BT-Drucksache 17/11040

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern

Vom 17. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/11040
17. Wahlperiode 17. 10. 2012

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Dr. Lukrezia Jochimsen, Jan Korte, Agnes
Alpers, Herbert Behrens, Nicole Gohlke, Dr. Rosemarie Hein, Ulla Jelpke, Petra
Pau, Jens Petermann, Kathrin Senger-Schäfer, Frank Tempel, Halina Wawzyniak
und der Fraktion DIE LINKE.

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von
Urhebern und ausübenden Künstlern

A. Problem

Am 1. Juli 2002 trat das „Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von
Urhebern und ausübenden Künstlern“ (BGBl. I S. 1155) in Kraft, mit dem das
Urheberrechtsgesetz von 1965 geändert wurde. Ziel war es, eine Stärkung der
Urheberinnen und Urheber, der ausübenden Künstlerinnen und Künstler im Ver-
tragsrecht zu erzielen, damit diese angemessen an dem wirtschaftlichen Nutzen
ihrer Arbeit beteiligt würden. Heute, zehn Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes,
ist dieses Ziel noch immer nicht verwirklicht. Teils hat das „Stärkungsgesetz“
seine Wirkung verfehlt, teils hat der digitale Wandel der letzten zehn Jahre Ent-
wicklungen bewirkt, die seinerzeit noch nicht in vollem Umfang absehbar waren.

B. Lösung

Das „Stärkungsgesetz“ von 2002 wird so nachgebessert, dass sein erklärtes Ziel,
die Urheberinnen und Urheber sowie die ausübenden Künstlerinnen und Künst-
ler im Vertragsverhältnis so zu stärken, dass ihnen für die Nutzung ihrer Werke
eine angemessene Vergütung zusteht, verwirklicht wird. Urheberinnen und Ur-
hebern sowie ausübenden Künstlerinnen und Künstlern soll die Durchsetzung
ihres Anspruchs auf angemessene Vergütung für jede Art der Werknutzung er-
leichtert werden. Zudem sollen unterschiedlich ausgestaltete Einschränkungen
der Möglichkeit, dem Vertragspartner unbeschränkte Rechte einzuräumen, ver-
hindern, dass Urheberinnen und Urheber sowie ausübende Künstlerinnen und
Künstler bei Vertragsschluss von strukturell überlegenen Partnern übervorteilt
werden. Um die Betroffenen in die Lage zu versetzen, als selbstständige Markt-
teilnehmer aus eigener Kraft eine angemessene Vergütung zu erzielen, muss ge-
währleistet sein, dass sie souverän über ihre Rechte verfügen und mit diesen
Rechten wirtschaften können.

C. Alternativen
Der Gesetzgeber gibt das Bemühen um einen Interessenausgleich im Urheber-
recht auf und setzt die Interessen der Verwerter einseitig zulasten der Urheberin-
nen und Urheber sowie der Nutzerinnen und Nutzer durch.

D. Kosten

Keine.

übung kann nicht ausgeschlossen werden. Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine gemeinsame Vergü-
(7) Eine zeitlich unbeschränkte und inhaltlich um-
fassende Einräumung von Nutzungsrechten gegen
eine Pauschalvergütung (Total Buyout) ist nur mög-
lich, wenn bei Vertragsschluss zuverlässig vorausge-
sagt werden kann, dass das Werk innerhalb der gesetz-
lichen Schutzfrist nur in einem Umfang genutzt wird,

tungsregel noch nicht aufgestellt und weicht eine vertrag-
lich vereinbarte Vergütung zu Ungunsten des Urhebers
von einer solchen ab, so gilt im Zweifel auf den Zeitpunkt
des Vertragsschlusses bezogen Satz 1. Im Übrigen ist die
Vergütung angemessen, wenn sie im Zeitpunkt des Ver-
tragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr
nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmög-
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Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von
Urhebern und ausübenden Künstlern

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Urheberrechtsgesetzes

Das Urheberrechtsgesetz in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1273), das zuletzt
durch … geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In § 11 Satz 2 werden nach den Wörtern „einer angemes-
senen Vergütung für“ die Wörter „die Einräumung von
Nutzungsrechten und“ eingefügt.

2. § 31 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 5 wird wie folgt gefasst:

„(5) Inhalt und Umfang der eingeräumten Nut-
zungsrechte müssen dem von beiden Partnern zugrun-
de gelegten Vertragszweck entsprechen. Entsprechen-
des gilt für die Frage, ob es sich um ein einfaches oder
ausschließliches Nutzungsrecht handelt, wie weit das
Nutzungsrecht und die Verbotsrechte reichen und
welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht unter-
liegt. Das Erfordernis der Zweckbindung kann nicht
durch anderweitige Vertragsgestaltung umgangen
werden. Um die Bestimmung einer angemessenen
Vergütung nach § 32 zu erleichtern, sind die Nut-
zungsarten grundsätzlich einzeln zu bezeichnen.“

b) Die folgenden Absätze 6 und 7 werden angefügt:

„(6) Hat der Urheber ein ausschließliches Nut-
zungsrecht für einen Zeitraum von mehr als fünf Jah-
ren eingeräumt, so kann er das Vertragsverhältnis
nach Ablauf von fünf Jahren unter Einhaltung einer
Kündigungsfrist von einem Jahr zum Ende eines je-
den Kalenderjahres kündigen. Mit dem Wirksamwer-
den der Kündigung erlischt das Nutzungsrecht. Will
der Urheber nach dem Wirksamwerden der Kündi-
gung das Werk wieder verwerten, so ist er verpflich-
tet, dem früheren Inhaber des Nutzungsrechts ein
entsprechendes Nutzungsrecht zu angemessenen Be-
dingungen anzubieten. Auf das Kündigungsrecht
kann im Voraus nicht verzichtet werden. Seine Aus-

3. § 31a wird wie folgt gefasst:

㤠31a

Verträge über unbekannte Nutzungsarten

(1) Ein Vertrag, durch den der Urheber Rechte für un-
bekannte Nutzungsarten einräumt oder sich dazu ver-
pflichtet, bedarf der Schriftform. Der Schriftform bedarf
es nicht, wenn der Urheber unentgeltlich ein einfaches
Nutzungsrecht für jedermann einräumt. Der Urheber
kann diese Rechtseinräumung oder die Verpflichtung
hierzu widerrufen.

