BT-Drucksache 17/10902

a) zu dem Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 17/8808 - Die internationale Schutzverantwortung weiterentwickeln b) zu dem Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Kerstin Müller (Köln), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/9584 - Schutzverantwortung weiterentwickeln und wirksam umsetzen

Vom 1. Oktober 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10902
17. Wahlperiode 01. 10. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/8808 –

Die internationale Schutzverantwortung weiterentwickeln

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Kerstin Müller (Köln), Volker
Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/9584 –

Schutzverantwortung weiterentwickeln und wirksam umsetzen

A. Problem

Im Abschlussdokument des VN-Gipfels (VN = Vereinte Nationen) von 2005 hat
die internationale Gemeinschaft die Notwendigkeit einer Responsibility to
Protect (R2P) zur Verhinderung massiver und systematischer Menschenrechts-
verletzungen explizit anerkannt. Mit den Libyen-Resolutionen des VN-Sicher-
heitsrates ist die internationale Schutzverantwortung zum ersten Mal auf einen
konkreten Fall angewendet und der notwendige Schutz der Zivilbevölkerung als
Begründung für Schutzmaßnahmen nach Kapitel VII der VN-Charta genommen
worden. Die Bundesregierung sei durch ihr Verhalten im VN-Sicherheitsrat ihrer
Unterstützungsfunktion für die Schutzverantwortung nicht gerecht geworden.

In beiden Anträgen wird die Bundesregierung daher aufgefordert, in den Verein-
ten Nationen, innerhalb der Europäischen Union und national für das Schutzver-
antwortungskonzept einzutreten und für mehr Akzeptanz zu werben.

Zu Buchstabe a

Die Bundesregierung wird u. a. aufgefordert, auf die Etablierung eines nationa-
len und regionalen Frühwarnsystems für Menschenrechtsverletzungen hinzu-
wirken, die Schutzverantwortung als Schwerpunkt für Instrumente der deut-
schen Entwicklungszusammenarbeit festzulegen und für Prävention und

Wiederaufbau ausreichende Finanzmittel bereitzustellen und zu entsendendes
Zivilpersonal zusätzlich für den Schutz der Zivilbevölkerung vor Gräueltaten
auszubilden.

Zu Buchstabe b

Die Bundesregierung wird u. a. aufgefordert, sich im Rahmen der Stärkung der
Prävention für die Ausarbeitung der Schutzverantwortung im Sinne einer um-

Drucksache 17/10902 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

fassenden Präventionsdoktrin und für eine institutionelle Aufwertung der Prä-
vention im Rahmen der VN-Strukturen einzusetzen. Zur Vermeidung von
Blockaden im Sicherheitsrat wird die Bundesregierung u. a. aufgefordert, die
Kooperation zwischen den Vereinten Nationen und dem Internationalen Straf-
gerichtshof zu stärken, sich im Falle einer Blockade des VN-Sicherheitsrates für
eine Befassung der VN-Generalversammlung mit R2P-relevanten Fällen im
Sinne der „Uniting-for-Peace-Resolution“ und sich für ein Vertragsorgan zur
Völkermordkonvention einzusetzen, das die Einhaltung der Vertragsverpflich-
tungen überwacht. Zur Verhinderung einer Mandatsüberdehnung wird die Bun-
desregierung aufgefordert, auf internationaler Ebene auf die Ausarbeitung von
Leitkriterien zur Reaktion auf schwerste Menschenrechtsverletzungen, auf eine
zeitliche Begrenzung von R2P-Mandaten mit Verlängerungsoption sowie auf
eine enge Beschränkung für den Schutz von Zivilisten hinzuwirken. Hinsicht-
lich der operativen Umsetzung der Schutzverantwortung wird die Bundesregie-
rung auf der Ebene der VN u. a. aufgefordert, die VN darin zu unterstützen,
einen Maßnahmenkatalog zu Umsetzung der Schutzverantwortung unter den
drei Säulen (Schutzverantwortung des Staates, internationale Unterstützung und
Kapazitätsaufbau und rechtzeitige und entschiedene Reaktion) auszuarbeiten.
Auf der Ebene der deutschen Außenpolitik wird die Bundesregierung u. a. auf-
gefordert, eine nationale Strategie zur institutionellen und programmatischen
Verankerung der Schutzverantwortung auf nationaler Ebene auszuarbeiten, und
sich auf europäischer Ebene für eine Operationalisierung der Schutzverantwor-
tung im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, des Europäischen Auswärtigen
Dienstes, des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und der EU-Entwick-
lungspolitik sowie im Rat der Europäischen Union für einen EU-Sonderbeauf-
tragten für die Schutzverantwortung einzusetzen.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags 17/8808 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags 17/9584 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Zu Buchstabe a

