BT-Drucksache 16/9612

Rahmenbedingungen für eine nachhaltige internationale Investitionspolitik schaffen - Multilaterale Regeln für Staatsfonds entwickeln

Vom 18. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9612
16. Wahlperiode 18. 06. 2008

Antrag
der Abgeordneten Kerstin Andreae, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Alexander
Bonde, Dr. Thea Dückert, Ute Koczy, Dr. Gerhard Schick, Rainder Steenblock und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Rahmenbedingungen für eine nachhaltige internationale Investitionspolitik
schaffen – Multilaterale Regeln für Staatsfonds entwickeln

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Im Zusammenhang mit dem zunehmenden internationalen Engagement von
staatlichen Fonds werden Fragen der Investitionskontrolle zurzeit breit disku-
tiert und von den internationalen und europäischen Gremien und Institutionen
aufgegriffen. Die Bundesregierung muss daher jetzt die notwendigen Rechts-
änderungen und Initiativen für einen deutschen Beitrag zu einem multilateralen
Ansatz der Kontrolle von Direktinvestitionen vorbereiten. Hierdurch soll die
internationale Zusammenarbeit bei der Kontrolle von Direktinvestitionen ge-
stärkt werden. Ein solcher Ansatz kann um europäische und nationale Regelun-
gen ergänzt werden.

Der deutsche Bundestag lehnt Instrumente der Investitionskontrolle in Deutsch-
land dann ab, wenn sie die Planungs- und Rechtssicherheit für die Investoren
und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der klaren Kalkulierbarkeit
missachten und rein als nationale Abwehrstrategie ausgestaltet sind.

Investitionskontrollen dürfen nur eingeführt werden, wenn ihnen klare Defini-
tionen und Kriterien zugrunde liegen, die eng gefasst und mit dem EU-Recht
vereinbar sind. Unnötige Bürokratielasten müssen vermieden werden. Im Vor-
dergrund haben solche Instrumente zu stehen, die sich konsequent und ohne
Ansehen der Herkunft des Investors gegen übermäßige Marktmacht, monopolis-
tische Strukturen oder gemeinwohl- und unternehmensschädliche Geschäfts-
strategien richten.

Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung kann nur dann den Interessen der
Menschen dienen, wenn sie sich an ökologischen und sozialen Kriterien und der
Einhaltung der Menschenrechte orientiert.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. sich aktiv für ein multinationales Investitionsabkommen auf globaler Ebene
einzusetzen, das Rechte und Pflichten von Investoren klar definiert und dafür
sorgt, dass die Menschenrechte sowie ökologische und soziale Standards ein-
gehalten werden und die Kapitalverkehrsfreiheit auf dieser Grundlage nach
dem Grundsatz der Reziprozität verwirklicht wird;

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2. sich für die Verankerung von sozialen und ökologischen Standards in der
World Trade Organization (WTO) sowie in allen bilateralen Handelsabkom-
men einzusetzen;

3. die internationalen Initiativen zu unterstützen, durch die eine stärkere Trans-
parenz in den Führungsstrukturen und bei der Investitionspolitik von Staats-
fonds und anderen Fonds durchgesetzt werden soll;

4. die Einführung entsprechender internationaler Regeln zu unterstützen und
umzusetzen, die zu größerer Transparenz von Staatsfonds führen. Voraus-
setzung für ein offenes Investitionsregime ist ein Geben und Nehmen, bei
dem beide Seiten den gleichen transparenten Regeln folgen;

5. eine politische Initiative der Bundesrepublik Deutschland in der EU anzu-
stoßen, durch die die Harmonisierung der Regelungen zur Investitions-
kontrolle innerhalb der Europäischen Union erreicht werden soll;

6. die Entwicklung zielführender Instrumente vorzubereiten, die Machtbegren-
zungen innerhalb von Unternehmen gewährleisten, ohne dabei pauschal auf
ausländische Investoren abzuheben. Hierbei sollen die bestehenden Rege-
lungen für die unterschiedlichen Rechtsformen von Unternehmen weiterent-
wickelt werden;

7. für den Bundeshaushalt 2009 eine Aufstockung des Personalhaushalts des
Bundeskartellamts vorzubereiten. Es hält bisher mit den wachsenden Auf-
gaben nicht Schritt und muss an die gestiegenen Anforderungen ange-
glichen werden;

