BT-Drucksache 16/9481

Attraktivität von Au-pair-Beschäftigungen steigern

Vom 4. Juni 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9481
16. Wahlperiode 04. 06. 2008

Antrag
der Abgeordneten Ina Lenke, Frank Schäffler, Hartfrid Wolff (Rems-Murr),
Sibylle Laurischk, Miriam Gruß, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, Christian
Ahrendt, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Patrick Döring, Mechthild Dyckmans, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke,
Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund Peter Geisen,
Joachim Günther (Plauen), Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Gudrun Kopp, Heinz Lanfermann, Harald Leibrecht, Michael
Link (Heilbronn), Markus Löning, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke,
Burkhardt Müller-Sönksen, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia
Pieper, Gisela Piltz, Jörg Rohde, Marina Schuster, Dr. Hermann Otto Solms,
Carl-Ludwig Thiele, Florian Toncar, Christoph Waitz, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Martin Zeil, Dr. Guido Westerwelle und der Fraktion der FDP

Attraktivität von Au-pair-Beschäftigungen steigern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Au-pair-Aufenthalte fördern den interkulturellen Dialog und sind Bestandteil
des internationalen Jugendaustauschs. Damit dienen sie der Verständigung unter
den Nationen, indem Fremdsprachen erlernt und der persönliche Kontakt mit
anderen Kulturkreisen erfahren wird. Der Gastfamilie wird die Vereinbarkeit
von Beruf und Familie ermöglicht. Vorrangiges Ziel des Au- pair-Aufenthaltes
ist es, die Sprachkenntnisse zu vervollständigen. Au- pairs entwickeln wichtige
Kompetenzen und Verantwortungsgefühl und lernen die Kultur des Landes
kennen.

Der Europarat beschloss 1969 ein „Übereinkommen über die Au-pair-Beschäf-
tigung“ mit dem Ziel, die Bedingungen für eine Au-pair-Beschäftigung in allen
Mitgliedstaaten festzustellen und zu vereinheitlichen. Der Au-pair-Status ist in
diesem Übereinkommen dahingehend definiert, dass die Au-pair-Beschäftigung
in der zeitlich begrenzten Aufnahme junger Ausländerinnen und Ausländer be-
steht, die gekommen sind, um ihre Sprachkenntnisse und gegebenenfalls ihre
Berufserfahrung zu vervollkommnen und ihre Allgemeinbildung durch eine
bessere Kenntnis des Gastlandes zu erweitern. Im Austausch erbringen sie be-

stimmte Leistungen für die Familien. Das Übereinkommen des Europarates
sieht ferner in Artikel 3 vor, dass die Au-pair-Beschäftigung zunächst nicht mehr
als ein Jahr betragen darf; sie kann jedoch auf eine Dauer von bis zu zwei Jahren
verlängert werden. Nach Artikel 4 Abs. 1 dürfen Au-pair-Beschäftigte nicht
jünger als 17 Jahre und nicht älter als 30 Jahre sein.

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Die Bundesrepublik Deutschland hat dieses Abkommen gezeichnet, nicht je-
doch ratifiziert. Bestimmungen, die einen sicheren Aufenthalt von Au-pairs und
den Schutz vor Ausbeutung sicherstellen sollen, werden allerdings im Rahmen
der Au-pair-Beschäftigung berücksichtigt (Merkblatt der Bundesagentur für
Arbeit für Au-pairs); im Übrigen finden allerdings auch von den Vorschriften
des Übereinkommens abweichende Regelungen Anwendung.

Nach § 20 der Beschäftigungsverordnung (BeschV) kann die Zustimmung zu
einem Aufenthaltstitel von bis zu einem Jahr für Personen mit Grundkenntnissen
der deutschen Sprache erteilt werden, die unter 25 Jahre alt sind und in einer
Familie, in der Deutsch als Muttersprache gesprochen wird, beschäftigt werden.
Die einjährige Frist ist nach 2.20.117 DA BeschV (Bundesagentur für Arbeit,
Beschäftigungsverordnung, Durchführungsanweisungen, Stand: September
2007) die gesetzliche Höchstdauer für das Erreichen des mit einem Au-pair-
Aufenthalt verfolgten Zweck.

Bei den visumpflichtigen Einreisen von Au-pairs verbleibt die Feststellung der
Sprachkenntnisse bei den Konsularbeamten der deutschen Auslandsvertretun-
gen; die Prüfung der Sprachkenntnisse aus sonstigen privilegierten Staaten wie
etwa den USA oder Japan obliegt den Ausländerbehörden (2.10.112 DA
BeschV). Bei visumsfreien Einreisen von Au-pairs aus den EU-Staaten obliegt
die Prüfung der Sprachkenntnisse nach der Einreise der Bundesagentur für
Arbeit.