(2) Das Widerrufsrecht erlischt, wenn sich die Parteien
nach Bekanntwerden der neuen Nutzungsart auf eine
Vergütung nach § 32c Absatz 1 geeinigt oder die Vergü-
tung nach einer gemeinsamen Vergütungsregel verein-
bart haben.

(3) Kommt innerhalb von sechs Monaten nach Auf-
nahme der Nutzung keine Einigung über die Vergütung
zustande, erlischt das Nutzungsrecht und fällt an den Ur-
heber zurück. Der Anspruch des Urhebers auf eine ange-
messene Vergütung für die erfolgte Nutzung bleibt unbe-
rührt.

(4) Sind mehrere Werke oder Werkbeiträge zu einer
Gesamtheit zusammengefasst, die sich in der neuen Nut-
zungsart in angemessener Weise nur unter Verwendung
sämtlicher Werke oder Werkbeiträge verwerten lässt, so
kann der Urheber das Widerrufsrecht nicht wider Treu
und Glauben ausüben.

(5) Auf die Rechte nach den Absätzen 1 bis 4 kann im
Voraus nicht verzichtet werden.“

4. § 32 wird wie folgt gefasst:

㤠32

Angemessene Vergütung

(1) Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungs-
rechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf
die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der
Vergütung nicht bestimmt oder ist die vereinbarte Vergü-
tung nicht angemessen, gilt die angemessene Vergütung
als vereinbart.

(2) Eine nach einer gemeinsamen Vergütungsregel
(§ 36) ermittelte Vergütung ist angemessen. War zum
für den das vereinbarte Pauschalhonorar angemessen
ist.“

lichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nut-
zung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/11040

und redlicherweise zu leisten ist. Eine Vergütung ist red-
lich, wenn sie die Interessen des Urhebers neben den In-
teressen des Verwerters gleichberechtigt berücksichtigt,
die Grundstruktur der Honorarvereinbarung dem Betei-
ligungsgrundsatz entspricht und wenn die Höhe der
vereinbarten Gegenleistung mit dem Umfang der ein-
geräumten Nutzungsrechte korrespondiert. Bei der Be-
messung sind ferner der Leistungsaufwand des Urhebers
sowie aus der Nutzung resultierende Gewinne und andere
Vorteile des Nutzers einzubeziehen. Auf eine abweichen-
de Branchenübung kann sich der Vertragspartner auch
dann nicht berufen, wenn diese üblich ist. Der Anspruch
auf Vertragsanpassung kann auch von einem Berufsver-
band zugunsten des Anspruchsinhabers geltend gemacht
werden.

(3) Die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung einer
angemessenen Vergütung wird gehemmt:

1. durch die Aufnahme von Verhandlungen zur Bestim-
mung der Angemessenheit von Vergütungen nach
§ 36 oder

2. wenn die Angemessenheit der Vergütung in einem
vergleichbaren Fall Gegenstand eines gerichtlichen
Verfahrens ist, ab Revisionseinlegung beim Bundes-
gerichtshof, solange die Revision nicht als unzulässig
verworfen oder zurückgewiesen wurde.

Die §§ 203, 204 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
gelten entsprechend.

(4) Auf eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Urhe-
bers von den Absätzen 1 bis 3 abweicht, kann der Ver-
tragspartner sich nicht berufen. Die in Satz 1 bezeichne-
ten Vorschriften finden auch Anwendung, wenn sie durch
anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Der Urhe-
ber kann aber unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht
für jedermann einräumen.

(5) Absatz 1 Satz 2 gilt nicht, soweit die Vergütung für
die Nutzung der betreffenden Werke tarifvertraglich be-
stimmt ist.“

5. In § 32c Absatz 1 Satz 2 wird die Angabe „§ 32 Abs. 2
und 4“ durch die Wörter „§ 32 Absatz 2 und 5“ ersetzt.

6. Dem § 34 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:

„Eine Zustimmung zur Übertragung von Nutzungsrech-
ten ist jedoch nicht im Rahmen von Allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen möglich.“

7. In § 35 Absatz 2 wird die Angabe „§ 34 Abs. 1 Satz 2“
durch die Wörter „§ 34 Absatz 1 Satz 2 und 3“ ersetzt.

8. § 36 wird wie folgt geändert:

a) Dem Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:

„Berufsverbände und kleinere Urhebervereinigungen,
die die Voraussetzungen nach Satz 1 nicht erfüllen,
können auf eigenen Wunsch einen Vertreter zu den
Verhandlungen entsenden, der diesen mit beratender
Stimme beiwohnt.“

b) Die folgenden Absätze 5 bis 7 werden angefügt:

„(5) Wenn sich innerhalb von drei Monaten, nach-

in der jeweiligen Branche keine Vereinigung von Werk-
nutzern findet, die die Voraussetzungen nach Absatz 2
erfüllt, benennt das Bundesministerium der Justiz einen
Verhandlungspartner, der im Namen der Werknutzer
mit der Vereinigung der Urheber eine gemeinsame Ver-
gütungsregel aushandelt. Die Möglichkeit, in ein Ver-
fahren vor der Schlichtungsstelle nach § 36a einzutre-
ten, bleibt unbenommen.

(6) Wird dem Einigungsvorschlag der Schlichtungs-
stelle nach Absatz 4 widersprochen, ist das Bundes-
ministerium der Justiz nach Ablauf von sechs Monaten
ermächtigt, auf dessen Grundlage gemeinsame Vergü-
tungsregeln durch Rechtsverordnung festzulegen, so-
fern die Parteien zu keiner anderen Einigung gefunden
haben. Die Rechtsverordnung bedarf der öffentlichen
Bekanntmachung und ist bei Aufstellung gemeinsamer
Vergütungsregeln im Verfahren nach Absatz 1 Satz 1
aufzuheben.

