BT-Drucksache 17/12086

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP - Drucksache 17/11513 - Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme

Vom 16. Januar 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/12086
17. Wahlperiode 16. 01. 2013

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
– Drucksache 17/11513 –

Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der betreuungsrechtlichen Einwilligung in
eine ärztliche Zwangsmaßnahme

A. Problem

Der Bundesgerichtshof hat in zwei Entscheidungen vom 20. Juni 2012 seine bis-
herige Rechtsprechung zur ärztlichen Zwangsbehandlung von Betreuten auf-
gegeben und entschieden, dass es an einer den verfassungsrechtlichen Anfor-
derungen genügenden gesetzlichen Regelung für eine betreuungsrechtliche
Behandlung gegen den natürlichen Willen des Patienten fehlt. Das Fehlen von
Zwangsbefugnissen zur Durchsetzung notwendiger medizinischer Maßnahmen
kann dazu führen, dass Betroffene unbehandelt bleiben und schwerwiegenden
gesundheitlichen Schaden nehmen. Die ärztliche Zwangsbehandlung von Be-
treuten bedarf deshalb einer gesetzlichen Regelung. Mit dem Entwurf soll eine
hinreichend bestimmte Regelung für die Einwilligung des Betreuers in eine vom
Betreuten abgelehnte Behandlung geschaffen werden. Die ärztliche Zwangs-
maßnahme soll definiert und die engen Voraussetzungen für eine Einwilligung
des Betreuers – flankiert durch verfahrensrechtliche Regelungen – sollen klar
bestimmt werden. Der Entwurf zielt darauf ab, unter Achtung der verfassungs-
gerichtlichen Anforderungen die Fortführung der bis zu den jüngsten Beschlüs-
sen des Bundesgerichtshofs geübten Praxis zu ermöglichen. Dazu zählt, dass
eine Zwangsbehandlung nur im Rahmen einer Unterbringung nach § 1906
Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) erfolgen kann. Die Einwilligung
in die ärztliche Zwangsmaßnahme soll zudem der gerichtlichen Genehmigung
unterliegen. Mit den strengen materiellen und verfahrensrechtlichen Anforde-
rungen soll die Selbstbestimmung der Betreuten gestärkt werden.

B. Lösung
Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung. Unter anderem wird zur
Klarstellung in § 1906 Absatz 3 Nummer 2 BGB als ein weiteres Kriterium für
die Wirksamkeit der Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaß-
nahme ausdrücklich festgeschrieben, dass einer solchen der ernsthafte, mit dem
nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks unternommene
Versuch vorauszugehen hat, den Betreuten von der Notwendigkeit der Maßnah-
me zu überzeugen.

Drucksache 17/12086 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Soweit im Entwurf in § 312 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen
und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG-E) geregelt
wird, dass auf ärztliche Zwangsmaßnahmen grundsätzlich die Regelungen des
FamFG über Unterbringungen entsprechende Anwendung finden, soll nunmehr
ausdrücklich festgeschrieben werden, dass bei der Genehmigung einer Einwilli-
gung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme stets die Bestellung eines Verfahrens-
pflegers zu erfolgen hat. Dies soll dem Gedanken Rechnung tragen, dass die
ärztliche Zwangsmaßnahme in der Unterbringung eine zusätzliche Maßnahme
ist, bei der der Betroffene ein besonderes Schutzbedürfnis hat.

Voraussetzung für eine sachgerechte gerichtliche Entscheidung über die Durch-
führung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme ist eine unvoreingenommene ärztliche
Begutachtung. Um eine solche sicherzustellen, soll das FamFG dahingehend er-
gänzt werden, dass die Begutachtung nicht durch den zwangsbehandelnden Arzt
selbst oder einen Arzt vorgenommen werden soll, der den Betroffenen bisher be-
handelt oder begutachtet hat. Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine
ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung mit einer Gesamtdauer von
mehr als zwölf Wochen soll der Sachverständige zudem nicht in der Einrichtung
tätig sein, in der der Betroffene untergebracht ist. Das erforderliche ärztliche
Zeugnis soll auch bei der einstweiligen Anordnung von einem Arzt erstellt wer-
den müssen, der Erfahrungen auf dem Gebiet der Psychiatrie hat und Arzt für
Psychiatrie sein soll.

Weitere Änderungen sind sprachlicher Art beziehungsweise dienen der Klarstel-
lung.

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN.

C. Alternativen

Ablehnung oder unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/12086

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/11513 in der aus der nachstehenden Zu-
sammenstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen.

Berlin, den 16. Januar 2013

Der Rechtsausschuss

Siegfried Kauder
(Villingen-Schwenningen)
Vorsitzender

Thomas Silberhorn
Berichterstatter

Sonja Steffen
Berichterstatterin

Stephan Thomae
Berichterstatter

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Ingrid Hönlinger
Berichterstatterin

satz 1 Nummer 2 dem natürlichen Willen des Betreuten
(ärztliche Zwangsmaßnahme), so kann der Betreuer in sie
nur einwilligen, wenn

satz 1 Nummer 2 dem natürlichen Willen des Betreuten
(ärztliche Zwangsmaßnahme), so kann der Betreuer in sie
nur einwilligen, wenn
1. u n v e r ä n d e r t

2. zuvor versucht wurde, den Betreuten von der Not-
wendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeu-
gen,

3. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen der Un-
terbringung nach Absatz 1 zum Wohl des Betreuten
erforderlich ist, um einen drohenden erheblichen ge-
sundheitlichen Schaden abzuwenden,

1. der Betreute auf Grund einer psychischen Krankheit
oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die
Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erken-
nen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,

2. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen dieser
Unterbringung zum Wohle des Betreuten erforderlich
ist, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen
Schaden abzuwenden,
3. der erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine
andere zumutbare Maßnahme abgewendet werden
kann und
4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

B e s c h l ü s s e d e s 6 . A u s s c h u s s e s


g der betreuungsrechtlichen Einwilligung

ses (6. Ausschuss)

Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der betreu-
ungsrechtlichen Einwilligung in eine ärztliche

Zwangsmaßnahme

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

§ 1906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der
Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909;
2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom
19. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2182) geändert worden ist,
wird wie folgt geändert:

1. u n v e r ä n d e r t

2. u n v e r ä n d e r t

3. Absatz 3 wird durch die folgenden Absätze 3 und 3a er-
setzt:

„(3) Widerspricht eine ärztliche Maßnahme nach Ab-
Drucksache 17/12086 –

E n t w u r f


Zusammenstellung

des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelun
in eine ärztliche Zwangsmaßnahme
– Drucksache 17/11513 –
mit den Beschlüssen des Rechtsausschus

Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der
betreuungsrechtlichen Einwilligung in eine

ärztliche Zwangsmaßnahme

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

§ 1906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der
Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909;
2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom
10. Mai 2012 (BGBl. I S. 1084) geändert worden ist, wird
wie folgt geändert:

1. Dem Wortlaut des Absatzes 1 Nummer 2 werden die
Wörter „zur Abwendung eines drohenden erheblichen
gesundheitlichen Schadens“ vorangestellt.

2. Dem Absatz 2 werden die folgenden Sätze angefügt:

„Der Betreuer hat die Unterbringung zu beenden, wenn
ihre Voraussetzungen wegfallen. Er hat die Beendigung
der Unterbringung dem Betreuungsgericht anzuzeigen.“

3. Absatz 3 wird durch die folgenden Absätze 3 und 3a er-
setzt:

„(3) Widerspricht eine ärztliche Maßnahme nach Ab-
4. der erhebliche gesundheitliche Schaden durch keine
andere dem Betreuten zumutbare Maßnahme abge-
wendet werden kann und

Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit
nichts anderes bestimmt ist.“
5 – Drucksache 17/12086

B e s c h l ü s s e d e s 6 . A u s s c h u s s e s

5. der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaß-
nahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen deut-
lich überwiegt.

§ 1846 ist nur anwendbar, wenn der Betreuer an der Er-
füllung seiner Pflichten verhindert ist.

(3a) u n v e r ä n d e r t

4. u n v e r ä n d e r t

5. u n v e r ä n d e r t

Artikel 2

Änderung des Gesetzes über das Verfahren in
Familiensachen und in den Angelegenheiten der

freiwilligen Gerichtsbarkeit

Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in
den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom
17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), das zuletzt
durch Artikel 6 des Gesetzes vom 5. Dezember 2012
(BGBl. I S. 2418) geändert worden ist, wird wie folgt ge-
ändert:

1. § 312 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 1 wird wie folgt gefasst:

„1. die Genehmigung einer freiheitsentziehenden Un-
terbringung und die Genehmigung einer Einwilli-
gung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme (§ 1906
Absatz 1 bis 3a des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
eines Betreuten oder einer Person, die einen Drit-
ten dazu bevollmächtigt hat (§ 1906 Absatz 5 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs),“.

b) u n v e r ä n d e r t

c) Die folgenden Sätze werden angefügt:

„Auf die ärztliche Zwangsmaßnahme finden die für
die Unterbringung in diesem Abschnitt geltenden
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode –

E n t w u r f

4. wenn der zu erwartende Nutzen der ärztlichen
Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchti-
gungen deutlich überwiegt.

§ 1846 ist nur anwendbar, wenn der Betreuer an der Er-
füllung seiner Pflichten verhindert ist.

(3a) Die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnah-
me bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts. Der
Betreuer hat die Einwilligung in die ärztliche Zwangs-
maßnahme zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen
wegfallen. Er hat den Widerruf dem Betreuungsgericht
anzuzeigen.“

4. In Absatz 4 wird die Angabe „1 bis 3“ durch die Angabe
„1 und 2“ ersetzt.

5. Absatz 5 wird wie folgt gefasst:

„(5) Die Unterbringung durch einen Bevollmächtigten
und die Einwilligung eines Bevollmächtigten in Maßnah-
men nach den Absätzen 3 und 4 setzen voraus, dass die
Vollmacht schriftlich erteilt ist und die in den Absätzen 1,
3 und 4 genannten Maßnahmen ausdrücklich umfasst. Im
Übrigen gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.“

Artikel 2

Änderung des Gesetzes über das Verfahren in
Familiensachen und in den Angelegenheiten

der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in
den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom
17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), das zuletzt
durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. Juli 2012 (BGBl. I
S. 1577) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 312 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 1 wird wie folgt gefasst:

„1. die Genehmigung einer freiheitsentziehenden Un-
terbringung und die Genehmigung einer Einwilli-
gung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme (§ 1906
Absatz 1 bis 3a des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
eines Betreuten oder einer Person, die einen Drit-
ten zu ihrer freiheitsentziehenden Unterbringung
und zu einer ärztlichen Zwangsmaßnahme bevoll-
mächtigt hat (§ 1906 Absatz 5 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs),“.

