BT-Drucksache 17/10290

Nutzung der Bahnstromtrassen für das Stromnetz

Vom 11. Juli 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10290
17. Wahlperiode 11. 07. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Johanna Voß, Dr. Barbara Höll, Eva Bulling-Schröter,
Werner Dreibus, Harald Koch, Ralph Lenkert, Dorothee Menzner, Richard Pitterle,
Michael Schlecht, Sabine Stüber, Dr. Axel Troost und der Fraktion DIE LINKE.

Nutzung der Bahnstromtrassen für das Stromnetz

Das Bahnstromnetz eignet sich grundsätzlich zur Mitnutzung für die Energie-
versorgung, so zitieren die „Kieler Nachrichten“ den Zwischenbericht einer
Machbarkeitsstudie zur Nutzung des Bahnstromnetzes. In dem Bericht vom
20. Juni 2012 („Energiewende: Bahn soll für Tempo sorgen“) wird über den
Zwischenbericht einer Machbarkeitsstudie berichtet, die der Bundesminister für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer, in Auftrag gegeben
hat. Weiter heißt es, dass die Mitnutzung den Bedarf an neuen Trassen maßgeb-
lich reduzieren würde. Der Bundesminister Dr. Peter Ramsauer hat auch in wei-
teren Interviews die Vorteile der Mitnutzung der Bahnstromtrassen erwähnt
(z. B. FAZ, 1. Juni 2012).

Bei der Vorstellung der Studie am 2. Juli 2012 hingegen heißt es: „Die beste-
henden Bahnstromtrassen sind nur unter engen Restriktionen im Rahmen des
bestehenden Netzausbaus nutzbar.“ Diese Wendung innerhalb von nur 14 Ta-
gen erstaunt zumindest.

Angesichts der aktuellen Debatte um den Netzentwicklungsplan und des gegen
Ende dieses Jahres zu verabschiedenden Bundesbedarfsplans stellt sich außer-
dem die Frage, warum das Bahnstromnetz in beidem überhaupt nicht vor-
kommt.

Zudem berichtete eine „dpa“-Meldung unter Berufung auf das Bundesministe-
rium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung bereits am 4. Oktober 2010, dass
der Bund derzeit prüfe, ob sich das Bahnstromnetz zum Transport der Wind-
energie von Nord nach Süd eignen würde.

Obwohl also bereits seit Langem geprüft wird, ist nicht anzunehmen, dass die
Ergebnisse dieser Studien in den Bundesbedarfsplan einfließen. So gibt es Ende
dieses Jahres einen Bundesbedarfsplan, der zu diesem Zeitpunkt schon überholt
ist. Dennoch wird nach dessen Vorgaben dann begonnen, neue Stromleitungen
zu bauen. Durch Einbeziehung des Bahnstromnetzes wären sie jedoch zum Teil
überflüssig.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wann wurde die Studie mit dem Titel „Machbarkeitsstudie zur Verknüpfung
von Bahn- und Energieleitungsinfrastrukturen“ vergeben, und welcher Fer-
tigstellungszeitraum wurde vertraglich vereinbart?

Drucksache 17/10290 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Wieso ist die Studie erst jetzt veröffentlicht worden, obwohl bei einer Lauf-
zeit der Studie von drei Monaten als Studienabschluss im Ausschreibungs-
text der 30. April 2012 angegeben war?

3. Handelt es sich bei der in der „dpa“-Meldung vom 4. Oktober 2010 erwähn-
ten Prüfung bereits um die Machbarkeitsstudie, die in den „Kieler Nachrich-
ten“ vom 20. Juni 2012 erwähnt wird?

Wenn nicht, worum handelt es sich?

4. Ist es richtig, dass der Zwischenbericht der Machbarkeitsstudie zu dem Er-
gebnis kommt, dass das Bahnstromnetz grundsätzlich zur Mitnutzung
durch das Stromnetz geeignet sei, und dass dies den Bedarf an neuen Tras-
sen maßgeblich reduzieren würde, wie die „Kieler Nachrichten“ schreiben?

5. Wie erklärt sich die Bundesregierung die Diskrepanz zwischen der positi-
ven Bewertung der Mitnutzung des Bahnstromnetzes durch den Zwischen-
bericht und durch den Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer und der
skeptischen Beurteilung der Nutzung des Bahnstromnetzes durch die
Studie insgesamt?

