BT-Drucksache 16/9944

zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/7680- Zwangsverheiratung durch Verbesserung des Opferschutzes wirksam bekämpfen

Vom 9. Juli 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9944
16. Wahlperiode 09. 07. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, Josef Philip
Winkler, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/7680 –

Zwangsverheiratung durch Verbesserung des Opferschutzes wirksam bekämpfen

A. Problem

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt in ihrem Antrag dar, dass die
Regelungen des Aufenthaltsgesetzes nicht geeignet seien, Zwangsverheiratun-
gen, die von der UN als Menschenrechtsverletzung anerkannt und verurteilt
würden, zu verhindern. Die aufenthaltsrechtliche Besserstellung von Opfern sei
die wichtigste Voraussetzung, um sich gegen Zwangsverheiratungen zur Wehr
setzen zu können. Deshalb fordert sie die Bundesregierung insbesondere auf,
den Opfern einer Zwangsverheiratung eine Rückkehroption auch nach Ablauf
von sechs Monaten zu ermöglichen, klarzustellen, dass ein eigenständiges Auf-
enthaltsrecht des Ehegatten nach § 31 des Aufenthaltsgesetzes auch für den Fall
der Zwangsverheiratung besteht, die neu eingeführten Regelungen über die
Deutschkenntnisse beim Familiennachzug zurückzunehmen und die europa-
rechtlichen Vorgaben für die Arbeitsaufnahme von nachgezogenen Ehegatten,
nach denen der Ausschluss vom Arbeitsmarkt maximal ein Jahr betragen darf,
umzusetzen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 16/7680 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP
C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/9944 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/7680 abzulehnen.

Berlin, den 25. Juni 2008

Der Innenausschuss

Sebastian Edathy
Vorsitzender

Kristina Köhler (Wiesbaden)
Berichterstatterin

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Sevim Dag˘delen
Berichterstatterin

Josef Philip Winkler
Berichterstatter

Der Innenausschuss hat den Antrag auf Drucksache 16/
7680 in seiner 72. Sitzung am 25. Juni 2008 abschließend Die Fraktion der SPD hält manche Punkte des Antrags für

beraten. Als Ergebnis der Beratungen wurde mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP

richtig. Bei der Verlängerung des Rückkehrrechts sei in der
Koalition noch keine Einigung erzielt worden. Ein Ab-
schneiden des Aufenthaltsrechts würde die Opferrolle ver-
stärken. Die Regelungen über die Sprachtests seien aber in
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9944

Bericht der Abgeordneten Kristina Köhler (Wiesbaden), Rüdiger Veit, Hartfrid
Wolff (Rems-Murr), Sevim Dag˘delen und Josef Philip Winkler

I. Zum Verfahren

1. Überweisung

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Drucksache 16/7680 wurde in der 143. Sitzung des Deut-
schen Bundestages am 15. Februar 2008 an den Innenaus-
schuss federführend sowie an den Rechtsausschuss, den
Ausschuss für Arbeit und Soziales, den Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den Ausschuss für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe und den Ausschuss
für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur
Mitberatung überwiesen.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat in seiner 107. Sitzung am 25. Juni
2008 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner
94. Sitzung am 25. Juni 2008 mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion der FDP empfohlen, den An-
trag abzulehnen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend hat in seiner 62. Sitzung am 25. Juni 2008 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP
die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat in seiner 63. Sitzung am 18. Juni 2008 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP
empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung hat in seiner 60. Sitzung am 4. Juni
2008 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP die Ablehnung des Antrags empfohlen.

3. Beratungen im federführenden Ausschuss

II. Zur Begründung

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisiert, dass
noch keine aufenthaltsrechtliche Besserstellung der Opfer
von Zwangsverheiratungen erfolgt sei. Das Aufenthalts-
gesetz sei reine Schikane und bekämpfe vorrangig normale
Eheschließungen und nur nebenbei auch vereinzelt Zwangs-
ehen. Den Opfern von Zwangsverheiratungen müsse durch
die im Antrag geforderten Maßnahmen die Möglichkeit
gegeben werden, sich aus den Zwangsehen zu befreien. Die
Möglichkeit, Sprachkurse zu absolvieren, sei in manchen
Ländern praktisch nicht vorhanden. Auch deshalb sei diese
Regelung zurückzunehmen.

Die Fraktion DIE LINKE. teilt die Kritik und die Forde-
rungen des Antrags, ihr Antrag – Drucksache 16/1564 – ent-
hielte aber einen umfassenderen Ansatz. Unterstützt wird
die geforderte Rückkehroption für ins Ausland Zwangsver-
heiratete, das uneingeschränkte eigenständige Aufenthalts-
recht von Zwangsverheirateten sowie die Rücknahme der
Einschränkungen des Ehegattennachzugs, die Eheschlie-
ßungen unter Generalverdacht stellen würden. Der Rück-
gang beim Ehegattennachzug aus der Türkei um 67,5 Pro-
zent könne nicht mit verhinderten Zwangsehen gleich-
gesetzt werden. Bei 1 Prozent ursprünglich nachgezogener
Ehegatten unter 18 Jahren sei die Heraufsetzung des Min-
destalters für einen Ehegattennachzug nicht zur Verhinde-
rung von Zwangsehen geeignet.

Die Fraktion der FDP verweist auf einen eigenen Antrag
für einen besseren Opferschutz. Der Forderung nach einem
erweiterten Rückkehrrecht schließe man sich an. Allerdings
gehe eine Niederlassungserlaubnis von Amts wegen zu
weit. Man müsse über eine deutlich längere Antragsfrist
als sechs Monate nachdenken. Die Sprachkurse müssten
flächendeckender angeboten werden. In der Ukraine sei die
Durchfallquote bei den Sprachtests über 50 Prozent. Zudem
sehe man in der Strafbarkeit der Zwangsverheiratung
Lücken, weshalb der entsprechende Gesetzesantrag des
Bundesrates auf die Tagesordnung gehöre.

Die Fraktion der CDU/CSU lehnt den Antrag ab. Die ge-
schaffenen Regelungen seien eine deutliche Verbesserung
des Schutzes vor Zwangsverheiratungen. Die meisten Opfer
seien jung und ungebildet. Die Regelungen stärkten das
Selbstbestimmungsrecht und das Bildungsniveau der poten-
ziellen Opfer und machten diese dadurch unattraktiver für
eine Zwangsehe. Eine Aufhebung der Rückkehrfrist wäre
missbrauchsanfällig, da eine Rückkehr noch nach Jahren
wegen einer behaupteten Zwangsehe möglich wäre. Eine
längere Antragsfrist müsse mit einer längeren Ehebestands-
zeit einhergehen, um Scheinehen zu verhindern.
empfohlen, den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN abzulehnen.

der Lage, weltweit faire Bedingungen zur Absolvierung von
Deutschkursen zu schaffen. Andere Länder hätten ähnliche,

Drucksache 16/9944 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

die Niederlanden sogar noch strengere Regelungen erlassen.
Im Übrigen schließe man sich der Kritik an dem Antrag an
und lehne ihn deshalb ab.

Berlin, den 25. Juni 2008

Kristina Köhler (Wiesbaden)
Berichterstatterin

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Sevim Dag˘delen
Berichterstatterin

Josef Philip Winkler
Berichterstatter

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