BT-Drucksache 16/9380

Möglichkeit der Ableistung des sogenannten abschnittsweisen Zivildienstes

Vom 28. Mai 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/9380
16. Wahlperiode 28. 05. 2008

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ina Lenke, Sibylle Laurischk, Miriam Gruß, Jens Ackermann,
Dr. Karl Addicks, Uwe Barth, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Patrick
Döring, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Edmund
Peter Geisen, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, Elke Hoff, Birgit Homburger,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, Michael
Link (Heilbronn), Markus Löning, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-
Sönksen, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Jörg Rohde, Frank Schäffler, Marina Schuster, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele,
Florian Toncar, Dr. Volker Wissing, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Dr. Guido
Westerwelle und der Fraktion der FDP

Möglichkeit der Ableistung des so genannten abschnittsweisen Zivildienstes

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat
im Januar 2008 angekündigt, dass die Option einer Verlängerung des Zivildienstes
eingeführt werden soll. Im Mai 2008 ist dieser Vorschlag zurückgezogen worden,
da in der Koalition hierüber keine Einigkeit zu erzielen war und die Fraktion der
SPD sich strikt gegen diese Regelung aussprach.

Laut Auskunft des BMFSFJ war geplant, dass die Zivildienstleistenden statt der
vorgeschriebenen neun Monate ab dem 1. Januar 2009 bis zu 15 Monate Zivildienst
leisten können. Die Verlängerung, um bis zu sechs Monaten sollte dazu dienen,
Wartezeiten zwischen Zivildienstende und Ausbildungsbeginn zu überbrücken. Das
Instrument der Verlängerung des Zivildienstes wird von allen Parteien mit Aus-
nahme der Union strikt abgelehnt, unter anderem weil hierdurch die Arbeitsmarkt-
neutralität des Zivildienstes nicht mehr gegeben ist. Trotzdem bleibt das Problem
der Wartezeit zwischen Zivildienstende und Ausbildungsbeginn bestehen.

Bei den Überlegungen zur Erstellung des verworfenen Gesetzentwurfes fand der
§ 24 Abs. 2 des Zivildienstgesetzes (ZDG) keine Berücksichtigung. Diese kaum be-
kannte Vorschrift räumt bereits heute die Möglichkeit ein, die Ableistung des Zivil-
dienstes zu teilen, wobei der erste Abschnitt sechs Monate dauern muss. Die rest-
lichen drei Monate werden so abgeleistet, wie es im Einberufungsbescheid festgelegt
wurde. Die Vorschrift findet Anwendung, wenn sich der Zivildienstleistende und die
Einsatzstelle über die zeitliche Einteilung einig sind. In der Praxis besteht heute das

Problem, dass die Zivildienstleistenden nicht von der Existenz der Vorschrift wissen
und auch nicht dahingehend beraten werden. Problematisch ist ebenfalls, dass bereits
im Einberufungsbescheid die zeitliche Aufteilung des Zivildienstes fest geregelt
werden muss. Eine nachträgliche Änderung des Einberufungsbescheids ist nicht
möglich, selbst wenn eine einvernehmlich zwischen Zivildienstleistenden und Ein-
satzstelle ausgehandelte Aufteilung der Zivildienstzeit besteht und es dem Zivil-
dienstleistenden nur hierdurch möglich ist, seine Ausbildung aufzunehmen.

Drucksache 16/9380 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Gerade durch die fast doppelt so hohe Zahl an verfügbaren Zivildienststellen ver-
glichen mit der tatsächlichen Zahl der Zivildienstleistenden, dürfte es interessierten
Zivildienstleistenden heute gut gelingen, eine Einsatzstelle zu finden, die mit einem
geteilten Zivildienst einverstanden ist.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie werden die Zivildienstleistenden auf die Möglichkeit des § 24 Abs. 2 ZDG
aufmerksam gemacht, und welche Anstrengungen wird die Bundesregierung
unternehmen, um die Bekanntheit des § 24 Abs. 2 ZDG und die damit verbun-
dene Möglichkeit z. B. ein Studium ohne zeitlichen Verzug aufnehmen zu kön-
nen, zu erhöhen?

2. Aus welchem Grund sieht § 24 Abs. 2 Satz 3 ZDG zwingend die Ableistung
eines sechsmonatigen ersten Abschnitts des Zivildienstes vor?

3. Warum müssen gemäß § 24 Abs. 2 Satz 4 ZDG die weiteren Abschnitte nach
der Ableistung der ersten sechs Monate bereits im Einberufungsbescheid fest-
gelegt werden?

4. Wie wird in der Praxis § 24 Abs. 3 ZDG, der eine Einberufung zum geteilten
Zivildienst in besonderen Härtefällen regelt, von § 24 Abs. 2 ZDG abgegrenzt?

5. Warum ist es in den Fällen gemäß § 24 Abs. 3 ZDG möglich, den Zivildienst in
Abschnitten abzuleisten die auch unter sechs Monaten liegen können, und
warum kann hier auf eine Fixierung im Einberufungsbescheid verzichtet
werden?

6. Warum ist die Aufteilung des neunmonatigen Zivildienstes nicht frei zwischen
Einsatzstelle und Zivildienstleistenden verhandelbar, wenn § 24 Abs. 2 ZDG
zur Anwendung kommt?

7. Warum darf der Einberufungsbescheid auch im gegenseitigen Einvernehmen
zwischen Einsatzstelle und Zivildienstleistenden nachträglich nicht geändert
werden?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die Schaffung einer Möglichkeit, nach der
im gegenseitigen Einvernehmen von Zivildienstleistenden und Einsatzstelle
der Einberufungsbescheid für die Ableistung der letzten drei Dienstmonate
nachträglich abgeändert werden kann?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die Möglichkeit des geteilten Zivildienstes
gemäß § 24 Abs. 2 ZDG, um ohne Zeitverzug Studium oder Ausbildung mit
der Zivildienstzeit verbinden zu können?

10. Welche Möglichkeiten würde eine freiwillige Verlängerung des Zivildienstes
dem Zivildienstleistenden bieten, die durch die Möglichkeit des § 24 Abs. 2
ZDG noch nicht besteht?

11. Wie viele Zivildienstleistende leisteten in den Jahren 2003 bis 2007 einen ge-
teilten Zivildienst gemäß § 24 Abs. 2 ZDG ab, und in wie vielen Fällen kam
der § 24 Abs. 3 ZDG zur Anwendung (bitte Auflistung nach einzelnen Jahren)?

12. Was ist nach Auffassung der Bundesregierung der Grund für die geringe Inan-
spruchnahme dieser Regelungen?

Berlin, den 28. Mai 2008

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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