Die Beschäftigung von Au-pairs erfolgt grundsätzlich nur in Gastfamilien, in
denen Deutsch als Muttersprache gesprochen wird und ein Erwachsener die
deutsche Staatsangehörigkeit oder die Staatsangehörigkeit eines anderen EU-
Mitgliedstaates, eines EWR-Staates oder der Schweiz besitzt. Au-pairs, die aus
den Herkunftsländern der Gasteltern stammen, werden grundsätzlich nicht in
diese Familien vermittelt. Eine Ausnahme ist zulässig, wenn die Gasteltern
konkret nachweisen, dass Ziel und Zweck des Au-pair-Aufenthalts (2.20.110
DA BeschV) nicht gefährdet werden (2.20.114 DA BeschV). Das Mindest-
taschengeld für Au-pairs beträgt 260 Euro im Monat (2.20.119 DA BeschV).

Die Gütegemeinschaft Au pair e. V. will dem RAL-Gütezeichen „Au-pair inco-
ming“ und den damit verbundenen Gütekriterien bessere Geltung in der Praxis
verschaffen (guetegemeinschaft-aupair.de). Derzeit haben 63 Agenturen das
RAL-Gütezeichen erhalten. Das deutsche Institut für Gütesicherung und Kenn-
zeichnung RAL kann bei den mit dem Gütesiegel ausgezeichneten Agenturen
bei Verstößen mit dem Entzug des Gütesiegels begegnen.

Die Zahl der zum Zwecke eines Au-pair-Aufenthalts in Deutschland ausgestell-
ten Visa ist von 19 074 im Jahr 2001 auf 17 028 im Jahr 2003 zurückgegangen
(Bericht der Bundesregierung über die Situation und Entwicklung der Au-pair-
Vermittlung, Bundestagsdrucksache 15/4791, S. 5). Von 2003 bis 2006 ist ein
Rückgang der erteilten Au-pair-Visa von 17 028 auf 6 638 zu verzeichnen (Aus-
wärtiges Amt vom 6. Juni 2007). Die Ursache für diesen Rückgang wird auch
darin gesehen, dass andere Staaten attraktivere Rahmenbedingungen für
Au-pair-Beschäftigungen wie etwa ein höheres Taschengeld oder die Erstattung
der Reisekosten böten (Pressemitteilung der Gütegemeinschaft Au Pair e. V.
vom 4. Juli 2007).

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. Au-pair-Beschäftigungen attraktiver auszugestalten, indem die Höchstalters-
grenze für Au-Pair-Beschäftigungen wie dies etwa beim Freiwilligen So-
zialen Jahr (FSJ) oder beim Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) von unter
25 Jahren auf unter 27 Jahre angehoben wird;

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2. die Möglichkeit zu schaffen, dass die Au-pair-Beschäftigung im Einzelfall
auf bis zu 24 Monate verlängert werden kann;

3. das Visumsverfahren bei Au-pair-Beschäftigungen aus nichtprivilegierten
Staaten insbesondere bei einer Vermittlung durch zertifizierte Agenturen zu
beschleunigen;

4. die Erfordernisse des Nachweises von Sprachkenntnissen der deutschen
Sprache bei Au-pair-Beschäftigungen nach dem Europäischen Referenz-
rahmen A 1 vor der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland nach einheit-
lichen Kriterien zu regeln und je nach Erreichbarkeit der konsularischen
Vertretungen und der Goethe-Institute im Herkunftsstaat das Verfahren
dahingehend flexibilisieren, dass im Einzelfall auch der Nachweis über
Zeugnisse von Sprachschulen und anderen Bildungseinrichtungen wie Uni-
versitäten möglich ist;

5. zu prüfen, inwieweit Au-pair-Beschäftigungen im Aufenthaltsrecht aus dem
Bereich des Aufenthalts zum Zweck der Erwerbstätigkeit herausgelöst wer-
den können und eine Regelung im Rahmen von zustimmungsfreien Beschäf-
tigungen oder nach sonstigen Ausbildungszwecken möglich ist;

6. dafür zu werben, dass sich Agenturen, die in Deutschland Au-pair-Beschäf-
tigungen vermitteln, verstärkt der Zertifizierung durch das RAL-Gütezeichen
anschließen;

7. gemeinsam mit den Au-pair-Agenturen und Au-pair-Verbänden Maßnahmen
wie etwa Kampagnen zu entwickeln, um die Attraktivität der Bundesrepublik
Deutschland als Zielstaat für eine Au-pair-Beschäftigung zu erhöhen und
Informationsbroschüren für Interessierte im Ausland und Gastfamilien in
Deutschland aufzulegen, und hierbei darauf zu achten, dass die Konzepte
geschlechtssensibel entwickelt werden.

Berlin, den 4. Juni 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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