen. Auf der Grundlage
des Förderprogramms Stadtumbau Ost wurden bis zum Jahr 2010 rund 300 000
Wohnungen rückgebaut. Insgesamt wurden in der ehemaligen DDR über 2 Mil-
lionen Wohnungen in industrieller Bauweise gebaut. Anhand dieser Größen-
ordnung zeigt sich, dass der überwiegende Teil dieser Wohnungen nach wie vor
erhalten ist. In sehr vielen Großwohnsiedlungen erfolgte bislang kein Rückbau.
Gleichzeitig ergibt sich daraus ein sozialorientierter Handlungsbedarf aufgrund
der demografischen sowie sozialstrukturellen Entwicklung in den Siedlungen.

In den nächsten Jahren ist unter anderem durch ein stetig steigendes Durch-
schnittsalter und eine drohende Altersarmut mit einer weiteren Differenzierung
der Siedlungen zu rechnen. Für die Bundesregierung besteht die Aufgabe darin,
politische und finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Kommu-
nen die notwendigen Handlungsansätze zu ermöglichen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hoch ist die Anzahl von Großwohnsiedlungen (> 2 500 Wohnungen)
in Deutschland?

2. Wie viele Wohnungen wurden in der ehemaligen DDR bzw. der Bundesrepu-
blik Deutschland in der Zeit von 1950 bis 1990 in industrieller Bauweise er-
richtet?

3. Wie viele Wohnungen sind davon in Großwohnsiedlungen mit mehr als

2 500 Wohnungen entstanden (bitte nach ehemaliger DDR und Bundes-
republik Deutschland unterscheiden)?

4. Welche konkreten Wohngebiete mit mehr als 2 500 Wohnungen (Großwohn-
siedlungen) sind in der DDR bis zum Jahr 1990 entstanden?

5. Welches sind die zentralen Unterschiede in der Entwicklung der ost- bzw.
westdeutschen Großwohnsiedlungen seit dem Jahr 1990?

Drucksache 17/12155 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

6. Inwieweit ist in den neuen Bundesländern die im Großsiedlungsbericht pro-
gnostizierte differenzierte Entwicklung in Großsiedlungen eingetroffen?

Welche Differenzierungen stellt die Bundesregierung fest?

7. Wie viele Menschen lebten in den Jahren 1990, 1995, 2000, 2005 und 2010
in wie vielen Haushalten in ostdeutschen Großwohnsiedlungen?

8. In welchen Großwohnsiedlungen waren seit dem Jahr 2001 größere
Verkäufe (ab 100 Wohneinheiten) kommunaler und genossenschaftlicher
Wohnungsbestände zu verzeichnen?

Wie viele Wohnungen wurden jeweils verkauft, und wer waren die Er-
werber?

9. Wie hoch ist der Anteil von Wohnungen privater Eigentümer in ost- bzw.
westdeutschen Großwohnsiedlungen?

Demografische und sozialstrukturelle Entwicklung

10. Welche sozialstrukturellen und sozialräumlichen Entwicklungen sind seit
dem Jahr 1990 in den westdeutschen bzw. ostdeutschen Großsiedlungen zu
beobachten?

11. In welchen Großsiedlungen lassen sich gegenwärtig verstärkt Konzentra-
tionen sozialer Problemlagen feststellen?

12. Welche demografischen Entwicklungen sind seit dem Jahr 1990 in den
westdeutschen bzw. ostdeutschen Großsiedlungen zu beobachten?

13. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung für das Eintreten und den
Verlauf einer weiteren Welle von Wohnungsleerständen aufgrund der
demografischen Entwicklung in den neuen Bundesländern vor?

Inwieweit ist in den westdeutschen Großwohnsiedlungen von einer ähn-
lichen Entwicklung auszugehen?

14. Wie wird die Bundesregierung politisch und finanziell auf einen weiteren,
demografisch bedingten Anstieg des Wohnungsleerstands reagieren?

15. Welche Strategien entwickelt die Bundesregierung, um dem veränderten
Versorgungsbedarf der Bewohnerinnen und Bewohner aufgrund der demo-
grafischen Entwicklung in den Siedlungen gerecht zu werden?

