BT-Drucksache 17/11569

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 17/10200, 17/10202, 17/10813, 17/10823, 17/10824, 17/10825 - Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltsgesetz 2013) hier: Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung

Vom 19. November 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11569
17. Wahlperiode 19. 11. 2012

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Inge Höger, Harald Koch, Christine
Buchholz, Dr. Gesine Lötzsch, Dr. Dietmar Bartsch, Steffen Bockhahn, Roland
Claus, Michael Leutert und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/10200, 17/10202, 17/10813, 17/10823, 17/10824, 17/10825 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2013
(Haushaltsgesetz 2013)

hier: Einzelplan 14
Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

1. Mit dem vorgelegten Entwurf des Einzelplans 14 werden die im Jahr 2010
vereinbarten Sparvorgaben für die Bundeswehr in Höhe von 8,3 Mrd. Euro
endgültig ad acta gelegt und der falsche Aufrüstungskurs wird fortgesetzt.
Im Zuge der „Neuausrichtung der Bundeswehr“ mit dem klaren Ziel der
Verbesserung der Interventionsfähigkeiten wird der Verteidigungsetat sogar
für 2013 um 4,4 Prozent erhöht. Zumindest bis 2016 gibt die nunmehr gül-
tige mittelfristige Finanzplanung die noch im Jahr 2010 vorgesehenen Spar-
anstrengungen bei den Verteidigungsausgaben praktisch auf. Lag bislang der
Anteil militärischer Ausgaben zum Bundeshaushalt bei 10 Prozent, steigt er
in dem vorliegenden Entwurf auf 11 Prozent. Die Militärausgaben belasten
die Menschen in Deutschland pro Kopf mit über 400 Mio. Euro.

2. Obschon seit zwei Jahrzehnten keine ernsthafte Bedrohung für das Territo-
rium der Bundesrepublik Deutschland sowie für die Staaten der Europäischen
Union besteht, verweigert sich die Bundesregierung nach wie vor einer
friedenspolitisch orientierten Abrüstung. Stattdessen findet lediglich ein
quantitativer Kurswechsel statt. Waffensysteme, die ursprünglich für Ein-

satzszenarien großer Landkriege konzipiert wurden, wie der Leopard 2 oder
der Eurofighter (Abfangjägervariante), werden in ihren Beständen oder ihrer
Beschaffungszahl lediglich reduziert. Demgegenüber werden massiv neue
Waffensysteme eingekauft (Schützenpanzer, Drohnen, Mehrzweckschiffe)
bzw. laufende Beschaffungsvorhaben ungehindert fortgesetzt, die dem
Fähigkeitsprofil einer Interventionsarmee entsprechen.

Drucksache 17/11569 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. Die „Neuausrichtung der Bundeswehr“ stellt das Gegenteil einer echten
Friedenspolitik dar. Abschreckung oder militärische Interventionen schaffen
keine Sicherheit. Den immer wieder beschworenen sicherheitspolitischen
Risiken und Bedrohungen durch die Weiterverbreitung von Massenvernich-
tungswaffen, Terrornetzwerken und den regionalen Auswirkungen soge-
nannter gescheiterter Staaten kann mit militärischen Mitteln nicht nachhaltig
begegnet werden. Die globalen Herausforderungen wie Hunger, Armut,
Wasserknappheit, Klimawandel und seine Folgen sowie generell die End-
lichkeit der Ressourcen sind vielmehr ein Ergebnis mangelnder Verteilungs-
gerechtigkeit. Hierfür bedarf es ziviler Instrumente, die auch die Ursachen
von „Risiken“ und „Bedrohungen“ berücksichtigen. Hierzu gehört u. a. der
ambitionierte Aufbau eines europäischen Systems gegenseitiger kollektiver
Sicherheit, dessen Grundverständnis die berechtigte Sicherheit aller Betei-
ligten ist.

4. Die Reform der Bundeswehr muss eine andere, eine ernsthafte friedenspoli-
tische Richtung einschlagen. Umfassende Abrüstungs- und Konversions-
maßnahmen sind zweifellos mit hohen Kosten, auch gesellschaftlichen,
verbunden. Doch langfristig gesehen sind sie die einzige Möglichkeit für
nachhaltige Einsparungen im Verteidigungs- und somit im gesamten Bundes-
haushalt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. in einem ersten Schritt hin zu einer glaubwürdigen Friedens- und Abrüs-
tungspolitik die von 2010 bis 2017 vereinbarten Sparvorgaben für den Ein-
zelplan 14 in Höhe von 8,3 Mrd. Euro einzuhalten, die Auslagerung von
Verteidigungskosten in andere Etats dauerhaft zu unterlassen und konkrete
Planungen vorzulegen für eine Halbierung aller Verteidigungsausgaben
innerhalb der nächsten zehn Jahre;

2. die derzeitigen Auslandseinsätze der Bundeswehr zu beenden und sich an
keinen neuen Auslandseinsätzen zu beteiligen;

3. sämtliche für Auslandseinsätze vorhandene Strukturen und Fähigkeiten der
Bundeswehr ersatzlos aufzulösen;

4. kostenintensive Beschaffungsvorhaben wie z. B. A400M, Eurofighter,
Schützenpanzer Puma und Fregatte 125 (insgesamt mit einem Volumen von
weit über 20 Mrd. Euro) sofort einzustellen und die freiwerdenden Mittel
u. a. für die Finanzierung einer neuen friedensorientierten Außen- und
Sicherheitspolitik zu verwenden;

5. sämtliche Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Beschaffung unbe-
mannter Systeme mit Kampffähigkeiten (Drohnen) einzustellen;

6. sich nicht mehr am Ausbau der Interventionskapazitäten von NATO und EU
zu beteiligen und zunächst die Beteiligung an NATO Response Force (NRF)
und European Union Battlegroups (EUBG) zu beenden sowie keine Einhei-
ten mehr für die European Rapid Reaction Forces (ERRF) zu stellen;

7. durch folgende Maßnahmen einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Abrüs-
tung zu leisten:

• Beendigung der technischen nuklearen Teilhabe Deutschlands durch die
Auflösung des Tornado-Geschwaders in Büchel und die Ablehnung der
Modernisierung der US-Atomwaffen in Deutschland;

• Ratifizierung des A-KSE-Vertrages (Übereinkommen über die Anpassung
des Vertrags über konventionelle Streitkräfte in Europa) zur Wiederbele-

bung des gesamten A-KSE-Prozesses und damit Fortführung einer umfas-
senden Abrüstung konventioneller Waffen in Europa;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11569

• Beendigung der von der Bundeswehr mitfinanzierten Rüstungsforschung
an Universitäten und Hochschulen;

8. Einsparungen im Einzelplan 14 für die Finanzierung von langfristigen Kon-
versionsprogrammen zu nutzen und zu gewährleisten, dass

• die betroffenen Kommunen bei der Entwicklung von Nachnutzungskon-
zepten der Bundeswehrstandorte unterstützt werden;

• 220 Mio. Euro für eine umfassende Konversion der Kyritz-Ruppiner
Heide bereitgestellt werden;

• (ehemalige) Bundeswehrangehörige beim Wiedereinstieg ins Berufsleben
außerhalb der Bundeswehr gefördert werden;

• Rüstungsunternehmen bei der konzeptionellen Ausarbeitung einer Pro-
duktkonversion unterstützt werden.

Berlin, den 19. November 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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