BT-Drucksache 17/10277

Gewährung von Krediten an Israel und Vorgang "Geschäftsfreund" in den 1960er-Jahren

Vom 4. Juli 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/10277
17. Wahlperiode 04. 07. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan van Aken, Eva Bulling-Schröter, Klaus Ernst,
Wolfgang Gehrcke, Nicole Gohlke, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger,
Andrej Hunko, Harald Koch, Niema Movassat, Paul Schäfer (Köln), Kathrin Vogler
und der Fraktion DIE LINKE.

Gewährung von Krediten an Israel und Vorgang „Geschäftsfreund“ in
den 1960er-Jahren

Nach Recherchen der Journalistin Gaby Weber im Auswärtigen Amt hat es
im Jahr 1960 einen Vorgang „Geschäftsfreund“ gegeben. Für Israel sollte dabei
ein Kredit über 2 Mrd. DM eingeräumt werden. Tatsächlich ausbezahlt
worden seien dann lediglich 630 Mio. DM. Von der ersten Zahlungstranche über
– eigentlich – 100 Mio. DM seien aber nur 85 Mio. DM an Israel gegangen, die
übrigen 15 Mio. DM seien den Akten zufolge für „andere Zwecke“ verwendet
worden. Diese Zwecke würden in den Akten nicht weiter benannt.

Des Weiteren befinde sich in den Akten ein Hinweis auf ein vorgesehenes Aus-
zahlungsmoratorium für die Dauer des Prozesses gegen den NS-Verbrecher
Adolf Eichmann in Jerusalem.

Nach Einschätzung der Journalistin Gaby Weber gegenüber den Fragestellern,
die darüber auch im Deutschlandfunk und in dem gerade erschienenen Buch
„Eichmann wurde noch gebraucht“ berichtet hat, sollten die als Kredit gewähr-
ten Gelder für die Herstellung atomarer Bewaffnung verwendet werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist der von der damaligen Bundesregierung dem Staat Israel versprochene
Kredit über 2 Mrd. DM im Rahmen einer Aktion „Geschäftsfreund“ tatsäch-
lich eingeräumt worden, und wenn ja,

a) in welchen Tranchen wurde die Summe ausgezahlt,

b) in welchem Zeitraum,

c) zu welchem Zinssatz und

d) wie lange war die Laufzeit des Kredites?

2. Trifft es zu, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau oder andere Institute

weit weniger als 2 Mrd. DM als Kredit gezahlt hatten, und wenn ja,

a) wie hoch war der tatsächlich gewährte Kredit,

b) wie kommt diese Summe zustande,

Drucksache 17/10277 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

c) auf welcher geschäftlichen Grundlage und in welchem Zeitraum flossen
die 630 Mio. DM,

d) was war der Verwendungszweck dieser Zahlung, und war sie, wie es in
den Akten heißt, eine Art „Entwicklungshilfe“ oder ein „kommerzieller
Kredit“,

e) wie wurden die Rückzahlungsbedingungen ausgestaltet und

f) hat Israel Sicherheiten geboten, und welche?

3. Trifft es zu, dass die Ausarbeitung der „Aktion Geschäftsfreund“ dem Pri-
vatbankier Hermann Josef Abs – während der NS-Herrschaft als Vorstand
der Deutschen Bank für die „Arisierung“ jüdischer Unternehmen verant-
wortlich – oblag?

4. Wann sind die Mitglieder der Bundesregierung sowie der Deutsche Bundes-
tag von der Aktion „Geschäftsfreund“ informiert worden?

5. Welches waren die in der Vorbemerkung der Fragesteller zitierten „anderen
Zwecke“, für die die erwähnten 15 Mio. DM aufgewendet worden sind?

6. Ist ein Teil der Gelder aus der Aktion „Geschäftsfreund“ nicht nach Israel
geflossen, sondern an deutsche Personen und Parteien, und wenn ja, auf
wessen Veranlassung, an welche Parteien und welchen Personenkreis sowie
in jeweils welcher Höhe?

7. Hat es Anschlusskredite an die Aktion „Geschäftsfreund“ gegeben, und
wenn ja, wann und in welcher Höhe, und wann wurde der Deutsche Bun-
destag darüber informiert?

8. Wie hoch ist die seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland an Israel
gezahlte Entwicklungshilfe?

9. Wie hoch sind die seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland gegen-
über Israel gewährten Kredite?

10. Inwieweit wurden diese Kredite zurückbezahlt (bitte in absoluten Zahlen
ausdrücken)?

11. Wurden Israel Kredite gewährt, ohne dass der Deutsche Bundestag davon
in Kenntnis gesetzt wurde, wenn ja, wann und in welchem Umfang, und
inwiefern wurden diese tatsächlich ausbezahlt?

12. Wurden Israel Kredite ohne vertragliche Grundlage gewährt, und wenn ja,
wann und in welchem Umfang, und inwiefern wurden diese tatsächlich aus-
bezahlt?

13. Warum hat das Bundeskanzleramt Teile seiner Akten zu den Zahlungen aus
der Aktion „Geschäftsfreund“ nicht freigegeben?

14. Welche Gründe hatte die Entscheidung, die Zahlungen aus der Aktion
„Geschäftsfreund“ bis zum Ende des Eichmann-Prozesses auszusetzen?

15. Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass das Auswärtige Amt
laut eigener Einschätzung damals nicht ausschließen konnte, dass mit deut-
schen Geldern sowie mit der Unterstützung deutscher Behörden (u. a. des
damaligen Bundesministeriums für Atomfragen) und deutscher For-
schungseinrichtungen in Israel atomare Waffen hergestellt werden konnten?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/10277

16. Wie viel Militärhilfe wurde Israel seit Gründung der Bundesrepublik
Deutschland gewährt (bitte nach Jahren aufschlüsseln), und was war im Fall
von Materiallieferungen der damalige monetäre Gegenwert?

17. Wurden, ähnlich wie bei den Dolphin-U-Booten, von deutscher Seite auf
die Bezahlung von Israel erworbener deutscher Rüstungsgüter ganz oder
teilweise verzichtet oder erhebliche Zahlungserleichterungen (Stundungen
etc.) eingeräumt, und wenn ja, bei welchen Anlässen und in jeweils welcher
Höhe?

Berlin, den 3. Juli 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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