6. Was für Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen der
Machbarkeitsstudie?

7. Werden die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie in den Bundesbedarfsplan
einfließen?

Wenn ja, wie?

Wenn nein, warum nicht?

8. Werden die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie in die weitere Planung der
Übertragungsnetze einfließen?

Wenn ja, an welcher Stelle des Planungsprozesses?

Wenn nein, warum nicht?

9. Stimmt die Bundesregierung der Überlegung zu, dass die Veröffentlichung
der Studie – oder der Teilergebnisse – ein hilfreicher Beitrag dafür wäre,
den Konsultationsprozess zu dem von den vier Stromnetzbetreibern erstell-
ten und jüngst vorgestellten Netzentwicklungsplan Strom sowie die strate-
gische Umweltprüfung zu diesem Plan zu begleiten?

Wenn ja, wie wird dieser Überlegung Rechnung getragen?

Wenn nein, warum nicht?

10. Stimmt es, dass die Arbeitsgruppe „Energietrassen“ im Bundesministerium
für Wirtschaft und Technologie die Umbaukosten des Bahnstromnetzes zur
Mitnutzung auf 7,2 Mrd. Euro schätzt (siehe Kieler Nachrichten vom
20. Juni 2010)?

Auf welchen Eckdaten basiert diese Schätzung?

11. Wie ist diese Arbeitsgruppe „Energietrassen“ in die Netzplanung eingebun-
den?

Wer sind ihre Mitglieder?

12. Für wie realistisch hält die Bundesregierung die Schätzung der Arbeits-
gruppe „Energietrassen“ (siehe Frage 10), und wie beurteilt sie diese Kosten
im Verhältnis zu den vermiedenen Kosten des Übertragungsnetzausbaus?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung generell die Mitnutzung von Bahnstrom-
trassen/des Bahnstromnetzes zur Energieversorgung?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10290

14. Sieht die Bundesregierung ein Potenzial darin, durch Mitnutzung von
Bahnstromtrassen/des Bahnstromnetzes den Umfang des Baus neuer
Stromleitungen zu verringern?

15. Wo sieht die Bundesregierung Chancen und Risiken bei der Mitnutzung
des Bahnstromnetzes/der Bahnstromtrassen?

Welche Maßnahmen betreibt die Bundesregierung derzeit, um das
Bahnstromnetz zukünftig auch für anderen als Bahnstrom nutzen zu kön-
nen (bitte einzeln aufführen)?

16. Fanden bereits Gespräche zwischen Vertreterinnen und Vertretern der
Deutschen Bahn AG zur Nutzung des Bahnstromnetzes und der Bundes-
regierung statt?

Wenn ja, was wurde dort besprochen, und mit welchen Ergebnissen?

Wenn nein, warum nicht?

17. Wie beurteilt die Bundesregierung das Problem der unterschiedlichen Fre-
quenzen des Bahnstromnetzes und des allgemeinen Stromnetzes bei der
Mitnutzung des Bahnstromnetzes?

18. Ist es richtig, dass neuere Lokomotiven bereits mit 50 Hertz fahren kön-
nen?

Wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeiten, die sich
daraus für die Mitnutzung des Bahnstromnetzes ergeben?

19. Wie verhalten sich die Kosten der Umstellung aller Lokomotiven auf
50 Hertz zu den Kosten der Umspannwerke, die bei unterschiedlicher
Frequenz von Bahnstromnetz und allgemeinem Stromnetz zur Mitnutzung
nötig wären?

20. Welche weiteren Arbeitsgruppen in welchen Bundesministerien beschäfti-
gen sich mit der Mitnutzung von Bahnstromtrassen durch Stromleitungen,
und zu welchen Ergebnissen kamen sie bisher?

21. Welche Gesetzesänderungen sind nach Auffassung der Bundesregierung
nötig, um im Bahnstromnetz nicht nur Bahnstrom zu transportieren bzw.
um die Bahnstromtrassen mitzunutzen?

Gibt es bereits Vorbereitungen zu solchen Gesetzesänderungen?

Berlin, den 11. Juli 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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