Keine.

Zu Buchstabe b

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Zu Buchstabe a

Keine.
Zu Buchstabe b

Keine.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10902

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 17/8808 abzulehnen;

b) den Antrag auf Drucksache 17/9584 abzulehnen.

Berlin, den 26. September 2012

Der Auswärtige Ausschuss

Ruprecht Polenz
Vorsitzender

Roderich Kiesewetter
Berichterstatter

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Berichterstatterin

Marina Schuster
Berichterstatterin

Wolfgang Gehrcke
Berichterstatter

Kerstin Müller (Köln)
Berichterstatterin

DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Zu Buchstabe b

Die Bundesregierung wird u. a. aufgefordert, sich im Rah-
men der Stärkung der Prävention für die Ausarbeitung der
Schutzverantwortung im Sinne einer umfassenden Präven-

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag auf Drucksache 17/8808 in sei-
ner 65. Sitzung am 26. September 2012 beraten und emp-
fiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und
Drucksache 17/10902 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Roderich Kiesewetter, Heidemarie Wieczorek-Zeul,
Marina Schuster, Wolfgang Gehrcke und Kerstin Müller (Köln)

I. Überweisung

Zu Buchstabe a

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/8808 in seiner 187. Sitzung am 28. Juni 2012 in erster Le-
sung beraten und zur federführenden Beratung dem Auswär-
tigen Ausschuss, zur Mitberatung dem Verteidigungsaus-
schuss, dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe sowie dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung überwiesen.

Zu Buchstabe b

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/9584 in seiner 187. Sitzung am 28. Juni 2012 in erster Le-
sung beraten und zur federführenden Beratung dem Auswär-
tigen Ausschuss, zur Mitberatung dem Verteidigungsaus-
schuss, dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe sowie dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Im Abschlussdokument des VN-Gipfels von 2005 hat die in-
ternationale Gemeinschaft die Notwendigkeit einer Respon-
sibility to Protect (R2P) zur Verhinderung massiver und sys-
tematischer Menschenrechtsverletzungen explizit anerkannt.
Mit den Libyen-Resolutionen des VN-Sicherheitsrates ist
die internationale Schutzverantwortung zum ersten Mal auf
einen konkreten Fall angewendet und der notwendige Schutz
der Zivilbevölkerung als Begründung für Schutzmaßnahmen
nach Kapitel VII der VN-Charter genommen worden. Die
Bundesregierung sei durch ihr Verhalten im VN-Sicherheits-
rat ihrer Unterstützungsfunktion für die Schutzverantwor-
tung nicht gerecht geworden.

In beiden Anträgen wird die Bundesregierung daher aufge-
fordert, in den Vereinten Nationen, innerhalb der Europä-
ischen Union und national für das Schutzverantwortungs-
konzept einzutreten und für mehr Akzeptanz zu werben.

Zu Buchstabe a

Die Bundesregierung wird u. a. aufgefordert, auf die Etablie-
rung eines nationalen und regionalen Frühwarnsystems für
Menschenrechtsverletzungen hinzuwirken, die Schutzver-
antwortung als Schwerpunkt für Instrumente der deutschen
Entwicklungszusammenarbeit festzulegen und für Präven-
tion und Wiederaufbau ausreichende Finanzmittel bereitzu-
stellen und zu entsendendes Zivilpersonal zusätzlich für den
Schutz der Zivilbevölkerung vor Gräueltaten auszubilden.

