BT-Drucksache 17/11178

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP - Drucksachen 17/10773, 17/11174 - Entwurf eines Gesetzes zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung

Vom 24. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11178
17. Wahlperiode 24. 10. 2012

Dr. Claudia Winterstein, Dr. Gesine Lötzsch und Priska Hinz (Herborn)
Mit dem Gesetzentwurf ist beabsichtigt, die Verdienstgren-
zen für geringfügige Beschäftigung und Beschäftigung in
der Gleitzone in Anlehnung an die allgemeine Lohnent-
wicklung anzupassen.

Zudem soll die soziale Absicherung geringfügig Beschäftig-
ter erhöht werden, indem die Versicherungspflicht gering-
fügig Beschäftigter in der gesetzlichen Rentenversicherung
zur Regel wird.

Die finanziellen Auswirkungen des Gesetzentwurfs auf die
öffentlichen Haushalte stellen sich wie folgt dar:

1. Sozialversicherungen

Durch die Anhebung der Entgeltgrenzen für geringfügig
entlohnte Beschäftigungen auf 450 Euro je Monat und für
Beschäftigungen in der Gleitzone auf 850 Euro je Monat
entstehen den Zweigen der Sozialversicherungen Minder-
einnahmen. In der gesetzlichen Rentenversicherung stehen
diesen Mindereinnahmen kompensierende Mehreinnahmen
aus der verbesserten Absicherung geringfügig entlohnter

Mindereinnahmen (in Mio. Euro)

2. Bundeshaushalt

Ausgehend von rund 260 000 Leistungsberechtigten in der
Grundsicherung für Arbeitsuchende, die im Jahr 2011 Brut-
toeinkommen aus abhängiger Erwerbstätigkeit zwischen
400,01 und 850 Euro erzielten, und rund 600 000 Leistungs-
berechtigten mit Einkommen bis 400 Euro führt die Anhe-
bung der Mini- und Midijobgrenze im Jahr 2013 voraus-
sichtlich zu Mehrausgaben in der Grundsicherung für
Arbeitsuchende in Höhe von rund 16 Mio. Euro. Im Jahr
2014 belaufen sich die Mehrausgaben voraussichtlich auf

Jahr 2013 2014 2015 2016

Rentenversicherung – – – –

Krankenversicherung 50 50 40 40

Pflegeversicherung 10 10 20 20

Arbeitslosenversicherung 10 10 30 30
Bericht der Abgeordneten Bettina Hagedorn, Axel E. Fischer (Karlsruhe-Land),
Bericht
des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)
gemäß § 96 der Geschäftsordnung

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
– Drucksachen 17/10773, 17/11174 –

Entwurf eines Gesetzes zu Änderungen im Bereich der geringfügigen
Beschäftigung
Beschäftigter gegenüber. Die Mindereinnahmen in der ge-
setzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversi-
cherung und der Arbeitslosenversicherung sind in der nach-
stehenden Tabelle aufgeführt.

rund 31 Mio. Euro. Ab dem Jahr 2015 können Mehraus-
gaben in der Grundsicherung für Arbeitsuchende von bis zu
70 Mio. Euro jährlich entstehen. Diese Mehrausgaben wer-
den in den Haushaltsansätzen aufgefangen.

Drucksache 17/11178 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Die Neuregelungen führen zu Steuerausfällen für den Bund
bei der Einkommen- und Lohnsteuer sowie beim Solida-
ritätszuschlag. Die Steuerausfälle werden auf jährlich
95 Mio. Euro beziffert.

3. Haushalte von Ländern und Kommunen

Die Neuregelungen führen zu Steuerausfällen für Länder
und Gemeinden bei der Einkommen- und Lohnsteuer. Die
Steuerausfälle werden auf jährlich 115 Mio. Euro beziffert
(Länder: 85 Mio. Euro, Gemeinden: 30 Mio. Euro).

Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für geringfügig entlohnt Beschäftigte mit zukünftig vollem
Schutz in der gesetzlichen Rentenversicherung verringert
sich der Erfüllungsaufwand. Während sie bislang gegenüber
dem Arbeitgeber den Verzicht auf die Versicherungsfreiheit
erklären mussten, bedarf es künftig keines Tätigwerdens.