b) In Nummer 3 werden nach den Wörtern „freiheitsent-
ziehende Unterbringung“ die Wörter „und eine ärzt-
liche Zwangsmaßnahme“ eingefügt.

c) Folgender Satz wird angefügt:

„Auf die ärztliche Zwangsmaßnahme finden die für
die Unterbringung in diesem Abschnitt geltenden
Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit
nichts anderes bestimmt ist. Bei der Genehmigung
einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaß-
nahme ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers
stets erforderlich.“

Änderung der Vorsorgeregister-Verordnung

In § 1 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe c der Vorsorgeregis-
ter-Verordnung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 318), die
zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 6. Juli 2009
6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

B e s c h l ü s s e d e s 6 . A u s s c h u s s e s

2. Dem § 321 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

„Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine
ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren Anord-
nung soll der Sachverständige nicht der zwangsbe-
handelnde Arzt sein.“

3. § 323 wird wie folgt geändert:

a) u n v e r ä n d e r t

b) Folgender Absatz 2 wird angefügt:

„(2) Die Beschlussformel enthält bei der Genehmi-
gung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangs-
maßnahme oder bei deren Anordnung auch Angaben
zur Durchführung und Dokumentation dieser Maß-
nahme in der Verantwortung eines Arztes.“

4. § 329 wird wie folgt geändert:

a) Dem Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

u n v e r ä n d e r t

b) Folgender Absatz 3 wird angefügt:

„(3) Bei der Genehmigung einer Einwilligung in
eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren An-
ordnung mit einer Gesamtdauer von mehr als
zwölf Wochen soll das Gericht keinen Sachver-
ständigen bestellen, der den Betroffenen bisher be-
handelt oder begutachtet hat oder in der Einrich-
tung tätig ist, in der der Betroffene untergebracht
ist.“

5. § 331 Satz 1 Nummer 2 wird wie folgt gefasst:

„2. ein ärztliches Zeugnis über den Zustand des Be-
troffenen und über die Notwendigkeit der Maß-
nahme vorliegt; in den Fällen des § 312 Nummer 1
und 3 muss der Arzt, der das ärztliche Zeugnis er-
stellt, Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie
haben und soll Arzt für Psychiatrie sein,“.

6. § 333 wird wie folgt geändert:

a) u n v e r ä n d e r t

b) Folgender Absatz 2 wird angefügt:

„(2) Die einstweilige Anordnung darf bei der Ge-
nehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche
Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung die Dauer
von zwei Wochen nicht überschreiten. Bei mehrfacher
Verlängerung darf die Gesamtdauer sechs Wochen
nicht überschreiten.“

Artikel 3
Drucksache 17/12086 –

E n t w u r f

2. § 323 wird wie folgt geändert:

a) Der Wortlaut wird Absatz 1.

b) Folgender Absatz 2 wird angefügt:

„(2) Die Beschlussformel enthält im Fall der Ge-
nehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche
Zwangsmaßnahme oder im Fall der Anordnung einer
ärztlichen Zwangsmaßnahme auch Angaben zur
Durchführung und Dokumentation dieser Maßnahme
in der Verantwortung eines Arztes.“

3. Dem § 329 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

„Die Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche
Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung darf die Dauer
von sechs Wochen nicht überschreiten, wenn sie nicht
vorher verlängert wird.“

4. § 333 wird wie folgt geändert:

a) Der Wortlaut wird Absatz 1.

b) Folgender Absatz 2 wird angefügt:

„(2) Die einstweilige Anordnung im Falle der Ge-
nehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche
Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung darf die
Dauer von zwei Wochen nicht überschreiten. Bei
mehrfacher Verlängerung darf die Gesamtdauer sechs
Wochen nicht überschreiten.“

Artikel 3
u n v e r ä n d e r t

7 – Drucksache 17/12086

B e s c h l ü s s e d e s 6 . A u s s c h u s s e s

Artikel 4

u n v e r ä n d e r t

Artikel 5

Änderung des Rechtspflegergesetzes

In § 33 Absatz 3 Nummer 2 des Rechtspflegergeset-
zes vom 5. November 1969 (BGBl. I S. 2065), das zu-
letzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 5. Dezember
2012 (BGBl. I S. 2418) geändert worden ist, werden
die Wörter „Genehmigung einer Freiheitsentzie-
hung“ durch das Wort „Genehmigungen“ ersetzt.

Artikel 5

entfällt

Artikel 6

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am Tag
nach der Verkündung in Kraft. Artikel 5 tritt am 1. Januar
2018 in Kraft.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode –

E n t w u r f

(BGBl. I S. 1696) geändert worden ist, wird die Angabe
„Abs. 1 und 4“ durch die Wörter „Absatz 1, 3 und 4“ ersetzt.

Artikel 4

Änderung des Erwachsenenschutz-
übereinkommens-Ausführungsgesetzes

Das Erwachsenenschutzübereinkommens-Ausführungs-
gesetz vom 17. März 2007 (BGBl. I S. 314; 2009 II S. 39),
das durch Artikel 46 des Gesetzes vom 17. Dezember 2008
(BGBl. I S. 2586) geändert worden ist, wird wie folgt ge-
ändert:

1. § 8 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 1 werden die Wörter „den Buch“
durch die Wörter „dem Buch“ ersetzt.

b) In Absatz 2 Satz 1 wird das Wort „Unterbringung“
durch das Wort „Maßnahme“ ersetzt.

