BT-Drucksache 16/9685

zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -16/8887- Entwicklung in Afghanistan - Strategien für eine wirkungsvolle Aufbauarbeit kohärent umsetzen

Vom 19. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9685
16. Wahlperiode 19. 06. 2008

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Marieluise Beck (Bremen), Volker
Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 16/8887 –

Entwicklung in Afghanistan – Strategien für eine wirkungsvolle Aufbauarbeit
kohärent umsetzen

A. Problem

Trotz positiver Entwicklungen und Fortschritte ist die Sicherheitslage in Afgha-
nistan prekär. In der Realität sehen sich die Menschen im Land erneut von den
Taliban, von Warlords und anderen kriminellen Akteuren bedroht. Während im
Nordosten des Landes die zivilen Aufbaubemühungen Früchte tragen und eine
breite Unterstützung durch die Bevölkerung erhalten, fällt die Bilanz im Rest
des Landes – speziell im Südosten wenig positiv aus. Die Debatte über militä-
rische Kapazitäten, Aufstandsbekämpfung und Mandatsgrenzen überschattet
die notwendige Diskussion über die Strategie beim zivilen Aufbau. Die entwick-
lungspolitische Aufbauarbeit muss in den Vordergrund gestellt werden und mas-
siv ausgebaut und den aktuellen Herausforderungen angepasst werden. Die
internationale Staatengemeinschaft ist aufgerufen, mit Realismus eine neue ent-
wicklungspolitische Strategie zu bestimmen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und DIE LINKE.

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 16/9685 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 16/8887 abzulehnen.

Berlin, den 7. Mai 2008

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Sibylle Pfeiffer
Stellvertretende Vorsitzende

Dr. Christian Ruck
Berichterstatter

Christel Riemann-Hanewinckel
Berichterstatterin

Hellmut Königshaus
Berichterstatter

Hüseyin-Kenan Aydin
Berichterstatter

Ute Koczy
Berichterstatterin

konkreten Forderungen seien die Anhebung der zivilen Hilfe
auf mindestens 200 Mio. Euro für dieses Jahr und der Aus-

müsse sich mehr der Frage widmen, durch wen und wie die
Forderungen erfüllt werden sollen. Beispielsweise werde ge-
bau des Personalansatzes, nicht nur quantitativ, sondern auch
qualitativ. Weiterhin hinterfrage sie die Aufbauarbeit kri-
tisch, fordere eine Evaluierung der deutschen Entwicklungs-
zusammenarbeit und der deutschen Provincial Reconstruc-

fordert, dass die Einsatzbedingungen verbessert werden sol-
len und das Personal erhöht werden müsse. Zu der Frage, wie
dies konkret geschehen solle, werde nichts erläutert. Auch
werde die Frage der Gewährleistung der Sicherheit von Mit-
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9685

Bericht der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Christel Riemann-Hanewinckel,
Hellmut Königshaus, Hüseyin-Kenan Aydin und Ute Kozcy

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
16/8887 in seiner 157. Sitzung am 24. April 2008 zur Feder-
führung an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung und zur Mitberatung an den Auswär-
tigen Ausschuss, den Verteidigungsausschuss und den
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe über-
wiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner 63. Sit-
zung am 7. Mai 2008 beraten. Der Ausschuss empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und DIE LINKE. die
Ablehnung des Antrags.

Der Verteidigungsausschuss hat den Antrag in seiner
79. Sitzung am 7. Mai 2008 beraten. Der Ausschuss emp-
fiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen FDP
und DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat den Antrag in seiner 59. Sitzung am 7. Mai 2008 beraten.
Der Ausschuss empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktionen FDP und DIE LINKE. die Ablehnung des An-
trags.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der federführende Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung hat den Antrag in seiner
62. Sitzung am 7. Mai 2008 beraten. Er empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktionen FDP und DIE LINKE. die
Ablehnung des Antrags.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führt aus, dass
sich die Debatte um Afghanistan zu sehr auf militärische
Kapazitäten und Mandatsgrenzen verenge. Vielmehr müsse
sie sich auf eine Auseinandersetzung über Ziele, Kriterien
und strategische Ausrichtung der zivilen, insbesondere der
entwicklungspolitischen Aufbauarbeit konzentrieren. Die

de. Ein weiterer Schwerpunkt seien eine verbesserte Aufbau-
arbeit von Verwaltung, Justiz und Polizei sowie die Stärkung
der Frauenrechte und der Geschlechtergerechtigkeit. Der Af-
ghan Compact im Juni 2008 in Paris sei eine wichtige Kon-
ferenz, auf die die Bundesregierung mit einem neuen Stufen-
plan, der klare Etappenziele definiere, zuarbeiten sollte.