Für diejenigen geringfügig entlohnt Beschäftigten, die sich
gegen die Pflichtversicherung in der gesetzlichen Renten-
versicherung entscheiden, entsteht eine neue Informations-
pflicht durch Abgabe eines Antrags auf Befreiung von der
Versicherungspflicht bei ihren Arbeitgebern. Der Zeitauf-
wand ist pro Antrag durchschnittlich mit einer halben
Stunde Information und etwa zehn Minuten für das Erstel-
len des Antrags sowie der Hinterlegung beim Arbeitgeber
anzusetzen.

Nach Angaben der Minijobzentrale kann je Jahr von rund
3,5 Millionen Fällen neuer Beschäftigungsverhältnisse
(40 Prozent der etwa 8,64 Millionen Anmeldungen gering-
fügiger Beschäftigungsverhältnisse) ausgegangen werden,
von denen angenommen wird, dass etwa 90 Prozent, also
3,15 Millionen Fälle, von der Befreiung Gebrauch machen
werden.

Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Aus den Regelungen wird sich ein Umstellungsaufwand für
die Arbeitgeber bezüglich der Meldeverfahren zur Sozial-
versicherung ergeben. Für die bestehenden rund 7,2 Millio-
nen geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnisse
(Statistik der Bundesagentur für Arbeit) im gewerblichen
Bereich sowie die von den Übergangsvorschriften für die
Gleitzone betroffenen rund 400 000 Beschäftigten haben die
Arbeitgeber in ihren Stammdaten ein entsprechendes Kenn-
zeichen zu setzen. Betroffen sind davon rund 2 Millionen
Arbeitgeber mit einem Zeitaufwand von rund zehn Minuten
je Fall. Bei einem durchschnittlichen Entgelt von 28,50
Euro je Stunde entspricht dies insgesamt einem einmaligen
Aufwand von 35 Mio. Euro. Nutzen Arbeitgeber für diese
Dienste einen Steuerberater oder einen anderen Dienstleis-
ter, wird die Belastung in diesen Fällen noch höher.

Für alle ab dem 1. Januar 2013 neu eingestellten Beschäftig-
ten ist für die Entgeltabrechnung eine Ergänzung des Ent-
geltabrechnungsprogramms erforderlich. Dies wird im Rah-
men der bestehenden Pflegeverträge, die durch jährliche
Pauschalzahlungen abgegolten werden, mit eingepflegt.

Alle Arbeitgeber, Steuerberater und Dienstleister haben da-
rüber hinaus die Erfassungsbögen für die Aufnahme der
Stammdaten der geringfügig entlohnt Beschäftigten durch

beschäftigung einmalig zu ergänzen, da in diesen Fällen die
Befreiung für alle gleichzeitig bestehenden Beschäftigungs-
verhältnisse gilt.

Der Arbeitgeber hat den schriftlichen Antrag auf Befreiung
von der Rentenversicherungspflicht vom Arbeitnehmer ent-
gegen- und zu den Lohnunterlagen zu nehmen. Der Auf-
wand dürfte hier durchschnittlich bei 15 Minuten liegen, da
in einer Mehrzahl der Fälle davon auszugehen ist, dass der
Antrag bei Beschäftigungsaufnahme seitens des Beschäftig-
ten nicht mitgebracht wird und ein zweiter Termin zur Vor-
lage des Dokumentes notwendig wird. Geht man von einer
gleichbleibenden Zahl von neuen Beschäftigungsverhältnis-
sen in den kommenden Jahren aus, handelt es sich um etwa
3,15 Millionen Fälle und einen Aufwand von 22 Mio. Euro
je Jahr.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Bürokratiekosten aus Informationspflichten für den Arbeit-
geber entstehen durch den Umstellungsaufwand für die Än-
derungen im Meldeverfahren.

Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Einmalig entsteht bei der Minijobzentrale als zuständige
Einzugsstelle Aufwand für die Umstellung und Ergänzung
ihrer Programme inklusive der Ergänzung des Kernprüfpro-
grammes für die Arbeitgebermeldungen zur versicherungs-
rechtlichen Eingruppierung der gemeldeten Zeiträume so-
wie Schulungsaufwand. Dieser Aufwand betrifft zahlreiche
Arbeitsbereiche bei der Minijobzentrale und kann von daher
derzeit nicht abschließend geschätzt werden.

