BT-Drucksache 16/9678

"Staun-Oh!-Mat" des Bundesministeriums der Finanzen

Vom 18. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9678
16. Wahlperiode 18. 06. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Volker Wissing, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks,
Christian Ahrendt, Daniel Bahr (Münster), Uwe Barth, Rainer Brüderle, Jörg van
Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael
Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan,
Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Ina
Lenke, Markus Löning, Horst Meierhofer, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen,
Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela
Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig
Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein, Hartfrid Wolff
(Rems-Murr), Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

„Staun-Oh!-Mat“ des Bundesministeriums der Finanzen

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat auf seiner Internetseite einen
„Staun-Oh!-Mat“ eingerichtet. Dieser soll laut Bundesministerium zeigen, „wie
das Geld von Bürgerinnen und Bürgern Deutschland mitgestaltet – und warum
Steuern unerlässlich sind.“

Bei Betätigung des „Staun-Oh!-Mats“ erfolgt die Zuordnung des eingegebenen
Geldbetrages verschiedenen, willkürlich zusammengestellten Ausgabeposten
des Bundes, der Länder und Kommunen. Das Programm suggeriert den Bürge-
rinnen und Bürgern damit eine gezielte Verwendung der Steuergelder für be-
stimmte Zwecke, lässt gleichzeitig aber wesentliche Aufgaben und Ausgaben
des Bundes, der Länder und der Kommunen außer acht. So bleibt z. B. die Ver-
wendung von Steuergeldern für Verwaltungsausgaben, Rüstungsprojekte oder
Beitragszahlungen an internationale Organisationen unerwähnt.

Aufgrund der unvollständigen und selektiven Informationen birgt der „Staun-
Oh!-Mat“ die Gefahr, eher der Desinformation als der Information zu dienen.
Eine realistische Darstellung der Verwendung ihrer Steuergelder erhalten die
Bürgerinnen und Bürger über den „Staun-Oh!-Mat“ nicht.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hoch sind die Ausgaben des BMF für Entwicklung und Freischaltung
des „Staun-Oh!-Mat“?

2. Welche Gründe haben das BMF dazu veranlasst, das Programm als „Staun-
Oh!-Mat“ zu bezeichnen?

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3. Ist das BMF der Auffassung, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht wis-
sen, welche Aufgaben von der öffentlichen Hand wahrgenommen werden,
und auf welchen Informationen beruht diese Annahme des Bundesminis-
teriums?

4. Hat das BMF die im Rahmen des „Staun-Oh!-Mat“ der Öffentlichkeit zur
Verfügung gestellten Informationen fachlich-inhaltlich geprüft?

5. Ist das BMF der Ansicht, dass eine willkürliche und unvollständige Zu-
sammenstellung von Steuerausgaben der öffentlichen Hand die Akzeptanz
des Steuersystems erhöhen kann, und wie begründet das BMF seine dies-
bezügliche Auffassung?

6. Wie hoch sind die Ausgaben des Bundes für den Zivildienst an dem
gesamten Ausgabevolumen des Bundeshaushaltes, und hält das BMF es
für angemessen, diesen als exemplarisch für die Nutzung von 100 Euro
Steuergeldern durch Bund, Länder und Kommunen anzugeben?

7. Welchen Anteil haben die im Rahmen des „Staun-Oh!-Mat“ angeführten
Ausgabenzwecke am Gesamtausgabevolumen von Bund, Ländern und
Kommunen?

8. Hält das BMF es für angemessen, die Ausgaben für Zivildienst einmal mit
29 Euro pro Zivildiensttag anzugeben und bei Eingabe von 1 000 Euro den
Bundesanteil für den Zivildienst auf 200 Euro pro Woche zu beziffern?

9. Welche Gründe haben das BMF dazu veranlasst, uneinheitliche Bezugs-
größen für gleiche Sachverhalte zu verwenden, und inwiefern trägt dieses
nach Ansicht des Bundesministeriums zu mehr Vertrauen in den Staat bei?

10. Wie hoch sind die jährlichen Ausgaben der Bundesländer für Polizeikellen,
und wie stellen sich die für den Einkauf von Polizeikellen verwendeten
Mittel im Verhältnis zu den Gesamtausgaben der Länder dar?

11. Wie hoch sind die Ausgaben der Krankenkassen für Verbandsmaterial und
Hilfsmittel pro Krankenhausbehandlung, wie stellen sich im Vergleich
dazu die direkten Kosten des Bundes für Verbandsmaterial und Hilfsmittel
pro Krankenhausbehandlung dar, und wie hoch ist der Anteil dieser Ausga-
ben an den Gesamtausgaben der Krankenkassen?

12. Welche Gründe haben das BMF veranlasst, bei 100 Euro Steuergeld von
einem kommunalen Anteil in Höhe von 72 Euro für die Abfallentsorgung
auszugehen?

13. Wie hoch sind die tatsächlichen Anteile von Bund, Ländern und Gemein-
den an 100, 1 000 bzw. 100 000 Euro Steuergeldern der Bürgerinnen und
Bürger, und inwieweit spiegelt sich dieses Verhältnis in den verschiedenen
Angaben des „Staun-Oh!-Mat“ wieder?

14. Welche Gründe haben das BMF davon abgehalten, die Bürgerinnen und
Bürger auf die willkürliche und unvollständige Auswahl der Ausgabenpos-
ten hinzuweisen?