Stadtumbau Ost

16. Welche Anschlussregelung des Förderprogramms Stadtumbau Ost ist über
das Jahr 2016 hinaus geplant?

17. Wie bewertet die Bunderegierung die bisherige Bedeutung der Altschulden-
hilfeentlastung für den Stadtumbauprozess?

18. Wie soll sich die Anschlussregelung zur Altschuldenhilfeentlastung ge-
stalten?

19. Welche Alternativen, wie beispielsweise Investitionskostenzuschüsse für
Wohnungsneubau, erarbeitet die Bundesregierung zur Altschuldenent-
lastung?

20. Wie wird die Bundesregierung auf die zunehmend differenzierten Hand-
lungsbedarfe in den ostdeutschen Großwohnsiedlungen reagieren?

21. Inwiefern sollen die politischen und finanziellen Rahmenbedingungen aus-
gebaut werden, um mehr Spielräume für experimentelle und kulturelle
Ansätze in der Stadtentwicklung zu ermöglichen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12155

22. Welche unterstützenden Maßnahmen sind für sogenannte Quartiere auf Zeit
geplant, die langfristig stark schrumpfen werden, auf absehbare Zeit jedoch
noch in nicht unerheblichem Maße bewohnt sind?

23. Welche Prognosen wurden hinsichtlich der Haushalts- und Einwohner-
entwicklung in ostdeutschen Großwohnsiedlungen erarbeitet?

Was sind die zentralen Aussagen dieser Prognosen?

24. Wie viele Wohnungen wurden bis jetzt in Großwohnsiedlungen mit mehr
als 2 500 Wohnungen rückgebaut?

25. Inwieweit hat der Wohnungsabriss dazu geführt, dass sich das Angebot von
günstigen Wohnraum in zu starkem Maß reduziert hat?

26. Wie hoch ist der zukünftige Bedarf an Wohnungsrückbau in Ost- und West-
deutschland bis zu den Jahren 2020 bzw. 2030?

27. Wie viele Wohnungen sind in ostdeutschen Großwohnsiedlungen derzeit
bewohnt, und wie wird sich diese Situation bis zum Jahr 2020 bzw. 2030
entwickeln?

28. In welchem Umfang erfolgte ein Rückbau von sozialen Infrastruktur-
einrichtungen und Versorgungseinrichtungen?

Welche Folgen resultierten daraus für die Versorgung der Bewohner?

29. Welche Auswirkungen hatte der Rückbau von Wohnungen auf die lokalen
Grundstückswerte?

30. In welchen Siedlungen sind in Zukunft konzentrierte Abrissmaßnahmen
geplant (nach stadträumlicher Lage und Baualter)?

Stadtumbau West

31. Wie viele Wohnungen wurden bisher mit finanziellen Mitteln aus dem
Förderprogramm Stadtumbau West in Großwohnsiedlungen rückgebaut?

32. Wie hoch sind die derzeitigen Wohnungsleerstände in den westdeutschen
Großwohnsiedlungen?

33. Welche sozialstrukturellen und sozialräumlichen Entwicklungen sind seit
dem Jahr 1990 in den Großwohnsiedlungen festzustellen?

34. Wie beurteilt die Bundesregierung den zukünftigen Bedarf von Wohnungs-
rückbau in den westdeutschen Großwohnsiedlungen?

Energetische Sanierung

35. Worin unterscheidet sich der Bedarf einer energetischen Sanierung zwi-
schen ost- und westdeutschen Großwohnsiedlungen?

36. Inwieweit unterscheidet sich der Sanierungsbedarf nach dem Baualter der
Siedlungen?

37. Wie sind die Reaktionen der Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer
und ihrer Verbände auf die neue gesetzliche Verordnung zur energetischen
Sanierung?

Zukünftige Entwicklung

38. Welche Entwicklungen sind in den ost- und westdeutschen Großwohn-
siedlungen bis zum Jahr 2030 zu erwarten?

Von welchem politischen Handlungsbedarf ist auszugehen?

Drucksache 17/12155 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
39. Welches sind die zentralen Aufgaben für die zukünftige Entwicklung in den
ost- und westdeutschen Großwohnsiedlungen bis zum Jahr 2030, und wel-
che Konzepte werden dazu erarbeitet?

40. Worin sieht die Bundesregierung in der zukünftigen Großwohnsiedlungs-
entwicklung weiteren Forschungs- und Handlungsbedarf?

41. Inwieweit sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, den Großsied-
lungsbericht in Form eines zweiten Teils fortschreiben zu lassen?

Berlin, den 22. Januar 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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