BT-Drucksache 17/10689

Kulturelle Bildung benachteiligter Kinder und Jugendlicher - "Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung"

Vom 13. September 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10689
17. Wahlperiode 13. 09. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Dr. Lukrezia Jochimsen, Jan Korte,
Agnes Alpers, Nicole Gohlke, Diana Golze, Katrin Kunert, Jens Petermann,
Kathrin Senger-Schäfer, Dr. Petra Sitte, Frank Tempel und der Fraktion DIE LINKE.

Kulturelle Bildung benachteiligter Kinder und Jugendlicher – „Kultur macht stark.
Bündnisse für Bildung“

In Deutschland hängt der Bildungserfolg in starkem Maße von der sozialen Her-
kunft ab. Um diesem fatalen Umstand entgegenzuwirken, will die Bundesregie-
rung eine Vernetzung zivilgesellschaftlicher Akteure vorantreiben, die „ergän-
zend zur Arbeit der Schulen Verantwortung für die Bildung der jungen Genera-
tion übernehmen“. So heißt es in den Richtlinien zum neuen Programm „Kultur
macht stark. Bündnisse für Bildung“, die am 10. Mai 2012 von der Bundes-
ministerin für Bildung und Forschung Dr. Annette Schavan veröffentlicht wur-
den. Die Förderung beginnt im kommenden Jahr und erstreckt sich über einen
Zeitraum von fünf Jahren. 2013 stellt das Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) dafür 30 Mio. Euro, in den Folgejahren bis zu 50 Mio. Euro
zur Verfügung. Ziel des Programms ist es, Bildungsarmut zu verringern und den
Zusammenhang von Bildungserfolg und sozialer Herkunft abzubauen.

Allerdings lässt das Programm in seiner gegenwärtigen Form noch viele Fragen
offen. Deutlich wurde dies u. a. in der 66. Sitzung des Ausschusses Kultur und
Medien des Deutschen Bundestages am 13. Juni 2012, wo nach dem Bericht der
Bundesregierung, vertreten durch den Parlamentarischen Staatssekretär bei der
Bundesministerin für Bildung und Forschung, Thomas Rachel, fraktionsüber-
greifend Bedenken hinsichtlich der Ausrichtung des Programms „Kultur macht
stark. Bündnisse für Bildung“ formuliert wurden. In ihrem Koalitionsvertrag
zwischen CDU, CSU und FDP spricht die Bundesregierung von der Schaffung
lokaler Bildungsbündnisse, um die Bildungsarmut in Deutschland abzubauen
(vgl. u. a. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion
DIE LINKE. zum Konzept Lokaler Bildungsbündnisse, auf Bundestagsdrucksa-
che 17/3092). Das nun aufgelegte Programm erweckt den Eindruck einer sehr
verkleinerten Variante der ursprünglichen Pläne. Weiter bleibt unklar, ob es sich
hierbei um ein Programm innerhalb der am 22. Februar 2011 gegründeten
„Allianz für Bildung“ handelt, in der ebenfalls von Bildungsbündnissen und
Vernetzungsstrukturen die Rede ist, oder ob hier möglicherweise Parallelstruk-
turen entstehen.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Inwieweit hängt das Programm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“
mit den „lokalen Bildungsbündnissen“ im Rahmen der Allianz für Bildung
zusammen?

a) Wenn kein Zusammenhang besteht, inwiefern sieht die Bundesregierung
die Gefahr der Entstehung von Parallelstrukturen beim Aufbau von Ver-
netzungen?

Drucksache 17/10689 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

b) Worin bestehen die Unterschiede bei den in Frage 1 genannten Program-
men?

2. a) Wie begründet die Bundesregierung die Begrenzung des Projekts auf
kulturelle Bildung?

b) Welches Verständnis kultureller Bildung liegt dem zugrunde?

3. Wie viele Konzepte sind im Rahmen des Programms „Kultur macht stark.
Bündnisse für Bildung“ bis zum 31. Juli 2012 beim BMBF eingegangen
(bitte nach Verbänden, Projekten/Institutionen und Bundesländern auf-
schlüsseln)?