15. Welche Gründe haben die Bundesregierung davon abgehalten, bei den An-
gaben des „Staun-Oh!-Mat“ auch Beispiele aus dem Bereich der Öffent-
lichkeitsarbeit der Bundesregierung anzuführen?

16. Welche Gründe haben die Bundesregierung veranlasst, bei den Angaben
des „Staun-Oh!-Mat“ auf Beispiele für die Anschaffung von Rüstungs-
gütern zu verzichten?

17. Warum hat die Bundesregierung bei den Angaben des „Staun-Oh!-Mat“
auf die Kosten für die politische Leitungsebene der Bundesministerien ver-
zichtet?

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/9678

18. Warum verzichtet das BMF darauf, die Bürgerinnen und Bürger auf den
tatsächlichen Anteil der von dem „Staun-Oh!-Mat“ ausgegebenen Ausga-
beposten an den gesamten Ausgaben von Bund, Ländern und Kommunen
hinzuweisen?

19. Inwiefern beziehen sich die den 1 000 Euro Steuergeldern zugeordneten
100 Euro Steuergelder der Kommunen pro Theaterkarte tatsächlich auf
Ausgaben der Kommunen, und welche Berechnungen liegen den entspre-
chenden Angaben des BMF zugrunde?

20. Wie begründet das BMF, dass der Anteil des Schuldendienstes an 100 Euro
Steuergeldern mit 13 Euro beziffert wird, bei 1 000 Euro aber mal mit
140 Euro und mal mit 172 Euro angegeben wird, und welche Gründe ha-
ben das Bundesministerium veranlasst, den Schuldendienst auf entspre-
chend irreführende Weise darzustellen?

21. Wie viele Klettergerüste wurden nach Ansicht des BMF 2007 von den
Kommunen angeschafft, und wie hoch ist der Anteil der Kosten für Klet-
tergerüste an den kommunalen Gesamtausgaben?

22. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittli-
chen Kosten für die im Jahre 2007 von den Kommunen erworbenen Klet-
tergerüste, und auf welchen Informationen beruht die Kostenangabe in
Höhe von 3 500 Euro pro Klettergerüst?

23. Wie hoch ist der Anteil der jährlichen Ausgaben von Bund, Länder bzw.
Gemeinden, der in die Anschaffung von Klettergerüsten fließt bezogen auf
die Gesamteinnahmen des Bundes, der Länder und der Kommunen, und
wie stellt sich dieser bezogen auf 100 000 Euro Steuergelder dar?

24. Wie hoch ist der Anteil der jährlichen Ausgaben von Bund, Länder bzw.
Gemeinden, der in den Autobahnausbau fließt, und wie stellt sich der An-
teil dieser Mittel bezogen auf 100 000 Euro Steuergelder der Bürgerinnen
und Bürger dar?

25. Wie hoch ist der Anteil der jährlichen Ausgaben von Bund, Länder bzw.
Gemeinden, der für den Zivildienst ausgegeben wird, und wie stellt sich
deren Anteil bezogen auf 100 bzw. 1 000 Euro Steuergelder der Bürgerin-
nen und Bürger dar?

26. Wie hoch ist der Anteil der jährlichen Ausgaben von Bund, Länder bzw.
Gemeinden, der sich der Unterbringung von Häftlingen zuordnen lässt,
und wie stellt sich deren Anteil bezogen auf 1 000 Euro Steuergelder der
Bürgerinnen und Bürger dar?

27. Wie hoch ist der Anteil der jährlichen Ausgaben von Bund, Länder bzw.
Gemeinden, der letztendlich von den Kommunen für die Abfallentsorgung
und insbesondere für die Mitarbeiter der Abfallentsorgung verwendet wird,
und wie stellt sich der Anteil dieser Mittel bezogen auf 1 000 Euro Steuer-
gelder der Bürgerinnen und Bürger dar?

28. Wie hoch ist der Anteil der jährlichen Ausgaben von Bund, Länder bzw.
Gemeinden, welcher sich der Förderung des Theaters zuordnen lässt, und
wie stellt sich deren Anteil umgerechnet auf 1 000 Euro Steuergelder der
Bürgerinnen und Bürger sowie bezogen auf den Preis einer Theaterkarte
dar?

29. Wie hoch ist der Anteil der jährlichen Ausgaben von Bund, Länder bzw.
Gemeinden, der für Bafög verwendet wird, und wie stellt sich dieser Anteil
bezogen auf 100 000 Euro Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger dar?

Drucksache 16/9678 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
30. Wie hoch ist der Anteil der jährlichen Ausgaben von Bund, Länder bzw.
Gemeinden, der sich der Anschaffung von Ampeln zuordnen lassen, und
wie stellt sich dieser Anteil bezogen auf 100 000 Euro Steuergelder der
Bürgerinnen und Bürger dar?

31. Wie hoch ist der Anteil der jährlichen Ausgaben von Bund, Länder bzw.
Gemeinden, der sich der Anschaffung von 1-m-Brettern in Schwimmbä-
dern zuordnen lässt, wie stellt sich deren Anteil bezogen auf 100 000 Euro
Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger dar, und wie viele 1-m-Bretter
wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2007 von den Kom-
munen gekauft?

32. Wie hoch ist der Anteil der jährlichen Ausgaben von Bund, Länder bzw.
Gemeinden, der sich der Feuerwehr zuordnen lässt, und wie stellt sich die-
ser Anteil bezogen auf 100 000 Euro Steuergelder der Bürgerinnen und
Bürger dar?

Berlin, den 18. Juni 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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