2. In § 12 Absatz 2 wird in dem Satzteil vor Nummer 1 die
Angabe „§ 1906 Abs. 4“ durch die Wörter „§ 1906 Ab-
satz 3 oder 4“ ersetzt.

Artikel 5

Änderung des Gesetzes zur Änderung der
Bundesnotarordnung und anderer Gesetze

In Artikel 6 Nummer 1 des Gesetzes zur Änderung der
Bundesnotarordnung und anderer Gesetze vom 15. Juli 2009
(BGBl. I S. 1798) werden in § 33 Absatz 3 Nummer 2 die
Wörter „Genehmigung einer Freiheitsentziehung“ durch
das Wort „Genehmigungen“ ersetzt.

Artikel 6

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

federführenden Ausschuss zu diesem wichtigen, starke Grundrechtseingriffe ermög-
lichenden Gesetzentwurf ein ordentliches Gesetzgebungs-
Der Rechtsausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 17/11513
in seiner 103. Sitzung am 28. November 2012 anberaten und
beschlossen, eine öffentliche Anhörung durchzuführen, die
er in seiner 105. Sitzung am 10. Dezember 2012 durchge-

verfahren mitsamt einer öffentlichen Anhörung stattgefun-
den habe, in deren Folge vom Rechtsausschuss noch
grundlegende Änderungen am Gesetzentwurf empfohlen
würden. Allerdings hätte im Gesetzestext selbst klarer zum
Drucksache 17/12086 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Thomas Silberhorn, Sonja Steffen, Stephan Thomae,
Jörn Wunderlich und Ingrid Hönlinger

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/11513 in seiner 208. Sitzung am 22. November 2012 be-
raten und an den Rechtsausschuss zur federführenden Bera-
tung und an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend sowie den Ausschuss für Gesundheit zur Mitbe-
ratung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat die Vorlage auf Drucksache 17/11513 in seiner 84. Sit-
zung am 16. Januar 2013 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Annahme des Gesetzentwurfs in der aus der Beschlussemp-
fehlung ersichtlichen Fassung. Die vorgeschlagenen Ände-
rungen entsprechen einem Änderungsantrag, der von den
Fraktionen der CDU/CSU und FDP im Rechtsausschuss ein-
gebracht und dessen Annahme der Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU, SPD und FDP bei Stimmenthaltung der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
empfiehlt.

Der Ausschuss für Gesundheit hat die Vorlage auf Druck-
sache 17/11513 in seiner 95. Sitzung am 16. Januar 2013
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetzent-
wurfs in der aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Fas-
sung. Die vorgeschlagenen Änderungen entsprechen einem
Änderungsantrag, der von den Fraktionen der CDU/CSU
und FDP im Rechtsausschuss eingebracht und dessen An-
nahme der Ausschuss für Gesundheit mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP bei Stimmenthal-
tung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN empfiehlt. Weiterhin empfiehlt der Ausschuss für
Gesundheit mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen SPD
und DIE LINKE. die Ablehnung des von der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Rechtsausschuss einge-
brachten Änderungsantrags.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im

Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Pro-
tokoll der 105. Sitzung vom 10. Dezember 2012 mit den an-
liegenden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen.

Zu dem Gesetzentwurf lagen dem Rechtsausschuss mehrere
Petitionen vor.

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 112. Sitzung
am 16. Januar 2013 abschließend beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Annahme des Gesetzentwurfs in der aus der Beschlussemp-
fehlung ersichtlichen Fassung. Die vorgeschlagenen Ände-
rungen entsprechen einem Änderungsantrag, der von den
Fraktionen der CDU/CSU und FDP im Rechtsausschuss ein-
gebracht und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenom-
men wurde.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßte, dass

Georg Dodegge Richter am Amtsgericht Essen

Ruth Fricke Bundesverband Psychiatrie-
Erfahrener e. V.

Dr. Jörg Grotkopp Richter am Amtsgericht
Ratzeburg

Dr. med. Iris Hauth St. Joseph-Krankenhaus, Berlin

Prof. Dr. Andreas Heinz Direktor der Klinik für Psychia-
trie und Psychotherapie der
Berliner Charité, Stellv. Vor-
sitzender der Aktion Psychisch
Kranke e. V.

Prof. Dr. med. Sabine
Herpertz

Universitätsklinikum Heidelberg

Leonore Julius Bundesverband der Angehörigen
Psychisch Kranker e. V.

Prof. Dr. Volker Lipp Georg-August-Universität
Göttingen, Juristische Fakultät,
Lehrstuhl für Bürgerliches
Recht, Zivilprozessrecht, Medi-
zinrecht und Rechtsvergleichung

Dr. Rolf Marschner Rechtsanwalt, München

Gabriele Sauermann Der Paritätische Gesamtverband,
Berlin.
führt hat. An dieser Anhörung haben folgende Sachverstän-
dige teilgenommen:

Ausdruck gebracht werden müssen, dass vor einer Zwangs-
behandlung der ernsthafte Versuch durchzuführen sei, die

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/12086

Einwilligung des Betroffenen zu erlangen. Der Anwen-
dungsbereich von Eilmaßnahmen müsse eingeschränkt wer-
den. Ein das Gutachten über eine Zwangsbehandlung erstel-
lender Arzt dürfe nie der Einrichtung angehören, in der die
Zwangsbehandlung erfolgt.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat einen Ände-
rungsantrag im Rechtsausschuss eingebracht, der folgenden
Wortlaut hatte:

Der Bundestag wolle beschließen:

1. In Artikel 1 Nummer 3 wird Absatz 3 wie folgt geändert:

a. Folgende Nummer 2 wird eingefügt :

„ 2. der ärztlichen Zwangsmaßnahme der ernsthafte,
mit dem angemessenen Zeitaufwand und ohne
Druck erfolgte Versuch vorausgegangen ist, die
auf Vertrauen gegründete Zustimmung des Be-
treuten zu erlangen,“

b. die bisherigen Nummern 2 bis 4 werden zu den Num-
mern 3 bis 5.

