BT-Drucksache 17/12120

Entgelte für das Abheben an fremden Geldautomaten für Verbraucherinnen und Verbraucher

Vom 16. Januar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12120
17. Wahlperiode 16. 01. 2013

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Carsten Sieling, Lothar Binding (Heidelberg), Ingrid
Arndt-Brauer, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Petra Ernstberger, Martin Gerster,
Iris Gleicke, Petra Hinz (Essen), Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Joachim Poß,
Annette Sawade, Bernd Scheelen, Manfred Zöllmer, Dr. Frank-Walter Steinmeier
und der Fraktion der SPD

Entgelte für das Abheben an fremden Geldautomaten für Verbraucherinnen
und Verbraucher

Zwei Jahre nach Inkrafttreten der neuen Entgeltsystematik am 15. Januar 2011
sind die Kosten für Abhebungen an fremden Geldautomaten weiterhin in der
Diskussion. Nach einer Untersuchung des Verbraucherportals biallo.de kostete
eine Fremdabhebung Mitte Juli 2012 im Durchschnitt knapp 4 Euro – genauso
viel wie ein Jahr zuvor. Im Jahr 2010 lag die Höhe der Entgelte für Abhebun-
gen an fremden Geldautomaten nach einer Untersuchung des Finanzberatungs-
unternehmens FMH-Finanzberatung e. K. durchschnittlich bei 5,64 Euro. Diese
Entgelte erhoben die Kreditinstitute, die die jeweiligen Geldautomaten betrie-
ben, von den kartenausgebenden Instituten, die ihrerseits die Kosten regelmäßig
an die Kunden weitergaben. So erfuhren die betroffenen Verbraucherinnen und
Verbraucher mitunter erst nach Wochen von den Kosten ihrer Fremdabhebun-
gen.

Auf anhaltenden Druck von Verbraucherschützern einigte sich die Deutsche
Kreditwirtschaft am 25. August 2010 auf eine – nach eigener Einschätzung –
kundenfreundliche Lösung für Fremdabhebungen. Die bisherigen Interbanken-
entgelte wurden zum 15. Januar 2011 durch ein direktes Kundenentgelt ersetzt,
über dessen Höhe der Karteninhaber am Geldautomaten noch vor der Abhe-
bung informiert wird. Von dieser Umstellung erwartete die Deutsche Kredit-
wirtschaft schnell sinkende Preise. Die Privatbanken verständigten sich zusätz-
lich auf eine Obergrenze von 1,95 Euro für das Kundenentgelt. In der Gruppe
der Sparkassen sind die durchschnittlichen Entgelte laut biallo.de seither auf
4,31 Euro gesunken, bei den Genossenschaftsbanken auf 3,67 Euro.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wird die Bundesregierung die neue Entgeltsystematik für Fremdabhebun-
gen an Geldautomaten in Deutschland evaluieren, und falls ja, wann?
Falls nein, wie begründet sie ihre Haltung?

2. Wie viele Geldautomaten gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in
Deutschland, und wie verteilen sich diese auf die einzelnen Institutsgruppen
(bitte nach Sparkassen, Genossenschaftsbanken, Privatbanken und Direkt-
banken aufschlüsseln)?

Drucksache 17/12120 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. Wie viele Abhebungen an Geldautomaten erfolgen nach Kenntnis der Bun-
desregierung jährlich in Deutschland, und wie verteilen sich diese auf die
einzelnen Institutsgruppen (bitte nach Sparkassen, Genossenschaftsbanken,
Privatbanken und Direktbanken aufschlüsseln)?

4. Wie viele Fremdabhebungen an Geldautomaten erfolgen nach Kenntnis der
Bundesregierung jährlich in Deutschland, und wie verteilen sich diese auf
die einzelnen Verbünde (bitte nach Sparkassen, Genossenschaftsbanken,
Privatbanken und Direktbanken aufschlüsseln)?

5. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell die durchschnitt-
lichen Entgelte für Fremdabhebungen an Geldautomaten in Deutschland
(bitte nach Sparkassen, Genossenschaftsbanken, Privatbanken und Direkt-
banken aufschlüsseln)?

6. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Gesamtvolumen der
jährlich in Deutschland anfallenden Entgelte für Fremdabhebungen an
Geldautomaten?

7. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittlich an-
fallenden Entgelte für Fremdabhebungen pro Geldautomat jeweils in länd-
lichen und in urbanen Regionen?

8. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittlich an-
fallenden Entgelte für Fremdabhebungen pro Geldautomat in anderen euro-
päischen Mitgliedstaaten, beispielsweise in Österreich, Frankreich, Bel-
gien, den Niederlanden und Großbritannien?

9. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Kosten, die für die
Bereitstellung eines Geldautomaten pro Transaktion anfallen (bitte nach
ländlichen und urbanen Regionen aufschlüsseln)?

10. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Kosten, die für den
Betrieb eines Geldautomaten pro Transaktion anfallen (bitte nach länd-
lichen und urbanen Regionen aufschlüsseln)?

11. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Gewinnmargen der
Institute hinsichtlich der Fremdabhebungen an Geldautomaten?

12. Welche gesetzlichen Regelungen existieren in Deutschland bezüglich der
Höhe der Entgelte für Fremdabhebungen an Geldautomaten?

13. Welche gesetzlichen Regelungen existieren nach Kenntnis der Bundes-
regierung in der Europäischen Union bezüglich der Höhe der Entgelte für
Fremdabhebungen an Geldautomaten im Allgemeinen und der Höhe der
Entgelte, die deutsche Kreditinstitute ihren Kunden für Abhebungen im
Ausland in Rechnung stellen?

14. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Gesamtvolumen der
Entgelte, die deutsche Kunden für Abhebungen an Geldautomaten im euro-
päischen Ausland jährlich an deutsche Institute zahlen?

15. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Gewinnmargen, die
deutsche Institute bei Abhebungen ihrer Kunden an Geldautomaten im
europäischen Ausland erzielen?

16. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage der Bundesministerin für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Ilse Aigner, wonach die
Ankündigung der Privatbanken, eine Entgeltobergrenze von 1,95 Euro ein-
zuhalten, zeige, welcher Spielraum nach unten bei den Entgelten für Fremd-
abhebungen bestünde (Stuttgarter Nachrichten vom 29. August 2010)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12120

17. Schließt sich die Bundesregierung den Äußerungen des Präsidenten des
Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, an, wonach das von den Privatbanken
erhobene Entgelt von 1,95 Euro als „wichtige Richtschnur“ in der Diskus-
sion über kostendeckende Entgelte zu sehen sei (www.handelsblatt.com
vom 24. Juni 2011)?

18. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus Berichten von
Medien und Verbraucherschutzorganisationen, wonach die Preise in einigen
Fällen nicht vor der Abhebung vom Geldautomaten angezeigt oder keine
Möglichkeit eingeräumt wurde, die Transaktion daraufhin abzubrechen
(www.rp-online.de vom 7. Januar 2012, www.verbraucherzentrale-
niedersachsen.de/mediabig/1153971A.pdf)?

19. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die Einführung direkter Kun-
denentgelte dazu geführt hat, dass weniger Kunden fremde Geldautomaten
außerhalb ihres jeweiligen Verbundes nutzen, und hält die Bundesregie-
rung die Aufteilung des Marktes für Geldautomatendienstleistungen auf
wenige große Verbünde aus Verbrauchersicht für begrüßenswert?

20. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem Urteil des
Oberlandesgerichts München (Aktenzeichen: U (K) 1607/10), wonach ein
einzelnes Kreditinstitut mit regional marktbeherrschender Stellung für
Geldautomatendienstleistungen die Kunden anderer Kreditinstitute nicht
von der Kreditkartennutzung an ihren Geldautomaten ausschließen darf?

21. Kann die Bundesregierung Beschwerden bestätigen, wonach einzelne Kre-
ditinstitute an ihren Geldautomaten weiterhin Kunden bestimmter Banken
von der Kreditkartennutzung ausschließen oder den Abhebungsbetrag stark
einschränken, und sieht die Bundesregierung diesbezüglich gesetzlichen
Regelungsbedarf?

22. Wie bewertet die Bundesregierung die Situation auf dem Markt für Geld-
automatendienstleistungen zwei Jahre nach Inkrafttreten der neuen Entgelt-
systematik?

23. Betrachtet die Bundesregierung die Durchführung von Preismissbrauchs-
verfahren gegen einzelne Kreditinstitute als sinnvollen Schritt, um flächen-
deckend niedrigere Preise für Fremdabhebungen an Geldautomaten durch-
zusetzen?

24. Hält die Bundesregierung eine gesetzliche Preisobergrenze für Fremdabhe-
bungen an Geldautomaten für sinnvoll, und welcher Betrag wäre gegebe-
nenfalls angemessen?

25. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um die Preise für
Fremdabhebungen deutscher Kunden an Geldautomaten im europäischen
Ausland zu senken?

26. Strebt die Bundesregierung für Deutschland ähnliche Regelungen an, wie
sie in mehreren Ländern der Europäischen Union (Frankreich, Belgien, den
Niederlanden und Österreich) existieren, nach denen Abhebungen an frem-
den Geldautomaten für die Verbraucher weitgehend kostenfrei sind?

Falls nein, warum nicht?

27. Gibt es auf europäischer Ebene Pläne für weitere Regulierungen von Geld-
automatendienstleistungen?

Falls nein, warum setzt sich die Bundesregierung nicht für eine europa-
weite Senkung der Entgelte für Fremdabhebungen an Geldautomaten ein?

Drucksache 17/12120 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
28. Plant die Bundesregierung nationale Maßnahmen hinsichtlich der Entgelte
für Fremdabhebungen an Geldautomaten, und wie begründet sie dies?

Berlin, den 16. Januar 2013

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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