Vermeidung von Blockaden im Sicherheitsrat wird die Bun-
desregierung u. a. aufgefordert, die Kooperation zwischen
den Vereinten Nationen und dem Internationalen Straf-
gerichtshof zu stärken, sich im Falle einer Blockade des
VN- Sicherheitsrates für eine Befassung der VN-Generalver-
sammlung mit R2P-relevanten Fällen im Sinne der „Uniting-
for-Peace-Resolution“ und sich für ein Vertragsorgan zur
Völkermordkonvention einzusetzen, das die Einhaltung der
Vertragsverpflichtungen überwacht. Zur Verhinderung einer
Mandatsüberdehnung wird die Bundesregierung aufgefor-
dert, auf internationaler Ebene auf die Ausarbeitung von
Leitkriterien zur Reaktion auf schwerste Menschenrechts-
verletzungen, auf eine zeitliche Begrenzung von R2P-Man-
daten mit Verlängerungsoption sowie auf eine enge Be-
schränkung für den Schutz für Zivilisten hinzuwirken.
Hinsichtlich der operativen Umsetzung der Schutzverant-
wortung wird die Bundesregierung auf der Ebene der VN
u. a. aufgefordert, die VN darin zu unterstützen, einen Maß-
nahmenkatalog zu Umsetzung der Schutzverantwortung
unter den drei Säulen (Schutzverantwortung des Staates, in-
ternationale Unterstützung und Kapazitätsaufbau und recht-
zeitige und entschiedene Reaktion) auszuarbeiten. Auf der
Ebene der deutschen Außenpolitik wird die Bundesregie-
rung u. a. aufgefordert, eine nationale Strategie zur institu-
tionellen und programmatischen Verankerung der Schutz-
verantwortung auf nationaler Ebene auszuarbeiten, und sich
auf europäischer Ebene für eine Operationalisierung der
Schutzverantwortung im Rahmen der Gemeinsamen Sicher-
heits- und Verteidigungspolitik, der Gemeinsamen Außen-
und Sicherheitspolitik, des Europäischen Auswärtigen
Dienstes, des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und
der EU-Entwicklungspolitik sowie im Rat der Europäischen
Union für einen EU-Sonderbeauftragten für die Schutzver-
antwortung einzusetzen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Verteidigungsausschuss hat den Antrag auf Druck-
sache 17/8808 in seiner 122. Sitzung am 26. September 2012
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ab-
lehnung.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat den Antrag auf Drucksache 17/8808 in seiner 66. Sitzung
am 26. September 2012 beraten und empfiehlt mit den Stim-
men der Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE LINKE. ge-
gen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
tionsdoktrin und für eine institutionelle Aufwertung der Prä-
vention im Rahmen der VN-Strukturen einzusetzen. Zur

DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/10902

Zu Buchstabe b

Der Verteidigungsausschuss hat den Antrag auf Druck-
sache 17/9584 in seiner 122. Sitzung am 26. September 2012
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ab-
lehnung.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat den Antrag auf Drucksache 17/9584 in seiner 66. Sitzung
am 26. September 2012 beraten und empfiehlt mit den Stim-
men der Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE LINKE. ge-
gen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN die Ablehnung.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag auf Drucksache 17/9584 in
seiner 65. Sitzung am 26. September 2012 beraten und
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP
und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Zu Buchstabe a

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache
17/8808 in seiner 64. Sitzung am 26. September 2012 bera-
ten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ableh-
nung.

Zu Buchstabe b

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache
17/9584 in seiner 64. Sitzung am 26. September 2012 bera-
ten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ableh-
nung.

Berlin, den 26. September 2012

Roderich Kiesewetter
Berichterstatter

Heidemarie Wieczorek-Zeul
Berichterstatterin

Marina Schuster
Berichterstatterin

Wolfgang Gehrcke
Berichterstatter

Kerstin Müller (Köln)
Berichterstatterin

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