2. Artikel 2 wird wie folgt geändert:

a. In Nummer 1 wird Buchstabe c) wie folgt gefasst:

„c) Auf die ärztliche Zwangsmaßnahme finden die für
die Unterbringung in diesem Abschnitt gelten-
den Vorschriften entsprechende Anwendung, so-
weit nichts anderes bestimmt ist. Bei der Geneh-
migung einer Einwilligung in eine ärztliche
Zwangsmaßnahme ist die Bestellung eines Ver-
fahrenspflegers stets erforderlich.“

b. Nach Nummer 1 wird folgende Nummer 1a eingefügt:

„1a. Dem § 321 Absatz 1werden folgende Sätze ange-
fügt:

„Bei der Genehmigung einer Einwilligung in
eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder bei deren
Anordnung darf der Sachverständige weder der
behandelnde Arzt des Betroffenen noch in der
Einrichtung tätig sein, in der der Betroffene un-
tergebracht ist; der Arzt muss Facharzt für Psy-
chiatrie sein. In diesen Fällen muss das ärztliche
Gutachten sich auf alle Voraussetzungen nach
§ 1906 Abs. 3 BGB erstrecken.““

c. Nach Nummer 2 wird folgende Nummer 2a eingefügt:

„2a. Dem § 324 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„(3) Die sofortige Wirksamkeit eines Be-
schlusses über die Genehmigung einer Einwilli-
gung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder
deren Anordnung darf nur angeordnet werden,
wenn ohne sie die begründete Gefahr besteht,
dass der Betreute auf Grund des Aufschubs der
Maßnahme stirbt oder einen schweren gesund-
heitlichen Schaden erleidet.““

d. Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

„3. § 329 wird wie folgt geändert:

a) Dem Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

„Die Genehmigungen einer Einwilligung in

nicht überschreiten, wenn sie nicht vorher
verlängert wird.“

b) Folgender Absatz 3 wird angefügt:

„(3) Bei der Genehmigung einer Einwilli-
gung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme
oder deren Anordnung mit einer Gesamtdau-
er von mehr als zwölf Wochen soll das Ge-
richt keinen Sachverständigen bestellen, der
den Betroffenen bisher behandelt oder begut-
achtet hat oder in der Einrichtung tätig ist, in
der der Betroffene untergebracht ist.““

e. Nach Nummer 3 wird folgende Nummer 3a. einge-
fügt:

„3a. § 331 wird wie folgt geändert:

a) Der bisherige Wortlaut wird Abs. 1 und Num-
mer 2 wird wie folgt gefasst:

„2. ein ärztliches Zeugnis über den Zustand
des Betroffenen und über die Notwendig-
keit der Maßnahme vorliegt; in den Fäl-
len des § 312 Nummer 1 und 3 muss der
Arzt, der das ärztliche Zeugnis erstellt,
Erfahrung von mindestens zwei Jahren
auf dem Gebiet der Psychiatrie haben
oder Facharzt für Psychiatrie sein. In den
Fällen des § 312 Nr. 3 FamFG muss das
Zeugnis sich auf alle Voraussetzungen des
§ 1906 Nr. 3 BGB erstrecken.“

b) Folgender Absatz 2 wird angefügt:

„(2) Im Falle einer Genehmigung einer
Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaß-
nahme oder deren Anordnung ist eine einst-
weilige Anordnung nur zulässig, wenn ohne
sie die begründete Gefahr besteht, dass der
Betroffene auf Grund des Aufschubs der
Maßnahme stirbt oder einen schweren und
länger dauernden gesundheitlichen Schaden
erleidet.““

Begründung

Zum Nummer 1:

Der Zwangsbehandlung muss unabhängig von der Einwilli-
gungsfähigkeit des Betroffenen der ernsthafte, mit dem ange-
messenen Zeitaufwand und ohne Druck erfolgte Versuch
vorausgegangen sein, die auf Vertrauen gegründete Zustim-
mung des Betroffenen zu erreichen

Zu Nummer 2a:

Die Einführung dieser Muss-Regelung für die Bestellung
eines Verfahrenspflegers bei der Genehmigung der Einwilli-
gung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme trägt dem Gedan-
ken Rechnung, dass die ärztliche Zwangsmaßnahme in der
Unterbringung eine zusätzliche Maßnahme ist, bei der der
Betroffene ein besonderes Schutzbedürfnis (Anspruch auf
rechtliches Gehör) hat.