(7) Die Anwendung gemeinsamer Vergütungsregeln
durch Werknutzer kann auf dem Wege der Verbandskla-
ge durch Vereinigungen nach Absatz 1 geltend gemacht
werden.“

9. § 41wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Übt der Inhaber eines ausschließlichen Nut-
zungsrechts das Recht nicht oder nur unzureichend
aus, so kann der Urheber das Nutzungsrecht zurück-
rufen. Unzureichend ist die Ausübung insbesondere
dann, wenn dem Urheber aus der Ausübung des
Nutzungsrechts keine oder nach den Umständen zu
geringe Erträgnisse zufließen. Satz 1 gilt nicht,
wenn die unzureichende Ausübung des Nutzungs-
rechts überwiegend auf Umständen beruht, deren
Behebung dem Urheber zuzumuten ist.“

b) Absatz 4 Satz 2 wird aufgehoben.

c) Dem Absatz 6 wird folgender Satz angefügt:

„Der Urheber hat seinerseits einen Anspruch auf
Entschädigung für wirtschaftliche Nachteile, die
ihm aus der Nichtausübung des Rechts durch den
Nutzer entstanden sind.“

10. § 63a wird wie folgt gefasst:

㤠63a

Gesetzliche Vergütungsansprüche

Auf gesetzliche Vergütungsansprüche nach diesem
Abschnitt kann der Urheber nicht verzichten. Sie stehen
ihm als gerechter Ausgleich für die Beschränkung sei-
ner Ausschließlichkeitsrechte zu und können nur einer
Verwertungsgesellschaft zur treuhänderischen Wahr-
nehmung eingeräumt werden.“

11. § 79 wird wie folgt gefasst:

㤠79

Nutzungsrechte

Der ausübende Künstler kann einem anderen das

dem eine Vereinigung von Urhebern einen Vorschlag
für eine gemeinsame Vergütungsregel vorgelegt hat,

Recht einräumen, die Darbietung auf einzelne oder alle
der ihm vorbehaltenen Nutzungsarten zu nutzen. Die

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Vorschriften der §§ 31 bis 42 sowie 43 und 44 gelten
entsprechend.“

12. § 88 Absatz 1 Satz 2 sowie § 89 Absatz 1 Satz 2 werden
aufgehoben.

13. In § 137l Absatz 5 Satz 2 wird die Angabe „§ 32 Abs. 2
und 4“ durch die Wörter „§ 32 Absatz 2 und 5“ ersetzt.

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Berlin, den 17. Oktober 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Verwertungsformen zu verhindern. Dies liegt nicht im Inte- dann tatsächlich zu veröffentlichen bzw. in der betreffenden

resse der Urheber, die mit zusätzlichen Verwertungen zusätz-
liches Geld verdienen könnten, wenn sie über ihre Rechte
selbst verfügen würden. Es liegt auch nicht im Interesse der

Nutzungsart zu verwerten. Hinzu kommen gerade im digita-
len Bereich neue Geschäftsmodelle, bei denen nicht mehr
primär mit der Werknutzung im urheberrechtlichen Sinne
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Begründung

A. Allgemeines

Dass die gesetzgeberische Hoffnung, eine angemessene Ur-
hebervergütung im Einvernehmen der betroffenen Akteure
sicherstellen zu können, enttäuscht wurde, ist mittlerweile
nicht mehr zu bestreiten. An der grundsätzlichen Diagnose,
die im Jahr 2002 zur Novellierung des Urhebervertrags-
rechts führte, hat sich in den seither vergangenen zehn Jah-
ren erschreckend wenig geändert. „Vor allem freiberufliche
Urheber und ausübende Künstler scheitern häufig bei dem
Versuch, gegenüber strukturell überlegenen Verwertern ge-
rechte Verwertungsbedingungen durchzusetzen. Das wirt-
schaftliche Ungleichgewicht der Vertragsparteien begründet
– wie in anderen Bereichen des Rechts auch – die Gefahr ein-
seitig begünstigender Verträge.“ So lautete die Problembe-
schreibung bereits 2002 (Bundestagsdrucksache 14/8058).
Mit der letzten, 2008 in Kraft getretenen Reform des Urhe-
berrechts hat der Gesetzgeber in vielerlei Hinsicht die Inter-
essen der Verwerter gegenüber den Nutzern gestärkt, etwa
bei der Einschränkung der Privatkopieregelung, dem Verbot
der Umgehung technischer Kopierschutzmaßnahmen, der
Einschränkung des elektronischen Kopienversands durch
Bibliotheken und so weiter. Er hat es jedoch versäumt, den
eigentlichen Urhebern wirksame Mittel zur Durchsetzung
ihrer Ansprüche gegenüber den Verwertern an die Hand zu
geben. Auch die derzeitigen Diskussionen um Warnhinweis-
modelle drehen sich ausschließlich um die Durchsetzung der
Rechte von Verwertern gegenüber Endnutzern, nicht von Ur-
hebern gegenüber Verwertern. Dies schwächt die allgemeine
Akzeptanz des Urheberrechts und führt zu gesellschaft-
lichem Unfrieden. Dass mittlerweile in großen Medien sogar
offen über eine Abschaffung des Urheberrechts diskutiert
wird, ist hierfür der beste Beweis.

Der digitale Wandel, der aufgrund zunehmender Intensität
der Werknutzung und zahlreicher neuer Nutzungsarten
eigentlich zu einer Einkommenssteigerung der Kreativen
hätte führen müssen, hat diese Wirkung nicht hervorge-
bracht. Dies hat verschiedene Gründe. Zunächst sind in vie-
len Branchen der Kultur- und Kreativwirtschaft noch immer
sogenannte Buyout-Verträge üblich, bei denen Urheber
sämtliche Rechte an ihren Werken gegen ein in der Regel
viel zu niedriges Pauschalhonorar abtreten. Dies wider-
spricht klar dem gesetzlichen Leitbild des Beteiligungs-
grundsatzes, demzufolge der Urheber von jeder wirtschaft-
lichen Verwertung seines Werks angemessen profitieren soll.
Da solche Verträge in der Regel keine vorzeitige Kündi-
gungsmöglichkeit vorsehen, haben Urheber kaum eine
Chance, ihre Vergütung nachzuverhandeln, wenn diese sich
im Nachhinein als nicht angemessen erweist.

Zudem liegen die eingeräumten Rechte bei den Vertragspart-
nern häufig brach, werden also nicht genutzt. Oft steht dahin-
ter die klare Absicht, mit der Erstverwertung konkurrierende

die Schaffung der Möglichkeit, sich bei Vertragsschluss die
Rechte für noch unbekannte Nutzungsarten übertragen zu
lassen, nicht dazu geführt, dass die Urheber für die Einräu-
mung solcher Rechte eine zusätzliche Vergütung erhielten.