8. eine konsequente Anwendung des Wettbewerbsrechts zu gewährleisten, die
hiermit beauftragten Institutionen dabei aktiv zu unterstützen und Lücken
im Wettbewerbsrecht zu schließen. Monopolistische oder oligopolistische
Strukturen müssen verhindert werden. Dazu sind scharfe Instrumente not-
wendig, um Wettbewerb auf den Märkten durchzusetzen. Hierzu kann auch
die Zerlegung von Unternehmen mit zu großer Marktmacht gehören;

9. eine staatliche Kontrolle von aus technischen Gründen notwendigen Mono-
polen in sicherheitsrelevanten Bereichen wie z. B. bei den Stromnetzen
sicherzustellen bzw. vorzubereiten. So kann ein Zugriff von Investoren, die
aus machtpolitischen Gründen handeln, ebenso verhindert werden wie eine
Ausnutzung dieser Monopole durch Unternehmen mit bereits vorhandener
großer Marktmacht;

10. eine klare Definition sicherheitsrelevanter Bereiche zu formulieren, die über
den Rüstungsbereich hinausgeht;

11. eine klare Abgrenzung von Investitionskontrollen in sicherheitsrelevanten
Bereichen von industriepolitischen Zielen vorzunehmen;

12. klare Kriterien für die Einstufung von Investoren als marktgefährdend zu
entwickeln. Hierzu gehören auch Faktoren wie Korruptionsanfälligkeit
sowie die Verflechtung mit politischen Institutionen, wie sie gerade in auto-
ritären Regimes beobachtet wird. Auf nationaler Ebene bietet die Einfüh-
rung eines Korruptionsregisters einen erfolgversprechenden Ansatz;

13. die Entwicklung verbindlicher Kriterien für Corporate Governance vorzu-
bereiten, die in den EU-weiten Prozess zur Entwicklung europäischer Rege-
lungen eingebracht werden und durch die die Wahrnehmung von Gemein-
wohlinteressen durch Unternehmen gewährleistet werden sollen;

14. eine nachvollziehbare Kosten-Nutzen-Analyse vorgeschlagener Regelun-
gen zur Investitionskontrolle vorzulegen.

Berlin, den 18. Juni 2008
Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

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Begründung

Die Staatsfondsdebatte ist von den durch die Globalisierung ausgelösten Ent-
wicklungen auf den internationalen Finanzmärkten nicht zu lösen. Die Turbu-
lenzen der jüngsten Zeit, die Erfahrungen mit Hedgefonds und die Immobilien-
krise haben stark verunsichernd gewirkt. Daher ist es nicht überraschend, dass
die Staatsfondsdebatte folgt, die von diesem Kontext nicht losgelöst betrachtet
werden kann. Umso wichtiger ist, dass nicht mit vereinfachenden Argumentatio-
nen und Lösungen, sondern mit einer differenzierten Vorgehensweise gearbeitet
wird, um dem hier aufgeworfenen Problem gerecht zu werden.

1. Investitionskraft und Aufgaben der Staatsfonds

Die bisher durch Staatsfonds verwalteten 2 bis 3 Bio. US-Dollar werden sich
voraussichtlich bis 2015 verdreifachen. Ein exponentielles Wachstum dieser
Investitionsform zeichnet sich ab. Es treten neue Akteure wie Russland und
China auf, die mit ihren Staatsfonds bisher wenig in Erscheinung getreten sind.
Die Transparenz dieser Fonds ist bisher mit Ausnahme des norwegischen Staats-
fonds nicht gewährleistet. Darum sind internationale Regelungen durch die EU
und den Internationalen Währungsfonds wichtig, um hier zu einheitlichen
Lösungen zu kommen. Staatsfonds können attraktive Anleger sein, wenn sie
eine verantwortungsvolle Investitionspolitik betreiben. Intransparenzen in der
Führung von Fonds führen zu Vertrauensverlusten. Andererseits zeigt die bishe-
rige Erfahrung mit Staatsfonds als Investoren, dass diese aufgrund ihrer Funk-
tion als Währungsreserve, Ausgleich für Rohstoffpreisschwankungen, Vorsorge
für die Zeit nach dem Rohstoffabbau oder als Sicherheit bei demografischen
Problemen an langfristigen und sicheren Anlageformen interessiert sind.

Der Deutsche Bundestag fordert eine stärkere Transparenz in den Führungs-
strukturen und bei der Investitionspolitik von Fonds. Zugleich muss die Finanz-
politik dem Umstand Rechnung tragen, dass ausländische Staatsfonds attraktive
Investoren sein können, wenn sie sich auf langfristige und sichere Anlagefor-
men konzentrieren.