Die Fraktion der CDU/CSU erachtet eine kritische Be-
standsaufnahme für notwendig. Sie sei allerdings in wesent-
lichen Teilen des Antrags anderer Auffassung. So sei der
militärkritische Ansatz ebenso zu bemängeln wie, dass der
Handlungsbedarf auf der Ebene der internationalen Koordi-
nierung nicht thematisiert werde. Sie sei bereit, eine sinnvol-
le finanzielle Aufstockung mitzutragen. Jedoch sei zu evalu-
ieren, wie es um die Aufnahmekapazität neuer, höherer
Mittel stehe, denn diese sei in einigen Feldern erschöpft.

Die Fraktion der SPD befürwortet ebenfalls eine gründ-
liche Evaluierung, um die weiteren Schritte vorzubereiten,
und fordert mehr Transparenz von der Bundesregierung im
Hinblick auf die Funktionsfähigkeit der zivilen und militäri-
schen Zusammenarbeit. Zurzeit erlebe sie diese mehr als ein
Nebeneinander als ein Miteinander. Auch eine Verbesserung
der internationalen Koordinierung sei anzustreben. Die For-
derung der Erhöhung der Mittel auf 200 Mio. Euro bereite
Schwierigkeiten. Zwar sehe sie die Notwendigkeit einer Er-
höhung, aber sie sollte nicht pauschal, sondern stufenweise
erfolgen und zwar erst dann, wenn in Paris möglichst ver-
bindlich festgelegt worden sei, wie die personellen und
finanziellen Ressourcen insgesamt aussehen sollen und was
Deutschland zu leisten habe. Außerdem sollten die Mittel
gezielt vergeben werden. Dabei müsse die afghanische
Regierung auch von der internationalen Gemeinschaft auf-
gefordert werden, mehr Verbindlichkeit, Effektivität und
Transparenz zu leisten. Ein Mehr an ziviler Aufbauarbeit
könne nicht ein Weniger an militärischer Hilfe bedeuten. Der
Afghan Compact in Paris müsse die Grundlage bilden, die
bisherige Arbeit zu evaluieren, um dann zu sehen, an wel-
chen Stellen die deutsche, aber auch die internationale Stra-
tegie verändert werden muss. Erst wenn das möglich sei,
ergebe es für die einzelnen Geber Sinn, ihre lokalen bzw.
nationalen Etappenziele genauer zu definieren.

Die Fraktion der FDP erklärt, sie teile eine Reihe der An-
sätze, die der Antrag enthalte. Insbesondere entspreche der
Aufwuchs der zivilen Hilfe auf 200 Mio. Euro ihren eigenen
Forderungen. Einige Überlegungen seien vom Ansatz her
begrüßenswert, jedoch nicht zum Abschluss gebracht wor-
den. Insbesondere wenn man einen militärkritischen Ansatz
wähle, sei die Frage der Umsetzung zu erörtern. Der Antrag
tion Teams und verlange, dass ein jährlicher Bericht über die
Verwendung der entwicklungspolitischen Mittel erstellt wer-

arbeitern, die in die Fläche hinausgehen, nicht ausreichend
ausformuliert.

Drucksache 16/9685 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Die Fraktion DIE LINKE. führt aus, dass die Ausstattung
der Entwicklungszusammenarbeit viel zu gering sei. 120 Mio.
Euro für die zivile Aufbauarbeit und 500 Mio. Euro für die
Bundeswehr stehe in ihren Augen in keinem Verhältnis; dies
müsse umgekehrt sein. Deshalb brauche man eine massive
Aufstockung der zivilen Entwicklungsarbeit in Afghanistan.
Weiterhin begrüße sie die Kritik an der zivil-militärischen
Zusammenarbeit. Allerdings sei der Antrag nicht weitgehend
genug. Die Bundeswehr sei ein Teil des Problems und nicht
der Lösung. Sie könne vor allem keinen Ersatz darstellen für
umfassende politische Lösungen für die gesamte Region.
Hierzu gehöre auch die Einbeziehung der Nachbarstaaten.
Sie plädiere für international politische Lösungen für Afgha-
nistan.

Berlin, den 7. Mai 2008

Dr. Christian Ruck
Berichterstatter

Christel Riemann-Hanewinckel
Berichterstatterin

Hellmut Königshaus
Berichterstatter

Hüseyin-Kenan Aydin
Berichterstatter

Ute Koczy
Berichterstatterin

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.