Als besonders schwer durchsetzbar hat sich der Anspruch
auf eine „angemessene Vergütung“ erwiesen. Das Verspre-
chen der Verwerter, sich mit den Urhebern gütlich zu eini-
gen, ist nicht erfüllt worden. In nur drei Teilbranchen ist es
bislang zum Abschluss sogenannter Gemeinsamer Vergü-
tungsregeln nach § 36 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) ge-
kommen: bei den Belletristik-Schriftstellern, den Tageszei-
tungsjournalisten und den Drehbuchautoren. In anderen
Branchen müssen Kreativschaffende jahrelang prozessieren,
bis sie vor dem Bundesgerichtshof eine Anpassung ihrer in-
dividuellen Verträge durchsetzen können. Dies geht häufig
mit dem Verlust der Auftraggeber einher, gegen die allein
sich diese Klagen richten können. Selbst die Literaturüber-
setzer, die mittlerweile mehrere Urteile des Bundesgerichts-
hofs vorweisen können, haben noch keine Vergütungsregel
abschließen können. Die Verhandlungen über Vergütungs-
regeln werden von den Verwertern anscheinend absichtlich
hinausgezögert, da sie mit jedem Jahr, in dem sie ältere Ver-
träge nicht anpassen, Geld sparen, das sie sonst an die Urhe-
ber nachzahlen müssten. Diese Anreizwirkung entspricht
ausweislich der Gesetzbegründung zur Novelle 2002 nicht
der Intention des Gesetzgebers.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Urheberrechts-
gesetzes)

Zu Nummer 1 (Änderung § 11)

§ 11 ist in seiner jetzigen Fassung 2002 in das Urheber-
rechtsgesetz eingefügt worden. Damit sollte klargestellt wer-
den, dass die angemessene Vergütung, die als konkreter An-
spruch auf Vertragsanpassung in § 32 formuliert wurde,
zugleich ein gesetzliches Leitbild des Urheberrechts dar-
stellt. Diesem Gedanken entspricht es, dass die angemessene
Vergütung nicht nur für die Nutzung zu zahlen ist, sondern
auch für die Einräumung von Nutzungsrechten. Denn in
einer arbeitsteiligen Gesellschaft sind Urheber häufig nicht
Selbstverwerter, sondern ihre Vertragspartner sind Medien-
unternehmen, die dem Urheber als Werkmittler den Weg
zum Rezipienten ebnen. Zu diesem Zweck erwerben sie Nut-
zungsrechte an den Werken und beteiligen den Urheber an
ihren Gewinnen. Es ist nur redlich zu verlangen, dass sie ent-
sprechend dieser kaufmännischen Tätigkeit das wirtschaft-
liche Risiko der Vermarktung übernehmen, so wie der Ur-
heber seinerseits durch die Erschaffung des Werks in
Vorleistung geht. Es mehren sich jedoch die Klagen darüber,
dass Verwerter Nutzungsrechte erwerben, ohne das Werk
Nutzer, denen viele Werke in bestimmten, gerade in digitalen
Nutzungsarten, oft nicht zur Verfügung stehen. Zudem hat

Geld verdient wird, sondern beispielsweise über Werbung.
Diese Entwicklungen dürfen nicht dazu führen, dass Urheber

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für ihre Leistung keine angemessene Gegenleistung mehr
erhalten. Entsprechend soll die vorgeschlagene Ergänzung
sicherstellen, dass zur Bemessung der Angemessenheit der
Vergütung nicht nur die tatsächlich erfolgte Werknutzung
herangezogen wird, sondern dass ein solcher Anspruch sich
schon aus der vertraglichen Einräumung der Nutzungsrechte
ergibt.

Zu Nummer 2 (Änderung § 31)

Zu Buchstabe a

Der neue Absatz 5 soll dem derzeit üblichen Missbrauch von
sogenannten Buyout-Regelungen entgegenwirken. Es ist
gängige Praxis, dass Verwerter sich von Urhebern eine Viel-
zahl von Nutzungsrechten räumlich und zeitlich unbe-
schränkt gegen ein Pauschalhonorar einräumen lassen, ob-
wohl sie diese zur Erfüllung des Vertragszwecks nicht
benötigen und sie zum größten Teil auch gar nicht nutzen. So
lassen sich etwa Zeitungsverlage an journalistischen Fotos
oder Texten, die meist nur ein einziges Mal abgedruckt und
womöglich noch auf der Homepage der Zeitung veröffent-
licht werden, in Standardverträgen gegen Einmalzahlungen
zahlreiche, weit über den eigentlichen Vertragszweck hin-
ausreichende Rechte einräumen. Neben Film-, Rundfunk-
und Videorechten werden auf diese Weise auch Rechte für
die Nutzung in Datenbanken, Telekommunikations-, Mobil-
funk-, Breitband- und Datennetzen sowie auf Datenträgern
eingeräumt. Hinzu kommen Rechte für Sonder- und Fortdru-
cke, Sammelwerke, Reprints und Buchformate, Artikel-
sammlungen, alle Arten von Print on Demand, Nutzungs-
rechte für Kassette, CD, CD-ROM, Mini-CD, Diskette,
Video, DVD, Festplatte, Flash-Speicher, E-Book, nicht zu
vergessen unterschiedliche Online-Rechte, Eigenwerberech-
te für Printmedien, Lichtspieltheater, Fernsehen, sonstige
Medien, auch durch Plakatierung, sowie Bearbeitungsrechte.
Ein solches Buyout widerspricht nicht nur der urheberrecht-
lichen Zweckübertragungslehre, sondern versperrt dem Ur-
heber auch systematisch den Weg zu einer angemessenen
Vergütung, da er nicht mehr in der Lage ist, sein Werk auf ir-
gendeine denkbare Weise selbst wirtschaftlich zu verwerten.
Dies wäre nicht zu beanstanden, wenn der Verwerter sich im
Gegenzug verpflichten würde, das Werk auch tatsächlich
derart umfänglich zu nutzen, wie es ihm dank der Rechteein-
räumung ermöglicht wird. Tatsächlich schließen entspre-
chende Verträge solche Verpflichtungen in der Regel jedoch
explizit aus. Die Neuregelung verbietet solche Buyouts, in-
dem sie klarstellt, dass die Einräumung der Nutzung dem
Vertragszweck entsprechen muss.