Zu Nummer 2b:
eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder der
Anordnung darf die Dauer von sechs Wochen

Bei der Einholung eines Gutachtens muss die vom Bundes-
verfassungsgericht geforderte unabhängige Überprüfung

Drucksache 17/12086 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

gewährleistet werden. Unabhängig ist die Überprüfung nur,
wenn der Sachverständige nicht nur nicht der behandelnde
Arzt ist, sondern wenn er auch von der Einrichtung unab-
hängig ist, in der der Betroffene untergebracht ist. Er muss
außerdem über eine Facharztausbildung in Psychiatrie ver-
fügen. Darüber hinaus muss das ärztliche Gutachten sich
auf alle in § 1903 Abs. 3 BGB normierten Voraussetzungen
beziehen, um sicherzustellen, dass die dort normierten stren-
gen Anforderungen erfüllt sind.

Zu Nummer 2c:

Eilmaßnahmen wie die Anordnung der sofortigen Wirksam-
keit des Beschlusses nach § 324 Abs. 2 FamFG und die einst-
weiligen Anordnungen nach §§ 331, 332 FamFG sollten nur
zulässig sein, wenn aufgrund des Aufschubs der Maßnahme
infolge der Dauer des Regelverfahrens die Gefahr droht,
dass der Betreute stirbt oder einen schweren und länger dau-
ernden gesundheitlichen Schaden erleidet.

Zu Nummer 2d:

Für die Verlängerung der Genehmigung der Einwilligung in
eine ärztliche Zwangsmaßnahme soll der Sachverständige
den Betroffenen noch nicht behandelt oder begutachtet ha-
ben, nicht der behandelnde Arzt des Betroffenen und auch
nicht Arzt in der Einrichtung sein, in der der Betroffene un-
tergebracht ist. Abweichungen von dieser Soll-Vorgabe sind
im Genehmigungsbeschluss zu begründen.

Zu Nummer 2e:

Insbesondere im Hinblick auf die erforderlichen Aussagen
zur Einsichtsunfähigkeit des Betroffenen muss das ärztliche
Zeugnis in den Fällen der Genehmigung einer freiheitsent-
ziehenden Unterbringung und der Genehmigung einer Ein-
willigung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme von einem
Arzt erstellt werden, der vertiefte Erfahrungen auf dem Ge-
biet der Psychiatrie hat. Aus Gründen der Qualitätssiche-
rung muss dieser Arzt Erfahrung von mindestens zwei Jah-
ren auf dem Gebiet der Psychiatrie haben oder Facharzt für
Psychiatrie sein. Das ärztliche Zeugnis muss sich auf alle in
§ 1903 Abs. 3 BGB normierten Voraussetzungen beziehen,
um sicherzustellen, dass die dort normierten strengen Anfor-
derungen erfüllt sind.

Der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN wurde mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktionen SPD und DIE LINKE. abgelehnt.

Die Fraktion der FDP begrüßte ebenfalls, dass man nach
der anfänglichen, der besonderen Dringlichkeit des Vorha-
bens geschuldeten Eile noch eine Entschleunigung der Bera-
tungen erwirkt habe. Das seitens der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN angesprochene Petitum, wonach vor einer
Zwangsbehandlung stets der Versuch unternommen werden
soll, den Betroffenen von der Notwendigkeit der Zwangs-
maßnahme zu überzeugen, werde mit den Änderungsanträ-
gen der Koalition hinreichend umgesetzt. Auch das eingefor-
derte Vier-Augen-Prinzip, wonach der begutachtende Arzt
nicht der entsprechenden Einrichtung angehören solle, habe

einerseits deutlich zum Ausdruck, dass, wenn immer dies
möglich sei, ein Dritter hinzugezogen werden müsse; in den
andererseits nicht von vornherein auszuschließenden Fällen
aber, wo dies aus praktischen Gründen schlicht nicht mög-
lich sei – etwa bei einer anstehenden Eilentscheidung in
Ferienzeiten, an Wochenenden oder an Feiertagen –, müsse
ausnahmsweise auch eine Durchbrechung dieses Grund-
satzes möglich sein. Mit den von den Koalitionsfraktionen
vorgeschlagenen Änderungen werde den berechtigten Kri-
tikpunkten an dem Gesetzentwurf abgeholfen.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, man habe den vorlie-
genden Gesetzentwurf sogar besonders ausführlich beraten,
weil man nicht nur eine öffentliche Anhörung, sondern in
deren Vorfeld auch noch ein erweitertes Berichterstatter-
gespräch durchgeführt habe. Die von der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgetragenen Anliegen seien
in den Änderungsanträgen der Koalition bereits enthalten,
namentlich der Versuch, den Betroffenen vorab von der
Notwendigkeit der Maßnahme zu überzeugen. Der Unter-
schied zu der ausführlichen Formulierung der entsprechen-
den Regelung in den Änderungsanträgen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN liege lediglich darin, dass der
auf eine Empfehlung der Gesellschaft für deutsche Sprache
zurückgehende Antrag der Koalition erheblich knapper for-
muliert sei, um die gesetzlichen Bestimmungen kurz, ein-
fach und verständlich zu halten. Die Forderung, wonach mit
der Begutachtung stets und ausnahmslos solche Fachärzte
für Psychiatrie zu betrauen seien, die aus einer anderen Ein-
richtung kommen und den Betroffenen noch nicht behandelt
hätten, sei nach den Rückmeldungen, die man aus den Bun-
desländern erhalten habe, nicht praktikabel, da damit unter
Umständen dringend notwendige medizinische Behandlun-
gen verhindert würden. Die Rechte des Betroffenen würden
zudem auch dadurch in besonderer Weise gewahrt, dass zu-
künftig stets die Bestellung eines Verfahrenspflegers erfol-
gen müsse. Dadurch werde sichergestellt, dass die vielen
einzuhaltenden Grenzen gewahrt würden und die Zwangs-
behandlung ultima ratio bleibe.