2. Ausländische Direktinvestitionen und Staatsfonds

Ausländische Direktinvestitionen steigen in Deutschland relativ langsam, aber
stetig. Die in der Debatte über Staatsfonds hervorgehobene besondere Bedeutung
russischer (0,2 Prozent) und chinesischer Investitionen (0,05 Prozent) bildet sich
in den Zahlen heute nicht ab, sondern beschreibt Zukunftsszenarien. Die Mög-
lichkeit zu umfassenden politisch-strategischen Beteiligungen durch Staatsfonds
würde zudem auch durch deren vergleichsweise geringe Anlagevolumina
erschwert. Allerdings lohnt ein Blick auf die jüngeren Entwicklungen, da der
ansteigende Ölpreis die Staatskassen ölexportierender Länder füllt und China
aufgrund seiner Währungspolitik steigende Devisenreserven verzeichnet.

Der Deutsche Bundestag befürwortet eine sachliche Diskussion über auslän-
dische Beteiligungen, die die tatsächlichen Investitionsvolumina berücksichtigt
und setzt sich für ein Investitionsklima ein, das verantwortungsvolle auslän-
dische Direktinvestitionen unterstützt.

Die Sorge vor einer unkontrollierbaren Machtkonzentration auf den Kapital-
märkten ist nicht unbegründet. Sie gilt allerdings nicht nur für staatliche, son-
dern auch für private Fonds, die mehrere Milliarden Euro schwere Unterneh-
mensübernahmen vornehmen können. Die Rolle von Hedgefonds und Private
Equity Fonds gehört deshalb mit in die Debatte um Macht auf den Finanzmärk-
ten, Systemrisiken und die Kontrolle über Unternehmen. Bei allen politischen
Reaktionen auf die neue Machtkonstellation auf den Finanzmärkten muss klar

sein, welcher Bedrohungslage eigentlich begegnet werden soll. Diese Klarheit
ist bei den Beiträgen der großen Koalition derzeit nicht zu erkennen. Private

Drucksache 16/9612 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

oder staatliche Fonds, multinationale Unternehmen in privatem oder staatlichem
Besitz können attraktive Anleger sein, wenn sie eine verantwortungsvolle Inves-
titionspolitikbetreiben. Intransparenzen bei der Führung von Fonds führen
jedoch zu Vertrauensverlusten. Unklar ist, wie sich die Rolle der Staatsfonds
künftig entwickeln wird.

3. Einflussnahme in Unternehmen

Staatsfonds haben tatsächlich bisher einen sehr geringen Anteil an den interna-
tionalen Anlagevolumina. So standen 2005 weltweit z. B. 63,5 Bio. US-Dollar
Bankaktiva oder 21 Bio. US-Dollar Mittel aus Investmentfonds nur 3,1 Bio. US-
Dollar aus Staatsfonds gegenüber. Auf der anderen Seite zeigt das Beispiel
Hedgefonds, dass bei böswilliger Absicht auch mit geringen Unternehmensbe-
teiligungen negative Effekte zu erzielen sind. Gleichzeitig kann einer starken
Einflussnahme in Unternehmen auch bei geringen Beteiligungen gerade nicht
durch relativ hohe Schwellenwerte bei der Investitionskontrolle wie die disku-
tierten 25 Prozent an ausländischen Investitionen begegnet werden.

Der Deutsche Bundestag fordert zielführende Instrumente, die Machtbegren-
zungen innerhalb von Unternehmen gewährleisten, ohne dabei pauschal auf aus-
ländische Investoren abzuheben. Eine pauschale Verdächtigung und Benachtei-
ligung ausländischer Investoren vergiftet dagegen das Investitionsklima. Starke
Probleme entstehen z. B. durch die weit verbreitete Konzentration von vielen
Aufsichtsratsmandaten bei einzelnen Personen oder die üblichen Personalaus-
tausche zwischen Vorständen und Aufsichtsräten. Der Deutsche Bundestag for-
dert, die Zahl von Aufsichtsratsmandaten auf maximal 5 pro Person zu be-
grenzen und den direkten Wechsel von einem Vorstand in den Aufsichtsrat der-
selben Firma zu verbieten.

