BT-Drucksache 16/9819

Verbot des Vereins "Heimattreue Deutsche Jugend" prüfen

Vom 25. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9819
16. Wahlperiode 25. 06. 2008

Antrag
der Abgeordneten Christian Ahrendt, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Dr. Karl Addicks, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Mechthild
Dyckmans, Jörg van Essen, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen,
Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter
Haustein, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun
Kopp, Heinz Lanfermann, Sibylle Laurischk, Michael Link (Heilbronn), Markus
Löning, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen,
Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Jörg Rohde, Frank
Schäffler, Dr. Konrad Schily, Marina Schuster, Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar,
Christoph Waitz, Dr. Volker Wissing, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Verbot des Vereins „Heimattreue Deutsche Jugend“ prüfen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Verein „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ) ist als Jugendverband bun-
desweit tätig und bezeichnet sich selber als „die aktive, volks- und heimattreue
Jugendbewegung für alle deutschen Mädel und Jungen im Alter von sieben bis
29 Jahren“. Er ist mit mehreren hundert Mitgliedern ein fester Bestandteil der
rechtsextremistischen Szene und verfügt über umfangreiche szeneübergreifende
Kontakte. Insbesondere bestehen Verbindungen zu der neonazistischen Kame-
radschaftsszene sowie zur NPD.

Zielssetzung der HDJ ist es, über zunächst unpolitisch erscheinenden Aktivi-
täten Jugendliche und Kinder an das rechtsextremistische Gedankengut heran-
zuführen. Unter Vorspiegelung einer jugendpflegerischen Tätigkeit wird die
gezielte Ideologisierung im Sinne einer nationalsozialistischen Gesinnung be-
trieben. Das Vereinsorgan „Funkenflug“ verherrlicht den Nationalsozialismus
und propagiert einen offenen Antisemitismus (vgl. hierzu Verfassungsschutz-
bericht 2007).

Die HDJ organisiert Freizeitcamps im Sinne einer „paramilitärischen Aus-
bildung der Jugend.“ Das gesetzlich verankerte Uniformverbot wird ständig
missachtet. In diesen Freizeitcamps wird die NS-Zeit durch offene Anlehnung
an nationalsozialistische Insignien und Flaggenspiele als „selbstbewusster und

unverkrampfter“ Umgang mit der Vergangenheit belebt. So nahmen am jähr-
lichen „Pfingstlager“ der HDJ im niedersächsischen Eschede vom 25. bis 27. Mai
2007 etwa 350 Personen, darunter ganze Familien, teil.

Nach einem Spiegelbericht (SPIEGEL ONLINE vom 20. Mai 2008) soll Ju-
gendlichen im Januar 2008 in einem Camp der verbotene NS-Propagandafilm
„Der ewige Jude“ gezeigt worden sein. Daher wird derzeit gegen zwei Mitglie-

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der der HDJ wegen Verbreitens verfassungswidriger Propagandamittel und
Volksverhetzung ermittelt.

Um die Verbreitung des rechtsextremistischen Gedankenguts wirkungsvoll zu
unterbinden, müssen neben Aufklärungskampagnen und Bildungsangeboten
auch alle repressiven Mittel eingesetzt werden. Dazu gehören eine konsequente
Strafverfolgung, aber vor allem auch exekutive Maßnahmen wie die Durchset-
zung eines Vereinsverbotes. Dies muss insbesondere vor dem Hintergrund gel-
ten, dass die HDJ Parallelen zur „Hitler Jugend“ des Dritten Reiches aufweist
und darüber hinaus personelle Verknüpfungen zu der im Jahre 1994 verbotenen
„Wiking Jugend“ (WJ) bestehen. Der Verdacht liegt daher nahe, dass es sich bei
der HDJ um eine Nachfolgeorganisation der WJ handelt.

Daher muss ein Verbot nach dem Vereinsgesetz möglichst schnell durchgesetzt
werden, weil die junge Altersstruktur virale Verbreitung der rechtsextremis-
tischen Gesinnung besonders schnell und effektiv ermöglicht. Gemäß § 3 Abs. 1
des Vereinsgesetzes liegen die Voraussetzungen eines Verbots dann vor, wenn
der Verein mit seinem Zweck oder seiner Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider-
läuft oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken
der Völkerverständigung richtet. Obgleich der Bundesminister des Innern,
Dr. Wolfgang Schäuble, in einem Interview für „WELT ONLINE“ am 7. Mai
2008 ausdrücklich betonte, dass die zuständigen Behörden bei Vorliegen recht-
licher Möglichkeiten solche Vereine verböten, wird gegen die HDJ ein Vereins-
verbot nicht durchgesetzt.

Auf ihrer Homepage (www.heimattreue-jugend.de) weist die HDJ darauf hin,
dass sie sich über Spenden finanziere. Die Leser werden gebeten, „uns mit einer
regelmäßigen Spende oder einer Fördermitgliedschaft zu unterstützen.“ Es ist
daher davon auszugehen, dass dieser rechtsextremistische Verein als gemeinnüt-
zig anerkannt ist. Dieser Zustand wäre nicht hinnehmbar.

Die WJ wurde im Mai 1952 gegründet und erst 42 Jahr später verboten, bei dem
erst im Mai 2008 verbotenen rechtsextremistischen Verein „Collegium Huma-
num“ hat es 45 Jahre gedauert. Der Deutsche Bundestag muss sich für ein Ver-
einsverbot der HDJ einsetzen. Für einen demokratischen Rechtsstaat ist es
schlicht inakzeptabel, die Aktivitäten der HDJ länger hinzunehmen.

II. Der Deutsche Bundestag verurteilt die Bestrebungen der HDJ, Kindern und
jungen Menschen rechtsextremistische Gesinnung zu vermitteln und sieht dies
als gezielten Versuch an, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu
erschüttern und fordert deshalb die Bundesregierung auf,

– die zuständigen Landesfinanzbehörden zur Nachprüfung des Gemeinnützig-
keitsstatus zu veranlassen und gegebenenfalls diese zur Aberkennung der
Gemeinnützigkeit aufzufordern,

– zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen eines Vereinsverbots im Fall
der HDJ erfüllt sind und bei Feststellung eines positiven Ergebnisses ein ent-
sprechendes Vereinsverbot auszusprechen,

– den Deutschen Bundestag unverzüglich über die Ergebnisse dieser Prüfung
zu unterrichten.

Berlin, den 25. Juni 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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