Die Fraktion DIE LINKE. betonte, zwar sei das Erforder-
nis der Bestellung eines Verfahrenspflegers tatsächlich posi-
tiv zu beurteilen; problematisch sei jedoch, wenn der Soll-
Charakter der Begutachtung durch einen nicht der Einrich-
tung angehörenden Arzt mit der Personalsituation gerecht-
fertigt werde. Wenn die Qualifikation des begutachtenden
Arztes nunmehr dahingehend konkretisiert werde, dass es
sich um einen erfahrenen Facharzt für Psychiatrie handeln
solle, so sei dies die Regelung einer Selbstverständlichkeit.
Da mit einer Zwangsbehandlung ganz erhebliche Eingriffe
in Grund- und Menschenrechte verbunden seien, dürfe sie in
der Tat nur ultima ratio sein; dem entspreche der vorliegende
Gesetzentwurf allerdings nicht, da er nichts zur Verringerung
der Zahl und Schwere von Zwangsmaßnahmen beitrage.
Dass es nach wie vor zu der Häufigkeit sowie der Art und
Weise der angewendeten Instrumente keine Erkenntnisse ge-
be, widerspreche klar der UN-Behindertenrechtskonvention,
die entsprechende Erhebungen fordere. Weiterhin stelle sich
seiner Fraktion die auch von Praktikern erhobene grundsätz-
liche Frage, ob das Mittel der Zwangsmaßnahme überhaupt
erforderlich sei oder ob man mit anderen, weniger intensiven
man in den Änderungsanträgen der Koalition sachgerecht
umgesetzt. Mit der einschlägigen Soll-Regelung komme

Maßnahmen – etwa „weiche Zimmer“, offene Türen – nicht
auch erfolgreich mit entsprechenden Fällen umgehen könne.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/12086

Die Fraktion der SPD bedankte sich für die letztlich sehr
konstruktive Zusammenarbeit bei der Beratung der Vorlage.
Nur der Fraktion der SPD sowie der Fraktion DIE LINKE.
sei es zu verdanken, dass das vorliegende Gesetz nicht in Ge-
stalt eines Änderungsantrages zu einem anderen, bereits ein-
gebrachten Gesetz, sondern als eigenständige Vorlage bera-
ten worden sei. Die bereits von den anderen Fraktionen
genannten Punkte habe man auch innerhalb der Fraktion der
SPD sorgfältig diskutiert. Was die bereits diskutierte Soll-
Vorschrift der Drittbegutachtung anbelangt, sei man zu dem
Schluss gelangt, dass hier auch Vertrauen in die Rechtspre-
chung sowie die involvierten Praktiker geboten sei. Die Er-
fahrung habe gezeigt, dass Soll-Vorschriften ernst genommen
und eingehalten würden, weshalb nur in Ausnahmefällen
hiervon abgewichen werde. Die Fraktion der SPD betonte,
sie hoffe, dass geeignete Evaluationsmaßnahmen veranlasst
würden, die hierüber Aufschluss geben.

Die Bundesregierung betonte, zwar habe sie sich aufgrund
der einschlägigen Rechtsprechung verpflichtet gesehen, dem
Deutschen Bundestag relativ rasch einen Gesetzesvorschlag
vorzulegen; dennoch sei das Gesetzgebungsverfahren stets
sorgfältig gewesen. Dies habe sich auch darin gezeigt, dass
die Bundesregierung von den in die Beratungen involvierten
Sachverständigen unter anderem den Grundgedanken mit-
genommen habe, dass bei derartig schwerwiegenden
Grundrechtseingriffen das bewährte Prinzip des Grund-
rechtsschutzes durch Verfahrensregelungen besondere Be-
deutung erlange. Da es katastrophal sei, wenn ein Betrof-
fener zwangsbehandelt werde, obwohl die materiell-
rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht vorlägen, gelte es,
Fehlentscheidungen über Verfahrenssicherungen nach Mög-
lichkeit von vornherein auszuschließen. Die Bundesregie-
rung bedankte sich bei den Fraktionen für die konstruktiven
Beratungen, die mit den nun vorliegenden Änderungsanträ-
gen der Koalition substanzielle Verbesserungen des Ent-
wurfs gezeitigt hätten.

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

Im Folgenden werden lediglich die vom Rechtsausschuss
empfohlenen Änderungen gegenüber der ursprünglichen
Fassung des Gesetzentwurfs erläutert. Soweit der Ausschuss
die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs empfiehlt,
wird auf die jeweilige Begründung in Drucksache 17/11513
verwiesen.

Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetz-
buchs – BGB)

Zu Nummer 3 (§ 1906 Absatz 3 und 3a BGB-E)

Zu § 1906 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 BGB-E

Bereits aus § 1901 Absatz 3 Satz 3 BGB folgt die Anforde-
rung, dass jeder Maßnahme nach § 1906 BGB im Sinne einer
vertrauensvollen Unterstützung der ernsthafte, mit dem nöti-
gen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks
unternommene Versuch vorauszugehen hat, den Betreuten
von der Notwendigkeit der Maßnahme zu überzeugen, d. h.
dass der Betreute seinen natürlichen Willen so ändert, dass

der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach
dieser Einsicht handeln kann. Aus Gründen der Klarstellung
wird dieser Gedanke in § 1906 Absatz 3 Nummer 2 BGB als
ein weiteres Kriterium für die Wirksamkeit der Einwilligung
ausdrücklich geregelt.