4. Regeln und Standards für den internationalen Kapitalverkehr

Eingriffe in den freien Kapitalverkehr unterliegen nach Artikel 56 des EG-Ver-
trages, der in der EU rechtsverbindlich die Kapitalverkehrsfreiheit nach innen
wie außen festlegt, einer starken Begründungspflicht. Der Nutzen ausländischer
Beteiligungen, die deutschen Gemeinwohlinteressen und die möglichen tatsäch-
lichen Gefährdungen müssen sorgsam gegeneinander abgewogen werden. Der
Schutz von Märkten vor einseitiger Dominanz ist zudem nicht auf die Frage
nach ausländischen Investoren begrenzt. Auch inländische Investoren verfolgen
nicht automatisch Gemeinwohlinteressen. Die Einschränkung der Kapitalver-
kehrsfreiheit kann dagegen durch die Beschränkung von Finanzierungsmöglich-
keiten für Unternehmen zu Schäden am Gemeinwohl führen. Die Problematik
der vorgeschlagenen 25-Prozent-Regelung liegt darin, dass sie zwar im Kontext
der Staatsfondsdebatte erfolgt, aber jegliche ausländische Investitionen betrifft.

Der Deutsche Bundestag weist darauf hin, dass Eingriffe in den Kapitalverkehr
sorgsam abgewogen werden müssen. Die negativen Folgen für die Finanzie-
rungsmöglichkeiten eines Unternehmens durch die Reduzierung des Wettbe-
werbs und künstliche Verknappung des Angebots ist ein schwerwiegender Ein-
griff, der sowohl national wie international zu einer Reduktion von Finanzie-
rungsmöglichkeiten für Unternehmen führt und damit wie eine Kreditbremse
wirkt. National droht eine Begrenzung von Investitionsmöglichkeiten, Unter-
nehmen mit hohem Kapitalbedarf zurückzuwerfen. Maßnahmen, deren Auswir-
kungen einer Kreditbremse für Unternehmen gleichkommen, dürfen nicht um-
gesetzt werden.

Staatsfonds, Hedgefonds, Private Equity Fonds und Pensionsfonds sind einer-
seits wichtige Finanzmarktakteure, die Kapital für sinnvolle unternehmerische

Investitionen zur Verfügung stellen. Hedgefonds können aufgrund ihres großen
Entscheidungsspielraums stabilisierend wirken, weil sie antizyklisch investieren

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/9612

können und Risiken übernehmen, die z. B. für Versicherungen tabu sind. Ande-
rerseits können sie dann destabilisierend wirken, wenn sie die Regeln einer ver-
antwortlichen Unternehmens- und Anlagepolitik missachten. Deswegen kommt
es darauf an, die unternehmerische Verantwortlichkeit insgesamt zu stärken, um
die positiven Effekte der finanziellen Engagements dieser Anleger nutzen zu
können. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, sich nach-
drücklich für die Schaffung internationaler Regeln für Investitionen einzusetzen,
die dem Grundsatz der Reziprozität folgen. Eine Kapitalverkehrsfreiheit, die
einseitig funktioniert, führt schnell zu einer Missachtung von Corporate-Gover-
nance-Grundsätzen sowie ökologischer und sozialer Kriterien, die für nachhal-
tiges und verantwortliches Wirtschaften unerlässlich sind. Deswegen sollen sich
im internationalen Kapitalverkehr beide Seiten darauf verpflichten, die entspre-
chenden Regeln und Kriterien verbindlich zu vereinbaren und einzuhalten.

5. Abgrenzungs- und Definitionsprobleme

Maßnahmen, die sich allein gegen ausländische – insbesondere staatliche –
Investoren richten, bringen massive Abgrenzungs- und Definitionsprobleme in
Bezug auf schützenswerte Bereiche der Wirtschaft, akzeptable Eigentümer und
die Zuordnung zum Begriff „ausländisch“ mit sich. So bleibt z. B. unklar, wie
internationale Joint Ventures mit deutscher Beteiligung zu behandeln sind und
ab welchem Beteiligungsgrad Unternehmen selbst als ausländisch gelten.

Zudem sind ganz oder teilweise staatliche deutsche Unternehmen wie die Tele-
kom AG oder die Deutsche Post AG selbst stark im Ausland aktiv und dort auf
ein freundliches Investitionsklima angewiesen. Und: Bei den großen deutschen
DAX-Unternehmen sind ausländische Beteiligungen von um die 50 Prozent die
Regel (z. B. 56,4 Prozent bei Daimler).