Zu Buchstabe b

Der neue Absatz 6 führt für Verträge, in denen ausschließ-
liche Rechte übertragen werden, ein Kündigungsrecht ein,
auf das der Urheber im Voraus nicht verzichten kann. Dies
soll ihm die Möglichkeit geben, die Vergütung für die Ein-
räumung von Rechten an seinem Werk nach Ablauf einer
überschaubaren Zeit neu zu verhandeln und die Rechte gege-
benenfalls anderweitig zu vergeben. Bei Vertragsschluss ist
für den Urheber oft nicht absehbar, in welcher Weise und in
welchem Umfang sich Rechte an seinem Werk tatsächlich
verwerten lassen. Er läuft deshalb stets Gefahr, von einem

wenn sein Werk sich überraschend zu einem großen Erfolg
entwickelt, keine Möglichkeit mehr hat, für seine Rechte
eine angemessene Gegenleistung zu verlangen, da er sie
bereits bei Vertragsschluss als ausschließliche Rechte unbe-
schränkt eingeräumt hat. Das unverzichtbare Kündigungs-
recht stellt vor diesem Hintergrund die Vertragsfreiheit bei-
der Partner sicher, denn diese können mit Blick auf einen
überschaubaren Zeitraum ein realistisches und wirtschaftlich
angemessenes Honorar vereinbaren. Auch trägt die vorge-
schlagene Regelung der Tatsache Rechnung, dass Urheber
nur dann als selbstständige Unternehmer auf dem Markt
agieren und aus eigener Kraft eine angemessene Vergütung
für ihre Werke erzielen können, wenn sie über ihre Rechte
selbst verfügen können. Dies ist nicht der Fall, wenn die
Rechte für unüberschaubar lange Zeiträume gebunden sind
und somit nicht frei gehandelt werden können.

Der neue Absatz 7 soll sicherstellen, dass in Fällen, in denen
der Nutzer das Werk tatsächlich zeitlich unbeschränkt und
inhaltlich umfassend zu nutzen beabsichtigt, der hierfür er-
forderlichen umfassenden Einräumung von Nutzungsrech-
ten eine entsprechend erweiterte Gegenleistung entspricht.
Damit bleibt die Möglichkeit von Total Buyouts grundsätz-
lich erhalten, es werden jedoch hohe Anforderungen an die
Angemessenheit der Vergütung für solche Verträge gestellt.

Zu Nummer 3 (Änderung § 31a)

Das Ziel der mit dem Zweiten Korb eingeführten Regelung
des § 31a war es, einerseits die Nutzung von Werken in vor-
mals unbekannten Nutzungsarten zu ermöglichen, anderer-
seits dem Urheber ein Widerspruchsrecht vorzubehalten, um
ihn in die Lage zu versetzen, für die neue Nutzung eine ge-
sonderte angemessene Vergütung zu verlangen. Die derzei-
tige Regelung des § 31a korrespondiert in diesem Sinne mit
den Vorschriften zur Vergütung für später bekannte Nut-
zungsarten in § 32c.

Tatsächlich ist es jedoch seit Einführung des Paragraphen zu
keiner solchen Vergütungsregelung gekommen. Dies hat zur
Folge, dass Werke in beliebigen, vormals unbekannten Nut-
zungsarten genutzt werden können, ohne dass dem Urheber
dafür eine angemessene Vergütung gezahlt wird. Vorausset-
zung ist lediglich, dass der Urheber per Brief an die zuletzt
bekannte Anschrift über die beabsichtigte Aufnahme der
Werknutzung in Kenntnis gesetzt wurde und ihr nicht wider-
sprochen hat.

Die Tatsache, dass vier Jahre nach Inkrafttreten des Paragra-
phen noch keine einzige Vergütungsvereinbarung in Kraft
getreten ist, die für irgendeine digitale Nutzung eine Vergü-
tung der Urheber vorsieht, sollte vor diesem Hintergrund zu
denken geben. Denn bekanntlich nutzen Verwerter Werke in
vormals unbekannten Nutzungsarten ausgesprochen inten-
siv. So bieten etwa zahlreiche Zeitungsverlage einzelne Ar-
tikel aus ihrem Archiv zum Download an, die aus Zeiten
stammen, zu denen die Übertragung elektronischer Rechte
durchaus unüblich war. Zahlreiche Autoren haben beklagt,
sie seien nicht vorab über die Aufnahme der Nutzung infor-
miert worden und deshalb nicht in der Lage gewesen, eine
angemessene Vergütung zu verlangen.

Um diese Missstände zu beheben, schlägt die Neuformulie-

strukturell überlegenen Verwerter übervorteilt zu werden.
Verhindert werden soll insbesondere, dass der Urheber,

rung des § 31a vor, die Erlaubnis zur Nutzung eines Werks
in unbekannten Nutzungsarten zukünftig von einer erfolgten

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Einigung über die Vergütung abhängig zu machen. Kommt
eine solche Einigung innerhalb von sechs Monaten nicht zu-
stande, soll die weitere Nutzung des Werks auch dann nicht
erlaubt sein, wenn der Urheber es vor oder bei der Aufnahme
der Nutzung versäumt hat, von seinem Widerrufsrecht Ge-
brauch zu machen. Umgekehrt bleibt die Regelung bestehen,
derzufolge das Widerrufsrecht erlischt, wenn die Parteien
sich nach Bekanntwerden der neuen Nutzungsart auf eine
Vergütung nach § 32c Absatz 1 geeinigt haben.

Zu Nummer 4 (Änderung § 32)

Mit dem „Stärkungsgesetz“ von 2002 ist zwar der Anspruch
auf eine „angemessene Vergütung“ ins Urheberrechtsgesetz
aufgenommen worden, anders als ursprünglich geplant je-
doch nicht als gesetzlicher, sondern als vertraglicher An-
spruch. Die Vertreter der Verwerter hatten im damaligen Ge-
setzgebungsverfahren ein überragendes Interesse an einer
einvernehmlichen Ausdeutung des deshalb bewusst unbe-
stimmt gelassenen Begriffs der Angemessenheit glaubhaft
gemacht. In den vergangenen zehn Jahren hat sich jedoch ge-
zeigt, dass ein solches Einvernehmen im Einzelfall nur müh-
sam und im Regelfall gar nicht herzustellen ist.