Zu § 1906 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 BGB-E

Die Änderungen sind rein sprachlicher Art.

Zu § 1906 Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 BGB-E

Die Änderung in § 1906 Absatz 3 Nummer 4 BGB ist aus
Gründen der Klarstellung erfolgt.

Zu Artikel 2 (Änderung des Gesetzes über das
Verfahren in Familiensachen und in
den Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit – FamFG)

Zu Nummer 1 (§ 312 FamFG-E)

Zu Buchstabe a (Nummer 1 FamFG-E)

Die Änderungen sind rein sprachlicher Art.

Zu Buchstabe c (Satz 2 und 3 – neu – FamFG-E)

Die Einfügung dieser Muss-Regelung für die Bestellung
eines Verfahrenspflegers bei der Genehmigung der Einwilli-
gung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme trägt dem Gedan-
ken Rechnung, dass die ärztliche Zwangsmaßnahme in der
Unterbringung eine zusätzliche Maßnahme ist, bei der der
Betroffene ein besonderes Schutzbedürfnis (Anspruch auf
rechtliches Gehör) hat.

Zu Nummer 2 (§ 321 Absatz 1 Satz 5 – neu – FamFG-E)

Der gerichtlichen Entscheidung hat eine unvoreingenomme-
ne ärztliche Begutachtung vorauszugehen. Daher soll bei der
Genehmigung der Einwilligung in eine ärztliche Zwangs-
maßnahme oder deren Anordnung der Sachverständige zu-
mindest nicht der zwangsbehandelnde Arzt sein. Die weite-
ren abgestuften Regelungen zur Begutachtung wurden auf
die einzelnen Verfahren zugeschnitten und sollen sicherstel-
len, dass höhere Anforderungen an die Auswahl des Sach-
verständigen zu beachten sind. Damit trägt die Regelung den
praktischen Gegebenheiten bei der Auswahl eines geeigne-
ten Sachverständigen einerseits und den Bedürfnissen der
Betroffenen andererseits Rechnung.

Abweichungen von dieser Soll-Vorgabe sind im Genehmi-
gungsbeschluss zu begründen.

Zu Nummer 3 (§ 323 FamFG-E)

Zu Buchstabe b (Absatz 2 FamFG-E)

Die Änderungen sind rein sprachlicher Art.

Mit der Beschlussformel sollen die Durchführung und Do-
kumentation der Maßnahme in der Verantwortung eines
Arztes gewährleistet werden. Dazu wird in der Regel fach-
ärztliche Erfahrung notwendig sein, um insbesondere Verän-
dieser nicht mehr gegen die Maßnahme gerichtet ist. Das ist
auch bei einem Betreuten möglich, der die Notwendigkeit

derungen des Krankheitsbildes und etwa auftretender Ne-
benwirkungen festzustellen und dokumentieren zu können.

Drucksache 17/12086 – 12 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu Nummer 4 (§ 329 FamFG-E)

Zu Buchstabe b (Absatz 3 – neu – FamFG-E)

Für die Verlängerung einer Unterbringung ist bisher schon
eine externe Begutachtung vorgesehen. Die Änderung soll
dazu führen, dass auch für die Verlängerung einer einstwei-
ligen Anordnung im Falle einer Genehmigung der Einwilli-
gung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme die gleichen Aus-
wahlkriterien für den Sachverständigen gelten.

Der Sachverständige soll den Betroffenen noch nicht behan-
delt oder begutachtet haben, nicht der behandelnde Arzt des
Betroffenen und auch nicht Arzt in der Einrichtung sein, in
der der Betroffene untergebracht ist. Abweichungen von die-
ser Soll-Vorgabe sind im Genehmigungsbeschluss zu be-
gründen.

Zu Nummer 5 (§ 331 Satz 1 Nummer 2 FamFG-E)

Insbesondere in Hinblick auf die erforderlichen Aussagen
zur Einsichtsunfähigkeit des Betroffenen muss das ärztliche
Zeugnis in den Fällen der Genehmigung einer freiheitsent-
ziehenden Unterbringung und der Genehmigung einer Ein-

willigung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme von einem
Arzt erstellt werden, der Erfahrungen auf dem Gebiet der
Psychiatrie hat und Arzt für Psychiatrie sein soll. Zu dem
Zeugnis und der beabsichtigten Behandlung kann dieser
Arzt das Fachwissen anderer Ärzte einbeziehen.

Zu Nummer 6 (§ 333 FamFG-E)

Zu Buchstabe b (Absatz 2 FamFG-E)

Die Änderungen sind rein sprachlicher Natur.

Zu Artikel 5 (Änderung des Rechtspfleger-
gesetzes)

Die bisher vorgesehene mittelbare Änderung des Rechtspfle-
gergesetzes wird durch eine direkte Änderung ersetzt.

Zu Artikel 6 (Inkrafttreten)

Aufgrund von Artikel 5 ist eine Differenzierung bei der Re-
gelung des Inkrafttretens notwendig.

Berlin, den 16. Januar 2013

Thomas Silberhorn
Berichterstatter

Sonja Steffen
Berichterstatterin

Stephan Thomae
Berichterstatter

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Ingrid Hönlinger
Berichterstatterin

t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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