Der Deutsche Bundestag stellt fest: Auch die bestehenden Wettbewerbsprobleme
auf deutschen Teilmärkten wie z. B. im Energiesektor erklären sich nicht aus aus-
ländischen Beteiligungen, sondern der konsequenten Weigerung der Bundes-
regierung, effektive Maßnahmen zur Entflechtung und Zerlegung bei mono-
polistischen Unternehmensstrukturen zu ergreifen.

6. Instrumente der Missbrauchsabwehr bei Unternehmensbeteiligungen

Nationale Regelungen der Missbrauchsabwehr bei Unternehmensbeteiligungen
sind nach EU-Recht nur in engen Grenzen möglich. Grundsätzlich sollen Inves-
toren aus Mitgliedsländern wie auch aus Drittländern keiner Beschränkung des
Kapitalverkehrs unterliegen. Neben Beschränkungen in Bezug auf die Rüs-
tungsindustrie sind Maßnahmen zur Wahrung der Sicherheitsinteressen von
Mitgliedsstaaten möglich. Die Bundesregierung ist aufgefordert, diese weiteren
sicherheitsrelevanten Bereiche klar zu definieren. Rein wirtschaftliche Erwä-
gungen reichen als Begründung nicht aus. Investitionskontrollen müssen so ge-
fasst sein, dass sie vor dem Europäischen Gerichtshof Bestand haben.

Der Deutsche Bundestag fordert, die zur Kontrolle wirtschaftlicher Macht vor-
handenen zahlreichen Instrumente im deutschen Wirtschaftsrecht zu nutzen und
zu schärfen.

Der Missbrauch von Marktmacht, Gefährdungen des Wettbewerbs oder die Ein-
schränkung der Versorgungssicherheit werden durch die Kartellbehörden und
die Bundesnetzagentur überprüft. Die wachsenden Aufgaben des Bundeskartell-
amtes bilden sich allerdings seit Jahren nicht im Personalhaushalt der Behörde
ab. Dementsprechend sind allein schon von einer Aufstockung der Mittel in die-
sem Bereich deutliche Auswirkungen auf die Wettbewerbskontrolle zu erwar-
ten. Zugleich sind rechtliche Widersprüche, die bisher den Eingriffsrechten der

Behörden zuwiderlaufen, aufzuarbeiten und zu mindern.

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Die Vorschriften des Aktiengesetzes sorgen innerhalb von Aktiengesellschaften
für eine gewisse Unabhängigkeit der Vorstände und die klare Abgrenzung von
Aufsichtsräten und Geschäftsführung. Während die gesetzlichen Regelungen in
Deutschland sehr weitgehend vor Wettbewerbshemmnissen schützen, ist insge-
samt jedoch der Schutz vor Missbrauch von Investitionsmacht innerhalb eines
Unternehmens selbst noch vergleichsweise gering ausgeprägt.

Der Schutz vor Missbrauch in einem Unternehmen gestaltet sich insbesondere
dann schwierig, wenn Investoren mit offenkundig böswilliger Absicht ver-
suchen, in die Politik des Unternehmens selbst einzugreifen und dabei auch
Rechtsbrüche in Kauf nehmen. Problematiken dieser Art sind bisher jedoch
nicht durch Staatsfonds aufgeworfen worden, sondern durch bestimmte Hedge-
fonds. Um der möglichen Gefahr von irrationalem Marktgebahren großer Inves-
toren mit politischen Zielsetzungen zu begegnen, wären nationale Regelungen
eine schwache und wenig zielführende Lösung und nur als Second Best zu be-
werten. Ein europäischer Prozess bietet den wesentlichen Vorteil, dem gemein-
samen Markt und seinen Regeln gerecht zu werden, statt neue Widersprüche
aufzuwerfen. Die Gestaltung auf internationaler Ebene hätte in jedem Fall den
Vorteil, hierdurch nicht ein lokales Investitionsklima zu beschädigen, ohne
gleichzeitig starke Effekte beim Schutz vor Marktmissbrauch zu erzielen. Der
Deutsche Bundestag begrüßt daher den Ansatz der Europäischen Union, ge-
meinsame Grundsätze für Corporate Governance zu entwickeln und setzt sich
dafür ein, den durch die G7-Finanzminister eingeforderten internationalen Pro-
zess engagiert voranzubringen. Die Bundesregierung ist aufgefordert, hierfür
eigene Prinzipien vorzulegen und entsprechend stark in diesem Prozess mitzu-
wirken.

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