Will der Gesetzgeber nicht seine 2002 getroffene Entschei-
dung revidieren und den vertraglichen Anspruch zukünftig
als gesetzlichen ausgestalten, ist es daher dringend erforder-
lich, den Begriff der „angemessenen Vergütung“ inhaltlich
näher zu bestimmen. Dies gilt angesichts der entstandenen
Verzögerungen auch im Hinblick auf Werke, die vor
Abschluss einer gemeinsamen Vergütungsregel entstanden
sind. Dabei bietet es sich an, auf die Kriterien zurückzugrei-
fen, die hierfür in Ermangelung gesetzgeberischer Vorgaben
innerhalb der letzten zehn Jahre von den Gerichten ent-
wickelt worden sind. Insbesondere sind hierbei die letzt-
instanzlichen Entscheidungen zu berücksichtigen. Für die
vorgeschlagene Formulierung wurden insbesondere die
Ausführungen des Bundesgerichtshofs (I ZR 230/06 vom
7. Oktober 2009, insbesondere Rn. 23, 24 und 27) berück-
sichtigt, jedoch auch die des Oberlandesgerichts Hamburg
(5 U 113/09 vom 1. Juni 2011). Im zweiten Absatz wird da-
bei insbesondere der Begriff der Redlichkeit konkretisiert,
die 2002 als conditio sine qua non in den Gesetzestext auf-
genommen wurde. Die angefügten Sätze verdeutlichen zu-
dem, dass bei der Bemessung der Angemessenheit neben der
Intensität der Nutzung auch der Leistungsaufwand zu be-
rücksichtigen ist, sowie der mittelbar oder unmittelbar mit
der Nutzung in Zusammenhang stehende Gewinn. Hiermit
soll insbesondere sichergestellt werden, dass Urheber auch
an den Gewinnen aus werbebasierten Geschäftsmodellen be-
teiligt werden, sofern diese im Zusammenhang mit der Nut-
zung urheberrechtlicher Werke stehen.

Da es innerhalb von zehn Jahren seit Inkrafttreten der Novel-
le lediglich in drei Teilbranchen zum Abschluss von Vergü-
tungsregeln gekommen ist, können Urheber ihren Anspruch
derzeit leider nur gerichtlich durchsetzen. Hierbei riskieren
sie stets, mit Auftragsentzug bestraft zu werden. Um zu ver-
hindern, dass Urheber auf diese Weise davon abgehalten
werden, ihre Ansprüche geltend zu machen, wird vorge-
schlagen, eine Verbandsklagebefugnis in das Urheberrechts-
gesetz aufzunehmen. Diese bezieht sich ausdrücklich nicht

die angemessene Vergütung, welche auch nach Europarecht
unverzichtbar ist, dem Urheber verbleibt.

Vor demselben Hintergrund der Verzögerung des Abschlus-
ses von Vergütungsregeln scheint es auch sinnvoll, eine
Hemmung der Verjährung einzuführen. Unabhängig von der
individuellen Kenntnis der Unangemessenheit einer verein-
barten Vergütung wird damit sichergestellt, dass der An-
spruch nicht verjährt, so lange über Vergütungsregeln noch
verhandelt wird. Es kann nicht Sinn der Regelung sein, dass
Kreativschaffende, um ihrer Ansprüche nicht verlustig zu
gehen, gezwungen werden, diese gerichtlich durchzusetzen,
statt abzuwarten, bis ihre Vertreter sich in Verhandlungen
einvernehmlich geeinigt haben. Ebenso kann es nicht Sinn
der Sache sein, dass Verwerter Vergütungsverhandlungen in
der Hoffnung auf eine eventuelle Verjährung zahlreicher
Verträge möglichst lange hinauszögern. Um die Gerichte
nicht unnötig zu belasten, erscheint es zudem sinnvoll, die
Verjährung zu hemmen, wenn ein vergleichbarer Fall Ge-
genstand einer letztinstanzlichen Beurteilung ist.

Zu Nummer 5 (Änderung § 32c)

Hier handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung.

Zu Nummer 6 (Änderung § 34)

Nicht zuletzt aus urheberpersönlichkeitsrechtlichen Gründen
stellt das Urheberrechtsgesetz an eine Übertragung von Nut-
zungsrechten hohe Anforderungen. Wem der Urheber Rech-
te an seinem Werk einräumt, ist eine Frage des Vertrauens.
Diesem Vertrauensverhältnis zwischen Urhebern und Ver-
wertern widerspricht es, wenn in Formularverträgen vorge-
sehen wird, dass individuell eingeräumte Nutzungsrechte
ohne Rücksprache mit dem Urheber an Dritte übertragen
werden können. Die vorgeschlagene Ergänzung der bereits
bestehenden Regelung führt also lediglich das bereits beste-
hende Recht weiter aus.

Zu Nummer 7 (Änderung § 35)

Hier handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung.

Zu Nummer 8 (Änderung § 36)

Zu Buchstabe a

Die Hinzufügung reagiert auf die Klage kleinerer Urheber-
verbände, an den Verhandlungen über eine angemessene
Vergütung nicht beteiligt gewesen zu sein oder nicht ausrei-
chend über diese informiert zu werden. Diese Klage ist im
Laufe der letzten Jahre mehrfach erhoben worden. Nachdem
2005 zunächst der Bundesverband Regie und ein Jahr später
der Bundesverband Kamera aus der Gewerkschaft ver.di
ausgeschieden waren, weil sie die Interessen freiberuflicher
Filmschaffender dort nicht adäquat verteten sahen, beklagten
insbesondere die Kameraleute, über die im Weiteren zu-
nächst von ver.di alleine geführten Verhandlungen nur unzu-
reichend informiert zu sein. Auch „freischreiber“, ein Inte-
ressenvertretungsverband freier Journalisten, hat mehrfach
beklagt, vom Deutschen Journalisten Verband nicht ausrei-
chend über Verhandlungen mit dem Bundesverband Deut-
scher Zeitungsverleger e. V. informiert worden zu sein und
über den gegenwärtigen Stand der Verhandlungen keine In-
auf den Vergütungsanspruch selbst, sondern lediglich auf
den Vertragsanpassungsanspruch. So ist sichergestellt, dass

formationen zu haben. Die Mitglieder der kleineren Urhe-
berverbände sind fast ausschließlich Freiberufler und des-

Drucksache 17/11040 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

halb vom Ergebnis solcher Verhandlungen in besonderem
Maße betroffen. Es wird daher vorgeschlagen, Vertretern
kleinerer Urheberorganisationen, die ein berechtigtes Inte-
resse daran haben, die wenigstens passive Teilnahme an den
Verhandlungen zu ermöglichen. Wie in anderen Politikberei-
chen sollte auch im Bereich der Vergütungsregelungen stär-
ker einem Multistakeholder-Ansatz gefolgt werden.