4. Inwieweit scheint der kurze Antragszeitraum sinnvoll?

5. Inwiefern erweist sich das zweistufige Antragsverfahren als praktikabel?

6. Mit welchen Maßnahmen und mittels welcher Kriterien sollen über das Pro-
gramm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ flächendeckend be-
nachteiligte Kinder und Jugendliche erreicht werden?

7. Welche Kriterien müssen lokale Bildungsbündnisse erfüllen, um förde-
rungsfähig zu werden?

8. a) Warum werden vorrangig nur außerschulische Projekte berücksichtigt,
bzw. warum werden Maßnahmen außerschulischer Akteure im Unter-
richt an den Schulen ausdrücklich ausgeschlossen?

b) Schließt die Bundesregierung eine Erweiterung des schulischen Bereichs
bzw. die Koppelung von schulischen und außerschulischen Projekten im
Rahmen dieses Programms weiter aus?

Wenn ja, mit welcher Begründung?

9. a) Inwieweit wird sichergestellt, dass über dieses Programm bildungs-
benachteiligte Kinder und Jugendliche erreicht werden?

b) Anhand welcher Kriterien wird eine Unterscheidung darüber getroffen,
wer als bildungsbenachteiligt gilt und wer nicht?

c) Kann die Bundesregierung eine Stigmatisierung von bildungsbenachtei-
ligten Kindern und Jugendlichen dabei ausschließen?

10. Inwieweit wird sichergestellt, dass sich der Aufbau von Vernetzungsstruk-
turen an dem Bedarf vor Ort orientiert?

11. a) Wie wird eine gerechte Verteilung der finanziellen Mittel sichergestellt,
wenn die Ausschüttung der Gelder nur über die Mitglieder eines Bundes-
verbandes und über Bundesländer übergreifende Programme möglich
ist?

b) Wie wird ausgeschlossen, dass lediglich große bundesweit agierende
Verbände von den finanziellen Möglichkeiten des Programms „Kultur
macht stark. Bündnisse für Bildung“ profitieren werden?

c) Inwiefern stellt die Bundesregierung sicher, dass darüber hinaus auch
Projekte eine Chance erhalten, die nicht an solche bundesweiten Struktu-
ren angekoppelt sind?

12. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob die zugesproche-
nen Fördermittel in den geförderten Projekten/Institutionen zur Deckung
von Personalkosten ausreichend sind?

13. a) Wie stellt die Bundesregierung die Nachhaltigkeit der durch das Pro-
gramm entstandenen Strukturen für außerschulische kulturelle Bildung
sicher?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10689

b) Gibt es bereits Pläne darüber, was nach Ablauf des Programms mit der
dadurch entstandenen Infrastruktur, dem eigens dafür eingestellten Per-
sonal geschehen wird?

c) Inwiefern ist geplant, das Programm nach Ablauf von fünf Jahren fortzu-
setzen?

14. Wird das Projekt wissenschaftlich begleitet oder evaluiert werden?

Wenn ja, welche Institution führt die wissenschaftliche Begleitung und Eva-
luation durch?

15. a) Legt das Programm Standards der Honorierung von Mitarbeitern (befris-
tet/unbefristet), freien Mitarbeitern, Kreativen und Künstlern, Praktikan-
ten in den geförderten Projekten/Institutionen fest (bitte begründen)?

b) Gibt es Absprachen zwischen dem Bund und den geförderten Projekten/
Institutionen, wie hoch die Honorierung von Kreativen und befristet be-
schäftigten Mitarbeitern/freien Mitarbeitern mindestens zu sein hat, bzw.
ist ein festgelegter Teil der Fördersumme für Personalkosten im Sinne
von Gagen, Honoraren etc. festgeschrieben (bitte begründen)?

c) Inwieweit entscheidet die geförderte Einrichtung in Eigenverantwortung
über die konkrete Verwendung der ihr zugesprochenen Fördersumme?

d) Plant die Bundesregierung die Einführung von Honoraruntergrenzen für
freie Mitarbeiter/Kreative in den vom Bund geförderten Projekten und
Institutionen?

Berlin, den 13. September 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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