Soweit es sich um die Prüfung bei Mehrfachbeschäftigun-
gen und die Rückmeldungen an die Arbeitgeber in den Fäl-
len der Überschneidung von Befreiungszeiträumen handelt,
werden vergleichbare Meldungen aufgrund der bestehenden
Verzichtsregelung schon heute übermittelt. In welchem
Umfang möglicherweise mit zusätzlichen Meldungen zu
rechnen ist, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgeschätzt
werden. Auf der Grundlage der Kostenermittlung für eine
Meldung nach den Ermittlungen im Rahmen des Standard-
kostenmodells würde der Mehraufwand für je 100 000 Mel-
dungen bei rund 90 000 Euro liegen.

Sofern im Rahmen der allgemeinen Informations- und Auf-
klärungspflichten der Bestand der geringfügig entlohnt Be-
schäftigten über die neue Rechtslage unterrichtet wird, fal-
len je nach Umfang des Informationsschreibens einmalige
Kosten in Höhe von 1,8 Mio. Euro bzw. 4 Mio. Euro (ein-
seitiges bzw. zweiseitiges Schreiben) an.

Für die Übergangszeit bis mindestens 2015 sind Telefon-
dienste für Auskünfte an Arbeitgeber und Versicherte zur
neuen Rechtslage einzurichten beziehungsweise zu erwei-
tern. Auf der Grundlage der Erfahrungen mit früheren Neu-
regelungen kann von rund 60 000 Anrufen je Monat ausge-
gangen werden. Der dadurch entstehende Kostenaufwand
beläuft sich auf der Grundlage der heutigen Kosten auf ins-
gesamt etwa 1,5 Mio. Euro je Jahr.

Ab 2016 ist weiterhin mit Beratungsbedarf für die Personen,
die sich von der Versicherungspflicht befreien lassen wol-
len, zu rechnen. Hier kann man von rund 346 000 Fällen im
ein Feld zur Erfassung der Befreiung von der Versiche-
rungspflicht in der Rentenversicherung bei Mehrfach-

Jahr ausgehen oder einem Kostenaufwand von rund 1 Mio.
Euro je Jahr.

Berlin, den 24. Oktober 201

Der Haushaltsausschuss

Petra Merkel (Berlin)
Vorsitzende

cher (Karlsruhe-Land)
tter

Lötzsch
tterin
Der Wirtschaft entstehen keine sonstigen Kosten. Auswir-
kungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucher-
preisniveau sind nicht zu erwarten.

Der Haushaltsausschuss hält den Gesetzentwurf mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für mit der Haushaltslage
des Bundes vereinbar.

Die Finanzplanung des Bundes für die Folgejahre ist ent-
sprechend fortzuschreiben.

Dieser Bericht beruht auf der vom federführenden Aus-
schuss für Arbeit und Soziales vorgelegten Beschlussemp-
fehlung.

2

Bettina Hagedorn
Berichterstatterin

Axel E. Fis
Berichtersta

Dr. Claudia Winterstein
Berichterstatterin

Dr. Gesine
Berichtersta

Priska Hinz (Herborn)
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11178

Aufgrund des vierjährigen Prüfungsturnus entsteht bei den
Betriebsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung in
den Jahren bis 2017 ein höherer Aufwand, da gegebenen-
falls im Einzelfall geprüft werden muss, ob die versiche-
rungsrechtlichen Voraussetzungen für die jeweilige Bei-
tragsabführung vorlagen und in den Entgeltunterlagen be-
legt sind. Betroffen sind davon rund 2 Millionen Arbeitge-
ber, also rund zwei Drittel aller Prüfungen in den Jahren
2014 bis 2017. Je Fall ist mit etwa fünf Minuten Aufwand
zu rechnen. Bei einem Entgelt von 33 Euro je Stunde ent-
spricht das 2,75 Euro Mehraufwand je Fall. Angenommen
wird eine Stichprobe von 20 Prozent, das bedeutet rund
1,4 Millionen Fälle im Jahr. Dies entspricht einem Mehrauf-
wand von knapp 4 Mio. Euro je Jahr.

Darüber hinaus entsteht Schulungsaufwand auch bei den
Krankenkassen, da ihre Mitarbeiter im Rahmen des Melde-
verfahrens auch Fragen zur Versicherungspflicht beantwor-
ten müssen.

Weitere Kosten

x

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