Zu Buchstabe b

Die Bestimmungen zu so genannten „Gemeinsamen Vergü-
tungsregeln“ hängen eng mit dem § 32 zusammen. Die dort
bewusst unbestimmt gehaltene Definition der „Angemessen-
heit“ urheberrechtlicher Vergütungen sollte nach dem Willen
des Gesetzgebers in einem Prozess der regulierten Selbstre-
gulierung der beteiligten Stakeholder konkretisiert werden.
Während ursprünglich vorgesehen war, im Falle des Schei-
terns von Verhandlungen eine Rechtsverordnung nach § 15
des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes zu ermöglichen,
folgte der Gesetzgeber mit dem Abrücken hiervon seinerzeit
dem Wunsch der Verwerter. Diese zeigten sich zuversicht-
lich, alsbald zu einer Einigung mit den Urheberverbänden zu
gelangen.

Tatsächlich hat die Erfahrung der letzen zehn Jahre gezeigt,
dass der Verzicht auf Sanktionen, die im Falle eines Schei-
terns von Verhandlungen hätten greifen können, kontra-
produktiv war. Anders als erwartet, ist es lediglich in drei
Teilbranchen zu Vergütungsregeln gekommen, nämlich bei
den Belletristik-Schriftstellern, den freien Tageszeitungs-
journalisten und den Drehbuchautoren. Während für die
Schriftsteller im Wesentlichen der status quo als angemessen
festgeschrieben wurde, wurde die Vergütungsregel der Ta-
geszeitungsjournalisten insbesondere von den Vertretern der
freiberuflichen Journalisten als unzulänglich kritisiert. Auch
wird sie vielfach bis heute in der Praxis nicht angewendet.
Bei der Vereinbarung der Drehbuchautoren mit Produzen-
tenallianz und ZDF ist zudem umstritten, inwiefern sie über-
haupt als Vergütungsregel im Sinne des § 36 UrhG zu gelten
hat. In sämtlichen anderen Branchen haben die Verwerter
systematisch versucht, sich Verhandlungen über gemeinsa-
me Vergütungsregeln zu entziehen und die Urheber auf den
Klageweg verwiesen. Zahlreichen, auch letztinstanzlichen,
Urteilen zum Trotz ist es bislang zu keinen weiteren Ab-
schlüssen gekommen.

Als besonderes Problem hat sich erwiesen, dass Urheberver-
bände häufig keine Partner für Verhandlungen finden. Im
Filmbereich, wo gemeinsame Verhandlungen mit allen be-
teiligten Verbänden bereits 2006 scheiterten, verweigerten
die Sendeunternehmen sich mit Hinweis auf ihre mangelnde
Passivlegitimation. Auch die Literaturübersetzer wurden ge-
zwungen, den Klageweg zu beschreiten, nachdem Verleger-
vereinigungen, die zunächst als Verhandlungspartner aufge-
treten waren, sich spontan auflösten, um nicht in ein
Schlichtungsverfahren eintreten zu müssen. Es kann nicht
angehen, dass Urheberverbänden die Aushandlung einer ge-
meinsamen Vergütungsregel von vornherein verunmöglicht
wird, weil niemand für Verhandlungen zur Verfügung steht.
Deshalb sieht die vorgeschlagene Neuregelung vor, dass in
einem solchen Fall das Bundesjustizministerium einen Ver-

Da das Ergebnis des gesetzlich vorgesehenen Schlichtungs-
verfahrens nicht bindend ist, besteht die Gefahr, dass Ver-
handlungen enden, ohne dass eine Vergütungsregel in Kraft
treten kann. Der vorgeschlagene neue Absatz 6 reagiert hier-
auf, indem er das Bundesministerium der Justiz ermächtigt,
in diesem Fall das Schlichtungsergebnis aufzugreifen und als
Vergütungsregel auf dem Wege der Rechtsverordnung fest-
zuschreiben. Dies ausdrücklich als letzte Maßnahme, wenn
alle anderen Wege gescheitert sind, insbesondere die Nach-
verhandlung innerhalb von sechs Monaten nach Ende der
Schlichtung.

Wie schon in § 32, so wird auch hier die Einführung einer
Verbandsklagebefugnis vorgesehen. § 36 UrhG war vom
Gesetzgeber ausdrücklich als kollektiver Verhandlungsme-
chanismus in Anlehnung an Tarifverhandlungen vorgesehen.
So erscheint es schlüssig, auch die Anwendung der verein-
barten Regeln einer kollektiven Durchsetzung zu unterwer-
fen.

Zu Nummer 9 (Änderung § 41)

Zu Buchstabe a

Die vorgeschlagene Änderung definiert den bislang unbe-
stimmten Sachverhalt der unzureichenden Ausübung eines
Nutzungsrechts. Tatsächlich zögern viele Urheber, nicht
oder unzureichend genutzte Rechte zurückzurufen, da sie
unsicher sind, inwiefern die gesetzliche Voraussetzung er-
füllt ist. Diese Unsicherheit hat wesentlich mit dem digitalen
Wandel zu tun. Bei der Vermarktung körperlicher Werk-
exemplare (Bücher, CDs, DVDs) entfernen sich die Verwer-
ter zunehmend von der Kategorie der Auflage. Insbesondere
nach dem Auslaufen der relevanten Erstverwertungsphase
werden viele Werke nicht mehr in einer Folgeauflage produ-
ziert, sondern „on demand“. Eine enge Vernetzung mit dem
Online-Handel macht es möglich, dass dies sogar ganz
wörtlich zu verstehen ist. So übertragen Verlage mittlerweile
Online-Buchhändlern Rechte zum Nachdruck einzelner
Exemplare: Klickt der Kunde auf den Bestellbutton, wird die
Druckmaschine angeworfen.

Für Urheber hat die technische Entwicklung einerseits den
Vorteil, dass ihre Werke länger als bisher „lieferbar“ bleiben,
weil die Verwerter keine großen Investitionen mehr tätigen
müssen, um das Werk am Markt zu halten. Andererseits hat
es den Nachteil, dass kaum zweifelsfrei zu beurteilen ist, ob
die Rechte zurückgerufen werden können, um sie einer effi-
zienteren und somit einträglicheren Verwertung zuzuführen.
Gilt etwa der Verkauf nur weniger Werkexemplare im Jahr
als „unzureichende Ausübung“ oder nicht? Der Urheber ris-
kiert, hierüber in einen Rechtsstreit mit dem Verwerter ein-
treten zu müssen. Denn dieser profitiert von der Auswertung
seiner älteren Titel auch dann, wenn er sich um eine aktive
Verwertung gar nicht mehr bemüht.

Die vorgeschlagene Neuregelung trägt den gewandelten
Umständen Rechnung. Während die derzeit geltende Rege-
lung voraussetzt, dass durch die unzureichende Ausübung
„berechtigte Interessen des Urhebers erheblich verletzt“
werden, ohne dies näher zu bestimmen, konkretisiert die vor-
geschlagene Neuregelung diesen Sachverhalt, indem sie auf
die dem Urheber aus der Verwertung zufließenden Erträge
handlungspartner benennen kann, der als befugt gilt, im Na-
men der Nutzer die Verhandlungen zu führen.

abstellt. Hierdurch wird der durch die geschilderte techni-
sche Entwicklung aus dem Gleichgewicht geratene Aus-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/11040

gleich der Interessen von Urheber und Verwerter wieder her-
gestellt.

Zu Buchstabe b

Die Anwendung des hier gestrichenen Satzes erübrigt sich
durch die Einführung des neuen Absatz 6 in § 31.

Zu Buchstabe c

Die vorgeschlagene Neuregelung beseitigt ein derzeit zu
Lasten der Urheber bestehendes Ungleichgewicht: Während
der Urheber verpflichtet ist, den Nutzer nach den Maßstäben
der Billigkeit zu entschädigen, wenn er Rechte zurückruft,
ist umgekehrt für den Fall, dass der Nutzer Rechte, die ihm
eingeräumt wurden, nicht nutzt, keinerlei Entschädigung für
den Urheber vorgesehen. Dabei ist offensichtlich, dass unge-
nutzte Rechte, wie jedes ungenutzte Kapital, nicht produktiv

nung und erwähnt ausdrücklich, dass die gesetzlichen Vergü-
tungsansprüche unverzichtbar sind.

Zu Nummer 11 (Änderung § 79)

Dass die Regelungen zu den Nutzungsrechten der Urheber
nicht vollständig auf die ausübenden Künstler übertragen
wurden, ist nachhaltig kritisiert worden (vgl. eine Auflistung
der Kritik bei Schricker, Urheberrecht Kommentar, 4. Aufla-
ge 2010, § 79 Rn. 3). Die derzeitige Formulierung schafft
Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Frage, ob die Schutz-
vorschriften, die im Falle einer Rechteeinräumung nach dem
jetzigen § 79 Absatz 2 Satz 1 gelten, durch eine unbe-
schränkte Rechteübertragung im Sinne des geltenden § 79
Absatz 1 Satz 1 umgangen werden können. Dies konterka-
riert die internationalen Bestrebungen einer weitgehenden
Angleichung des Interpretenschutzes an den Urheberrechts-
schutz, wie sie etwa im WIPO-Vertrag (WIPO = World Ing-
werden und somit auch nicht zum Einkommen der Urhebe-
rinnen und Urheber beitragen können. Liegen Rechte brach,
ohne dass der Urheber selbst dies zu verantworten hat, ist es
deshalb recht und billig, ihn für die entgangenen Erlöse zu
entschädigen.

Zu Nummer 10 (§ 63a)

Nach dem Luksan-Urteil des Europäischen Gerichtshofs
(EuGH) (C-277/10) ist die gegenwärtige Fassung des § 63a
als europarechtswidrig zu betrachten. Denn diese erlaubt die
Abtretung gesetzlicher Vergütungsansprüche an einen Ver-
werter. Dem EuGH zufolge ergibt sich aus der Richtlinie
2001/29 nämlich, dass die originären Rechteinhaber für den
Verzicht auf Verbotsrechte im Rahmen von Schrankenrege-
lungen die Zahlung eines gerechten Ausgleichs erhalten
müssen. Eine Ausnahme vom ausschließlichen Vervielfälti-
gungsrecht müsse eng ausgelegt werden und dürfe nicht über
den ausdrücklichen Regelungsgehalt der fraglichen Bestim-
mung hinaus erweitert werden. Diese Bestimmung könne
aber nur auf die Verwertungsrechte, nicht auf die Vergü-
tungsansprüche erstreckt werden. Ausdrücklich betont der
EuGH, der Unionsgesetzgeber habe nicht die Möglichkeit
eines Verzichts des Anspruchsberechtigten ins Auge gefasst.
Die vorgeschlagene Neufassung trägt dieser Wertung Rech-

tellectual Property Organization) von 1996 oder in der Richt-
linie 92/100/EG zum Vermiet- und Verleihrecht zum
Ausdruck kommen. Auch den Gesetzesmaterialien zu die-
sem Paragrafen sowie Beschlussempfehlung und Bericht des
Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags vom 9. April
2003 (Bundestagsdrucksache 15/837, mit Begründung
S. 35) ist an keiner Stelle zu entnehmen, dass diese Wirkung
beabsichtigt gewesen wäre. Die vorgeschlagene Neuformu-
lierung behebt diesen handwerklichen Fehler und stellt eine
parallele Anwendung der für Urheber geltenden Regeln zu
den Nutzungsrechten auf ausübende Künstler sicher.

Zu Nummer 12 (Änderung der §§ 88 und 89)

Diese redaktionelle Änderung bezweckt, dass die vorge-
schlagene Neufassung des § 31a in vollem Umfang auch auf
Filmwerke Anwendung findet.

Zu Nummer 13 (Änderung § 137l)

Hier handelt es sich um eine redaktionelle Anpassung.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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